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Terroranschläge, Guerillakriege, offene Feindseligkeit: Täglich zeigt die wachsende Kluft zwischen der islamischen Welt und "dem Westen" neue erschreckende Auswirkungen. Anderthalb Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges droht somit ein weiterer, noch gefährlicherer Ost-West-Konflikt. Gilles Kepel, weltweit als einer der besten Kenner der islamischen Politik anerkannt, analysiert die gefährliche Lage in drei Schritten. Beginnend mit dem Palästina-Konflikt, erweitert er den Fokus auf den gesamten Mittleren Osten und schließlich auf die Grundfrage: Wie sieht eine neue Weltordnung aus, die…mehr

Produktbeschreibung
Terroranschläge, Guerillakriege, offene Feindseligkeit: Täglich zeigt die wachsende Kluft zwischen der islamischen Welt und "dem Westen" neue erschreckende Auswirkungen. Anderthalb Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges droht somit ein weiterer, noch gefährlicherer Ost-West-Konflikt. Gilles Kepel, weltweit als einer der besten Kenner der islamischen Politik anerkannt, analysiert die gefährliche Lage in drei Schritten. Beginnend mit dem Palästina-Konflikt, erweitert er den Fokus auf den gesamten Mittleren Osten und schließlich auf die Grundfrage: Wie sieht eine neue Weltordnung aus, die die islamischen Länder zu echten Partnern werden läßt? Müssen wir im Westen auf Vorrechte verzichten, Macht abgeben, Wohlstand teilen?
Autorenporträt
Gilles Kepel, geboren 1955, studierte Soziologie und Arabistik, ist Professor für Politische Studien am Institut d'Etudes Politique in Paris und hatte zahlreiche Gastprofessuren inne. Er gilt als einer der renommiertesten Forscher zum Thema des islamischen Fundamentalismus.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Als dramatisch beschreibt der französische Politologe Gilles Kepel den Mitte der neunziger Jahre von militanten Islamisten vorgenommenen Strategiewechsel. Während zuvor noch der Nahe und Mittlere Osten als Schauplatz der ideologischen Kämpfe  und gerade Europa als Zone der Gottlosen begriffen wurde, mit der man sich im Zustand des Vertragsfriedens befindet, ist der Kampf nun ausgeweitet. Den Unterstützern der antiislamistischen Regimes des Ostens soll auf deren eigenem Gebiet der Kampf angesagt werden, von New York bis Kreuzberg. Fatal ist die Reaktion vor allem der USA, die den Islamismus mit den Mitteln des Kalten Kriegs besiegen wollen, nämlich einer Militarisierung bis zur Totrüstung. Das, so Kepels Prognose, wird nicht funktionieren. Der Rezensent Eberhard Seidel lobt die "Brillanz" der Analysen Kepels und stellt einschränkend nur fest, dass er für "die aktuelle Bekämpfung weltweit operierender radikalislamistischer Terroristen" auch keine Rezepte hat.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2004

Das brüchig gewordene Haus des Islam
Gilles Kepel sieht in der Integration der modernen Muslime im Westen die einzige Chance für den Weltfrieden
Kein Tag ohne Schreckensmeldungen aus dem Irak: Anschläge, Entführungen, Enthauptungen. Anarchie regiert das Land. Wer verstehen will, wie es soweit kommen konnte, und welche Kräfte hier am Werk sind, dem sei das neue Buch von Gilles Kepel empfohlen. Es ist eine Fortsetzung seines vor zwei Jahren erschienenen Werkes „Das Schwarzbuch des Dschihad”, in dem er den Niedergang des Islamismus diagnostiziert hat. In atemberaubender Dichte beschreibt der französische Soziologe und Politologe die sich gegenseitig bedingenden Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten und dem Westen seit dem Ende des Kalten Krieges. Das ist nicht alles neu. Doch wie Kepel die Fülle an Informationen und die höchst komplizierten Zusammenhänge ordnet, ist brillant.
Er verfolgt drei Stränge: Die Ideologie der Neokonservativen in den USA; Saudi-Arabiens Herrscherhaus und sein Bündnis mit dem erzkonservativen Islam der Wahhabiten; und die internationalen radikal-islamistischen Strömungen, aus denen die Terroristen hervorgegangen sind. Wie sich alle diese Elemente gegenseitig nähren und sich im gemeinsamen Teufelskreis bewegen, nimmt in Kepels Darstellung erschreckende Ausmaße an.
Schmerzhafte Analyse
Schlicht zusammengefasst, verband die Amerikaner und die Saudis seit 1945 das Öl, der Waffenhandel sowie der gemeinsame Feind, die Sowjetunion. Für die USA wurde ab 1967 auch die Sicherheit Israels zur Priorität. Um ihre Ziele durchzusetzen, unterstützten die Akteure allenthalben islamistische Strömungen, derweil die autoritären Regime sich erfolgreich gegen jegliche Reformen sperrten.
Mit dem Ende der UdSSR, dem Abzug der Roten Armee aus Afghanistan und Saddam Husseins Invasion Kuwaits, die die Stationierung amerikanischer Truppen im Golf zur Folge hatte, entwickelte sich der militante Islamismus: Osama bin Laden und seine Anhänger betraten die Bühne. Die Ereignisse überschlugen sich: Somalia, Bosnien, Scheitern der Nahost-Friedensgespräche, 11. September, Afghanistan- und Irak-Krieg. Spätestens seit dem Anschlag in Madrid ist der Islamismus „zu einem integralen Bestandteil des Westens geworden”.
Kepel entblößt die Weltsicht der amerikanischen Neokonservativen und ihre Vorstellungen von der Demokratisierung des Nahen und Mittleren Ostens mit Hilfe der „Überlegenheit der Waffen” als realitätsfremd. Seine Beweisführung lässt das Vorgehen der Bush-Regierung als größenwahnsinnig und verantwortungslos aussehen: Es habe erst den Terror gemehrt. Bin Laden ist noch immer nicht gefasst, Afghanistan bleibt unregierbar, der Irak ist in Aufruhr. Die extremsten aller Islamisten, die „Salafisten” und „Dschihadisten”, sind derweil in einem unüberschaubaren globalen Terrornetz untergetaucht.
Indem die „Neokons” ihr Feindbild vom Kommunismus nahtlos auf den Islamismus übertrugen, hätten sie das Phänomen vollkommen fehlgedeutet, sagt der Professor für Politische Studien am Institut d’Etudes Politiques in Paris. „Al-Qaida auf eine lokalisierbare Operationsbasis zu reduzieren, die durch massive Bombardements und Durchkämmen des Geländes zerstört werden kann, ermöglicht es, die schmerzhafte Arbeit der Analyse zu vermeiden, bei der sich die Washingtoner Strategen der eigenen Verantwortung stellen müssten: dass sie nämlich ein Monster geschaffen haben, das sich nach getaner Arbeit im Kampf gegen die Rote Armee gegen seinen Frankenstein gewandt hat.”
Zu den wichtigsten Instrumenten der militanten Islamisten zählen „Terror, die Medienpräsenz in der arabischen Welt, die virtuose Beherrschung geheimer Banktransfers über den Globus und das Surfen im Internet zwischen Tora Bora, Bali und Tampa”. Ihr Ziel ist es, sich in der allgemeinen Atmosphäre völliger Ohnmacht gegenüber der amerikanischen Supermacht und dem militärisch haushoch überlegenen Israel als kämpfende Avantgarde für die islamische Glaubensgemeinschaft in der Welt darzustellen.
Seine These vom Niedergang des Islamismus aufgreifend, attestiert Kepel auch den militanten Vertretern des politischen Islam durchweg Versagen: Sie hätten die Massen keineswegs mobilisiert, und die gegen den Westen gerichteten Anschläge schadeten vor allem der eigenen Zivilbevölkerung. Schlimmer noch, die Religiösen hätten die Kontrolle über die Entwicklung verloren - immer mehr versprengte, unprofessionelle Gruppen von sozial Benachteiligten und Kriminellen, die mit al-Qaida keinen Kontakt haben, aber deren Logo benutzen, machten den Terror allenthalben zur Alltäglichkeit.
Das Haus des Islam selbst drohe im Chaos zu versinken. Wie gefährlich diese Situation für den Weltfrieden ist, beschreibt Kepel eindrücklich. Die Entwicklung sei nur aufzuhalten, wenn die modernen Muslime im Westen in das bürgerliche Leben der Demokratien integriert werden und somit die Kluft zur arabisch-islamischen Welt überbrücken. Die Zukunft des Islam entscheide sich in Europa. Erst die Trennung von Moschee und Staat könne aber die Kräfte der Modernisierung, die durch den 11. September und den US-Interventionismus in Gefahr geraten seien, freisetzen. Beim Leser bleibt die Frage, wie viel Blut mit welchen Folgen für den Westen noch fließen muss, bis das unheilvolle Zusammenspiel von amerikanischen Neokonservativen, israelischen Besatzungspolitikern, reaktionären arabischen Herrschern und international agierenden, militanten Islamisten ein Ende hat.
ALEXANDRA SENFFT
GILLES KEPEL: Die neuen Kreuzzüge. Die arabische Welt und die Zukunft des Westens. Piper Verlag, München 2004. 389 Seiten, 22,90 Euro.
Zwei muslimische Gläubige beim Freitagsgebet in der Umm- al-Qura-Moschee in Bagdad.
Foto: dpa
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