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'Im November 1918 endete nicht nur der Erste Weltkrieg, sondern auch das Deutsche Kaiserreich. Innerhalb weniger Tage entsagten sämtliche deutsche Bundesfürsten, darunter jahrhundertealte Dynastien wie die Hohenzollern, die Wettiner oder die Wittelsbacher, der Macht und überließen das Feld widerstandslos den Novemberrevolutionären. Nicht nur der Kaiser und preußische König Wilhelm II., sondern auch drei weitere Könige und die Regenten der zahllosen deutschen Fürstenhäuser dankten über Nacht ab ein in der Geschichte einzigartiges Phänomen.
'Der Bremer Historiker Lothar Machtan hat sich seit
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Produktbeschreibung
'Im November 1918 endete nicht nur der Erste Weltkrieg, sondern auch das Deutsche Kaiserreich. Innerhalb weniger Tage entsagten sämtliche deutsche Bundesfürsten, darunter jahrhundertealte Dynastien wie die Hohenzollern, die Wettiner oder die Wittelsbacher, der Macht und überließen das Feld widerstandslos den Novemberrevolutionären. Nicht nur der Kaiser und preußische König Wilhelm II., sondern auch drei weitere Könige und die Regenten der zahllosen deutschen Fürstenhäuser dankten über Nacht ab ein in der Geschichte einzigartiges Phänomen.
'Der Bremer Historiker Lothar Machtan hat sich seit vielen Jahren intensiv mit diesem spektakulären Vorgang, seiner Vorgeschichte und seinem Nachhall beschäftigt. Er hat in den einschlägigen Archiven der Fürstenhäuser völlig unbekanntes Material gefunden, darunter Briefe, Tagebücher und Aufzeichnungen aller Art. Wie ein ferner Spiegel reflektieren diese Quellen die Ängste und Nöte der blaublütigen Protagonisten, aber auch ihre Naivität und Ignoranz gegenüber den dramatischen gesellschaftlichen Umwälzungen im Gefolge des Krieges. So zeigt sich die Zäsur von 1918 in neuer Perspektive: Revolution als Fürstendämmerung. Selten ist ein bedeutsames Kapitel deutscher Geschichte so lebendig, unterhaltsam und neuartig geschildert worden.
Autorenporträt
Lothar Machtan, geboren 1949, seit 1995 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Bremen. Autor zahlreicher Studien zur sozialen und politischen Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2008

Unwürdig verblasste Fürsten
Lothar Machtans glänzendes Buch über das Ende deutscher Monarchie
Auf diesen Gedanken musste man erst einmal kommen! Wie kam es eigentlich, dass die deutschen Kaiser, Könige und Fürsten im November 1918 nicht etwa revolutionär weggefegt beziehungsweise aufgehängt oder füsiliert wurden, sondern schlicht weggehen, sich in Luft auflösen, auswandern konnten? Niemand interessierte sich weiter dafür, was sie getan und unterlassen hatten. Der Bremer Historiker Lothar Machtan ist dieser so einfachen Frage nach allen Regeln der historischen Kritik nachgegangen, hat die verfügbaren Quellen ausgelotet und kritisch abwägend verglichen. Und aus dieser Kärrnerarbeit hat er ein ebenso tiefenscharfes wie leicht, ja vergnüglich lesbares Buch gemacht.
Machtan beginnt mit einer Darstellung des „schönen Scheins” der deutschen Herrscherhäuser der Vorkriegszeit, deren pompöse Repräsentationsveranstaltungen, etwa bei den Feiern zum hundertsten Jahrestag der Freiheitskriege von 1813, auf wenig Substanz fußten. Im Weltkrieg zeigte sich diese tatsächliche Bedeutungslosigkeit im Mangel an Verantwortungsgefühl der Bundesfürsten gegenüber der Front, einem „extrem interessenegoistischen” Verhalten, das in Vetternwirtschaft und Machenschaften gipfelte, die der Autor auszugsweise genüsslich beschreibt.
Herrscher ohne Lust auf Krieg
Wenn diese Tatsachen den Fachleuten weitgehend – wenngleich nicht so bunt ausgeschmückt – bekannt waren, so ist der Fokus dieses Buches, nämlich die Konsequenzen dieser Nutzlosigkeit der gekrönten Häupter im Ersten Weltkrieg, neu und weiterführend. Es zeigt sich, dass der alte deutsche Partikularismus, der trotz der pompösen Feiern zur deutschen Einheit ab 1871 nie erstickt war, und trotz des riesigen „Augusterlebnis”- Pathos in Wirklichkeit nie überwunden wurde. Hieraus ergab sich folgerichtig, wie Machtan in einem zweiten großen Kapitel zeigt, der „Verfall der monarchischen Prinzipien im Weltkrieg”.
Dieses Verblassen der Monarchie war nicht zuletzt der militärischen Unfähigkeit zu oder Unlust am Krieg bei den meisten deutschen Herrscherhäusern anzulasten. Lothar Machtan gibt haufenweise Beispiele dafür, dass die Repräsentanten der großen Fürstengeschlechter alles Mögliche taten, um sich dem Dienst an der Front, in welcher Funktion auch immer, zu entziehen. Ausnahmen bestätigen natürlich diese Regel. Dieser mangelnde Kriegsenthusiasmus war allerdings kurioserweise auch gepaart mit allen möglichen exorbitanten Kriegszielen der verschiedenen Duodez-Fürstentümer und Herrscherhäuser.
Als etwa im Januar 1918 durch den Sieg an der Ostfront territorialer Zugewinn für das Reich in Aussicht stand, stürzten sich gleich mehrere Dynastien auf die wahrscheinliche Kriegsbeute – allen voran das preußische Königshaus, welches das heutige Lettland am liebsten in irgendeiner Form der Hohenzollern-Dynastie zur souveränen Herrschaft überantwortet hätte. Hier kam es auch zu Streitereien mit anderen Fürsten, wenn etwa die Großherzöge von Hessen-Darmstadt und Mecklenburg-Schwerin, der Herzog von Sachsen-Meiningen und auch der in Reuß regierende Fürst gegen preußische Dominanz protestierten und tatsächlich frech genug waren, eigene Kandidaten für die in Aussicht stehenden Throne in den eventuell neu zu begründenden Monarchien im Osten parat zu halten.
Der Kaiser wollte noch feiern
Ein weiteres interessantes Kapitel gilt dem grassierenden Realitätsverlust des Kaisers Wilhelm II., dessen Siegesphantasien noch im September und Oktober 1918 auch in seiner engeren Umgebung für Ärgernis sorgten. Der Kaiser wollte auch nicht verstehen, warum die geplanten großen Feiern zum sechzigsten Geburtstag der Kaiserin im Oktober 1918 dann schließlich doch abgesagt werden mussten, spürte doch des Kaisers Umgebung, dass solche Feiern wirklich nicht mehr angesagt waren.
Machtan zeigt auf ebenso quellendichte wie gut lesbare Weise auch den komplexen Prozess, wie der Kaiser ganz gegen seinen Willen schließlich doch quasi abgedankt wurde. In gewisser Weise, so zeigt der Autor abschließend, hatten aber nicht nur die Fürstengeschlechter und ihre Lakaien Schwierigkeiten mit dem Abschied vom Wilhelminismus, sondern auch – und das kann historisch viel weher tun – eine Menge von gemäßigten Sozialdemokraten wie Friedrich Ebert, der aus seinem monarchischen Herzen nie eine Mördergrube gemacht hatte.
Tatsächlich war Ebert, der erste Präsident der Republik, noch im Oktober 1918 der Auffassung, dass es besser sei, wenn die deutsche Monarchie bestehen bliebe, da Deutschland noch nicht „reif für eine Republik” sei. Das waren in der Tat schlechte Voraussetzungen für eine funktionierende Republik, und Machtan zeigt unerbittlich, wie klein der Schicht der echten Gesinnungsrepublikaner war. Die Gründerväter der Weimarer Republik wurden durch die revolutionären Ereignisse und die offensichtliche Kriegsniederlage mehr zur Macht getragen, als dass sie diese zielstrebig ergriffen hätten. Ein vorzügliches Buch – auch für den Gabentisch. GERD KRUMEICH
LOTHAR MACHTAN: Die Abdankung. Wie Deutschlands gekrönte Häupter aus aus der Geschichte fielen. Propyläen, Berlin 2008. 427 Seiten, 24,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gerd Krumeich findet dieses Buch über das Ende der Monarchie in Deutschland von der Ausgangsfrage über die Auswertung der Quellen bis zur Lesbarkeit der Darstellung schlechterdings brillant. Zunächst einmal hebt der vollkommen begeisterte Rezensent, selbst Historiker der Neueren Geschichte in Düsseldorf, die genauso einfache wie bestechende Ausgangsfrage des Buches hervor, nämlich warum die Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg so sang- und klanglos abgedankt hat. Desweiteren stellt der Autor die völlige "Verantwortungslosigkeit" und das Desinteresse der gekrönten Häupter im Krieg dar, was in den Augen Krumeichs tatsächlich für den Verlauf der Geschichte neue Erkenntnisse bringt. Zudem sei das Buch äußerst amüsant zu lesen, nicht nur, wenn der Autor "genüsslich" den Pomp der Herrscherhäuser in der Vorkriegszeit schildere. Alles in allem ein hervorragendes Buch, das sich nicht zuletzt auch als Weihnachtsgeschenk anbietet, wie Krumeich vorschlägt.

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