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Die Vermessung des Himmels: 1609 baut Galileo Galilei in Padua ein Teleskop, er entdeckt neue Gestirne, Gebirge auf dem Mond und dass sich unmöglich alles um die Erde drehen kann. Im selben Sommer veröffentlicht Johannes Kepler seine Planetengesetze und begründet die moderne Himmelsphysik. Thomas de Padova, Physiker und Wissenschaftsjournalist, zeigt diese Epochenwende in ganz neuem Licht. Glänzend geschrieben und gestützt auf ihren kaum beachteten, spannungsvollen Briefwechsel, erzählt er erstmals die ungleiche Beziehung der beiden so unterschiedlichen Forscher: Galilei, in künstlerischem…mehr

Produktbeschreibung
Die Vermessung des Himmels: 1609 baut Galileo Galilei in Padua ein Teleskop, er entdeckt neue Gestirne, Gebirge auf dem Mond und dass sich unmöglich alles um die Erde drehen kann. Im selben Sommer veröffentlicht Johannes Kepler seine Planetengesetze und begründet die moderne Himmelsphysik. Thomas de Padova, Physiker und Wissenschaftsjournalist, zeigt diese Epochenwende in ganz neuem Licht. Glänzend geschrieben und gestützt auf ihren kaum beachteten, spannungsvollen Briefwechsel, erzählt er erstmals die ungleiche Beziehung der beiden so unterschiedlichen Forscher: Galilei, in künstlerischem Umfeld aufgewachsen, bastelt und experimentiert. Dem studierten Theologen Kepler dagegen geht es um den großen Weltentwurf. Gleichzeitig, doch jeder auf seine Art, greifen sie nach den Sternen.
Autorenporträt
Thomas de Padova, geboren 1965 in Neuwied, Studium der Physik und Astronomie in Bonn und Bologna, seither Wissenschaftsjournalist für viele Zeitungen wie taz', STZ oder Die Zeit. Heute Redakteur beim Tagesspiegel in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2009

Die Ordnung der Himmel

Von unterschiedlichen Wegen zur modernen Physik: Thomas de Padova widmet Galileo Galilei und Johannes Kepler ein exzellentes Doppelporträt.

Von Helmut Mayer

Im Jahr 1632 erscheint in Florenz ein Werk, das seinen damals schon berühmten Verfasser, den Philosophen am Hof der Medici Galileo Galilei, bald darauf in große Schwierigkeiten stürzt. Zwar hat der "Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme" formell die Instanzen der römischen Zensur passiert. Doch gerade die Verbindungen des Verfassers zur Kurie und nicht zuletzt zu Papst Urban VIII. selbst hatten zu einigen Abkürzungen und informellen Vereinbarungen geführt, die sich zuletzt als fatal erweisen.

Klar war seit der kirchlichen Ermahnung Galileis etwa fünfzehn Jahre zuvor, dass das kopernikanische System nicht als Theorie mit naturphilosophischem Wahrheitsanspruch, sondern nur als mathematisch-astronomische Konstruktionsmethode unter anderen verhandelt werden durfte. Auf dieses Vorgehen hatte man sich in Rom in Zeiten gegenreformatorischer Disziplinverschärfung noch unter Paul V. festgelegt - gegen einige gewichtige Gegenstimmen, die das theologisch überhaupt nicht geboten sahen. Und der neue Papst, naturphilosophisch interessiert und von Galilei tief beeindruckt, hatte sogar einmal angedeutet, dass unter ihm diese antikopernikanische Festlegung Roms nicht durchgegangen wäre.

Aber Urban VIII. gerät unter innerkirchlichen Druck und vor allem: Er sieht sich von Galilei hintergangen, der zwar wie verlangt die kopernikanische Theorie von einem der drei fiktiven Sprecher des "Dialogs" mit Hinweis auf Gottes unverfügbare Macht einklammern lässt. Aber diese Figur ist ausgerechnet der mit Vorliebe der Lächerlichkeit preisgegebene bornierte Traditionalist Simplicio, in dem sich der Papst nun karikiert sieht. Die Sache ist nicht mehr zurechtzubiegen, denn zu klar ist Galileis Überzeugung, die tatsächliche Erdbewegung demonstriert zu haben, und zu ungeschickt sein Versuch, in den Inquisitionsverhören das Gegenteil zu behaupten.

Figuren des Übergangs, in dem Altes und Neues eng verknüpft ist.

So kommt es 1636 zur berühmten Verurteilung, mit der Galilei später als unglücklicher Held der neuen Wissenschaft dasteht, die hier noch einmal von Kirche und beschränkten Aristotelikern in ihrem Siegeslauf behindert wurde. Aber ganz so einfach lief die Sache natürlich nicht. Weder war Galilei einfach ein wissenschaftlicher Wahrheitszeuge, noch macht solche Hagiographie überhaupt Sinn - schon gar nicht mit Blick auf die Gemengelage der sich neu herausbildenden Explikations- und Begründungsansprüche am Beginn des siebzehnten Jahrhunderts. Galilei ist vielmehr eine faszinierende Übergangsfigur, in der sich Elemente der Tradition mit wegweisenden Neuerungen eng verbanden.

Thomas de Padova wählt in seinem Buch eine naheliegende Variante, diese Verschränkungen von Neuem und Altem vor Augen zu führen. Er hält Galileis Entwicklung gegen jene des anderen großen Kopernikaners Johannes Kepler, der als ebenso hervorstechende Figur der Transformationen gelten darf, die von der tradierten Astronomie und Naturphilosophie zur modernen Physik führten. Sein Doppelporträt von Kepler und Galilei verfolgt zwei wissenschaftliche Biographien, die durch die Überzeugung von der Wahrheit des kopernikanischen Systems verknüpft waren und sich doch in ganz unterschiedlichen Forschungs- und Darstellungsweisen manifestierten.

Bei diesem Vergleichsverfahren werden oft auf Seiten Keplers die vormodern anmutenden Elemente, dagegen bei Galilei die auf die moderne Mechanik vorausweisenden Konzepte verortet: Auf der einen Seite steht dann der theologisch imprägnierte deutsche Mathematiker und Metaphysicus, der dem Weltgeheimnis in zahlenhaften und geometrischen Verhältnissen nachspürt, tief in christlich überformten pythagoräisch-platonischen Traditionen verwurzelt, merkwürdigen Fernkräften und "okkulten" Ursachen zugeneigt. Auf der anderen Seite steht der nüchterne Florentiner als Wegbereiter induktiver experimenteller Methode, die letztlich mit allen metaphysischen Hintergrundspekulationen aufräumte.

Aber zu dieser Entgegensetzung lassen sich leicht Gegenrechnungen aufmachen, wie es de Padova, gestützt auf die einschlägige wissenschaftsgeschichtliche Literatur und mit gut gewählten Passagen aus den Texten seiner beiden Hauptfiguren, schön vorführt. Man kann dazu gleich beim "Dialog" von 1632 ansetzen, in dem eine der Figuren die kreisförmige Bewegung der Himmelskörper aus einfachen Überlegungen ableitet: Unmöglich können sie anders als kreisförmig sein, denn bewegte sich ein Körper von Natur aus geradlinig, wäre er niemals an seinem natürlichen Ort und mithin die Anordnung der Teile der Welt keine vollkommene. Diese vorbildlich aristotelische Begründung steuert aber nicht etwa der Traditionalist Simplicio bei, sondern einer der Proponenten von Galileis neuer Physik.

In erster Instanz zeigt das bloß Galileis Neigung zur rhetorisch brillanten Argumentation, die mit den Gegnern nicht nur gnadenlos umspringt, sondern bei Bedarf auch deren Grundsätze entwendet. Faszinierend zu verfolgen ist das bei Galilei immer, auch und gerade dann, wenn er in der Sache völlig falsch lag oder sich damit erst so recht in die Bredouille brachte, wie im Fall seiner theologisch ausholenden Verteidigung des Kopernikanismus vor der römischen Verwarnung. Aber dahinter taucht natürlich die Frage auf, die Wissenschaftshistoriker von früh an beschäftigte: Warum hielt Galilei so unbeirrbar an der Kreisform fest, die ihm die mathematisch-astronomische genauso wie naturphilosophische Tradition vorgab? Denn der Kreis behält bei ihm seinen angestammten Primat, und auch der Trägheitssatz seiner neuen Mechanik ist einer für die "natürliche" Kreisbewegung.

Und das, obwohl der kaiserliche Mathematiker Kepler bereits 1609, als die Fernrohrbeobachtungen Galilei gerade definitiv zum überzeugten und öffentlich auftretenden Kopernikaner machen, in seiner "Neuen Astronomie" die Ellipsenform der Planetenbahnen ins Spiel gebracht hatte, was auch nicht ohne Wirkung auf die Wissenschaftlergemeinde blieb. Ausgerechnet der so gern an platonisierenden Ordnungs- und Harmonievorstellungen entlang spekulierende Kepler hatte der tradierten Kreisform den Abschied gegeben - weil sich mit ihr die faszinierend genauen Planetenmessdaten Tycho Brahes, auf die er zurückgreifen konnte, nicht erfüllen ließen, wenn man das heliozentrische System als höchste Ordnungsinstanz zugrunde legte und verbissen genug Varianten durchrechnete.

Keplers "Kindereien" haben eine durchaus moderne Seite.

Aber diese Berechnungen ließ Galilei links liegen, so wie die Werke Keplers insgesamt, selbst wenn seine Korrespondenz zeigt, dass er Letztere sehr wohl kannte; und seine Antworten auf Keplers um Zusammenarbeit werbende Briefe sind eher hinhaltende Ausweichmanöver. Nicht einmal das erbetene Fernrohr bekam der immer öffentlich zu Galilei stehende Kepler. Aber kaum hatte er sich eins beschafft, schrieb er dafür jene optische Theorie teleskopischer Beobachtung, die Galilei sich ersparte, um stattdessen auf raffinierte Patronagepolitik zu setzen, die das Fernrohr als legitimes wissenschaftliches Instrument durchsetzen sollte. Als sich Galilei aber doch einmal im Druck zu Keplers Himmelsphysik äußert, durch einen seiner Sprecher im "Dialog", wir daraus eine Schelte: Wie konnte nur ein so scharfsinniger Mann auf Dinge verfallen wie die "Herrschaft des Mondes über das Wasser, die verborgenen Qualitäten und was an Kindereien mehr sind"?

Die "Kindereien", die Galilei da so entschieden ins Visier nahm, Keplers Spekulieren über die Kräfte zwischen den Planeten und insbesondere über eine antreibende Kraft der Sonne, sind freilich eine zweischneidige Angelegenheit. Auf der einen Seite gehören sie tatsächlich zu jenen Anteilen der alten Naturphilosophie, von denen sich die neue Physik verabschieden wird, zumindest offiziell. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, nehmen sie sich aber ausnehmend modern aus, als Vorboten der Newton'schen Gravitation.

Und hübsch ist natürlich die Ironie, dass Galilei in diesem Zusammenhang ausgerechnet die mit dem Mond operierende Gezeitentheorie Keplers abkanzelt, die durchaus eine richtige Verbindungslinie zog. Zumindest eine bessere als Galileis eigener Versuch, die Gezeiten direkt aus der Erdbewegung um die Sonne abzuleiten: Genau durch diesen realen Effekt sollte ja die Erdbewegung außer Zweifel gestellt werden - was Urban VIII. ganz richtig sah, sich den ursprünglich für den "Dialog" vorgesehenen Titel "Über Ebbe und Flut" verbat und auf diese Weise (noch) einen Beitrag zum Nachruhm Galileis leistete.

Kepler und Galilei sind als Figuren für sich genommen faszinierend genug. Sie am Leitfaden der Reaktionen aufeinander in einer Darstellung zusammenzuführen, erhöht noch den Reiz. Zumindest dann, wenn man diese Aufgabe so geschickt, mit guter Kenntnis des wissenschaftsgeschichtlichen Terrains, Sinn für lebendige Darstellung und doch ohne Effekthascherei vorzuführen weiß wie Thomas de Padova: ein geglücktes Beispiel populär geschriebener Wissenschaftsgeschichte.

Thomas de Padova: "Das Weltgeheimnis". Kepler, Galilei und die Vermessung des Himmels. Piper Verlag, München 2009. 352 S., Abb., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.09.2009

Fernrohr und Geheimnis
Thomas de Padova erzählt, wie der Himmel vermessen wurde
Galileo Galilei, der zeitlebens ein frommer Katholik war, ist eine Ikone der Aufklärung geworden. Johannes Kepler, ein nicht minder frommer Protestant, gilt manchem heute mehr als Esoteriker denn als Revolutionär der Astronomie. Der Anschein trügt in beiden Fällen. Beide Forscher lebten und arbeiteten unter Extrembedingungen. Ihre persönliche Beziehung ist unter diesen Bedingungen und bei zwei so unterschiedlichen Charakteren entsprechend schwierig gewesen. Der Wissenschaftspublizist Thomas de Padova hat dieser Beziehung ein interessantes Buch gewidmet. Dabei hat er die unterschiedliche Arbeits- und Denkweise der beiden Gelehrten sowie deren Ergebnisse sorgsam und mit vielen interessanten Details vor dem Leser ausgebreitet.
Galilei (1564 -1642) war der große Experimentator. Er baute das in Holland erfundene Fernrohr nach und beobachtete damit den Mond und seine Gebirge, die Phasen der Venus, die vier größten Jupitermonde, die Flecken der Sonne, erklärte aber auch Fall- und Wurfbewegungen höchst irdischer Körper. Kepler (1571-1630) gelang es, die Beobachtungen der Astronomen, insbesondere die sehr genauen Messungen von Tycho Brahe, zu deuten und die sich dahinter verbergenden Gesetze zu erkennen, vor allem die Gesetze der Planetenbewegung, aber auch die Erklärung der Funktionsweise eines Fernrohres.
Die beiden größten Gelehrten ihrer Zeit lebten in einer kleinkarierten Welt. Über hundert Jahre, bis zum 1. März 1700 dauerte es, ehe auch die protestantischen Länder die 1582 abgeschlossene Kalenderreform von Papst Gregor VIII. übernahmen. Bis dahin herrschte innerhalb Deutschlands ein heute unvorstellbarer Zeitunterschied von zehn Tagen! Johannes Kepler plädierte vor dem Reichstag in Regensburg vergebens dafür, dass die Protestanten Vernunft annähmen. Mit seiner lutherischen Kirche hatte es Kepler, der auch studierter Theologe war, nicht eben leicht. Weil er die Vorstellung von der Gegenwart Christi beim Abendmahl nicht teilen konnte, wurde er vom Abendmahl ausgeschlossen. Seine Mutter wurde von frommen schwäbischen Protestanten als Hexe angeklagt und in Ketten gelegt. Sie widerstand sogar der Androhung der Folter – überlebte aber die nach sechs Jahren wiedergewonnene Freiheit nur ein halbes Jahr. Der Hexenwahn war seinerzeit konfessionsübergreifend virulent.
Aus Graz, wo er an einer evangelischen Schule als Mathematiker arbeitete, wurde Kepler durch den Erzherzog Ferdinand vertrieben, der die Steiermark protestantenfrei machte. Kaiser Rudolf II. dagegen, ein Freund der Wissenschaft, der den dänischen Astronomen Tycho Brahe zu sich nach Prag geholt hatte, lässt Kepler bei diesem arbeiten und macht ihn nach dem Tode Brahes zum kaiserlichen Mathematiker und Hofastronom.
Galilei war zunächst Mathematiker an der Universität Padua, die zur Republik Venedig gehörte, und in der ein in religiösen Fragen recht freies Klima herrschte. Das Fernrohr hat er nicht erfunden, aber optimiert und bestens vermarktet. Der Regierung von Venedig gegenüber argumentierte er, mit seinem Fernrohr könne man sich nähernde feindliche Schiffe Stunden früher erkennen. Das war bei der Bedrohung durch die Türken ein unschlagbares Argument. Der von Geburt an kurzsichtige Kepler sieht, so Tomas de Padova, „das Potential dieser Erfindung zunächst nicht”. Galilei wird später Hofphilosoph der Medici in Florenz.
Beide hatten eine sehr unterschiedliche Einstellung als Wissenschaftler. Galilei wollte in seinem Beruf viel Geld verdienen, was ihm auch gelang. Anders als Keppler litt er nie unter Mangel. Galilei hielt es zeitlebens nicht für nötig, die fundamentalen Erkenntnisse von Johannes Kepler auch nur zu erwähnen. Dass sich die Planeten auf elliptischen Bahnen und nicht, wie Kopernikus meinte, in Kreisbahnen um die Sonne bewegen, hat Galilei nicht eingesehen.
Kepler hatte niemals Probleme damit, die wissenschaftlichen Arbeiten anderer, insbesondere auch von Galilei, zu würdigen. Er brannte darauf, seine eigenen Arbeiten mit Fachkollegen zu diskutieren. Galilei war, wohl aus den Erfahrungen mit der katholischen Kirche heraus, extrem vorsichtig. Diese Gegensätze herauszuarbeiten und farbig zu beschreiben, gelingt Thomas de Padova ausgezeichnet. Er gewinnt auch dem Prozess der Inquisition gegen Galilei neue Facetten ab.
Im Jahre 1617 geht der erste Band von Keplers astronomischem Lehrbuch in Druck. Darin erklärt er vor allem die von ihm entdeckten Gesetze der Planetenbewegung. Im Mai 1619 setzt der Vatikan das Buch auf den Index. Galilei dagegen zählt auf seine Freundschaft mit dem neuen Papst, Urban VIII., dem er seine Schrift über Kometen widmet. Mit seiner Vorstellung, Kometen seien Reflektionen des Lichtes an aufsteigenden Dünsten der Erde, liegt der Gelehrte allerdings völlig daneben. Das ist das einzige Mal, dass Kepler ihn deutlich kritisiert. Den entscheidenden Konflikt Galileis mit der Kirche erlebt Kepler nicht mehr. Er stirbt Ende 1630 in Regensburg.
Galilei arbeitet zu dieser Zeit an seinem Buch „Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme”, einem fiktiven Streitgespräch, das von der Richtigkeit des kopernikanischen Weltbildes überzeugen soll. Galilei sollte nach Absprache mit dem Papst die kopernikanischen Vorstellungen von der Sonne im Mittelpunkt nur als Hypothese vertreten und am Ende die Allmacht Gottes betonen. Doch eben diese Schluss-Passage überlässt der Autor dem Dümmsten seiner drei fiktiven Gesprächspartner, Simplicio. Dem Papst wird erfolgreich eingeredet, mit dieser Karikatur sei er selbst gemeint.
Ohnedies war Urban VIII. seinerzeit wegen der Erfolge der Reformation unter höchstem Druck. So bezeichnete er, der zuvor noch verlautbart hatte, unter ihm wäre es nie zu einem Dekret gegen Kopernikus gekommen, auf einmal Galileis Buch als Schaden für die Kirche. Und so wird Galilei wegen Ketzerei verurteilt und schwört der kopernikanischen Lehre ab. Als ein Held tritt Galilei nicht vor der Inquisitionsbehörde auf. Aber wer wollte ihm das verdenken? Trotzdem wird er zum Helden der Aufklärung. Seine letzten Jahre darf er im Hausarrest verbringen. Allmählich erblindet er und stirbt Anfang 1642. Ein würdevolles Marmorgrab zu seinem Gedenken weiß die Kirche zu verhindern. MARTIN URBAN
THOMAS DE PADOVA: Das Weltgeheimnis. Kepler, Galilei und die Vermessung des Himmels. Piper Verlag, München 2009. 352 Seiten,19,95 Euro.
Drei der vier inneren Jupitermonde AP Photo/Cornell University
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als ein "geglücktes Beispiel populär geschriebener Wissenschaftsgeschichte" lobt Helmut Mayer dieses Buch des Journalisten Thomas de Padova, das die Geschichten zweier Galionsfiguren der modernen Physik miteinander verknüpft, die schon für sich genommen faszinierend genug sind: Galileo Galilei und Johannes Kepler. Zupass kommt dem Rezensenten dabei sehr, dass Padova nicht die Hagiografie Galileis fortschreibt, sondern ihn als die schillernde "Übergangsfigur" deutlich werden lässt, für die ihn Mayer hält. Galilei war nämlich sehr fehlbar, weiß Mayer jetzt! Sehr reizvoll, sehr lebendig und mit Sinn für Ironie, versichert Mayer, führe Padova vor, wie schnöde Galilei Kepler abgekanzelt habe: Ausgerechnet mit aristotelischen Argumenten habe dieser sein Modell der kreisförmigen Planetenbahn gegen Keplers Ellipsen-Modell verteidigt und für Keplers Theorie, dass der Mond die Gezeiten bestimme, habe er nur Spott übrig gehabt.

© Perlentaucher Medien GmbH