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Ben Lovatt war ein aggressiver, destruktiver Junge. Seine Mutter versuchte, die tyrannische Wut ihres Sohnes zu bändigen, doch am Ende stand die Zerstörung der Familie. Ben zog mit einer Gruppe gewalttätiger Jugendlicher hinaus in die Welt. Inzwischen erwachsen geworden, ist Ben allein und unfähig, sein Leben zu gestalten. Skrupellose Geschäftsleute nutzen seine Orientierungslosigkeit und seine kindliche Gier schamlos aus. Doris Lessing erzählt in der Fortsetzung von "Das fünfte Kind" vom Abgründigen im Menschen, von der Sehnsucht nach Anerkennung und von erdrückender Einsamkeit.

Produktbeschreibung
Ben Lovatt war ein aggressiver, destruktiver Junge. Seine Mutter versuchte, die tyrannische Wut ihres Sohnes zu bändigen, doch am Ende stand die Zerstörung der Familie. Ben zog mit einer Gruppe gewalttätiger Jugendlicher hinaus in die Welt. Inzwischen erwachsen geworden, ist Ben allein und unfähig, sein Leben zu gestalten. Skrupellose Geschäftsleute nutzen seine Orientierungslosigkeit und seine kindliche Gier schamlos aus. Doris Lessing erzählt in der Fortsetzung von "Das fünfte Kind" vom Abgründigen im Menschen, von der Sehnsucht nach Anerkennung und von erdrückender Einsamkeit.
Autorenporträt
Doris Lessing, 1919 im heutigen Iran geboren und auf einer Farm in Südrhodesien aufgewachsen, lebte seit 1949 in England. 1950 veröffentlichte sie dort ihren ersten Roman und kam 1953 zu Weltruhm. In Deutschland hatte sie ihren großen Durchbruch 1978. Heute ist Doris Lessing eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart, ihr umfangreiches Werk umfasst Lyrik, Prosa und autobiographische Schriften. 2007 wurde sie mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Doris Lessing verstarb 2013 im Alter von 94 Jahren.
Rezensionen
Doris Lessing
Doris Lessing wurde 1919 im heutigen Iran geboren, wuchs auf einer Farm in Südrhodesien auf und emigrierte 1945 nach London, wo sie sich als Schriftstellerin etablieren konnte. Nach Welterfolgen wie Das fünfte Kind oder Unter der Haut gelang ihr auch mit ihrem jüngsten, nun als Taschenbuch erschienenen Buch Ben in der Welt ein spannender und gleichzeitig nachdenklich stimmender Roman.
Ben
Darin nimmt sie die in Das fünfte Kind begonnene Geschichte um Ben, dem fünften Kind der Familie Lovatt auf. Der Leser dieses früheren Buchs wird sich noch an die Aggressivität und Zerstörungssucht des kindlichen Ben erinnern. Es endete mit der Zerstörung der Familie durch Bens Bösartigkeit und seinem Aufbruch im Kreise gewalttätiger Jugendlicher in eine ihm fremde Welt.
Im vorliegenden Roman begegnen wir Ben im Alter von 18 Jahren wieder. Aus dem aggressiven und destruktiven Kind ist ein ängstlicher, scheuer und unsicherer junger Mann geworden, der sich nach Geborgenheit sehnt. Sie wird ihm jedoch verwehrt, und er empfindet immer stärker seine Fremdheit in der Welt. Seine Sehnsucht nach Gesellschaft wechselt sich ab mit Ekel vor den Menschen, die er in dem Maße zu hassen beginnt, in dem sie ihn zurückstoßen. Nur kurz bieten ihm zwei Menschen Schutz. Auch sie sind Außenseiter: eine alte Frau in London und eine Prostituierte in Rio, der Stadt, die Ben zum Verhängnis werden wird. Aber auch den beiden gelingt es nicht, ihm auf Dauer eine Heimat zu geben.
Den Höhepunkt erreicht der Roman in seinem letzten Drittel. Besonders hier kehren sich die Rollen um. War Ben im ersten Roman der Täter, gerät er hier in eine Opferrolle: Sein Außenseitertum bleibt nicht verborgen, und er wird als eine Art Kaspar Hauser zu Forschungszwecken missbraucht. Lessing schildert hier eindringlich die menschenverachtende Skrupellosigkeit der modernen Wissenschaft, die einzig dem vermeintlichen Fortschritt verpflichtet ist.
Das fünfte Kind
Ben in der Welt kann auch lesen, wer den ersten Roman um Ben Lovatt - Das fünfte Kind - nicht gelesen hat. Seine Kindheit ist in ihm aufgehoben, man muss sie also nicht in den Einzelheiten kennen. Dennoch, dieser Roman macht Lust auf mehr, und viele werden zur Schilderung Bens Kindheit greifen, um das Lesevergnügen, das er bereitet, zu verlängern. Sie sollten es tun, denn Das fünfte Kind ist vielleicht sogar das bessere Buch. (Andreas Rötzer)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2000

Mit Pelzkleid in die Anden
Ein Schelm, wer das Normale flieht: Doris Lessings Roman

Jetzt ist Ben erwachsen. Seine Vorgeschichte wird in Doris Lessings Roman "Das fünfte Kind" erzählt, aber man kann die neuen Phasen seines Lebens als geschlossenes Werk auch ohne solche Vorkenntnisse gut verstehen. Ben ist ein Außenseiter. Etwas ist in seiner biologischen Entwicklung anders gelaufen, er ist sofort als "nicht normal" erkennbar. Seine Andersartigkeit wird nicht klinisch benannt; um sie faßbar zu machen, wird sie dem Leser mit Metaphern aus dem Tierreich und dem Urmenschentum nähergebracht. Sein Gliederbau, seine Körperkräfte, seine pelzartige Behaarung sowie seine Beschränktheit und sein Unverständnis für das moderne Leben deuten in beide Richtungen.

Jedoch seine Empfindungen, sein Verlangen nach Geborgenheit, vor allem seine Ängste sind denen der meisten Lebewesen nicht unähnlich, und so kommen Beziehungen zu anderen Menschen zustande, vornehmlich zu solchen, die selbst an den Rändern der Gesellschaft leben müssen. Am besten läßt ihn Doris Lessing mit Frauen auskommen, die mit Sympathie auf das Kreatürliche in ihm reagieren.

Es wird aber keine Schwarzweißmalerei betrieben. Freilich wird er ausgenützt, hin- und hergestoßen, aber das Erstaunliche ist, daß er immer wieder Freundschaft und Beschützer findet. Es läßt sich nicht leugnen, daß es selbst einem mitfühlenden Leser schwerfällt, sich mit einigen seiner Eigenheiten abzufinden, etwa mit seiner Gewohnheit, Vögel zu fangen und ihr Fleisch roh zu verschlingen. Aber im Laufe des Romans freundet man sich doch mit ihm an und nimmt Anteil an der unverschuldeten Tragödie seines Lebens. Je übler ihm gespielt wird, um so deutlicher wird die Gemeinsamkeit aller Kreaturen.

Episodisch aufgebaut ist die Geschichte wie in einem Schelmenroman. Ben dient einer Reihe von egoistischen Herren, kommt von einem Milieu, einem Land in ein anderes, von England nach Frankreich, von Brasilien in die argentinischen Anden. Das Zusammenhanglose ist offenbar der Lebensmodus aller marginalisierten Existenzen. Mit Recht ist der Titel zweigliedrig, denn in der Konfrontation der sogenannten normalen Welt mit dem Abwegigen gerät ihre eigene Abwegigkeit in Sicht. Auf diese Weise fällt viel Licht auf eine Reihe von Nebengestalten. Die Autorin scheut sich nicht, sie ohne Kunstkniffe einzuführen - "Dies war ihre Geschichte" - und sie mit ebenso simplen Worten wieder zu entlassen: "Und so hat wenigstens ihre Geschichte ein Happy-End. Die Dinge gingen gut aus für sie." Eine solche Unbekümmertheit um erzählerische Feinheiten ist nicht das einzige Merkmal einer souveränen Schriftstellerin, die bereit ist, eine düstere Problematik mit handfesten Mitteln aufzulockern, mit Elementen des Kriminal- und sozialen Elendsromans. Im letzten Drittel steigert sie das Tempo zu atemberaubender Spannung, und im Kontrast zu einer wildgewordenen Wissenschaft, Abbild einer Gesellschaft, der nichts mehr heilig ist, nimmt der arme Unmensch in seiner Trauer geradezu edle Züge an.

EGON SCHWARZ.

Doris Lessing: "Ben in der Welt". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Lutz Kliche. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2000. 251 S., geb., 36,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2000

Ben Lovatt und wie er die Welt sieht
Nach zwölf Jahren hat Doris Lessing eine Fortsetzung ihres Romans „Das fünfte Kind” vorgelegt: „Ben in der Welt”
Die Geschichte der Familie Lovatt, die Doris Lessing in ihrem Roman „Das fünfte Kind” (1988) erzählte, ist trotz ihrer destruktiven Hoffnungslosigkeit an Dramatik kaum zu überbieten, und wer sie gelesen hat, wird sie nie vergessen. David und Harriet, die sich in den wilden Sechzigern kennen lernen und in ihrem Außenseitertum wie für einander geschaffen sind, versuchen gemeinsam, ihre Ideale zu leben und ein großes Haus mit vielen Kindern, Verwandten und Freunden zu füllen, damit alle an ihrem Glück und ihrer Tüchtigkeit teilhaben können. Beinahe verläuft alles nach Plan, doch dann wird Ben, das fünfte Kind der Lovatts, geboren, ein böses heimtückisches Wesen, so scheint es, gefährlich wie ein Raubtier. Und nach und nach bricht die einst so heile Familie auseinander. „Das fünfte Kind” ist ein hintergründiges Gleichnis vom Anderssein, von der Furcht vor Fremdartigem und vom latent Bösen in jedem Menschen.
Nun, zwölf Jahre später hat Doris Lessing überraschend die Fortsetzung des Geschehens vorgelegt. Sie erzählt vom inzwischen erwachsenen Ben, der als Kopf einer Jugendgang 15-jährig seine Familie verlassen hatte und allein zurückblieb, nachdem sich die Kumpane in alle Winde zerstreut hatten. Von dem bösartigen, kaltherzigen und mordlustigen Unhold des ersten Bandes ist nicht viel mehr übrig geblieben als eine Mitleid erregende Kreatur, ein verängstigtes Muskelpaket voller Phobien, das im ständigen Kampf mit seinen unkontrollierten Wutanfällen liegt. Misstrauisch versucht der „arme Ben” in der Welt der sogenannten Normalen seinen Platz. Er spürt den unüberbrückbaren Abstand zu anderen Menschen und ist vor möglichen Gefahren auf der Hut. Doch er findet sich nicht zurecht – Ben und die Welt stehen sich fremd und verständnislos gegenüber.
Doris Lessings jüngster Roman wirkt zu Beginn etwas sperrig und gibt sich sprachlich äußerst karg. Dem wohnt jedoch eine subtile Logik inne. Erzählt in „Das fünfte Kind” die gebildete Harriet vom Familienglück der Lovatts und dem Einbruch des Grauens, so wird der deprimierende Fortgang der Geschichte entweder aus Bens Sicht der bedrohlich wirkenden Umwelt gezeigt, oder aus der Blickrichtung einiger weniger, die ihn, das Monster, begünstigen und beschützen. Sie sind Außenseiter wie er – Prostituierte, kleine Ganoven, eine alte Frau –, die seine Wehrlosigkeit und Abhängigkeit erkennen, für die er aber immer ein Rätsel bleibt. Ihre meist jämmerlich traurigen Lebensgeschichten baut die Autorin geschickt in Bens Story ein, von ihnen bekommt der „gute Junge” mit dem Aussehen eines Yeti und dem Faible für rohes Fleisch und lebende Vögel kleine Zuteilungen ersehnter Wärme und Freundlichkeit, und manchmal retten sie ihn auch aus schlimmen Situationen und vor provozierenden oder sensationsgeilen Mitmenschen, die ihn anstarren, verachten, fürchten, zusammenschlagen. Immer wieder wird seine enorme Körperkraft ausgebeutet, er selbst bestohlen oder um seinen Lohn betrogen. In London findet er kurze Zeit Geborgenheit bei der alten Mrs. Briggs, in Rio bei der ehemaligen Prostituierten Teresa, die Nutte Rita liebt seine animalische sexuelle Gier und lässt sich kostenlos von ihm besteigen. Ritas Freund aber schickt Ben mit einem Koffer voll Drogen nach Nizza, von wo aus ihn ein skrupelloser Fernsehregisseur nach Rio de Janeiro verfrachtet. Dort greifen ihn die Häscher der Wissenschaft und sperren ihn in einen Käfig ähnlich jenem, aus dem ihn als Kleinkind seine Mutter befreit hatte, die daraufhin von der Familie zeitlebens angefeindet wurde.
Hier scheint sich der Kreis zu schließen, doch präsentiert die Autorin ein ebenso geniales wie unsagbar trauriges Finale und besiegelt endgültig Ben Lovatts Ende, zugleich auch das Verschwinden der Menschlichkeit in einer nach Normen gierenden wissenschaftsorientierten Zeit. In ihrer unprätentiösen, ruhig fließenden Sprache erzählt Doris Lessing auch in diesem faszinierenden, unbedingt lesenswerten Buch von den Abgründen menschlicher Existenz und von der schlimmsten, weil ganz und gar hoffnungslose Einsamkeit.
INGE ZENKER–BALTES
DORIS LESSING: Ben in der Welt. Roman. Aus dem Englischen von Lutz Kliche. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000. 252 Seiten, 36 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Fortsetzungsromane sind so?ne Sache. "Ben in der Welt" ist Doris Lessings erwarteter Nachfolgeroman von "Das fünfte Kind" - eine Erscheinung, die von der Rezensentin Bernadette Conrad nicht gerade zelebriert wird. Woran liegt das? Im Zentrum des neuen Roman stehe wieder der missratene Ben Lovatt , allerdings nun 12 Jahre älter. Aus dem früheren Kindsmonster Ben, ein Schrecken für Groß und Klein, ist jetzt ein erwachsener, kindlicher Trottel geworden. Die Rezensentin zeigt sich verwundert über diese etwas unmotivierte Veränderung: an der Stelle der früheren Aggressivität sei Angst und Unsicherheit getreten, die eisige Gefühlskälte sei einer "Geborgenheitssehnsucht" gewichen, die Frauenherzen erweichen lässt. Einfältig sei Ben allemal geblieben, und erwecke nun sogar wissenschaftliche Begierden. Conrad stellt mutmaßende Thesen über den Grund dieser Wandlung auf: Vielleicht sei das Buch ein "Gedankenexperiment", das den "Täter nicht aus der Perspektive der Opfer" sondern, "mitfühlend" selbst als Opfer ansieht? Oder sei er "eine Parabel über das Fremde schlechthin"? Doch diese Thesen retten das Buch Lessings nach Ansicht nicht vor dem Vorwurf der Banalität.

© Perlentaucher Medien GmbH