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Eine Hommage an den Künstler Caravaggio und gleich daneben das lakonische Resümee: "Was soll's. Liebe, eine Abhängigkeit wie andere auch ..." An Armin Sensers Gedichten faszinieren klassische Formen und poetische Tradition einerseits, umgangssprachliche Wendungen und harte Themen der Gegenwart andererseits. Gelehrt und geschliffen, durchdacht und dann gleich wieder die Ordnung aufbrechend - in diesen Gedichten spricht ein Autor, der sich seiner Zeit messerscharf bewusst ist.

Produktbeschreibung
Eine Hommage an den Künstler Caravaggio und gleich daneben das lakonische Resümee: "Was soll's. Liebe, eine Abhängigkeit wie andere auch ..." An Armin Sensers Gedichten faszinieren klassische Formen und poetische Tradition einerseits, umgangssprachliche Wendungen und harte Themen der Gegenwart andererseits. Gelehrt und geschliffen, durchdacht und dann gleich wieder die Ordnung aufbrechend - in diesen Gedichten spricht ein Autor, der sich seiner Zeit messerscharf bewusst ist.
Autorenporträt
Armin Senser, 1964 in Biel / Schweiz geboren, lebt in Berlin. Bei Hanser erschienen die Gedichtbände Großes Erwachen (1999), Jahrhundert der Ruhe (2003) und Kalte Kriege (2007). Er wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem H. C. Artmann-Literaturpreis der Stadt Salzburg 2009.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Im besten Sinne ungewöhnlich findet Wulf Segebrecht Armin Sensers Gedichte. Eher prosaisch in der lanzeiligen Form, manchmal zyklisch, in der Anordnung eher gewöhnungsbedürftig. Das Gespräch mit Dante, das der Autor hier anstimmt in alphabetischer Aleatorik, leutselig über Künstler, Landschaften und Politisches redend, wird für Segebrecht schließlich zu einem sprachlich eleganten, logisch raffinierten Gebilde aus Lyrik, Prosa und Dramatik. Moderne Lehrgedichte vielleicht, meint er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2016

Zu originell ist auch nicht gut
Da kommt was auf uns zu: Der Lyriker Armin Senser spricht mit Dante über den Tod

Sehr ungewöhnlich, diese Gedichte, allein schon ihre Anordnung! Der Schweizer Armin Senser, Jahrgang 1964, lässt sie, wie im Telefonbuch, alphabetisch nach den Anfangsbuchstaben der Titel, die er ihnen gegeben hat, aufeinander folgen. Aber die alphabetische Aleatorik gibt den einzelnen Gedichten immerhin eine Gleichwertigkeit. Nur dort, wo eine inhaltliche Zusammengehörigkeit mehrerer Gedichte unabweisbar ist, hat Senser sie zu kleinen Zyklen zusammengeführt: zu einer "Anthologie" (A) von Porträts einstiger Klassenkameraden beispielsweise oder auch zu den ganz unerotischen Gedichten aus dem "Liebesleben" (L).

Ungewöhnlich ist auch die äußere Erscheinungsweise der Gedichte: Ihre Langzeilen unterscheiden sich deutlich von einer Lyrik, die immerfort beweisen muss, dass sie nahe am Verstummen angesiedelt ist. Das ist Sensers Sache nicht. Er redet gern und hat auch viel zu sagen: über Künstler (Warhol, Duchamp, Caravaggio), über Städte und Landschaften (Kolumbien, Prag, das Wallis), über politische Themen (Europa, Deutschland, Atomkraft), über das Alter, das Bergsteigen und das Bewusstsein: Das "ist die Evolution räumlichen Erlebens / in Richtung Gedanke".

Sehr lyrisch hört sich diese Definition nicht an. Eher prosaisch. Für eine Zuordnung der Gedichte zur Prosa sprechen auch die langen, wohlgeformten, verschachtelten Sätze, die Begründungen, Widerrufe, Einschränkungen und Selbstkorrekturen, die den Texten den Anschein spontan gesprochener Rede geben. Auf die Rede folgt oft die Gegenrede, der Zweifel, der Einwurf, so dass die Gedichte einen dialogischen Charakter erhalten.

Das gilt vor allem für das 16 Seiten lange Gespräch zwischen einem erkälteten Ich und Dante mit dem Titel "Die menschliche Komödie". Sie sprechen über Träume von Canapés, von Frauen und vom Sex, von der Panik, immer wieder unterbrochen vom "Hatschi" des Grippekranken, dem stereotyp "Gesundheit" wünschenden Dante und dem "Danke" des Erkälteten. Die beiden versuchen, sich gegenseitig zu belehren über Gott und die Welt, Hölle und Paradies, übers Leben, Sterben und Nachleben. "Überhaupt, wenn / du es nie weißt, wann du sterben wirst, wäre es doch besser, / du bleibst allein, für alle Fälle. Und kannst dem Tod jederzeit / in die Augen schauen und wieder ruhig einatmen, / weil dein Leben Luft geworden ist, Luft zum Atmen" - so, mit einem identischen Reim, also mit einem lyrischen Element, endet der Dialog.

Reime kommen immer wieder vor in Sensers Gedichten, freilich unsystematisch. Sie erinnern daran, dass auch die dritte der Hauptgattungen der Poesie, die Lyrik, in diesen Texten präsent ist. Elemente von Prosa, Drama und Lyrik verbinden sich hier zu Gebilden, die faszinieren, weil sie der vorherrschenden Gedanklichkeit sprachliche Eleganz und logische Raffinesse zutragen. Als moderne Lehrgedichte könnte man sie bezeichnen, und zum Nachdenken laden sie ein. Allerdings auch zum Widerspruch.

Der richtet sich etwa auf das Gedicht "Migranten", das über die Leitartikel- oder Leserbriefprosa nicht hinauskommt. Es beginnt mit dem "Stand der Dinge: ein gutes Geschäft für Schlepper", setzt sich fort mit der Einsicht: "Wer flüchtet, hat keine Wahl", und mündet ins "Fazit: es kommt was auf uns zu". Die Frage "Aber wer bist du?", mit der Senser seinem Leser am Ende ins Gewissen redet, rettet die Sache auch nicht. Lauter Klischees!

Senser hat den Klischees ein eigenes Gedicht unter dem Titel "Ein Mangel an Phantasie" gewidmet. Der erfolglose Schriftsteller, sagt Senser, hätte "einfach Erlebtes aufs Papier bringen" müssen, dann wäre ihm der Misserfolg erspart geblieben. Diese Einsicht nicht beherzigt zu haben veranlasst Senser zu der ironisch-doppeldeutigen Schlusswendung: "Was bin ich doch für ein Narr", die nach Nietzsche zugleich ein Ehrentitel ist: "Nur Narr, nur Dichter".

WULF SEGEBRECHT.

Armin Senser: "Liebesleben". Gedichte.

Carl Hanser Verlag, München 2015. 108 S., geb. 15,90 [Euro].

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