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Die persönlichen und politischen Hintergründe von Goebbels' Antisemitismus sind bisher erstaunlicherweise noch nie systematisch untersucht worden. Das vorliegende Buch beschreibt erstmals Goebbels' Haltung zu den Juden und die intellektuelle Entwicklung seiner Judenfeindschaft im Zusammenhang und ordnet sein antisemitisches Denken und Handeln in den großen Rahmen der nationalsozialistischen Politik vor und nach 1933 ein.

Produktbeschreibung
Die persönlichen und politischen Hintergründe von Goebbels' Antisemitismus sind bisher erstaunlicherweise noch nie systematisch untersucht worden. Das vorliegende Buch beschreibt erstmals Goebbels' Haltung zu den Juden und die intellektuelle Entwicklung seiner Judenfeindschaft im Zusammenhang und ordnet sein antisemitisches Denken und Handeln in den großen Rahmen der nationalsozialistischen Politik vor und nach 1933 ein.
Autorenporträt
Christian T. Barth, Dr. phil., Dipl. Betriebswirt, geb. 1968, Promotion 2002 aufgrund vorliegender Arbeit an der Universität Mainz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.12.2003

Keine Vernichtungsabsicht?
Der Antisemitismus im Denken und Handeln von Goebbels

Christian T. Barth: Goebbels und die Juden. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2003. 315 Seiten, 29,80 [Euro]

Der Verfasser verfolgt ein anspruchsvolles Ziel, wenn er den Antisemitismus von Joseph Goebbels differenzierter als bisher geschehen, ergründen, "bedeutsame Hintergründe des Denkens und Handelns historisch transparent machen und damit der Gegenwart" erschließen und die Verantwortung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda für die nationalsozialistische Judenpolitik bestimmen will. Christian Barth bearbeitet seine Fragen in fünf chronologisch angelegten Kapiteln. Die Phaseneinteilung folgt nicht - wie zu vermuten gewesen wäre - inhaltlich-thematischen Überlegungen, sondern Daten der äußeren Biographie: die politische Frühzeit von Goebbels, als Parteigänger Hitlers, Gauleiter, Minister und die Kriegsjahre (1924, 1926, 1933, 1939). Die Ergebnisse bestätigen weitgehend die bisherige Forschung.

Auch nach den Erkundungen von Barth lebte Goebbels "ein mehrschichtiges Feindbild mit durchweg antisemitischem Kolorit", war von Hitler abhängig ("Leitstern und Idol", "begeisterter Erfüllungsgehilfe") und wiederholt geneigt, seinen Antisemitismus politisch zu instrumentalisieren. Zum anderen meint Barth seinen Quellen entnehmen zu können, daß bei Goebbels "eine authentische generelle Vernichtungsabsicht für die Zeit vor 1942 ... nicht zweifelsfrei" nachzuweisen und seine "Judenfeindschaft" nicht "hauptsächlich als Gegenstand oder Ergebnis opportunistischer Erwägungen", sondern als "Mischung ideologisch-fanatischer und realpolitisch-pragmatischer Elemente" angesehen werden müsse. In der nationalsozialistischen Führungsgruppe habe Goebbels zwar keinen nennenswerten Einfluß in der"Judenfrage" nehmen können, aber durchweg Hitlers vernichtungsorientierten Rassenantisemitismus uneingeschränkt befürwortet.

Barths präsentiert Aufschlüsse in Details, jedoch keine konturenscharfen und insgesamt befriedigenden Interpretationen. Die Gründe dürften hauptsächlich in sachlichen, methodischen und auch quellenkritischen Versäumnissen liegen. Sie wären vermeidbar gewesen, wenn Barth sich konsequent an seinen eigenen Ausgangsüberlegungen orientiert hätte. Warum trennt er nicht entschiedener zwischen "Judenfeindschaft" und "Antisemitismus", obwohl er die Ergebnisse der Antisemitismus-Forschung zu kennen scheint und sich auch der Problematik bewußt ist, die entsteht, wenn Begriffe und Vorstellungen aus den Quellen direkt übernommen werden? Barth möchte sich seinem umfangreichsten Quellencorpus, den seit der Mitte der zwanziger Jahre überlieferten täglichen Notaten von Goebbels, mit der unbedingt erforderlichen kritischen Einstellung nähern. Er betont die Notwendigkeit, diese sogenannten Tagebücher - überwiegend im Auftrag erfolgte und von Max Amann mit über einer Million finanzierte Niederschriften und Diktate - nur "mit entsprechender Vorsicht" nutzen zu wollen. Außerdem postuliert er zu Recht den Grundsatz, alle Aussagen dieser Quelle seien durch Parallelüberlieferungen zu falsifizieren, ohne daß ihn jedoch diese Einsicht - sieht man von dem gelungenen Abschnitt über das Pogrom vom November 1938 ab - vor Verstößen gegen das erwähnte Prinzip bewahrt hätte.

In jedem Kapitel finden sich Goebbels-Zitate aus den Notaten als Direkt-Belege, oder es werden darauf apodiktische Feststellungen wie "Das ist Goebbels' innerer Zustand" gegründet. An anderen Stellen "erklärt" Goebbels, "widerlegt", "betrachtet", "betont" oder bekundet er etwas, und Barth übernimmt diese Einschätzung direkt oder nutzt sie zu weitreichenden "Beweisführungen" - wie im Unterkapitel ",Endlösung' der Judenfrage" am häufigsten geschehen. Der komplexe Kontext und Charakter der täglichen Notate - Motivation, Legitimationsfunktion und tendenziöse Setzung - wird in einem zu geringen Umfang berücksichtigt. Die umfangreichen Goebbels-Zitate vermögen daher wegen ihrer rechtfertigenden und propagandistischen Funktionen in der Regel nicht mit der vom Verfasser angenommenen Unzweideutigkeit seine Annahmen zu belegen. Im übrigen hätte Barth zu seinem Thema bereits durch die intensive Berücksichtigung öffentlicher Reden von Goebbels wertvolle Aufschlüsse gewinnen können.

BERND SÖSEMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Christian T. Barths Buch über Joseph Goebbels versucht, den Motiven des nationalsozialistischen Propagandaministers und bedeutsame Hintergründe historisch transparent machen. Als Ergebnis der Studie benennt er Barths Bestätigung der uneingeschränkten Zustimmung Goebbels zu Hitlers vernichtungsorientiertem Antisemitismus. Goebbels sei ein "begeisterter Erfüllungsgehilfe" Hitlers gewesen, zitiert der Rezensent den Autor, seine Judenfeindschaft eine "Mischung ideologisch-fanatischer und realpolitisch-pragmatischer Elemente" gewesen. Barth präsentiere zwar aufschlussreiche Details, liefere aber keine konturenscharfen und insgesamt befriedigenden Interpretationen, bemängelt der Rezensent. Den Grund vermutet Sösemann vor allem in quellenkritischen Versäumnissen, die zu schiefen Ergebnissen führten. Einerseits mahne der Autor selbst zur Vorsicht bei der Benutzung der sogenannten Tagebücher Goebbels als Quellen historischer Forschung, andererseits missachte er sein Gebot, indem er die Beschreibungen Goebbels einseitig als Beweisgrund für seine eigene Argumentation verwende. Dabei sind die täglichen Notate keineswegs als authentische Äußerungen zu verstehen, sondern selbst finanzierte Auftragsarbeiten und Diktate, so der Rezensent.

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