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"Im Geiste der Gemordeten...", im Geiste ihrer Geschwister Hans und Sophie Scholl, gründete Inge Scholl im April 1946 in Ulm eine Volkshochschule, die bald internationales Ansehen erreichte. Dieselbe Idee stand Pate bei der Gründung des "Studio Null", aus dem nach Überlegungen zu einer "Geschwister-Scholl-Hochschule" später mit Otl Aicher die "Hochschule für Gestaltung" wurde. In dieser großen "biographie intellectuelle" der Geschwister Scholl wird der "Geist der Gemordeten" erstmals näher gefaßt.
Dieser entwickelte sich in dem Ulmer Freundeskreis um die Scholl-Geschwister und Otl Aicher.
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Produktbeschreibung
"Im Geiste der Gemordeten...", im Geiste ihrer Geschwister Hans und Sophie Scholl, gründete Inge Scholl im April 1946 in Ulm eine Volkshochschule, die bald internationales Ansehen erreichte. Dieselbe Idee stand Pate bei der Gründung des "Studio Null", aus dem nach Überlegungen zu einer "Geschwister-Scholl-Hochschule" später mit Otl Aicher die "Hochschule für Gestaltung" wurde. In dieser großen "biographie intellectuelle" der Geschwister Scholl wird der "Geist der Gemordeten" erstmals näher gefaßt.

Dieser entwickelte sich in dem Ulmer Freundeskreis um die Scholl-Geschwister und Otl Aicher. Beeinflußt vom französischen "Renouveau Catholique" (Jacques Maritain) und vom deutschen Reformkatholizismus (Carl Muth, Theodor Haecker) gingen Hans und Sophie Scholl den Weg in den Widerstand. Nach der Katastrophe des Nationalsozialismus suchten die Überlebenden bewußt an dieses Erbe des christlichen Humanismus anzuknüpfen und es für den ideellen Wiederaufbau fruchtbar zu machen. Die Ulmer Volkshochschule wurde zur Chiffre für das Weiterwirken des "anderen" und "besseren" Deutschland.

Die Arbeit ist ein maßgeblicher Baustein zur Geschichte sowohl des deutschen Widerstandes als auch der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Konsequenzen gezogen
Die Ulmer Gruppe der "Weißen Rose"

Barbara Schüler: "Im Geiste der Gemordeten . . .". Die "Weiße Rose" und ihre Wirkung in der Nachkriegszeit. Politik- und Kommunikationswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, Band 19. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2000. 548 Seiten. 68,- Mark.

Taten, Ideale und Lebenswelten der studentischen Widerstandsgruppe "Die Weiße Rose" waren bereits Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher und publizistischer Darstellungen. Neben der Untersuchung der konkreten Widerstandsaktionen 1942/1943 ging es dabei zunehmend auch darum, für die sich herausbildende Bundesrepublik eine Widerstandstradition zu schaffen, welche - auch als Antwort auf die "antifaschistischen" Legitimationsstränge des in der Sowjetzone entstehenden Staates - die nichtsozialistischen Widerstandsgruppen als identitätsstiftend für den freiheitlichen Rechtsstaat im Westen für sich beanspruchte. Dabei konzentrierte man sich vor allem auf das "Dreigestirn der positiven Widerstandstradition", den Münsteraner Bischof Clemens Graf von Galen, die "Männer des 20. Juli" und ebendie "Weiße Rose".

Insbesondere, wenn es galt, die spezifisch christlichen Impulse des "Aufstands des Gewissens" hervorzuheben, gewannen Ideale und Taten der "Weißen Rose", vor allem ihr "Opfertod", eine eminent wichtige Vorbildfunktion. Keine Geringeren als Thomas Mann, Ricarda Huch und Theodor Heuss hatten diesen "braven, herrlichen jungen Leuten" schon sehr bald heldenhafte Züge verliehen. Die Geschichte der "Weißen Rose" umfaßte daher frühzeitig auch die Geschichte des Fortwirkens ihres "Geistes" in der Nachkriegszeit und in der "politischen Kultur" des westlichen deutschen Teilstaates.

Dem anzuzeigenden Buch begegnet man daher mit einiger Erwartung. Auf der Grundlage einer immensen Materialfülle zeichnet die Autorin Ursprung und Entwicklung der geistigen Ideale des sich schließlich im "Scholl-Bund" zusammenfindenden Ulmer Freundeskreises um die protestantisch-liberal erzogenen Scholl-Geschwister. Insbesondere die ältere Schwester Inge und der einer ausgeprägten katholischen "Sozialisation" entstammende Otl Aicher gewinnen dabei neue, eigenständige Konturen. Schlüssig gelingt die Wertung der Hitler-Jugend-Zeit der Geschwister, auch der Erprobung bündischer Alternativen, insbesondere aber die Darstellung der entscheidenden Wende der geistigen Entwicklung unter dem Einfluß der aus Frankreich herüberwirkenden katholischen Reformbewegung des "renouveau catholique". In der Synthese eines "humanisme intégral" des Philosophen Jacques Maritain beeinflußte er den Freundeskreis nachhaltig, ebenso wie die Werke der französischen katholischen Schriftsteller Paul Claudel, Georges Bernanos und Gabriel Marcel.

Die insbesondere von Otl Aicher forcierte Entdeckung der "katholischen Welt" der Philosophie und Theologie führte zum Studium der Kirchenväter wie Augustinus und Thomas von Aquin und zum "katholischen Erwachen" der Scholl-Geschwister. Sie gipfelte in einer geistig-geistlichen Mentorenschaft von Carl Muth, Theodor Haecker und später Romano Guardini, Herausgeber und führende Autoren der für die katholische Erneuerungsbewegung maßgebenden Zeitschrift "Hochland". In dieser Phase, in der in München die anderen Mitglieder der späteren "Weißen Rose" wie Willi Graf, Alexander Schmorell und Christoph Probst Anschluß an den Freundeskreis fanden, vollzog sich die Hinwendung zu den politischen Konsequenzen, die sich aus einer praktischen Umsetzung des bei Maritain erfahrenen, bei Muth und Haecker inhaltlich aufgefüllten christlichen Humanismus katholischer Prägung angesichts des unchristlichen und zutiefst inhumanen Kollektivismus des NS-Regimes ergaben.

Nachwirkungen

Einsichtig wird, daß die folgenden Widerstandsaktionen auf einer umfassenden geistig-idealistischen Grundhaltung beruhten, demgegenüber einseitige, nur auf politische "antifaschistische" Positionen abhebende Deutungsversuche zu kurz greifen und den tieferen Dimensionen des Anliegens der "Weißen Rose" nicht gerecht werden. Überzeugend gelingt die Darstellung der Geistes- und Ideengeschichte der Widerstandsgruppe während der entscheidenden Monate selbst, hier insbesondere die Funktion des von Otl Aicher und Inge Scholl ins Leben gerufenen "Windlichts" als Ersatz für das nicht mehr erscheinende "Hochland" sowie die sorgfältige Analyse der christlich-humanistischen Grundsubstanz der Flugblätter.

Das weitgehend schlüssige, in der Detailfülle bislang unbekannte Bild beschränkt sich auf die innerhalb der "Weißen Rose" zwar an maßgeblicher Stelle tätige, aber beileibe nicht das gesamte Spektrum ausmachende Ulmer Gruppe. Erneut konnte man offenbar der Versuchung nicht widerstehen, die Geschwister Scholl mit dem Gesamtkomplex der "Weißen Rose" gleichzusetzen und die anderen, für die Bedeutung der Gruppe ebenso bedeutsamen Persönlichkeiten (Graf, Schmorell und Probst) allenfalls als Randfiguren zu behandeln.

Ratlosigkeit befällt den Leser im 3. Teil der Untersuchung. Dieser umfaßt über 40 Prozent der Darstellung und präsentiert unter dem Motto "Erbe" eine umfassende Geschichte der von Inge Scholl geleiteten Volkshochschule Ulm und der von Otl Aicher begründeten Hochschule für Gestaltung. Dabei beschränkt sich die Schilderung keineswegs auf die Grundideen und deren Affinität zum "Geist der Gemordeten", sondern behandelt umfänglich auch Fragen der Organisation, Finanzierung oder Raumausstattung. Nachvollziehbar belegt wird, daß die bildungspolitischen Neugründungen nachdrücklich an den Geist der "Weißen Rose" anknüpften. Auch die in aller Farbigkeit beeindruckende Singularität der "vh ulm" wird lebendig. Jedoch wirken die immer wieder unternommenen Rekurse auf den "Geist der Gemordeten" zuweilen inflationär und angestrengt. Im Laufe der Jahre nahmen beide Einrichtungen eine ganz natürliche Eigenentwicklung, die einen unmittelbaren Bezug zum "Geist der Weißen Rose" immer seltener zuließ.

Der Haupteinwand gegen diesen Teil des Buches ist, daß der Leser hinsichtlich der Wirkungen der "Weißen Rose" in der Nachkriegszeit neue Erkenntnisse über die Bedeutung dieser Widerstandsgruppe für die Ideengeschichte der Bundesrepublik erwartet. Die Verfasserin beschränkt sich aber weitgehend auf eine Paraphrasierung der 1991 von W. Breyvogel ansatzweise skizzierten Rezeptionsgeschichte. Die Zentrierung auf den Scholl-Aicher-Kreis wird leider hier durchgehalten. Von den Vermächtnissen der anderen Gefährten und deren Weiterwirken - beispielsweise Willi Grafs Auftrag an seine Schwester, das weiterzutragen, was er und seine Freunde begonnen hatten - ist nicht die Rede.

Bisweilen sind einzelne Formulierungen dem geistigen Niveau des Themas nicht angemessen. Die Überlagerung der Darstellung mit ständig neuen, häufig zu Überschneidungen führenden thematischen Anläufen beeinträchtigt die Lesbarkeit. Eine vertane Chance? Im Hinblick auf die immense Materialfülle und die in Teilen überzeugenden Ergebnisse wird man in der Kritik nicht so weit gehen. Immerhin besteht nun die Möglichkeit, in realistischer Themenbeschränkung und in einer gedanklich wie formal stringenten Darstellungsform die Gelegenheit erneut und dann (end)gültig zu nutzen.

JOSEF HENKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Geteilter Meinung zeigt sich Josef Henke zu diesem Buch, an das er - wie er zugibt - sehr hohe Erwartungen hatte. Gut gefällt ihm die Hinzuziehung recht umfangreichen Materials, mit dessen Hilfe die Autorin "Ursprung und Entwicklung der geistigen Ideale" der Geschwister Scholl und ihres Freundeskreises anschaulich darstelle. Dabei gewinnen seiner Ansicht nach besonders Otl Aicher und Inge, die ältere der Scholl-Schwestern, "neue, eigenständige Konturen". Auch die Einflüsse auf den Freundeskreis, etwa durch die französische Reformbewegung `renouveau catholique`, werden nach Henke hier einleuchtend aufgezeigt. Dass Schüler die Widerstandsgruppe nicht - wie viele andere Autoren - auf politische Positionen reduziert, sondern die gesamte "geistig-idealistische Grundhaltung" beleuchtet, gehört für Henke zu den besonderen Stärken des Bandes. Weniger zufrieden ist er jedoch damit, dass auch hier die Geschwister Scholl mit der `Weißen Rose` "gleichgesetzt" werden und dabei andere wichtige Persönlichkeiten nur am Rande in Erscheinung treten. Auch dass die von Inge Scholl und Otl Aicher gegründeten Bildungseinrichtungen immer wieder mit dem `Geist der Weißen Rose` in Verbindung gebracht werden, hält Henke für fragwürdig, da diese Einrichtungen seiner Ansicht nach im Laufe der Zeit eine ganz eigene Entwicklung genommen hätten.

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr