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Carola Sterns Vermächtnis - ein Buch über die Schriftstellerin Clara Viebig und den Verleger Friedrich Theodor Cohn Carola Stern erzählt in ihrem letzten Buch die Geschichte einer jüdisch-christlichen Familie zur Zeit der Jahrhundertwende, als die von Fontane beschriebene Welt des preußischen Adels unterging und Berlin zu einer Metropole der wirtschaftlichen und kulturellen Moderne wurde. Ein neues Wort kam damals auf, das Geschichte machen sollte: Antisemitismus.
Zu Hause beim alten Fontane hat alles begonnen: Die angehende Autorin Clara Viebig erbittet sich Rat von dem großen Berliner
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Produktbeschreibung
Carola Sterns Vermächtnis - ein Buch über die Schriftstellerin Clara Viebig und den Verleger Friedrich Theodor Cohn Carola Stern erzählt in ihrem letzten Buch die Geschichte einer jüdisch-christlichen Familie zur Zeit der Jahrhundertwende, als die von Fontane beschriebene Welt des preußischen Adels unterging und Berlin zu einer Metropole der wirtschaftlichen und kulturellen Moderne wurde. Ein neues Wort kam damals auf, das Geschichte machen sollte: Antisemitismus.

Zu Hause beim alten Fontane hat alles begonnen: Die angehende Autorin Clara Viebig erbittet sich Rat von dem großen Berliner Schriftsteller. Und der reicht ihre Manuskripte weiter an den Verlag seines Sohnes. Teilhaber dieses Verlages ist Friedrich Theodor Cohn, weit gereister Sohn einer gebildeten jüdisch-bürgerlichen Familie. In »Fritz« findet Clara einen verständnisvollen Zuhörer, der an ihrer literarischen Arbeit interessiert ist. Mit seiner Hilfe wird die Chronistin der kleinen Leute, die »deutsche Zola«, eine Bestsellerautorin.

1896 heiraten die beiden - eine jüdisch-christliche Ehe ist zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Ihre Familien sind von der Verbindung nicht begeistert. Bei Claras Mutter muss Fontane vermitteln: Cohn gehöre doch zu den »feinen Juden«, nicht zu den Ostjuden, die der Berliner Historiker Heinrich Treitschke als »unser Unglück« bezeichnet hat. Carola Stern erzählt von Fritz und Clara, von den politischen und amourösen Affären ihres Sohnes Ernst, der komponiert und dirigiert und später emigriert, von dem Freundeskreis, zu dem Rudolf Steiner gehört, und von »Min«, dem politisch couragierten Schriftsteller Armin T. Wegner, der 1933 einen berühmten Brief an Hitler schreibt.

Carola Stern hat bis zu ihrem Tod an ihrem letzten Buch gearbeitet. Letzte Ergänzungen und Überarbeitungen stammen von Ingke Brodersen, Carola Sterns langjähriger Lektorin und Freundin.
Autorenporträt
Stern, CarolaCarola Stern starb im Januar 2006 kurz nach ihrem 80. Geburtstag. Sie war eine der bedeutendsten politischen Publizistinnen der Bundesrepublik, hat von 1960 bis 1970 das politische Lektorat beim Verlag Kiepenheuer & Witsch geleitet und danach als Redakteurin und Kommentatorin beim WDR gearbeitet. Sie hat eine Reihe sehr erfolgreicher Biographien geschrieben, u.a. über Dorothea Schlegel, Rahel Varnhagen, Fritzi Massary, ihre Autobiographien In den Netzen der Erinnerung und Doppelleben und über Johanna Schopenhauer. Darüber hinaus erschien: Auf den Wassern des Lebens, Gustaf Gründgens und Marianne Hoppe.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.09.2006

Der Roman einer Gedichtzeile
Carola Stern erzählt von Clara Viebig und Friedrich Cohn
Carola Sterns letztes Buch ist vielleicht ihr schönstes, gewiss aber ihr bestes. Manch einer kennt jenes resignierte Gedicht Fontanes, in dem der Dichter beklagt, von den preußischen Adeligen, deren Familien er so liebevoll porträtiert hat, nicht gebührend hofiert zu werden, wohl aber von seinen jüdischen Freunden und Verlegern. Die Schlusszeile lautet „Kommen Sie, Cohn!” Wer ist dieser Cohn, wie kam es zu der Zeile? Darüber hat Carola Stern das nun von Ingke Brodersen fertiggestellte Buch geschrieben. Es enthält sehr viel mehr als die Lösung eines literarhistorischen Knötchens.
Cohn, mit Vornamen Friedrich, war der Mann, der mit Fontanes jüngstem Sohn, ebenfalls Friedrich geheißen, lange Zeit erfolgreich einen Buchverlag führte. Verheiratet war Cohn mit Clara Viebig, einer Schriftstellerin, die Fontane wegen ihrer lebensnahen Geschichten schätzte, wenn er auch von ihrem Schreibtalent nicht überzeugt war. Was nun im Erzählen vom Leben dieses Ehepaars entfaltet wird, ist deutsch-jüdisches Schicksal im 20. Jahrhundert.
Clara Viebig wird eine erfolgreiche Schriftstellerin, Friedrich Cohn ist ein erfolgreicher Verleger, das einzige Kind der beiden, ein Sohn – musikalisch hochbegabt, aber unstet – hat als Kapellmeister mittlere Erfolge. Er schließt sich der KPD an, emigriert nach Brasilien und stirbt 1959. Die Mutter bleibt in Deutschland und kann, da der jüdische Ehemann rechtzeitig stirbt, bald wieder publizieren. Ihr 80. Geburtstag wird 1940 in der Öffentlichkeit ehrend wahrgenommen, aber es gibt eben keinen Cohn mehr. Ihr 90. Geburtstag wird im geteilten Berlin von den zuständigen Gratulanten in der DDR bedacht, aber die Schriftstellerin wohnt wie seit Kaiserzeiten in Zehlendorf. Dort stirbt sie 1952. Bestattet wird sie in Düsseldorf, wo ihr Vater, ein stellvertretender Regierungspräsident, ein Ehrengrab gefunden hatte.
Die „deutsche Zola” wurde Clara Viebig von manchen genannt. Wie Zola hätte Stern ihr Thema ausbreiten, ausweiten können. Das hat sie nicht getan. Statt dessen hat sie mit einer Sparsamkeit, die aus Einfühlsamkeit kommen mag, das Leben ihrer Protagonisten in die Reihe der Zeitgenossen gestellt, mit denen sie zu tun hatten. So ist eine höchst lesenswerte Skizze über den Schriftsteller Armin T. Wegner in dieses Buch gelangt. Auch wird ein wenig Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass es neben dem großen Samuel Fischer den Verleger Friedrich Cohn gab, der den Poesie-Album-Lyriker Cäsar Flaischlen, Redakteur der Kunstzeitschrift PAN, mit exorbitantem Erfolg druckte, aber auch Georg Hermanns Roman „Jettchen Gebert”. Heute noch neu aufgelegt, ist er ein Klassiker aus dem zweiten Rang. Der Autor wurde 1943 in Auschwitz ermordet.
Man wird nach der Lektüre von Carola Sterns Buch wahrscheinlich nicht sogleich den Wunsch verspüren, etwas von Clara Viebig zu lesen. Aber es ist möglich, dass man künftig durch die eine oder andere Straße Berlins geht mit der Erinnerung an „Kommen Sie, Cohn!”. Theodor Fontane hat übrigens das Gedicht mit dieser Zeile zu Lebzeiten nicht veröffentlicht. Einer seiner Freunde wies ihn auf den herablassenden Ton der Wendung hin: hätte er, wenn‘s bei der Gratulationscour umgekehrt gelaufen wäre, geschrieben „Kommen Sie, Itzenplitz”? Das überzeugte den Dichter, aber vernichtet hat er das Gedicht nicht.JÜRGEN BUSCHE
CAROLA STERN: „Kommen Sie, Cohn!” – Friedrich Cohn und Clara Viebig. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2006. 167 Seiten, 16,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2006

Sie schreibt, er hält sich zurück
Carola Sterns Biographie über Friedrich Cohn und Clara Viebig

Ihr letztes Buch hat Carola Stern nicht mehr vollenden können. Sie starb Anfang des Jahres kurz nach ihrem achtzigsten Geburtstag. Weite Textstrecken zu dem Doppelporträt von Clara Viebig und Friedrich Cohn lagen aber bereits vor. So wagte es die Freundin, langjährige Lektorin und Verlegerin Ingke Brodersen, die bewährte Zusammenarbeit allein fortzuführen und zu einem Ende zu bringen. In ihrem Vorwort verschweigt sie ihre Bedenken als Co-Autorin nicht. Carola Stern hatte zwar die Dramaturgie ihres Buches genau festgelegt, vieles sollte aber noch überarbeitet werden. Auf einer Arbeitsmappe stand "Ergänzungen", auf einer anderen "noch mit Ingke besprechen", wieder andere enthielten weiteres Material, das Carola Stern fast besessen gesammelt hatte, um das Berliner Lokalkolorit der Jahrhundertwende bis in die dreißiger Jahre hinein authentisch zu beschreiben. Dazu gehören Studien über S-Bahnhöfe oder Moden ebenso wie die Aufzählung von berühmten Wissenschaftlern, Wirtschaftsführern, Künstlern und Politikern. Vor allem kam es ihr darauf an, die geistigen Strömungen der Umbruchszeit zu schildern, die Berlin damals zur lebendigsten europäischen Metropole gemacht haben. Daß dabei manches skizzenhaft blieb, ist aus der Entstehungsgeschichte dieses Buches zu erklären.

Nicht nur mit ihren Monographien von Politikern, auch bei literarischen Figuren wie Rahel Varnhagen oder Dorothea Schlegel hat Carola Stern immer versucht, gleichzeitig ein Zeitbild zu entwerfen. Doppelporträts mit ihrer Spannweite von Übereinstimmendem und Gegensätzlichem waren für dieses Bemühen besonders lohnend. So hat sie die Lebensgeschichten von Helene Weigel und Bertolt Brecht oder Marianne Hoppe und Gustaf Gründgens in einen historischen Zusammenhang gestellt. Mit ihrer eigenen Biographie und der ihres Mannes Heinz Zöger ("In den Netzen der Erinnerung") - sie eine begeisterte Jungmädchenführerin, er ein Jungkommunist - ist ihr das am eindrucksvollsten gelungen.

Ingke Brodersen vermutet, daß Carola Stern in dem Kaufmann und Verleger Friedrich Theodor Cohn Ähnlichkeiten mit ihrem 2001 verstorbenen Mann sah. Wie Zöger trat auch Cohn selbstlos und verständnisvoll hinter seiner schreibenden Frau zurück, unterstützte und förderte sie nach Kräften. Clara Viebig wurde in seinem Verlag eine Erfolgsautorin. Heute kennt man sie kaum noch. Leider wird ihr Werk in dieser Biographie kaum deutlich.

In der Geschichte dieses Paares spielt Cohn die Hauptrolle. Als deutscher konservativer Jude hat er zeit seines Lebens seine Herkunft zu verstecken versucht. Als er Clara Viebig heiratete, konvertierte er zum Protestantismus. Jetzt erreichte er es sogar, daß sein einziges Kind den Namen seiner Mutter tragen durfte; zumindest sein Sohn Ernst sollte "ganz und gar dazu- gehören". Clara Viebig und Friedrich Theodor Cohn lernten sich im Haus Theodor Fontanes kennen. Die junge Schriftstellerin hatte bereits erste Geschichten veröffentlicht - aber nur unter ihren Initialen; weibliche Autoren würden nicht ernst genommen, hatte ihr ein Redakteur geraten. Fontane gefielen die realistischen, sozialkritischen Erzählungen offenbar, und er empfahl sie seinem Sohn Friedrich, in dessen Buchverlag Friedrich Theodor Cohn mit seinem Vermögen für wenige Jahre als Teilhaber eingetreten war, bevor er seinen eigenen gründete.

Als Schwiegersohn war Cohn, der aus einer gebildeten jüdischen Familie stammte, der Witwe eines höheren Beamten und Abgeordneten der Paulskirche keineswegs genehm. Aber seine eigene Familie war ebensowenig erfreut über die "arische" Schwiegertochter. Fontane, selbst nicht ganz frei von antisemitischen Vorurteilen, trat für das junge Paar ein, er versuchte vor allem die Ablehnung von Clara Viebigs Mutter gegenüber Juden abzuschwächen, indem er an die "feinen Juden" im Berliner kulturellen Leben von Rathenau bis Liebermann erinnerte; die Familie des Bräutigams gehörte auch dazu. Clara Viebig war schon "ein spätes Mädchen", und Cohn besaß immerhin Geld, so stellte die Beamtenwitwe schließlich ihre Bedenken gegen diese Verbindung zurück. Friedrich Fontanes Verlag entwickelte sich in den folgenden Jahren überaus erfreulich. Neben dem Werk des Vaters, das der Sohn nun endlich verlegen durfte, hatte Clara Viebig erste Erfolge mit ihren realistischen Geschichten von "kleinen Leuten" aus den Eifeldörfern. Milieukenntnisse verdankte sie ihrem Onkel, einem Untersuchungsrichter, den sie auf seinen Fahrten durch diese arme Gegend begleiten durfte. Später beschrieb sie das Elend der Mädchen vom Land im Moloch Berlin.

Victor Klemperer und andere haben sie mit Zola verglichen. Käthe Kollwitz, Heinrich Zille oder Max Liebermann entwarfen die Umschläge zu ihren Romanen. Clara Viebig bereicherte das neue Genre des Berlin-Romans durch eine sozialkritische Variante, machte aber auch Zugeständnisse an den Publikumsgeschmack, der ein märchenhaft glückliches Ende erwartete. Die "Gartenlaube" und die "Berliner Illustrirte Zeitung" brachten Vorabdrucke ihrer Werke. Die Cohns bauten sich eine prächtige Zehn-Zimmer-Villa in Zehlendorf, führten ein gastliches Haus und glaubten an die vom Kaiser versprochenen "herrlichen Zeiten". Sie hofften, daß im allgemeinen Aufschwung Neid und Aggressionen gegen Juden, "einem deutschen Stamm wie Sachsen, Bayern oder Wenden", verschwinden würden. Der Erste Weltkrieg setzte allen Hoffnungen ein Ende. Der geliebte und verwöhnte Sohn Ernst Viebig meldete sich freiwillig. In den unsicheren Nachkriegsjahren verkaufte Cohn seinen Verlag an die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart, die er in Berlin vertrat und für die er Autoren wie Armin T. Wegner gewann. Das bürgerlich-konservative Weltbild der Cohns geriet 1933 ins Wanken, aber die Gefahr schien zunächst noch nicht lebensbedrohend. Fast zweitausend Schriftsteller emigrierten nach Hitlers Machtantritt, darunter viele von Cohns Autoren. Auch sein Sohn wagte einen neuen Anfang in Brasilien. Die Eltern resignierten und blieben. "Alles ruiniert, alles entzwei", klagte Clara. 1935 starb Friedrich Theodor Cohn. Wenige Monate später trat seine Witwe in die Reichsschrifttumskammer ein - die Bedingung, daß sie weiterschreiben und veröffentlichen durfte. Doch ihre Lebenskraft war erschöpft. Über die letzten zwanzig Jahre erfährt man wenig. Zu ihrem neunzigsten Geburtstag gratulierten ihr Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, die Sache der Armen und Entrechteten vertretend. Mit der Aufforderung "Kommen Sie, Cohn!" hatte Theodor Fontane sein Gedicht zu seinem eigenen fünfundsiebzigsten Geburtstag abgeschlossen. Ob Clara Viebig ihren Mann zuletzt überhaupt noch erwähnt hat, haben die beiden Autorinnen nicht erforschen können.

MARIA FRISÉ

Carola Stern mit Ingke Brodersen: "Kommen Sie, Cohn!" Friedrich Cohn und Clara Viebig. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 169 S., geb., 16,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das letzte Buch der inzwischen verstorbenen Carola Stern ist für Jürgen Busche möglicherweise das "schönste", mit Sicherheit aber ihr "bestes", wie er beteuert. Es handelt von Friedrich Cohn, einem erfolgreichen Verleger, und seiner als Schriftstellerin beachteten Ehefrau Clara Viebig, einen erhellenden Einblick in deutsch-jüdisches Leben im 20. Jahrhundert bekommt man zudem ganz nebenbei. Am meisten hat Busche offensichtlich die große Zurückhaltung der Autorin beeindruckt, die ihr Thema nicht auswalzt und wie im Vorbeigehen auch einige Zeitgenossen des Ehepaars porträtiert.

© Perlentaucher Medien GmbH
»[...] die spannende, wie ein Roman lesbare Lebens- und Schicksalsgeschichte zweier Figuren. Und zugleich ein atmosphärisch dichtes Porträt einer Zeit im Umbruch.« Nürnberger Nachrichten