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"Das Dunkel des Salons ist schattig wie ein Kaisergrab: Die schwarzen Lackmöbel atmen einen schweren Duft, das Bett unter der purpurroten, goldbestickten Seide ist ein ewiges Flammenmeer. Ich muß hinaus auf den Platz der Tausend Winde. Der Unbekannte erwartet mich schon, unsere Partie fortzusetzen." Mandschurei 1937: In den Wirren der japanischen Invasion widersetzt sich eine junge aristokratische Chinesin dem traditionellen Weg, der ihr von der Familie vorgegeben ist, und schließt sich einer Gruppe chinesischer Rebellen an. Während sie auf ihren großen Einsatz wartet, perfektioniert das junge…mehr

Produktbeschreibung
"Das Dunkel des Salons ist schattig wie ein Kaisergrab: Die schwarzen Lackmöbel atmen einen schweren Duft, das Bett unter der purpurroten, goldbestickten Seide ist ein ewiges Flammenmeer. Ich muß hinaus auf den Platz der Tausend Winde. Der Unbekannte erwartet mich schon, unsere Partie fortzusetzen." Mandschurei 1937: In den Wirren der japanischen Invasion widersetzt sich eine junge aristokratische Chinesin dem traditionellen Weg, der ihr von der Familie vorgegeben ist, und schließt sich einer Gruppe chinesischer Rebellen an. Während sie auf ihren großen Einsatz wartet, perfektioniert das junge Mädchen ihre Fähigkeit zu Konzentration und Kalkül beim täglichen Go-Spiel. Bis sich ein als Mandarin verkleideter japanischer Leutnant - ein Spion - unter die Go-Spieler mischt und mit ihr ein leidenschaftliches, besessenes Duell aufnimmt - in das sich beide über Wochen und Monate immer tiefer verstricken. Ein Duell, das in einer Tragödie gipfelt, wie sie nur auf eine große Liebe folgen kann
Autorenporträt
Shan Sa, geb. 1972 in Peking, wo sie mit 8 Jahren ihren ersten Gedichtband veröffentlicht und zum 'Aufsteigenden Stern Pekings' gekürt wird. Nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz 1989 emigriert sie nach Paris, wo sie sich mit der Tochter des Malers Balthus anfreundet und in dessen Haus kalligraphiert, malt, schreibt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2002

Der Tod, so verführerisch wie die Liebe
Gefährliches Spiel auf dem Platz der Tausend Winde: Shan Sas Roman die "Die Go-Spielerin" ist sanft und grausam zugleich

Der Anfang dieser Geschichte gehört dem Go und seinen Spielern auf dem Platz der Tausend Winde: "Seit wann mag dies der Treffpunkt der Go-Liebhaber sein? Ich weiß es nicht. Nach den Tausenden von Partien sind die Spielbretter, die in die granitenen Tische eingeritzt sind, zu Gesichtern geworden, zu Gedanken, Gebeten." Und dieser Anfang gehört der Mutter: "Klein ist meine Mutter, sie reicht mir bis an die Brust. Die lange Trauer um ihren Gatten hat ihren Körper ausgetrocknet. Als ich ihr von meinem Einsatz in der Mandschurei erzähle, wird sie blaß."

Aber das Ich, das zu erzählen anhebt über das Go-Spiel, ist ein anderes als jenes, das sich der Mutter erinnert. Über zweiundneunzig Kapitel hin, im genauen Rhythmus der ungeraden und der geraden Zahl, wird die Symmetrie eingehalten werden zwischen einem weiblichen Ich und einem männlichen Ich, das spricht - zwischen der jungen Chinesin, die virtuos das Männerspiel des Go beherrscht, und dem japanischen Offizier, dem das virtuose Töten in Fleisch und Blut übergegangen ist. Das Buch entfaltet den unwiderstehlichen Zauber einer untergründigen, unausweichlichen Anziehung: zwischen der zerebralen Kraft der Spielerin und den simplen Reflexen des Offiziers. Erst ganz am Ende wird das Mädchen dem Mann ihren Namen nennen; der Soldat wird namenlos bleiben. Es hat sich dann ein Gesetz vollstreckt, das der Roman früh festschreibt, als Quintessenz des Kampfes auf Leben und Tod: "Die Japaner hatten sich entschieden, glorreich im Handeln zu sein, und die Chinesen glorreich im Tod." Denn den Japanern ist Handeln Sterben, und Sterben ist Handeln.

Die solche Sätze schreibt, ist die 1972 geborene Chinesin Shan Sa, die schon als Achtjährige in ihrer Heimat für ihre Gedichte gepriesen wurde. Sie verließ Peking 1989 nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz und ging nach Paris, wo ihr Vater Gastprofessor für chinesische Literatur an der Sorbonne war. "Die Go-Spielerin" hat Shan Sa in französischer Sprache geschrieben; der Roman erhielt im vergangenen Jahr den "Prix Goncourt des Lycéens".

Die Kategorie des vertige, des Schwindel und Taumel machenden Spiels, das auf Leben und Tod sich vollzieht, ist im Go-Spiel so gut aufgehoben, wie kalte Berechnung notwendig ist, um die komplizierten, der militärischen Sphäre entlehnten Strategien zu beherrschen, die auf die Vernichtung des Gegners ausgerichtet sind. Die schwarzen oder weißen Steine des Gegners im Spiel sind zu töten, und dieses Töten hat die Form der Umarmung: "Ich werde es schaffen, mein Schicksal zu zwingen und mich glücklich zu machen. Das Glück ist eine Umzingelungsschlacht, eine Partie Go. Ich werde den Schmerz umarmen und ihn so töten." Und die Chinesin erkennt im Spiel die Wahrheit des Soldaten: "Das Go-Spiel ist ein Spiegel der Seele. Seine ist von peinlicher Präzision und Kälte." Der gegen sie, verkleidet in chinesischer Tracht, spielt, ist Japaner, ist ihr Feind. Das kann sie nicht wissen. Das Tertium zwischen ihnen ist das Go-Spiel und ist der Tod.

Es mag scheinen, daß das geheime Fundament dieses wunderschönen, so sanften wie grausamen Romans auf dem Modell der Transgression ruht, wie es zumal George Bataille beschrieben hat, auf der unauflösbaren Verschlingung von Eros, Tod und Erkenntnis. Doch Shan Sa lädt solche Theoriehülsen, im Wortsinn spielend, auf mit der Lebensfülle ihrer Heimat und der ihrer Vorfahren, die der Mandschurei entstammen. China ist ihr nicht von fern phantasiertes Faszinosum, sondern ist ihr Traum- und Vaterland.

Zur Zeit des Geschehens ist die Chinesin sechzehn Jahre alt. Sie, die als einzige Frau in die Männerdomäne des Go einbrechen konnte, ist sich und den anderen eine Fremde. Sie ist nicht so genügsam wie ihre ältere Schwester Perle des Mondes oder ihre Freundin Huong, welche leidend ihnen vorgezeichnete Muster erfüllen. Ihr ist der Weg transitorischer Erfahrungen bestimmt: Als sie die körperliche Lust kennenlernt, ist diese für sie untrennbar gekoppelt an die Herausforderung des Geistes. Beides vereint kann sie aber nicht finden in ihrem jungen Liebhaber Min; sie fühlt sich zu dessen düsterem Freund Jing hingezogen: "Diese Reinheit ist der Beginn einer haltlosen, einer wehrlosen Zuneigung, die ich Min verweigere."

Das schreckliche Dilemma der Spaltung, das im Buch kunstvoll auf mehreren Ebenen und Stufen durchgespielt wird, treibt die Chinesin zu sich immer noch steigernden Initiationen, bis zum Gipfel möglicher Erkenntnis des Selbst, des anderen. Nicht zufällig erscheint erst dort ihr Name, einem fernen Klang des Schicksals gleich. Nicht zufällig auch bleibt der Name des Offiziers ungenannt: Die Go-Spielerin hat ihr Ziel erreicht; der Japaner bleibt der Soldat, der nur die Regeln vollstreckt: "Trotz ihres Unterschieds im Alter und in der Herkunft teilen sie ein gemeinsames Schicksal: den grenzenlosen Kummer einer unmöglichen Liebe. Die Frauen sind unsere Opfergaben an die wüste Welt." Das Bild seiner Muttter prägt für den Japaner unauslöschlich das aller Frauen. Er ist ein Krieger, eine Maschine zum Tode, die endlich nur ihr Fatum vollziehen kann - in einem alles überwältigenden Tun allerdings, das ihn vor die Pforten des Begreifens bringt.

Es wäre unfair den Lesern dieser Rezension gegenüber, der wilden Geschichte den Sog ihrer Spannung zu rauben. Denn Shan Sa beherrscht auch diese Kunst, sie findet zu einem grandiosen Finale, dessen poetische Macht lange nachklingt. Bis dahin läßt sie das China, läßt sie die Mandschurei des Jahres 1937 auferstehen mit allen Düften, mit ihren Widersprüchen und Sitten, den Prostituierten und den Gefolterten, den Revoltierenden und Unglücklichen. Das Vordringen der Japaner gegen China und in die unabhängige Mandschurei liefert ihr das mit Gewalt aufgeladene Szenario, in das sie die unaufhaltsame territoriale Annäherung und schließlich die Begegnung zwischen der jungen aristokratischen Chinesin und dem japanischen Offizier auf dem Platz der Tausend Winde beim Go-Spiel einbettet. Shan Sas klarer, kraftvoller Sprachgestus, ihre fast asketische Beherrschung der französischen Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist und der sie doch solche Bildmacht zu geben vermag, schwingt noch im Rhythmus der deutschen Übersetzung von Elsbeth Ranke nach. Fern jedes voyeuristischen Exotismus erschafft dieses Buch eine fremde Welt, die am Rand des Traumes liegt, bis hin zu seinem Schluß, der nicht mehr von dieser Welt ist.

Shan Sa: "Die Go-Spielerin". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Elsbeth Ranke. Piper Verlag, München 2002. 251 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Dieses Leben ist nur eine Partie Go
Bereits als 4-jähriges Mädchen hatte die junge Chinesin das Go-Spiel gelernt. Seitdem ist dieses Spiel für sie eine Sucht, von der sie nicht los kommt, das sie gewissermaßen vorantreibt in ein "Universum der Bewegung". Mit 16 Jahren darf sie als erste Frau auf dem Platz der Tausend Winde spielen. Beim Go-Spiel gelingt es ihr, die furchtbaren Ereignisse des Alltags in der Mandschurei, die von den Japanern besetzt gehalten wird, zu vergessen.
Bei einer Revolte gegen die japanischen Besatzer lernt die Go-Spielerin zwei junge Studenten kennen. In beide verliebt sie sich. Doch erst als Min und Jing von den Japanern aufgegriffen und Min hingerichtet wird, erfährt sie, dass die beiden im chinesischen Widerstand engagiert waren. Völlig überfordert von den Ereignissen und vom Schmerz, flieht sie mehr und mehr in das Go-Spiel, das ihr Kraft spendet.
Eines Tages taucht auf dem Platz der Tausend Winde ein Unbekannter auf, der sie zum Spiel auffordert. Der Fremde, der sich ihr nicht vorstellt, macht sie neugierig. Sie beschließt für sich, mit Hilfe des Go-Spiels in seine Gedanken einzudringen, ihn zu entdecken. Nach vielen Partien erkennt sie, dass er wirklich nicht der ist, für den er sich ausgibt. Sie entlarvt seine Seele., die von "peinlicher Präzision und Kälte" geprägt ist. Mehr und mehr fühlt sie sich von dem geheimnisvollen Fremden angezogen. Doch als dieser seine wahre Identität verrät - er ist in Wirklichkeit ein japanischer Leutnant, der für die Armee auf dem Platz der Tausend Winde als Spion eingesetzt wurde - ist es für beide schon zu spät. Die grausame Macht des Krieges hat beide eingeholt.
Ein Spiel um Liebe und Tod
Gewissermaßen zufällig treffen der japanische Leutnant und die Go-Spielerin auf dem Platz der Tausend Winde in Harbin zusammen. Bei diesem Spiel, dessen Grundidee auf militärische Strategien, ja auf Vernichtung des Gegners beruht, offenbaren sie sich gegenseitig, ohne jemals miteinander gesprochen zu haben. Ihre Art zu Kommunizieren ist das Spiel.
Beide sind sie auf der Suche nach ihrer Wahrheit. Die Chinesin hatte sich immer als Fremde gefühlt. Als Frau sieht sie sich in den Zeiten eines grausamen Krieges, in den Zeiten der Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne als Geopferte. Mit dieser ihr aufoktroyierten Rolle will sie sich aber nicht abfinden. Die Kraft zum Widerstand schöpft sie aus dem Go-Spiel. Aber auch der japanische Soldat, Eroberer und Besatzer, ist im Grunde genommen wehrloses Opfer. Er ist das Opfer seines schrankenlosen Patriotismus. Er lebt für sein Vaterland und für dieses ist er auch bereit zu sterben. Sicherheit kann er lange Zeit nur bei Prostituierten finden. Als sich beide, der Leutnant und die Chinesin, näher kommen, ist es jedoch bereits zu spät. Der einzige Ausweg, der den Liebenden bleibt, ist der Tod.
(Wibke Garbarukow)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Worte wie "unwiderstehlicher Zauber", "grenzenloser Kummer einer unausweichlichen Liebe" oder "poetische Macht" durchziehen die Rezension von Rose-Maria Gropp. Von der Handlung dieses "wunderschönen, so sanften wie grausamen Romans" allerdings verrät sie wenig: "Es wäre unfair ... der wilden Geschichte den Sog ihrer Spannung zu rauben." Der Roman, soviel zumindest erfahren wir, spielt im China des Jahres 1937 und erzählt die Geschichte einer jungen, aristokratischen Chinesin, die "virtuos das Männerspiel des Go beherrscht", und eines japanischen Offiziers, "dem das virtuose Töten in Fleisch und Blut übergegangen ist". Das Vordringen der Japaner gegen China liefert das mit Gewalt aufgeladene Szenario. Die junge Autorin lasse die Mandschurei des Jahres 1937 auferstehen, "mit allen Düften, mit ihren Widersprüchen und Sitten, den Prostituierten und den Gefolterten, den Revoltierenden und Unglücklichen". Hierin eingebettet sei die "unaufhaltsame territoriale Annäherung und schließlich die Begegnung der Chinesin mit dem japanischen Offizier auf dem Platz der Tausend Winde beim Go-Spiel", deren grandioses Finale - ein Schluss, "nicht mehr von dieser Welt" - noch lange in der Rezensentin nachklang. Bewunderung findet auch die Sprache der Autorin, ihre "fast asketische" Beherrschung des Französischen, das nicht ihre Muttersprache sei. Die Bildmacht, die Shan Sa der Sprache zu geben vermochte, schwinge noch im Rhythmus der deutschen Übersetzung nach.

© Perlentaucher Medien GmbH"
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