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Ohne Form keine Kunst und keine Literatur. Der Band bietet einen Überblick über wichtige philosophische, ästhetische und literaturwissenschaftliche Formtheorien des 19. bis 20. Jahrhunderts und untersucht, wie der Begriff der Form in der heutigen Literatur- und Kunstwissenschaft sinnvoll gebraucht werden kann.

Produktbeschreibung
Ohne Form keine Kunst und keine Literatur. Der Band bietet einen Überblick über wichtige philosophische, ästhetische und literaturwissenschaftliche Formtheorien des 19. bis 20. Jahrhunderts und untersucht, wie der Begriff der Form in der heutigen Literatur- und Kunstwissenschaft sinnvoll gebraucht werden kann.
Autorenporträt
Der Autor: Dieter Burdorf, geb. 1960; Studium der Germanistik, Philosophie und Erziehungswissenschaft; 1992 Promotion; 2000 Habilitation; lehrt Neuere deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Jena. Bei J.B. Metzler sind erschienen Hölderlins späte Gedichtfragmente: Unendlicher Deutung voll, 1993; Einführung in die Gedichtanalyse. Sammlung Metzler Band 284, 2. Auflage 1997.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für außerordentlich ambitioniert hält Hans-Jürgen Schings das Unterfangen, aus 250 Jahren Geschichte des Form-Begriffs in der Literatur etwas wie eine "Poetik der Form" zu entwickeln. Dieter Burdorf jedoch ist daran, so der Tenor der Rezension, nicht einmal gescheitert: er hat sich nämlich erst gar nicht im Ernst darauf eingelassen. Man bekommt jede Menge Material geliefert, die Belesenheit des Autors steht, da lässt der Rezensent keinen Zweifel, außer Frage, jedoch an theoretischer Durchdringung fehlt es. Mit der Konzentration auf drei "Fallstudien", die den historischen Durchzieher ergänzen, ist wenig dafür getan, findet Schings. Das Kapitel zu Platen könne genauso gut alleine stehen und wo es spannend werde, mache Burdorf uninspiriert weiter im Text. Die Thesen, die formuliert werden, geraten zur "Erläuterung von sehr disparaten Begriffsverwendungen". Schings ist enttäuscht, möchte das Buch jedoch nicht rundheraus verreißen: als auf Vollständigkeit zielendes "Handbuch", als das es sich - dem Titel zum Trotz - versteht, taugt es durchaus.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2002

Aus innerer Kraft
Dieter Burdorf rehabilitiert den Begriff der Form
Poetik der Form ist ein schwer wiegendes Buch von fünfhundertsiebenundsiebzig Seiten. Fast zehn Prozent davon stellt das Literaturverzeichnis, das vom außerordentlichen Umfang der Recherchen, die bald anderthalb Jahrhunderte abdecken, und von der unerhörten Gelehrsamkeit des Autors zeugt. In dieser Begriffs- und Problemgeschichte steckt offenkundig viel Lebenszeit. Weniger, aber immer noch viel Zeit wird dem Leser abverlangt – und wofür? Um das Wörtchen „Form” wieder in die literaturwissenschaftliche Terminologie einzubringen.
Nachdem der Begriff „Form” jahrzehntelang in fast keinem Buchtitel fehlen durfte, geriet er in den sechziger Jahren in Verruf. Als antiquiert und unwissenschaftlich abgelehnt, wurde er von methodisch anspruchsvollen Literaturwissenschaftlern durch den präziser scheinenden Term der „Struktur” ersetzt, den der Strukturalismus damals gerade in Mode gebracht hatte. Heute, vierzig Jahre später, hält es der Germanist Dieter Burdorf für angebracht, sich mit der Begriffs- und Problemgeschichte der „Form” auseinander zu setzen und auf diese Weise zu einer Definition zu gelangen. Dazu listet er die Vielzahl von Bedeutungen auf, die das Wort in der Alltagssprache und auch in literaturwissenschaftlichen Arbeiten hat. Vor allem aber durchsucht er Werke der deutschen Literatur zwischen 1750 und 1910 nach dem Begriff und fragt nach seinen jeweiligen Implikationen. Burdorf faltet in aller Ausführlichkeit auseinander, was sich besser als Beitrag für ein begriffsgeschichtliches Lexikon der Literaturwissenschaft geeignet hätte.
An Harris, Hamann und Herder schildert Burdorf das allmähliche Entstehen eines Formbewusstseins, das in der Mitte des 18. Jahrhunderts an die Stelle der antiken Rhetorik trat. Ausgelöst habe den Wandel wesentlich die von Winckelmann initiierte Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst, in der Ausdrücke wie „Schönheit”, „Maß” und eben „Form” erstmals eingebracht wurden. Seither, so Burdorf, ist das literarische Fragen nach der „Form” meist mit Überlegungen zu Bildhauerei und Architektur verbunden, daher werde noch heute „Form” gerne als plastisch empfunden.
Gegen chaotische Wirklichkeit
Auf den Übergang von der Rhetorik zum Formbewusstsein in Deutschland geht Burdorf merkwürdigerweise nur kurz ein. Knapp etwa fällt seine Definition der Rhetorik aus: sie habe dem Inhalt den Vorrang gegeben und bloß dazu passende sprachliche Mittel empfohlen. In ihrem Rahmen sei folglich allein Virtuosität im Umgang mit den Regeln, nicht jedoch Kreativität möglich gewesen – womit Burdorf, sicher ohne es zu wollen, Dichtern wie Dante oder Petrarca die Schöpfungskraft abspricht. Mit keinem Wort geht er zudem auf das Verhältnis der Rhetorik zu den Regelvorschriften des klassischen französischen Dramas ein, gegen die sich das deutsche Formbewusstsein besonders stark wandte. Vermutlich hätte ihn das in einige Nöte bei der Darstellung jenes „technizistischen Formbegriffs” des 19. Jahrhunderts gebracht, den er in keinerlei Beziehung zur Rhetorik sieht.
Stattdessen beschränkt sich Burdorf darauf zu beschreiben, wie Mitte des 18. Jahrhunderts im Rückgriff auf Plotin ein Werk – zunächst die göttliche Schöpfung, später die menschliche – auf einmal „als Ausfluß und Ausdruck einer ihm zugrunde liegenden und in ihm wirksamen Formkraft”, „also als Einheit von Innen und Außen” gedacht wurde. Oder mit den Worten Goethes: jeder Gehalt hatte von nun an eine eigene „innere Form”.
Für das 19. Jahrhundert stellt Burdorf eine Aufspaltung zwischen Theorie und Praxis der Form fest. Die Ästhetik etablierte sich als eine primär philosophische Disziplin. Überdies meldeten sich reine „Theoretiker”, also Poetologen oder später Literaturwissenschaftler, zu Wort. Die „Praktiker” der Form hingegen, die wie Mörike oder Heine leichthändig mit allen Versformen und Traditionen umzugehen verstanden, äußerten sich zum großen Teil nicht poetologisch. Die Germanistik, wie der Lyrik-Spezialist Burdorf am besten weiß, hat freilich längst das innige Zusammenspiel von Form und Gehalt in den Gedichten Mörikes und Heines herausgearbeitet, denen eine sehr viel komplexere und intensivere, wenn auch nicht schriftlich niedergelegte Reflexion vorausgegangen sein muss als bei den sogenannten Poetologen.
Für seine Fallstudien zum praktischen Umgang mit der „Form” hat sich Burdorf August von Platen, Arno Holz und Rudolf Borchardt ausgewählt, die ausgewiesene „Formpoetiker” und obendrein von der Germanistik vernachlässigte Dichter seien. So subtil Burdorf auch Platens an das orientalische Ghasel angelehnte Gedicht „Durch die Menge, dich bewundernd” analysiert, am Ende der siebzehn Seiten drängt sich dann doch die Frage auf, worin der Erkenntnisgewinn für eine Begriffs- und Problemgeschichte bestehen mag. Heraus kommt, dass der formale Aufbau die Wirkung eines „Du” auf ein Ich exakt widerspiegelt, dass Form und Gehalt einander entsprechen – also das, was man von jedem guten Gedicht erwartet.
Schließlich beobachtet Burdorf im 19. Jahrhundert eine Spaltung, die noch in der Lyrik unserer Tage Bestand haben soll: nämlich zwischen einem „emphatisch-idealistischen” Formverständnis in der Nachfolge Goethes und einem rein „technizistischen”, vom Gehalt abgelösten Formbegriff. Dieser bekunde sich sowohl in der Dramentheorie eines Gustav Freytag als auch im Anspruch eines Arno Holz, eine neue Form zu schaffen. Er finde sich zudem in Gottfried Benns kurzer Rückbesinnung auf die Tradition als Ordnungsprinzip gegen eine chaotischer werdende Wirklichkeit. Allerdings räumt Burdorf ein, dass die beiden Formbegriffe ineinander übergehen, in der Praxis also nicht isoliert vorkommen.
Wozu also das Ganze? Hinter der Fassade einer methodisch und historisch höchst reflektierten Begriffsgeschichte steckt kein Problem, sondern längst Bekanntes: das Verhältnis von Form und Gehalt in seinen unterschiedlichen Gewichtungen, in Theorie und Praxis, also das, was den Ausgangspunkt jeder wissenschaftlichen Beschäftigung mit Literatur bildet. Einen Zweck erfüllt das voluminöse Buch einzig innerhalb der literaturwissenschaftlichen Debatte um Terminologien, indem es zu Recht gegen die Tabuisierung des Wortes „Form” protestiert. Das aber ließe sich leichter und sinnvoller in einer Glosse oder einem Pamphlet unterbringen.
FRANZISKA
MEIER
DIETER BURDORF: Poetik der Form. Eine Begriffs- und Problemgeschichte. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart 2001. 577 Seiten, 39,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2002

Etwas Goethe, etwas Kleist
Gelehrter Reporter: Dieter Burdorf will die "Form" in Form bringen

An Weiträumigkeit läßt sich der ästhetische Begriff der Form schwerlich übertreffen. Wer von Kunst redet, muß auch von Form reden. Nur weiß er selten, wovon er dann spricht. Auch kann man nicht sagen, daß der Begriff der Form heutzutage aktuell ist. Abhilfe gegen Begriffsstutzigkeit wie Begriffsverlust, und zwar in der gründlichen Form der (bald aussterbenden) Habilitationsschrift, möchte Dieter Burdorf schaffen, und man muß seinen Mut bewundern.

Wie bringt man den Allerweltsbegriff "Form" in Form? Burdorf entscheidet sich für eine Begriffsgeschichte, die zugleich Problemgeschichte sein will; der "literaturtheoretische Begriff" soll auch ein "literarisches Problem" sein. Da er spürt, daß Form allein in der Gesellschaft dieser beiden Geschichten womöglich nicht gut aufgehoben und ohne Sinnfälligkeit kaum zu haben ist, wechselt er gelegentlich das Genre und bietet gegen die drohende Erblassung drei "Fallstudien" auf, die dezidierte Formkünstler am Werk zeigen, August von Platen, Arno Holz und Rudolf Borchardt.

Ist Form als Held einer Begriffs- und Problemgeschichte geeignet? Am Anfang, und das ist die gewohnte Sattelzeit um 1750, hat es den Anschein. Die Rhetorik und mit ihr der Formersatz des "aptum" verabschieden sich. Und aus der Erbmasse des Neuplatonismus, vermittelt vor allem durch Shaftesbury und dessen Neffen James Harris, fällt der Ästhetik und den Poeten der Begriff der "inneren Form" zu. Burdorf zeigt, wie er die "Reflexivität" entzündet, seine metaphysische Herkunft allmählich abstreift und in das Zentrum einer sich autonom setzenden Theorie und Praxis einwandert. Dann aber, kaum hat sie ihren Motor gefunden, verliert die Geschichte auch schon ihre Spannung. Die Habilitationsschrift wird zum "Handbuch", wie der Klappentext verrät. Die Matadore ziehen vorbei: sieben Seiten Kant und Schiller, vier Seiten Goethe, zwei Seiten Kleist und Hölderlin, vier Seiten Wilhelm von Humboldt - und so fort. Keine Frage, wir befinden uns in einem historischen Wörterbuch. Burdorf behält den Gestus bei, auch wenn er im neunzehnten Jahrhundert die Seitenzahlen steigert und Hegel ein ganzes Kapitel und eine Art Gesamtdarstellung seiner Ästhetik einräumt. Nur mühsam sorgt jetzt der Streit von Idealisten und Formalisten für neuen problemgeschichtlichen Antrieb. Burdorf referiert, der Leser lernt eine Menge über bekannte und unbekannte Theoretiker und ihren Umgang mit dem Begriff - inspiriert fühlt er sich nicht. Da hilft auch nicht der Blick auf die Autoren selbst oder die Fallstudie zu Platen - eine eigenständige Abhandlung, die auch in jedem anderen Buch Platz hätte. Der Proteus Form läßt sich kaum fassen, mögen Platens Ghaselen noch so akkurat interpretiert und als "Umsetzung" eines "existentiellen Formverständnisses" beschworen werden. Fallstudien und Begriffsgeschichte wollen nicht recht zueinander finden. Form ist überall und immer anders - ein Debakel für den Begriff.

Dabei wartet Burdorf mit einer eindrucksvollen Gelehrsamkeit auf, der bis zu Rudolf Borchardt wohl kaum ein einschlägiger Autor, ob Philosoph, Kunsttheoretiker, Essayist oder Literaturwissenschaftler, entgeht. Wo immer von Form gesprochen wird, ist Burdorf als Berichterstatter zur Stelle. Das Material, das er zumal für die Zeit um die Jahrhundertwende ausbreitet, stellt eine Fundgrube dar. Die "Thesen" freilich, immer wieder säuberlich aufgelistet und zusammengefaßt, kommen über die Erläuterung von sehr disparaten Begriffsverwendungen selten hinaus. Offenbar ist der Wille zur Vollständigkeit kein besonders guter Helfer für das "Problem". "An diesem Punkt könnte es spannend werden", erklärt Burdorf gelegentlich - im Blick auf Arno Holz, den er nicht besonders schätzt. Oft genug macht sich auch der Leser diese Hoffnung zu eigen, so wenn er mit Burdorf an Rilke, Stefan George und Georg Simmel gerät, an Rudolf Kassner und den jungen Lukács. Aber just dann muß er sich wieder mit dem "Handbuch" begnügen, für das ein Referat über Oskar Walzel handlicher ist als "Die Seele und die Formen". Eine gewisse Entschädigung bietet erst das Kapitel über Borchardt. Hier wird immerhin so etwas wie "Wohnen im Text" (so Burdorf über Borchardts "Villa"-Essay) möglich, ohne daß der anleitende Formbegriff sonderlich dazu beitrüge. Das war aber eigentlich nicht die Absicht.

HANS-JÜRGEN SCHINGS

Dieter Burdorf: "Poetik der Form". Eine Begriffs- und Problemgeschichte. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart 2001. 577 S., geb., 39,90 [Euro].

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Die vorliegende Arbeit ist in doppeltem Sinn gewichtig: von beträchtlichem Umfang und von großem wissenschaftlichen Wert... Arbitrium So präsentiert sich Burdorfs Studie insgesamt eher als eine Poetik der emphatischen Form. Dies tut freilich der Subtilität von Burdorfs detailscharfen Fallstudien keinen Abbruch, und auch die Handbuchqualität dürfte angesichts des weiterhin ausgedehnten Gegenstandsfeldes unbestritten bleiben. Scientia Poetica Das große Verdienst des Buches besteht folglich darin, an einen Kernbereich philologischer Disziplinen zu erinnern. (Zeitschrift für Germanistik)