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Sensibel für die politischen, sozialen und geistig-kulturellen Umbrüche seiner Zeit entwickelt Friedrich Schlegel in der Auseinandersetzung mit Fichtes transzendentalem Idealismus ein systemkritisches, ironisches, experimentelles und zur Poesie hin sich öffnendes Philosophiekonzept, das als frühromantischer Idealismus charakterisiert wird.
Teil 1 führt anhand der Wissenschaftslehre von 1794/95 in Fichtes Philosophie ein. Die Teile 2 bis 5 verfolgen Schlegels kritische Fichterezeption und seine Konzipierung philosophischer Alternativen. Dabei legt Teil 2 Schlegels Fragmente und kleinere
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Produktbeschreibung
Sensibel für die politischen, sozialen und geistig-kulturellen Umbrüche seiner Zeit entwickelt Friedrich Schlegel in der Auseinandersetzung mit Fichtes transzendentalem Idealismus ein systemkritisches, ironisches, experimentelles und zur Poesie hin sich öffnendes Philosophiekonzept, das als frühromantischer Idealismus charakterisiert wird.

Teil 1 führt anhand der Wissenschaftslehre von 1794/95 in Fichtes Philosophie ein. Die Teile 2 bis 5 verfolgen Schlegels kritische Fichterezeption und seine Konzipierung philosophischer Alternativen. Dabei legt Teil 2 Schlegels Fragmente und kleinere Prosatexte zugrunde. Teil 3 erörtert seine philosophischen Vorlesungen von 1800/01 und 1804/05. Teil 4 ist den besonderen Leistungen Schlegels für ein modernes Poesiekonzept und der Bedeutung seiner programmatischen Forderung der Synthese von Philosophie und Poesie gewidmet. Dabei wird u.a. auf die Konzepte von romantischer Poesie, Transzendentalpoesie und Mythologie eingegangen. Teil 5 behandeltSchlegels Ironiekonzept als innovativen philosophischen Beitrag für ein antimetaphysisches, offenes, plurales Weltbild.
Autorenporträt
Bärbel Frischmann, Jg. 1960, ist als Professorin für Geschichte der Philosophie an der Universität Erfurt tätig. Dissertation über Ernst Cassirers Kulturanthropologie, Habilitationsschrift zur frühromantischen Philosophie Fr. Schlegels. Forschungsschwerpunkte: Philosophie der Frühromantik und des Deutschen Idealismus, Nietzsche, Heidegger, Existenzphilosophie, Kulturphilosophie, Postmoderne und Dekonstruktion, Politische und Sozialphilosophie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.06.2006

Sport oder Studio
Bei Bärbel Frischmann liest man gerne Friedrich Schlegel
„Eine vollständige Definition ist Unsinn oder Widerspruch. Dann ist’s nicht mehr Definition sondern Charakteristik”. Dieser Satz aus Friedrich Schlegels „Heften zur Philosophie” kann als Aufforderung wirken, in das Buch eine Lesezeichen zu legen und mit ihm in der Hand das Haus zu verlassen, um den Wohnblock zu laufen auf der Suche nach jemandem, mit dem man sogleich darüber sprechen kann. Wenn man in die Philosophie verliebt ist (was ein Pleonasmus ist).
Niemand freilich wird so etwas tun. Aber nicht, weil er etwa fürchtete, seinen Gesprächspartner zu verfehlen, sondern weil er, neugierig auf andere solche Sätze, einfach weiterliest. Friedrich Schlegels Gedankenblitze, ob nun aus den berühmten Athenäum-Fragmenten oder sonstwoher, verführen am meisten dazu, weiter zu lesen. Die Lektüre gleicht so der Arbeit in einem Kraftraum für Leichtathleten, wo in zwei Stunden so viele Muskeln und Sehnen angespannt werden, wie in zwei Tagen bei einem Zehnkampf. Man kann einwenden, zwei Tage in einem Leichtathletik-Stadion seien schöner, aber das ist eben einer der Unterschiede zwischen Sport und Philosophie.
Friedrich Schlegel ist Germanisten, die sich mit der Deutschen Romantik, zumal mit der Frühromantik beschäftigt haben, bestens bekannt. Angefangen hatte er als streitsüchtiger Feuerkopf in der Nähe der Weimarer Klassiker, seine Wilhelm-Meister-Rezension ist für die deutsche Literaturkritik das, was die Fußballweltmeisterschaft 1954 für die Bundesrepublik war, seine langen letzten Jahre als konvertierter Katholik in Wien vermag sich kaum jemand zu erklären.
Das offene Weltbild
Auch Bärbel Frischmann, die mit ihrer Bremer Habilitationsschrift wieder das philosophische Interesse an dem jüngeren Bruder des Shakespeare-Übersetzers August Wilhelm Schlegel weckt, neigt zu der Ansicht, dass es einen „radikalen” Bruch gebe „zwischen dem frühen, revolutionären, kritischen und dem späteren katholischen, reaktionären, apologetischen Schlegel, der sich von seinem frühen ironischen und fragmentarischen Denken verabschiedet” habe. Wer solche Ansprache pflegt, interessiert sich natürlich vorwiegend für den jungen Schlegel. Dies ist freilich auch in philosophiehistorischer Hinsicht attraktiver, denn hier liegen die Anknüpfungspunkte zu Früherem und die Ausgangspunkte für Nachfolgendes.
Dieter Henrich hat in monumentalen Studien herausgearbeitet, wie junge Theologen, vornehmlich am Tübinger Stift, Hegel, Hölderlin, Schelling, die umstürzende Macht der kantischen Philosophie entdeckten. Aber die Männer der ersten Jahrgänge, die das taten, waren Theologen und wollten das bleiben. Sie reisten nicht nach Königsberg, um Näheres über die „Kritik” zu erfahren, sondern sie besuchten sich untereinander, um sich zu beraten, wie es mit ihrem geistlichen Beruf weitergehen könne. Der erste, der als Philosoph Kant aufsuchte, war Johann Gottlieb Fichte.
Fichte nennt Friedrich Schlegel in einem seiner berühmtesten Dicta: Seine Wissenschaftslehre gehöre neben Goethes Meister und der Französischen Revolution zu den drei wichtigsten Tendenzen des Zeitalters. Wie sich Schlegels Denken aus der Auseinandersetzung mit Fichte entwickelte, diese Untersuchung ist die Basis für Bärbel Frischmanns Arbeit. In sorgfältigem Quellenstudium erschließt sie ein „semantisches Netzwerk” aus allen erreichbaren Aufzeichnungen, um zur näheren Fassung dessen zu kommen, was man als Schlegels Beitrag zur Philosophie nehmen kann. Dabei spielen eine besondere Rolle die Überlegungen zur Poesie, aber noch wichtiger erscheint der Autorin Schlegels „Ironiekonzept” zu sein. Es gilt ihr „unbestritten als einer seiner wesentlichen Beiträge für ein antimetaphysisches, offenes, plurables Weltbild”. Ob diese Worte zusammenpassen, darüber allerdings kann man streiten.
Bärbel Frischmanns Verfahren ist in seiner Stringenz frappant. Sie gleicht einem Arzt, der seinen Patienten über sein Leiden schwatzen lässt, wohl auch das eine oder andere davon aufnimmt, in der Hauptsache aber seine Untersuchung so vornimmt, dass er sein Gegenüber sorgfältig nach Maßgaben des gedachten Menschen der Medizin untersucht. Auf die Abweichungen hin erfolgt die Diagnose. Frischmann weiß, was der Philosoph zwischen Kant und Hegel denken kann, das ist die Norm der Philosophiegeschichte, an ihr ist der Philosophiehistoriker geschult. Vor diese abstrakte Norm wird nun konkret das Besondere Schlegels gerückt - und als das Besondere für eine Zukunft gewürdigt, die dann Kierkegaard und Nietzsche heißen wird.
Der Leser hat neben der Belehrung das Vergnügen, die vertrauten Schlegel-Texte in einem Zusammenhang anzutreffen, in dem er sie bis dahin nicht wahrnahm. Wer die Fragmente bisher noch nicht kannte, wird nun mit schöner Bedeutungsgewissheit auf sie hingewiesen. Bärbel Frischmann verfügt über ein außerordentliches didaktisches Geschick. Man liest gern in ihrem Text weiter, wenn man zuvor einige Zeilen von Schlegel gelesen hat und sich darauf freuen kann, gar bald wieder auf einige Zeilen von ihm zu stoßen.
JÜRGEN BUSCHE
BÄRBEL FRISCHMANN: Vom transzendentalen zum frühromantischen Idealismus - J.G. Fichte und Fr. Schlegel. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2005. 410 Seiten, 59 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jürgen Busche hat Bärbel Frischmanns Buch über den deutschen Frühromantiker Friedrich Schlegel und seine frühe Philosophie, die aus der Auseinandersetzung mit Johann Gottlieb Fichte entstanden ist, außerordentlich gefallen. Busche hat die ihm - wie er durchblicken lässt - wohlvertrauten Texte unter dem besonderen Blickwinkel Frischmanns "gerne" wieder gelesen. An der Studie gefällt ihm die umfassende Recherche, das "didaktische Geschick" und naturwissenschaftlich exakte Analyse, die anschaulich den originären Beitrag Schlegels zur Philosophie des 19. Jahrhunderts herausarbeitet. Zu nennen wären hier die Gedanken zur Lyrik ebenso wie das "Ironiekonzept", informiert der Rezensent. Letzteres beschreibe die Autorin als "antimetaphysisch" und "offen", was Busche allerdings für einen Widerspruch in sich hält.

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