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Es ist das Jahr 1933. Europa steht am Abgrund, und in London laufen die Dreharbeiten für eine Filmschnulze namens "Praterveilchen". Der ebenso temperamentvolle wie narzisstische Regisseur Friedrich Bergmann, ein österreichischer Jude, hadert mit der Oberflächlichkeit seiner Branche und leidet an den politischen Entwicklungen in seiner Heimat. Doch kaum jemand schenkt Bergmanns Mahnungen Gehör ... Eindrucksvoll fängt Christopher Isherwood in diesem Roman - der anknüpft an sein wohl berühmtestes Werk "Leb wohl, Berlin" - die apathische Stimmung im England der frühen Hitlerjahre ein und seziert…mehr

Produktbeschreibung
Es ist das Jahr 1933. Europa steht am Abgrund, und in London laufen die Dreharbeiten für eine
Filmschnulze namens "Praterveilchen". Der ebenso temperamentvolle wie narzisstische Regisseur Friedrich Bergmann, ein österreichischer Jude, hadert mit der Oberflächlichkeit seiner Branche und leidet an den politischen Entwicklungen in seiner Heimat. Doch kaum jemand schenkt Bergmanns Mahnungen Gehör ...
Eindrucksvoll fängt Christopher Isherwood in diesem Roman - der anknüpft an sein wohl berühmtestes Werk "Leb wohl, Berlin" - die apathische Stimmung im England der frühen Hitlerjahre ein und seziert mit beißender Ironie die amoralischen Tendenzen des Filmgeschäfts.
Autorenporträt
Isherwood, ChristopherChristopher Isherwood wurde 1904 in der Grafschaft Cheshire als Sohn eines englischen Offiziers geboren. Nach erfolglosen Studien der Geschichte und der Medizin in Cambridge und London ging er 1929 nach Berlin. Von 1942 bis zu seinem Tod im Jahr 1986 lebte er im kalifornischen Santa Monica. Mit Werken wie Leb wohl, Berlin, A Single Man, Mr Norris steigt um und Praterveilchen zählt Christopher Isherwood zu den berühmtesten Schriftstellern seiner Generation.

Jakobeit, BrigitteBrigitte Jakobeit, Jahrgang 1955, übersetzt seit rund 15 Jahren englischsprachige Literatur, darunter die Autobiographie von Miles Davis sowie Werke von William Trevor, Alistair MacLeod und Audrey Niffenegger.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2015

Verfinsterung im
Walzertakt
Christopher Isherwoods kleiner
Roman „Praterveilchen“
Christopher Isherwoods 1945 erstmals erschienener Roman „Praterveilchen“ führt mit brillanter Leichtigkeit vor, wie wenig die Tiefe eines Werkes von seiner Länge abhängt. Oberflächlich betrachtet ist es, auf 128 Seiten, eine quasi-autobiografische Erzählung über die Dreharbeiten an dem titelgebenden Film in einem Londoner Studio im Jahre 1934. Bei „Praterveilchen“, der romantischen Geschichte einer Wiener Blumenverkäuferin, die sich in einen inkognito auf dem Prater verkehrenden Prinzen verliebt, handelt es sich um eine lachhafte Petitesse. Alle Beteiligten wissen das auch. Isherwood ist aufgrund seiner Deutschkenntnisse kurzfristig als Drehbuchautor engagiert worden. Doch die eigentliche Hauptfigur des Romans ist der Regisseur, ein Wiener Jude namens Friedrich Bergmann.
  Dieser emotionale, witzige, eitle, genialische und von allen Kollegen geliebte Mann mit „dem Gesicht Mitteleuropas“ ist wie Isherwood ein Sozialist aus der gebildeten Mittelschicht. Er macht sich größte Sorgen über die Machtergreifung der Nazis und um seine Familie in Österreich. Die Spannung zwischen der falschen Walzerseligkeit des Films und der sich verfinsternden politischen Lage auf dem Kontinent treibt diesen kleinen Roman an. Seine Figuren schwanken binnen weniger Sätze zwischen der albernen Leichtigkeit eines P.G. Wodehouse und schwärzester Verzweiflung.
  „Praterveilchen“ ist eine Charakterstudie von Künstlern, die sich zu prostituieren glauben und doch ihr Bestes für einen trivialen Film geben – ein ständig schlecht gelaunter Cutter raunzt Isherwood an: „Ihr meint, ihr wärt zu gut für den Film. Aber von wegen. Der Film ist zu gut für euch.“ Das Buch ist aber auch eine wunderbare Schilderung der chaotischen und zugleich genauen Arbeit an einem Filmset, mit seinen konkurrierenden Abteilungen und dem ständig an der Technik verzweifelnden Regisseur. Vor allem aber ist es eine Geschichte über die Normalität eines hochzivilisierten Alltags, dessen Grundlagen durch den zerstörerischen Geist seiner Feinde bedroht sind. In Zeiten des IS könnte kaum etwas aktueller sein als dieser 70 Jahre alte Roman.
ALEXANDER MENDEN
Christopher Isherwood: Praterveilchen. Roman. Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2015. 128 Seiten, 18 Euro. E-Book 13,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2015

Die Suppe der Illusionen

Zwei Autoren, die im Dunkel der Literaturgeschichte zu verschwinden drohten: Christopher Isherwoods "Praterveilchen" ist eine kleine, ironische Charakterstudie in Erinnerung an den Dichter und Regisseur Berthold Viertel.

Obwohl seine Berlin-Stories aus den dreißiger Jahren die Vorlage abgaben für das Musical "Cabaret", ist der englische Schriftsteller Christopher Isherwood bei uns nie wirklich bekannt geworden. Während sein Freund W. H. Auden, mit dem er die Schwulen-Bars in Berlin besuchte, als Dichter weltberühmt wurde, stand "Mr. Issyvoo" immer in dessen Schatten. Nach den "Praterveilchen", 1945 erschienen, kam eine lange Schaffenskrise des inzwischen nach Los Angeles emigrierten Autors, die erst zwanzig Jahre später mit dem Roman "Der Einzelgänger" beendet wurde.

Das schwule Berlin, das hat Wolfgang Kemp in seiner Studie "Foreign Affairs. Die Abenteuer einiger Engländer in Deutschland 1900 - 1947" eindrucksvoll gezeigt, war für Isherwood der zentrale Ort seines Lebens, und weil er in Berlin sehr gut Deutsch gelernt hatte, kam er 1933 an einen Job, der ihm den Stoff für seinen kleinen Roman "Praterveilchen" geliefert hat. Er sollte nämlich für das Gaumont-Studio in London ein Drehbuch für Berthold Viertel schreiben - einen Schmachtfetzen über eine Veilchenverkäuferin im Prater, die sich in einen Studenten verliebt. "Er sagt ihr wahrheitsgemäß, dass er Rudolf heiße. Aber er ist nicht, was er scheint. In Wirklichkeit ist er der Kronprinz von Borodanien."

Der Roman beschreibt die Zusammenarbeit mit Viertel, der im Roman Bergmann heißt, während Isherwood unter richtigem Namen auftritt, und der Film kam als "Little Friend" in die Kinos. Der rastlose Dichter, Theaterregisseur und Filmemacher Viertel, der bereits eine halbe Karriere im ungeliebten Hollywood als Drehbuchautor von Murnau und als Regisseur von acht eigenen Filmen hinter sich hatte, konnte sich in die Maschinerie der großen Studios nicht einfügen. Isherwood beschreibt diesen schnaufenden, an sich und an den Anforderungen der Produzenten und an der Politik verzweifelnden Koloss mit liebevoller Genauigkeit und Zuneigung. Vor allem England und die Engländer gehen ihm auf die Nerven: "Die Engländer haben diesen Nebel selbst geschaffen. Sie ernähren sich davon, als wäre es eine bittere Suppe, die sie mit Illusionen versorgt. Er ist ihre Nationaltracht, mit der sie die unerhörte Blöße ihrer Slums und den Skandal ungerechter Besitzverhältnisse verhüllen. Er ist auch der Dschungel, in dem Jack the Ripper im eleganten Mantel eines Börsenmaklers seinem mörderischen Geschäft nachgeht." So schimpft und brummelt der Regisseur Bergmann vor sich hin, bis der Film nach vielen Schwierigkeiten endlich im Kasten ist - und das schmale Buch geschrieben.

Man würde um diese feine, ironische Charakterstudie, die natürlich auch ein Stück Sozialgeschichte des Kinos erzählt, nicht viel Aufhebens machen, wenn sich hinter Bergmann nicht Berthold Viertel verbergen würde. Warum ist er, der doch nach dem Krieg in Wien und Salzburg und an Brechts Berliner Ensemble große Inszenierungen abgeliefert hat und überdies als Übersetzer von Arthur Miller und Tennessee Williams hervorgetreten ist, so vollkommen vergessen? In seiner Autobiographie schreibt er: "Wir gingen ins Exil wie entthronte Könige. Einige von uns hausten tatsächlich wie solche an der Riviera. Andere würgten das Brot der Armut und der Knechtschaft. - Ich verließ kein Königreich. Meine Arbeit hatte bereits im Treibsand zerbröckelnder Verhältnisse begonnen. Sie blieb provisorisch und auf Abruf getan. Nirgendwo war ich daheim, mich einzureihen vermochte ich nicht, obwohl ich am Lagerfeuer der Zukunft eine Stimme im Rate der Vorwärtsgerichteten innehatte. Freund der Tapferen und der Geschlagenen, Lehrer ohne Schule, habe ich manche auf den Weg gebracht, den ich selbst nur gegen überwältigende Hindernisse strauchelnd und in die Irre gehen sollte."

Der von Brigitte Jakobeit mit Sinn für die grantigen Nörgeleien des Regisseurs übersetzte Roman "Praterveilchen" erinnert somit an zwei Autoren, die im Dunkel der Literaturgeschichte zu verschwinden drohten, an Christopher Isherwood und an Berthold Viertel. Schade nur, dass sich der Verlag ein Nachwort gespart hat, in dem die spannende Geschichte dieser beiden Exilanten nacherzählt wird.

MICHAEL KRÜGER

Christopher Isherwood: "Praterveilchen". Roman.

Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2015. 128 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bereits 1945 erschienen und gerade mal 128 Seiten lang, ist Christopher Isherwoods Roman "Praterveilchen" noch immer ein Ereignis, versichert Rezensent Alexander Menden. Von herausragender Leichtigkeit ist die quasi-autobiografische Erzählung über die Dreharbeiten an einem Film im Jahre 1934, meint der Kritiker, der das Buch auch als Charakterstudie über Künstler liest, die glauben, sich prostituieren zu müssen. Denn Isherwood vermag nicht nur die Spannung zwischen der Walzerseligkeit des Filmes und der finsteren politischen Lage der Realität brillant zu beschreiben, so der Rezensent, sondern stelle auch eindrucksvoll dar, wie ein hochzivilisierter Alltag durch die zerstörerischen Kräfte der Feinde bedroht werde.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Eindrucksvoll fängt Christopher Isherwood in seinem Roman "Praterveilchen" die apathische Stimmung im England der frühen Dreißigerjahre ein.« Morgenpost am Sonntag, 18.10.2015