»Die verborgene Zeit des Traums ist die einzige Zeit, die mir noch gewährt wird. Meine einzige Zeit.«Anna und Edo sind glücklich: Sie haben ihre kleine Buchhandlung im Süden des Landes, mit der sie sich einen Lebenstraum erfüllt haben; sie haben ihre beiden Töchter Laura und Margherita - und sie haben sich. Doch von einem Moment auf den anderen leidet Edo unter einer unerklärlichen Amnesie. Der Spezialist in Rom kann nicht helfen, denn bevor es zu einer genauen Diagnose kommen kann, ist Edo verschwunden. Anna verrennt sich immer mehr in die Suche nach ihm. Aber auf rätselhafte Weise verlieren sich alle Spuren im Nichts. Vom Suchen verlegt sie sich aufs Warten. Sie wäscht zweimal im Jahr seine Kleider, wenn sie Winter- und Sommerbestand in seinem Schrank austauscht. Von niemandem läßt sie sich die Hoffnung auf Edos Rückkehr ausreden.Anna widmet ihr ganzes Leben dieser verlorenen, aber gerade deshalb unglaublich realen und - trotz allem - glücklichen Liebe, einer Liebe, die außerhalb der Zeit stattzufinden scheint. Bis man zum Schluß merkt, daß dahinter eine ganz andere Geschichte steckt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.01.2009Wo ist Edo?
Edo liebt die Poesie und den Fußball. Als junger Mann spielte er im Mittelfeld. Er spielte elegant und leichtfüßig, und wenn er Tore schoss, dann sagten die Zuschauer, es habe ausgesehen, "als streichelte der Ball das Netz". Als Edo älter wird, lernt er Anna kennen und eröffnet mit ihr einen Buchladen. Edo liebt Anna, und sie liebt ihn. Eines Tages aber, Edo ist Anfang vierzig, wacht er morgens auf und erkennt seine Frau nicht mehr, auch nicht seine beiden Töchter, nicht das Haus, den Laden und die Freunde. Dann verschwindet er und kehrt dreiundzwanzig Jahre lang nicht zurück. Währenddessen wartet Anna auf ihn. Sie sucht ihn, fährt nach Paris und in ein Dorf im Norden Italiens. Vor allem aber sucht sie ihn in den Dingen seines Lebens: in dem Etikett des Cognacs, den er mochte, in den Gedichten, die er rezitierte, und in den Büchern, die er las. Sie fragt sich: "War ich glücklich? Ist es schrecklich zu behaupten, dass ich noch immer glücklich bin?" Denn das ist sie. Standhaft wehrt sich Anna gegen alle wohlmeinenden Freunde, die ihr raten, Edo verloren zu geben und ein neues Leben zu beginnen. Sie wartet so lange, bis sie entdeckt, dass hinter Edos Abwesenheit ein ganz anderes Geheimnis steckt, als sie vermutet hätte. Diese späte Wendung, die einem deus ex machina gleichkommt, macht den neuen Roman des italienischen Autors Roberto Cotroneo zu einer feinen Variation der Liebesgeschichte von Romeo und Julia. "Diese Liebe" ist ein kleines, sehr poetisches Werk über Schein und Sein und darüber, wie unwichtig der Unterschied zwischen beidem für die Liebe eigentlich ist. (Roberto Cotroneo. "Diese Liebe". Roman. Aus dem Italienischen von Karin Krieger. Insel Verlag 2008. 158 S., geb., 17,80 [Euro].) lbo
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Edo liebt die Poesie und den Fußball. Als junger Mann spielte er im Mittelfeld. Er spielte elegant und leichtfüßig, und wenn er Tore schoss, dann sagten die Zuschauer, es habe ausgesehen, "als streichelte der Ball das Netz". Als Edo älter wird, lernt er Anna kennen und eröffnet mit ihr einen Buchladen. Edo liebt Anna, und sie liebt ihn. Eines Tages aber, Edo ist Anfang vierzig, wacht er morgens auf und erkennt seine Frau nicht mehr, auch nicht seine beiden Töchter, nicht das Haus, den Laden und die Freunde. Dann verschwindet er und kehrt dreiundzwanzig Jahre lang nicht zurück. Währenddessen wartet Anna auf ihn. Sie sucht ihn, fährt nach Paris und in ein Dorf im Norden Italiens. Vor allem aber sucht sie ihn in den Dingen seines Lebens: in dem Etikett des Cognacs, den er mochte, in den Gedichten, die er rezitierte, und in den Büchern, die er las. Sie fragt sich: "War ich glücklich? Ist es schrecklich zu behaupten, dass ich noch immer glücklich bin?" Denn das ist sie. Standhaft wehrt sich Anna gegen alle wohlmeinenden Freunde, die ihr raten, Edo verloren zu geben und ein neues Leben zu beginnen. Sie wartet so lange, bis sie entdeckt, dass hinter Edos Abwesenheit ein ganz anderes Geheimnis steckt, als sie vermutet hätte. Diese späte Wendung, die einem deus ex machina gleichkommt, macht den neuen Roman des italienischen Autors Roberto Cotroneo zu einer feinen Variation der Liebesgeschichte von Romeo und Julia. "Diese Liebe" ist ein kleines, sehr poetisches Werk über Schein und Sein und darüber, wie unwichtig der Unterschied zwischen beidem für die Liebe eigentlich ist. (Roberto Cotroneo. "Diese Liebe". Roman. Aus dem Italienischen von Karin Krieger. Insel Verlag 2008. 158 S., geb., 17,80 [Euro].) lbo
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ganz und gar nicht einfach findet Hansjörg Graf diesen Roman von Roberto Cotroneo. Die Geschichte von Anna und Edo, die in Süditalien eine Buchhandlung betreiben und deren Idyll aus Leben und Literatur jäh auseinanderbricht, erweist sich als kleinteiliges Spiegelspiel um Erinnerung und Zeit. Was die Protagonistin rückschauend erzählt, erscheint Graf vom Duktus her nicht selten wie eine Glosse, in der sich das Bruchstückhafte allerdings zu Bildern und Begegnungen zusammenfügt. So kann Graf zwar den Abschied des Autors vom "üppigen" Parlando früherer Texte konstatieren, an Fülle mangelt es dem Buch seiner Ansicht nach dennoch nicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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