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Daniel Katz entfaltet, auf vergnüglich zu lesende Weise, Stationen des Alten Testaments, des Mythos und der Historie, in sieben Kapiteln. In einem pikaresken und phantastischen Erzählmosaik hält Daniel Katz satirisch und ironisch unserer Gegenwart einen Spiegel vor, in den wir amüsiert und nachdenklich zugleich blicken. "Am Anfang" sitzen Gott und ein gewisser Donadoni in der schäbigen Kneipe Gaia zu Thessaloniki beisammen und spielen Tavli. Donadoni (auch Don Adonai genannt), der Sohn eines Titanen und Chef der vereinigten sizilianischen und kalabrischen Mafia, ist geschäftehalber unterwegs.…mehr

Produktbeschreibung
Daniel Katz entfaltet, auf vergnüglich zu lesende Weise, Stationen des Alten Testaments, des Mythos und der Historie, in sieben Kapiteln. In einem pikaresken und phantastischen Erzählmosaik hält Daniel Katz satirisch und ironisch unserer Gegenwart einen Spiegel vor, in den wir amüsiert und nachdenklich zugleich blicken. "Am Anfang" sitzen Gott und ein gewisser Donadoni in der schäbigen Kneipe Gaia zu Thessaloniki beisammen und spielen Tavli. Donadoni (auch Don Adonai genannt), der Sohn eines Titanen und Chef der vereinigten sizilianischen und kalabrischen Mafia, ist geschäftehalber unterwegs. Gott, der sich von einem finnischen Sozialdemokraten den Namen Emil (Elohim) Hankonen geliehen hat, ist schon recht betagt, ein bißchen vergeßlich, und er verliert im Spiel. Der letzte Einsatz war die Welt, sie geht an Donadoni über. Dieser weiß anfangs nichts damit anzufangen, "denn die Erde ist wüst und leer", die Menschheit scheint spurlos v om Erdboden verschwunden zu sein. In einem neuen Garten Eden aber werden zwei tiefgefrorene Androiden von einem fernen Planeten angeliefert. Sie heißen Adamo und Eva und sind von Beruf Zahnarzt und Heilgymnastin. Donadoni sorgt dafür, daß Eva schwanger wird, und so entsteht die Menschheit noch einmal. Hankonen, von seiner erdrückenden göttlichen Last befreit, nimmt an der neuen Schöpfung und ihren Folgen nur noch als Beobachter und Besucher teil. Er sieht, wie Donadoni die Loyalität eines Patriarchen auf die Probe stellt, indem er ihn auffordert, den eigenen Sohn zu opfern. Er inspiziert in einer Stadt namens Somora die Salzbergwerke, begleitet von Herrn Lot und seinen Töchtern. Und ihm bleibt nicht verborgen, wie eines winterlichen Abends ein ärmlich gekleidetes Ehepaar in einer Herberge Unterkunft sucht. Er muß enttäuscht feststellen, daß Donadoni nicht viel Neues eingefallen ist. Alles ist schon einmal gewesen, und alles wiederholt sich, nur unter anderen Voraussetzungen. Schließli ch will Hankonen Donadoni bewegen, die Welt an die Menschen selbst zurückzugeben, und besucht zu diesem Zweck einen EU-Parlamentarier in Brüssel ...
Autorenporträt
Daniel Katz wurde 1938 in Helsinki geboren, lebte einige Zeit in Israel, bevor er in seine finnische Heimat zurückkehrte. 1969 debütierte er als Romanautor. Er gilt als feinsinniger Humorist und wurde als der erste "finnisch-sprachige jüdische Autor" bezeichnet. Von seinen zahlreichen preisgekrönten Romanen wurden bereits drei ins Deutsche übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2001

Abraham spielt nicht mehr mit
Daniel Katz schreibt mit seinem Roman "Lots Töchter" die Schöpfungsgeschichte um / Von Tilman Spreckelsen

Gott würfelt doch. Er sitzt in einer griechischen Kneipe und spielt Backgammon gegen sich selbst. Auf der einen Seite des Brettes sitzt er als Jahve, auf der anderen als Zeus. Am Ende hat Jahve verloren und überläßt die Erde seinem Gegenüber. Und da das Ende der Menschheit kurz bevorsteht, hat Zeus sogar die Gelegenheit, noch einmal ganz von vorne anzufangen: mit einer durch Umweltkatastrophen verseuchten Erde und einem Menschenpaar, das Jahve vor Jahrhunderten von einem Planeten geholt und in den Kälteschlaf geschickt hat, aus dem Zeus es jetzt erwecken darf. So findet sich der Titan bald im Garten Eden wieder, verkatert, voller Mückenstiche, ausgestattet mit dem Alten Testament und mit einem Handy, um im Notfall Jahve anzurufen, der in den Weiten des Weltalls Urlaub macht

"Lots Töchter" von Daniel Katz ist seiner Anlage nach ebenso Burleske wie philosophischer Roman und verweist so direkt ins achtzehnte Jahrhundert. Der finnische Autor entwirft eine alternative Schöpfungs- und Weltgeschichte in Schlaglichtern auf gerade einmal dreihundert Seiten. Die sieben Kapitel schildern das göttliche Würfelspiel, den Beginn von Zeus' Herrschaft über eine leere Welt und die Belebung von Adam und Eva, die Geschichte Abrahams und Isaaks, eine Alternative zur Zerstörung Sodoms und zur Weihnachtsgeschichte, schließlich das Sterben des abgedankten Jahve in einem belgischen Städtchen, während ein finnischer EU-Funktionär sich auf die Übernahme der Weltherrschaft vorbereitet. Die Kapitel sind locker verbunden und auch hinsichtlich der Stillage nicht einheitlich - so wird der Besuch im neuen Sodom als Krimi erzählt, dessen Held am Ende ermordet wird und gerade dadurch die Stadt errettet, denn durch seinen Tod im Dienst einer guten Sache zählt er zu den biblischen Gerechten, um derentwillen Gott die Stadt vor der Zerstörung verschont.

Auch andere Kapitel spielen Alternativen zum Alten Testament durch, etwa die Geschichte Adams und Evas, die von ihrem Leben vor dem Kälteschlaf noch die Erinnerung an ihre früheren Berufe behalten haben: Er ist Zahnarzt, sie Physiotherapeutin, und das Wunder, das Zeus vollbringen muß, um sich Respekt zu verschaffen, trägt den Erfahrungen einer Moderne Rechnung, die sich kaum durch brennende Dornbüsche oder Stürme beeindrucken läßt: Zeus läßt sein abgenutztes Gebiß sehen und hat im nächsten Moment wieder die kompletten Zahnreihen seiner Jugend im Mund.

Am weitesten spielt die Geschichte um die Opferung Isaaks die Alternativen zur Überlieferung des Alten Testamentes durch, und hier gewinnt der Text einen Grad an zorniger Ernsthaftigkeit, der das Kapitel beinahe aus dem Roman herausfallen läßt. Zeus, der schon lange den Namen "Donadoni" angenommen hat und wie ein Mafiaboß auftritt, fordert das Opfer wie in der Vorlage ein, und Abraham gehorcht. Auch hier wird sein Messer, das ins Herz des Sohnes stechen soll, im letzten Moment zurückgehalten, und die Engel klären den Patriarchen darüber auf, daß Donadoni jetzt und für die Zukunft einen Bund mit ihm geschlossen habe; seine Nachkommen seien das "erwählte Volk". Doch als sie ihm einen Blick in die Zukunft gewähren, und er erfährt, in welcher Weise Gottes Gnade sich an seinen Nachkommen bewähren werde, als er von unaufhörlichen Pogromen, von Verschleppung und vom Holocaust erfährt, hebt er das Messer ein zweites Mal und sticht seinem Sohn ins Herz: Der Erzvater verweigert diesen Bund. Auch die Finnen, die Zeus anschließend zu seinem "erwählten Volk" machen will, lehnen dankend ab.

Am Ende steht dennoch die Wiederkehr der vorgegebenen Geschichte, nachdem unterschiedliche Wege zum gleichen Ergebnis geführt haben (und selbst Adams Zeugungsunfähigkeit das Ausbreiten der Menschheit nicht hindert). Oder nachdem ein zorniger Gott mit dem Resultat einer Abweichung vom im Alten Testament festgehaltenen Lauf der Welt die Zeit einfach zurückdreht. Jahve gibt dem künftigen Weltherrscher Zeus eine beunruhigende Botschaft über den zu erwartenden Verlauf der Geschichte mit auf den Weg: "Er behauptete, er wisse das Endergebnis ja, habe es aber vergessen. Es sei jedoch leicht nachzuprüfen, alles sei schon im voraus in Karteien und Magnetbändern festgehalten, gespeichert und memoriert. Aber er wolle es nicht nachprüfen, so sei es spannender."

Der freie Wille des Menschen, den Jahve und Zeus behaupten und auf die verbotenen Früchte des Baums der Erkenntnis zurückführen, erscheint angesichts dieses Herrschaftsanspruchs als Farce, zumal selbst Jahve, wie er einräumt, den finalen Verlauf der Weltgeschichte nicht zu ändern vermag, da die biologische Anlage des Menschen auf seine Zerstörung zusteuert. Gleichzeitig werden kleinere Erzählungen eingestreut, die einem freien Willen auch ohne göttliche Eingriffe hohnsprechen: Es sind Zufälle, mehr noch die guten Absichten der Menschen, die das Unheil hervorbringen - am weitesten kommen diejenigen, die ohne größeren Entwurf auf jeden neuen Zufall reagieren.

Daß die Romanhandlung trotz dieser schweren Fracht so leicht und elegant vorankommt, verdankt sie dem Talent des Autors zur unabgeschlossenen philosophischen Diskussion. So weigert er sich hartnäckig, unterstützt durch die heterogene Form seines in Geschichten aufgelösten Romans, irgendwelchen Welterklärungen das Wort zu reden oder ihnen durch den Mund seiner göttlichen Protagonisten Einlaß in sein Buch zu verschaffen. Dies führt zu kurzweiligen Dialogen, etwa im ersten Kapitel, wenn Zeus Jahve all die Fragen stellt, die der Menschheit unter den Nägeln brennen, sei es nach der Möglichkeit einer Schöpfung aus dem Nichts, sei es nach dem Verhältnis von Wahlfreiheit und göttlicher Allmacht, und Jahve wie ein störrischer alter Mann reagiert, der sich nicht mehr so genau erinnert, dies aber unter keinen Umständen zugeben will, und der nur noch eine Form der Heiterkeit erleben kann: die der zwecklosen Zerstörung.

Im vorletzten Kapitel wiederholt sich auch die Weihnachtsgeschichte unter veränderten Vorzeichen und gibt dem melancholischen Joseph einen kleinen Hoffnungsschimmer auf einen geänderten Verlauf: Das Kind, das in einem Obdachlosenasyl geboren wird, trägt zwar wie sein mittlerweile gekreuzigter Bruder bei seiner Geburt einen Heiligenschein. Aber es ist ein Mädchen.

Daniel Katz: "Lots Töchter". Roman. Aus dem Finnischen übersetzt von Gisbert Jänicke. Insel Verlag, Frankfurt 2001. 312 S., geb., 39,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

""Lots Töchter" ist gleichermaßen ein philosophischer Roman wie eine Burleske, meint Tilman Spreckelsen. "Leicht" und "elegant" entwerfe der finnische Autor Daniel Katz auf gerade mal dreihundert Seiten eine alternative Schöpfungs- und Weltgeschichte. Natürlich in Schlaglichtern, denn mehr lasse sich - verglichen mit der Bibel - auf so wenigen Seiten nicht unterbringen. Nicht Gott ist hier der Herrscher, sondern Zeus. Die Geschichte von Sodom und Gomorrha schildert der Autor als Krimi, Jesus erfindet er ein zweites Mal, aber diesmal als Mädchen, informiert der Rezensent. Inhaltlich durchaus "schwere Fracht" - wie die Bibel auch - aber sprachlich-stilistisch gerade wegen der offenen philosophischen Diskussion zwischen Zeus und Jahve trotzdem gelungen, lautet das Fazit des Rezensenten.

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