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Jean Starobinski ist hierzulande mit seinen Büchern zur Ideengeschichte bekannt geworden. Genauso bedeutend jedoch ist sein Werk an Essays, das über viele Zeitschriften verstreut und nur schwer zu überblicken ist. Der 90. Geburtstag des großen Gelehrten ist ein willkommener Anlass, seine wichtigsten Aufsätze zur Poesie zu sammeln und zu übersetzen. Ob Essays zu grundsätzlichen Fragen der Poetologie oder Interpretationen bedeutender Autoren wie René Char: Allen Texten ist das Wissen eines Universalgelehrten gemeinsam, der sich mit größter Sensibilität seinen Gegenständen nähert.

Produktbeschreibung
Jean Starobinski ist hierzulande mit seinen Büchern zur Ideengeschichte bekannt geworden. Genauso bedeutend jedoch ist sein Werk an Essays, das über viele Zeitschriften verstreut und nur schwer zu überblicken ist. Der 90. Geburtstag des großen Gelehrten ist ein willkommener Anlass, seine wichtigsten Aufsätze zur Poesie zu sammeln und zu übersetzen. Ob Essays zu grundsätzlichen Fragen der Poetologie oder Interpretationen bedeutender Autoren wie René Char: Allen Texten ist das Wissen eines Universalgelehrten gemeinsam, der sich mit größter Sensibilität seinen Gegenständen nähert.
Autorenporträt
1920 in Genf geboren, studierte Medizin, Literatur und Philosophie und lehrte an vielen berühmten Universitäten, u.a. an der Johns Hopkins University, der Universität Basel und zuletzt, als Professor für französische Literatur und Ideengeschichte, an der Universität Genf. Jean Starobinski zählt zu den profiliertesten Vertretern der zeitgenössischen Geistes- und Kulturwissenschaften. Im Carl Hanser Verlag erschien zuletzt: Wege der Poesie. Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort von Horst Günther (2011).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.07.2011

Unermessliche
Kräfte
Erhellende Essays des Schweizer
Ideengeschichtlers Jean Starobinski
Am 17. November 2010 ist Jean Starobinski neunzig Jahre alt geworden. Die Vertrautheit mit der gesamten abendländischen Tradition in den großen Kultursprachen von der Antike bis in die Gegenwart teilt er mit anderen bedeutenden Gelehrten seiner Generation, sein Medizinstudium und seine Tätigkeit als Arzt haben ihn dagegen befähigt, einen eigenen und doppelt bestimmten Blick auf die Welt zu richten, in welchem Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft sich gegenseitig beobachten.
Auch im deutschen Sprachraum haben ihn seine Schriften zu den großen Philosophen der Aufklärung, zu Montesquieu, Montaigne, Rousseau und Diderot, zur Geschichte der Medizin, zur Psychoanalyse und zur Ideengeschichte berühmt gemacht. Sein Freundeskreis, die Universität und die Stadt Genf, mehrere Generationen von Studierenden und die internationale „Gelehrtenrepublik” haben den 90. Geburtstag dieses Gelehrten und – man darf es mit Bewunderung und Hochachtung sagen – freundlichen Patriarchen begeistert gefeiert.
Angeregt durch diesen Anlass hat Horst Günther eine Sammlung von Essays aus über vierzig Jahren herausgegeben und unter dem Titel „Wege der Poesie” im Hanser Verlag veröffentlicht. Der Band enthält am Schluss eine „Autobiographische Skizze“, eine kleine Rede, die Jean Starobinski anlässlich einer Preisverleihung 2009 in Rom gehalten hat und die das Zusammentreffen von Literatur und Naturwissenschaft in seinem Leben und Werk berührt: Behutsam und bestimmt zugleich schließt sie mit einem sehr einfachen humanistischen Bekenntnis, das in allen seinen Äußerungen mitklingt: „Die wissenschaftliche Arbeit hat den Menschen unermessliche Kräfte in die Hand gegeben. Was uns die Wissenschaft aber nicht sagt, ist der Gebrauch, den man davon machen soll.“
Jede dieser Studien bietet doppelten Gewinn: sachliches Wissen wie im Vorbeigehen und tiefere Einsicht in die menschliche Existenz. Gewiss lassen sich diese Arbeiten in das Fach „Vergleichende Literaturwissenschaft“ einordnen, aber wie erfrischend, dass dieser Schriftsteller zwar kein methodisches Werkzeug verschmäht, aber doch nie jener Moden- und Methodenbesessenheit anheimfällt, die im vorigen Jahrhundert grassierte. Wie die poetische Tradition seit der Aeneis das Erleben der Wirklichkeit prägt, wie sie bei Freud der Traumdeutung eine Richtung weist, wie „der Blick der Statuen“ menschliche Nähe und Ferne evoziert, wie „Die Fabrik am Fluss“ die Kultur in der Landschaft befragt (mit einem schönen Hinweis auf Wilhelm Raabes „Pfisters Mühle“!), wie Motive aus Poesie und Erleben wieder Poesie möglich machen (bei Mallarmé, Kafka, René Char, Yves Bonnefoy, Philippe Jacottet), das lässt sich unter der sicheren Führung des unaufdringlichen Autors und seines kongenialen Übersetzers „erlesen“. Der letzte Essay „Die Vollendung, der Weg und der Ursprung“ sucht nach einer deutlicheren eigenen Aussage, sagen wir ruhig einer Weisheit: „Es gibt gewiss immer eine Geschichte. Aber jeder gegenwärtige Augenblick ist ein erneuerter Ursprung. Er trägt in sich die Möglichkeit einer sogleich ans Licht gebrachten Vollkommenheit. Im Augenblick des Verstehens und des Vergnügens gibt es nur noch ein einziges Feuer, eine Macht, die mit dem Ziel verschmilzt – und der Weg ist zurückgelegt und zugleich beseitigt.“
Horst Günther hat nicht nur den Text der Essays ins Deutsche übersetzt, sondern auch eine kurze Einführung in Leben und Werk Jean Starobinskis verfasst, die man nicht erst am Schluss lesen sollte. Sie führt sicher und geschickt, mit demselben intellektuellen Engagement in die Gedankenwelt Starobinskis ein, das diesen auszeichnet. Der gedankliche Inhalt und die oft sehr persönliche, elegante oder eigenwillige Ausdrucksweise werden mit Sorgfalt und Talent wiedergegeben. Zu den Übersetzungen von Philippe Jacottet bemerkte Starobinski: „Das so vollendete Werk ist eine erfinderische Vermittlung“. Genau das versucht Horst Günther, und es gelingt ihm.
Dies ist kein Fachbuch und respektiert doch akademische Strenge. Wer beruflich mit der Literatur umzugehen hat, mit ihrem Studium, ihrer Lehre, ihrem Marketing im weitesten Sinne, sollte sich mit dieser Lektüre, wie von einer Montgolfiere, erheben lassen, den Ausblick genießen und etwas von jener „Schönheit der Literatur und der Welt“ wahrnehmen, von der einer der Essays so mutig spricht. HANS-HERBERT RÄKEL
JEAN STAROBINSKI: Wege der Poesie. Aus dem Französischen übersetzt von Horst Günther. Carl Hanser Verlag München 2011. 288 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hans-Heribert Räkel macht aus seiner Bewunderung für den inzwischen 91-jährigen Mediziner und Literaturwissenschaftler Jean Starobinski keinen Hehl und begrüßt deshalb auch die von Horst Günther in diesem Band zusammengetragenen und übersetzten Essays. Die doppelte Perspektive des Natur- und Geisteswissenschaftlers verleiht diesen Texten seinen besonderen Reiz, meint der Rezensent, der auch findet, dass Starobinski en passant immer zugleich Wissen und "tiefe Einsicht in die menschliche Existenz" vermittelt. Dass er dabei sehr methodisch arbeitet, sich aber nicht in die Methodenmanie des letzten Jahrhunderts verstricken lässt, imponiert Räkel besonders. Sehr lobende Worte findet er auch für die Übersetzung der Texte und die Einführung in Leben und Werk, die er als engagierten Zugang in die "Gedankenwelt" des Autors würdigt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Die vorliegende Essaysammlung macht Appetit auf mehr Starobinski: ein rhetorisch wie ästhetisch vergnüglicher Einstieg für all jene, die mit der Lektüre dieses facettentreichen Werkes erst beginnen wollen. " Carola Wiemers, Deutschlandradio, 17.05.11

"Jede dieser Studien bietet doppelten Gewinn: sachliches Wissen wie im Vorbeigehen und tiefere Einsicht in die menschliche Existenz". Hans-Herbert Räkel, Süddeutsche Zeitung, 19.07.11

"Das Beglückende an der Lektüre ist die Möglichkeit, einem ungeheuer Belesenen über die Schulter zu schauen und zu verfolgen, wie er scheinbar entlegene Wissensgebiete mit einander verknüpft und sie wechselseitig auflädt mit neuen Verständigungsmöglichkeiten." Martin Zingg, Basler Zeitung, 10.06.11