Marktplatzangebote
17 Angebote ab € 1,89 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Ein Sommermorgen, das leichte, noch ungläubige Erwachen am ersten Tag der Ferien. Während die Mutter und die kleine Schwester nach Norddeutschland ans Meer fahren, muß der zwölfjährige Julian Collien mit dem Vater allein zu Hause bleiben - das Geld reicht nicht für einen gemeinsamen Urlaub. Julian vertreibt sich die Langeweile der endlosen Tage im "Tierclub" und in den Weizenfeldern am Rand der Kohlehalden. In den einsamen Stunden, während der Vater Nachtschicht hat, sieht er sich den Zudringlichkeiten des Hausbesitzers ausgesetzt und erlebt gleichzeitig die erste erotische Faszination für…mehr

Produktbeschreibung
Ein Sommermorgen, das leichte, noch ungläubige Erwachen am ersten Tag der Ferien. Während die Mutter und die kleine Schwester nach Norddeutschland ans Meer fahren, muß der zwölfjährige Julian Collien mit dem Vater allein zu Hause bleiben - das Geld reicht nicht für einen gemeinsamen Urlaub.
Julian vertreibt sich die Langeweile der endlosen Tage im "Tierclub" und in den Weizenfeldern am Rand der Kohlehalden. In den einsamen Stunden, während der Vater Nachtschicht hat, sieht er sich den Zudringlichkeiten des Hausbesitzers ausgesetzt und erlebt gleichzeitig die erste erotische Faszination für Marusha, das Nachbarsmädchen, dessen Zimmer an den Balkon der Familie grenzt. Aber nicht nur Julian ist von der Frühreifen angezogen, auch sein Vater scheint es zu sein.
Die Welt gerät aus den Fugen, als eines Nachts für ihn unverständliche Dinge geschehen, in deren Folge die Familie aus der Wohnung ausziehen muß. Julian, ein sensibler Junge, der oft genug Opfer seiner eigenen Phantasie wird, gl, daran schuld zu sein.
Ralf Rothmann erzählt in der ihm eigenen, eindringlichen Sprache von den letzten Wochen der Kindheit, ihren leisen Schrecken und dem erhellenden Trost: "Wenn du dich für die Freiheit entschieden hast, kann dir gar nichts passieren. Nie."

Autorenporträt
Ralf Rothmann wurde 1953 in Schleswig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Volksschule (und einem kurzen Besuch der Handelsschule) machte er eine Maurerlehre, arbeitete mehrere Jahre auf dem Bau und danach in verschiedenen Berufen (unter anderem als Drucker, Krankenpfleger und Koch). Seit 1976 lebt Ralf Rothmann in Berlin und veröffentlichte bereits einige Romane, Erzählungen und Gedichte, für die er mit mehreren Preisen, u.a. Märkischer Kulturpreis (1986), Förderpreis des Bundesverbandes der Industrie (1989), 19. Stadtschreiber von Bergen-Enkheim (1992), Literaturpreis für das Ruhrgebiet (1996), Hermann-Lenz-Preis (2001), Kranichsteiner Literaturpreis (2002), Evangelischer Buchpreis (2003), Wilhelm Raabe Literaturpreis (2004) und Heinrich-Böll-Preis (2005), Max-Frisch-Preis (2006) und dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (2008) ausgezeichnet wurde. 2010 erhielt er den Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen, 2013 den Friedrich Hölderlin-Preis und im Jahr 2014 den Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2004

Junges Licht
Mit zarten Krallen: Ralf Rothmanns neuer Roman als Vorabdruck in der F.A.Z.

Ralf Rothmann ist auf dem besten Wege, zu einem Klassiker der deutschen Gegenwartsliteratur zu werden. Wie kein anderer Autor seiner Generation, der um 1950 Geborenen, versteht er es, eine bestimmte Region und die in ihr vorherrschende Mentalität einzufangen. Rothmanns Terrain ist das Ruhrgebiet der Bergarbeiter und kleinen Leute. Aber noch wichtiger ist ihm ein Thema, das an keinen Ort und keine Zeit gebunden ist: Es ist das Ende der Kindheit, jene flimmernde, sich scheinbar endlos dehnende Phase des Übergangs, die doch im Handumdrehn vorüber ist. Rothmann beschreibt sie immer wieder mit unvergleichlicher Intensität. In den Schilderungen eines vor Leere und Langeweile schier berstenden Sonntagnachmittags erweist sich ein Meister zärtlicher Melancholie.

Ein gutes Dutzend Bücher umfaßt Rothmanns Werk nun, angefangen mit dem Gedichtband "Kratzer" aus dem Jahr 1984, über die frühen Ruhrgebietsromane "Stier" (1991) und "Wäldernacht" (1994) bis zu den späteren, in Berlin spielenden Romanen "Milch und Kohle" (2000) und "Hitze" (2003). In seinem jüngsten Roman "Junges Licht", mit dessen Vorabdruck wir heute beginnen, kehrt Rothmann, der 1953 in Oberhausen als Sohn eines Bergmanns geboren wurde und seit 1976 in Berlin wohnt, ins Ruhrgebiet zurück. Julian, der Ich-Erzähler, zwölf, fast schon dreizehn Jahre alt, lebt mit seinen Eltern und der kleinen Schwester Sophie im ersten Stock eines Bergmannshäuschens. Der Vermieter Gorny, ein Kumpel wie Julians Vater, wohnt im Erdgeschoß, seine Stieftochter Marusha, eine fünfzehnjährige Ruhrpott-Lolita, hat ein Zimmer auf Julians Etage und stattet den Mietern gern überraschende Besuche ab, mit Vorliebe dann, wenn Julian allein zu Hause ist. Aber Marushas Blicken, ihren lackierten Zehennägeln und schnoddrigen Bemerkungen ist Julian noch lange nicht gewachsen.

Es liegt aber nicht nur an der zielstrebigen Kindfrau, wenn das kleine verdruckste Reihenhäuschen vom Keller bis zum Dachboden vor erwachender oder unterdrückter Sexualität vibriert. Der undurchsichtige Vermieter Gorny, Julians Vater, der gewissenhafte Rutschenmeister, der nicht gern über seine Kriegserlebnisse spricht, die gern und ausdauernd prügelnde Mutter des Ich-Erzählers, die mit geschminkten Lippen im Unterrock durch die Wohnküche stöckelt, die Zigarette im Mundwinkel - sie alle haben Sehnsüchte, Sorgen, Träume und Ängste, von denen Julian nichts weiß, aber vieles spürt.

Wie viele Figuren Rothmanns ist auch Julian ein Einzelgänger, der durch Stadtrandlandschaften in Essen, Oberhausen oder Duisburg streift, wo auf Trümmergrundstücken Stadtstreicher in Baracken hausen, herrenlose Promenadenmischungen herumstreunen und die Jungen der Nachbarschaft sich zusammenrotten und als "Kleekamp-Bande" die Gegend unsicher machen. Was nach harmlosen Streichen klingt, kann unversehens und ohne jede Vorwarnung in nackte Gewalt umkippen. Auch darin zeigt sich Rothmanns großes Können: Julians Naivität und Kindlichkeit siedeln so dicht neben der Welt der Erwachsenen mit all ihrer Gewalt und Niedertracht, ihren Härten und Enttäuschungen, daß ein winziger Schritt genügt, um vom vermeintlichen Paradies in die vermeintliche Hölle zu geraten. Daß er selbst schon dort angelangt ist, wo er die anderen, die Erwachsenen, vermutet, muß der Ministrant Julian erfahren, als er stellvertretend für einen anderen dessen Sünden beichten will.

Die Katastrophe, auf die dieses Buch von der ersten Seite an zusteuert, bleibt nicht aus. Nicht unter und nicht über Tage. Denn während Julian erleben muß, wie seine kleine Familie und ihre Welt im Verlauf der Sommerferien in sich zusammenfällt wie ein Kartenhaus, geschieht unter Tage ein Grubenunglück. In sparsam in die Handlung eingestreuten Passsagen wunderbarer Prosa erscheint die Welt der Stollen und Flöze tausend Meter unter der Oberfläche jedoch nicht als Ort dreckiger Maloche, sondern als Stätte des Mysteriums und der Poesie. Und so klingt es, wenn Ralf Rothmann beschreibt, wie ein Bergmann den Abdruck eines prähistorischen Vogels in der Kohle findet, der zu feinstem Staub zerfällt, als er mit Sauerstoff in Berührung kommt: "Doch einen Moment hatte er etwas von der Kontur gefühlt, den zarten Krallen und einen leisen Schreck bekommen - ähnlich dem, der einen durchfährt, wenn man mit den Fingerspitzen über die Rückseite eines Briefes streicht und dabei noch die Hand, ihren Druck, eines längst Verstorbenen fühlt."

HUBERT SPIEGEL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2004

Der erbarmungswürdige Feinripp
Ach, diese Mütter der Sechziger Jahre, gereizte Ritterinnen in Rüstungen aus Synthetik! Ralf Rothmann erzählt vom späten Sommer einer Kindheit im Kohlenpott
Vor vierzig Jahren gab es im Ruhrgebiet noch Kohlezechen, und die Gewerkschaft kämpfte für das freie Wochenende der Kumpel. „Am Samstag gehört Papi mir!” war der Schlachtruf. Zu sich selbst kommen dürfen, das hieß nach der Logik der damaligen Zeit unerbittlich: zu seiner Familie.
Der Mann aber, Gatte und Vater, geht am liebsten durchs Bergwerk, allein, kurz vor Schichtbeginn. „Die Streckenbeleuchtung wurde erst mit dem Beginn der Frühschicht eingeschaltet, in etwa zwanzig Minuten, und der Mann nestelte an seinem Gürtel, rückte das Bergleder zurecht, betastete seine Hosentaschen. Zollstock, Bleistift, Fahrbuch. Dann knöpfte er sich die Jacke aus dickem Drillich zu und drehte sein Helmlicht an. Eine Weile horchte er. Entfernt war so etwas wie Wind zu hören, die frische Luft im Wetterschacht. Er zog die Flasche aus der Gezähekiste, trank einen Schluck kalten Tee und ging dann die leicht abfallende Sohle hinunter.”
Zollstock, Bleistift, Fahrbuch. Die Gezähekiste. Wo die Welt sich aus Substantiven baut, fühlen sich Männer daheim. Auch zurückgekehrt in die Mietwohnung am Abendbrottisch spricht er, müde, von den Dingen seiner wahren Heimat, von Kanthölzern und Füllörtern; die Mutter tut, als höre sie zu, doch ihre Aufmerksamkeit gilt dem Benehmen der Kinder. Ihre Welt besteht aus Verben, und zwar in der Form des Imperativs. „Wasch dir die Hände!” „He, was ist mit deinen Ohren? Warum Sophie geweint hat, will ich wissen!”
Den zwölfjährigen Julian, den Ich-Erzähler dieses Buchs, zwingt sie, weil sie waschen will, seine Hosen vor dem älteren Nachbarsmädchen auszuziehen und sich deren spöttischem Blick im erbarmungswürdigen Feinripp dieser Epoche zu präsentieren. Vergehungen werden mit dem Kochlöffel geahndet, manchmal so, dass er zersplittert, mag der geprügelte, gedemütigte Sohn, der sich vor Angst und Scham einnässt, auch noch so laut schreien: „Bitte nicht! Mutti nicht!” Nylonstrümpfe trägt diese Mutti und Kostüme, die sich nur durch zwängende Rituale an- und ablegen lassen, ihre Brauen sind „angemalte Bögen”, ihr Haar hart und stumpf vom Festiger. Ja, so waren sie, die Mütter der Sechziger, gereizte Ritterinnen in Rüstungen aus Synthetik. Hier findet der Hass auf sie seinen wohlbegründeten Ausdruck.
Dann fährt sie gemeinsam mit der kleinen Tochter Sophie in Urlaub, zu ihren Eltern an der Nordsee, und überlässt Mann und Sohn sich selbst. Endlich. Die langen Ferien eines Zwölfjährigen, dieses letzte Innehalten der Kindheit, bevor mit dem Herbst und dem neuen Schuljahr die Pubertät einsetzen wird: es ist das ideale Thema für einen Roman des Sommers, mit seinem Schein von unendlichem, planlosem Stillstand - wo doch Autor und Leser wissen, nur der Held nicht, welche rasende Transformation insgeheim im Gange ist. Das Unverbundene der verschiedensten belanglosen Dinge - eines Badetags, eines gestohlenen Fahrrads, eines langweiligen, sich schon auflösenden Geheimclubs - schließt sich zusammen in der gespürten Einmaligkeit dieses Sommers, dem „Jungen Licht”, das dem Buch den Titel gibt.
In diese Empfindlichkeit, die schmerzt, weil sie noch nicht weiß, worauf sie hinauswill, wittern aber die Anderen vor; sie locken den Zwölfjährigen mit Versuchungen, für die er nicht, gerade eben noch nicht, bereit ist. Der pädophile Vermieter verwirrt ihn mit einem Antrag voll schüchterner Niedertracht. Dessen fünfzehnjährige Stieftochter Marusha, die bei den Mietern in Untermiete wohnt (so vertrackt beengt sind die Verhältnisse) und ebendie, der er sich im Feinrips hatte ausliefern müssen, behandelt ihn mit kesser Vertraulichkeit, bald wie einen Mann, der schon in Frage käme, bald wie das kleine Brüderlein.
Zum Schluss aber hält sich Marusha, die sich sonst bullige beschränkte Jungs aufs Zimmer holt, an Julians schweigsamen Vater. Wie sie sich finden, welche einander ergänzenden Bedürftigkeiten sich hier treffen, davon schweigt das Buch auf angenehm diskrete Weise. Es endet in der gedämpften doppelten Katastrophe: Die Wohnung wird gekündigt, die heimkehrende Mutter muss der punktuellen Untreue ihres Mannes ins Auge sehen. Gesprochen wird bei all dem wenig; Ehen sind, im katholischen Proletariat Nordrheinwestfalens vor vierzig Jahren, unverbrüchlich, aber deswegen wohl kaum erquicklicher als die Scheidungskriege von heute. In jedem Fall, die Familie hält und zieht um.
An der ruhigen Genauigkeit, mit der es dieses Milieu darstellt, hat das Buch sein Verdienst und seine Grenze. Es weiß, dass diese literarische Landschaft gut vorbearbeitet ist, und will nicht durch Originalität glänzen. Rothmann spricht von Sinalco, Sigurdheften und Bastuntersetzern für Saft- und Biergläser, und vom verschollenen Accessoire schlechthin, dem Aschenbecher in seinen (selbst im proletarischen Ambiente) zahllosen modischen Varianten, ohne dabei der Infantilität der zwei Jahrzehnte Jahre jüngeren Generation Nutella zu verfallen. Der großen Gefahr seines Stoffs, der verklärenden Rückschau auf eine Spätkindheit, die offenbar stark autobiografische Züge trägt, erliegt er nirgends. Und wo sie dennoch droht, bei der Figur des weisen Penners Pomrehn vor allem, der ein Herz für Kinder hat, da wird der Argwohn entkräftet, wenn dieser moderne Diogenes äußerst präzis demonstriert, woran er erkennt, dass ein Hund früher geschlagen wurde.
Rothmann gelingen, fast im Vorbeigehen, einige Figuren ganz zart und wunderbar, besonders Sophie, Julians Schwester, die ihren großen Bruder liebt und ihn, klein und machtlos wie sie ist, doch vor der prügelnden Mutter in Schutz zu nehmen versucht, so gut sie kann; sie erinnert an Phoebe, die kleine Schwester Holden Caulfields in Salingers „Catcher in the Rye”. Der Autor weiß auch, wie die Dialoge der Zeit klangen. Das ist eine unauffällige Kunst; doch wird niemand sie geringschätzen, der sich durch ein paar der marktgängigen zeitgenössischen Drehbücher zwischen Buchdeckeln gequält hat, die von einem richtigen Buch wie diesem äußerlich leider nicht zu unterscheiden sind.
Ganz bei sich jedoch - und das stimmt ein wenig traurig - ist dieser Familienroman, wo er den Mann mit seinen Sachen zeigt, lichtlos untertage. „Der Kalkgeruch nahm zu, und dann hörte er es auch schon, das vertraute Schlurchen der Einstauber, das Klappern ihrer Eimer und die rhythmisch ausgestoßenen Rufe. Vier Kopflampen näherten sich in einer grauweißen Wolke, und der Mann trat in eine Nische, einen aufgegebenen Vortrieb, und zog sich das Halstuch über Mund und Nase. ,Stau-ub!‘ rief der Ortsmann, der einen roten Helm trug und ihm zuwinkte; ,Stau-ub!‘ wiederholten die anderen im Chor und griffen in die Kasteneimer, die an ihren Schultern hingen. Mit Wucht schleuderten sie je eine Handvoll Kalk über die Sohle und die seitlichen Stöße der Strecke, um so den Kohlenstaub zu binden und die Explosionsgefahr zu bannen.” Der deutsche Bergbau ist tot. Aber auch damals, als er noch lebte, lässt ihn Rothmann wie eine Welt der Gespenster erscheinen, ein Gleichnis der männlichen Sphäre: weiß auf schwarzem Grund, und das einzelne Rote darin wie den Phallus eines Skeletts.
Ralf Rothmann
Junges Licht
Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004. 237 Seiten, 19,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Wie Ralf Rothmanns bisherige Romane auch, beschreibt "Junges Licht" eine "Ruhrgebietskindheit", erklärt Rezensent Jörg Magenau. Und nicht irgendeine Kindheit, sondern Rothmanns eigene sei es, an der er entlang schreibe, gewissermaßen stromaufwärts, denn seine Helden werden zunehmend jünger. Diese Geschichte, die aus der Sicht des zwölfjährigen Ich-Erzählers Julian Collien geschrieben ist, hat dem Rezensenten sehr gefallen. Julian sei wie alle Helden Rothmanns ein Beobachter, ein "Danebensteher", der versuche, den Geschehnissen aus dem Weg zu gehen. Wenn sie ihn dann doch einholen, so Magenau, wehrt er sich nicht, sondern erduldet sie als "schweigsamer Held des Ertragens". Besonders gelungen findet der Rezensent, wie Rothmann gleichsam "aus dem Innern der Vorstellungswelt des Kindes" schreibt, umso mehr als Julian vieles erspürt, ohne es wirklich zu verstehen. Dazu gehöre auch die "kaum begriffene Sexualität", die überall im Roman "vibriere". Lobend erwähnt der Rezensent ebenfalls, dass Rothmann die Armut der Bergarbeiter nicht verkitscht oder verklärt, dafür aber ein regelrechtes "Museum der Arbeitswelt" in seine Erzählung einflicht, das mit seinen Beschreibungen der Welt unter Tage und ihrer "tektonischer Spannungen" zum Echo des rissigen Familienlebens über Tage wird.

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr