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Italo Calvino war nicht nur einer der phantasievollsten und beliebtesten Autoren Italiens, er war auch eine der größten Figuren im intellektuellen und literarischen Leben. Der vorliegende Band versammelt seine Briefe von 1941 bis zum seinem Tode 1985. Sie spiegeln die großen Ereignisse des 20. Jahrhunderts und dessen Persönlichkeiten wider: von der kulturellen Neugründung nach dem Faschismus bis zu den Revolutionen in Lateinamerika und dem Pariser Mai 1968, von Pier Paolo Pasolini und Franco Fortinie bis zu Michelangelo Antonioni. Ein großes Buch über Italien und über das, was literarische und künstlerische Debatten bedeuten können.…mehr

Produktbeschreibung
Italo Calvino war nicht nur einer der phantasievollsten und beliebtesten Autoren Italiens, er war auch eine der größten Figuren im intellektuellen und literarischen Leben. Der vorliegende Band versammelt seine Briefe von 1941 bis zum seinem Tode 1985. Sie spiegeln die großen Ereignisse des 20. Jahrhunderts und dessen Persönlichkeiten wider: von der kulturellen Neugründung nach dem Faschismus bis zu den Revolutionen in Lateinamerika und dem Pariser Mai 1968, von Pier Paolo Pasolini und Franco Fortinie bis zu Michelangelo Antonioni. Ein großes Buch über Italien und über das, was literarische und künstlerische Debatten bedeuten können.
Autorenporträt
Italo Calvino wurde 1923 geboren, wuchs in San Remo auf und starb 1985 in Siena. Sein Werk erscheint bei Hanser, zuletzt u.a. Warum Klassiker lesen? (2003), Die unsichtbaren Städte (2007), und Ich bedaure, daß wir uns nicht kennen (Briefe 1941-1985, 2007).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Flügelschläge eines Luftgeistes
Italo Calvino in seinen Briefen Von Volker Breidecker
Einen Literaturprofessor der Harvard University, der brieflich nachfragte, ob der Schriftsteller einer an seinem Werk interessierten Studentin ein Interview geben könne, ließ Italo Calvino kategorisch wissen: „Wenn es irgend etwas zum besseren Verständnis geschriebener Texte beitragen würde, die physische Person zu sehen und zu hören, der es . . . passiert ist, deren Autor zu sein, so würde das die absolute Niederlage der Literatur als Beziehung zwischen einem geschriebenen Text und einem Leser bedeuten.”
Dieser Satz macht den Abstand deutlich, der den heutigen Betrieb mit seinen Pflichtküren, Lesungen, Performances, Festivals und Talks von früheren Literaturepochen trennt, deren letzte – die Postmoderne mit Italo Calvino (1923–1985) als einem ihrer Hauptvertreter – noch gar nicht lange zurückliegt.
„Ich bedaure, dass wir uns nicht kennen”: Zu dem Titelzitat, unter das Franziska Meier ihre Auswahl von Briefen aus fünf Jahrzehnten gestellt hat, muss man sich das schalkhafte Lächeln eines Autors vorstellen, dem es um die Literatur ebenso ernst war wie den Romantikern einst um die Ironie. Dem Verfasser von Erzählungen über einen „Ritter, den es nicht gab” oder eine „Braut, die von der Luft lebte”, dem anschaulichen Schilderer „unsichtbarer Städte”, der in seinen Pariser Jahren den Vorlesungen von Roland Barthes lauschte, war die postmoderne Theorie vom „Tod des Autors” wie auf den Leib geschnitten. Weder auf Tuchfühlung noch auf intime Geständnisse einer schwierigen Persönlichkeit darf der Leser von Calvinos Briefen hoffen. Statt dessen wird er reich entlohnt mit Einblicken in jene Experimente an der eigenen Person, die in spielerischer Selbstvergessenheit und beständiger Selbstverwandlung Literatur erst hervorbringen.
Das poetische Bild, dass Calvino seit seinen leichtfüßig beschwingten Jugendbriefen an Eugenio Scalfari, den Freund seiner frühen Jahre und späteren Nestor des italienischen Journalismus, dafür zeichnet, ist der „Flügelschlag”, von dem eine dritte Person, die mit der ersten nur dem Namen nach identisch ist, beseelt wird: „ . . . oh Wunder!”, heißt es im Dezember 1941, „ein paar weiße Flügel sind ihm an den Schultern gewachsen, sein Körper ist durchscheinender geworden, sein Grinsen mephistophelischer. Er öffnet das Fenster, schwingt sich in die Lüfte und überfliegt – die Bedrohung durch die Luftabwehr nicht mehr achtend – einen Großteil der Apenninhalbinsel . . . ”. Noch drei Jahrzehnte später bekennt sich Calvino gegenüber seiner Kollegin Elsa Morante zu dem „Bedürfnis nach einem Flügelschlag, der die stehende Luft in Bewegung bringt”. Wie eine selbst geschaffene Kunstfigur nähert sich Calvino damit der kontemplativen – lesenden und beschauenden – Haltung einiger seiner berühmten Figuren: etwa jenem „Baron in den Bäumen”, der als Knabe die Beobachterwarte in der Krone einer alten Eiche einnahm, um diese für den Rest seines Lebens nicht mehr zu verlassen; oder jenem „Herrn Palomar”, der hoch über den Dächern seiner Heimatstadt Rom beschloss, gleichsam wie im Vogelflug beobachtend und räsonierend, ein neues Verhältnis zu den Dingen einzugehen, frei von allen Vorstellungen und Begriffen, denen – „eingezwängt in der Tiefe” – die erdgebundene Welt gehorcht.
Wenn der Briefeschreiber Italo Calvino über den Autor Italo Calvino spricht, klingt das so: „... dabei hat dieser Calvino womöglich gar keine Kontinuität, stirbt jeden Augenblick und wird ebenso oft wiedergeboren . . . ”. Es ist aber nicht etwa so, dass sich Calvino unter wechselnden Häuten verbergen wollte: Mit vielen seiner Schriftstellerkollegen – von seinem persönlichen Mentor Cesare Pavese über Natalia Ginzburg, Anna Maria Ortese, Elio Vittorini und Giorgio Manganelli bis hin zu Umberto Eco – teilte Calvino die Teilhabe an der italienischen kulturellen Öffentlichkeit nicht nur als Autor und Kritiker, sondern auch als aktiver Literaturvermittler. Er war verantwortlicher Lektor für das einst renommierte Verlagshaus Einaudi in Turin.
Dem freundschaftlichen Ton vieler Briefe – etwa an Michelangelo Antonioni, der in einem frühen Stadium des Drehbuchs zu „Blow up” Calvinos Rat einholte – geht meist sachliche Verbundenheit voraus. Eine tiefe persönliche Erschütterung, die einen traumatischen Einschnitt in der italienischen Nachkriegskultur markiert, bezeugen die Briefe, mit denen Calvino den Selbstmord Cesare Paveses im August 1950 kommentiert.
Und trotz seiner Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei Italiens, die er nach den Ereignissen von 1956 in Ungarn verlässt, geht es Calvino – wann immer es ihm um die Literatur zu tun ist – niemals im gleichen Atemzug auch um Politik. Gegenüber seinem deutschen Kollegen Hans Magnus Enzensberger, der im Jahr 1965 die Zeitschrift „Kursbuch” ins Leben ruft und um Calvinos Beiträge wirbt, drückt dieser seine Skepsis gegenüber politisch engagierter Literatur aus: „Noch nie”, schreibt er, „ist die Politik meinen Texten so fern gewesen, und ich weiß, dass sie nur auf einem sehr langen Umweg näher rücken könnte, nicht unmittelbar, wie sie jetzt in Deine Überlegungen Eingang findet.” Schließlich gibt er Enzensberger zu Bedenken, dass „in Italien die theoretische Möglichkeit einer Literatur, die über Politik spricht, bestritten wird, und zwar genau von jenen, die sich zu Ideen der extremen Linken bekennen”. Diese briefliche Diskussion hätte der heutige Leser gerne weiter verfolgt. Aber wie schon in die mehrbändige italienische Ausgabe der Briefe Calvinos haben auch in die deutsche Auswahl leider keine Gegenbriefe Eingang gefunden.
Um so überraschender findet sich schon in einem Brief des 18-jährigen ein ganzer literarischer Kosmos präfiguriert: „ . . . vom Flug der Schmetterlinge zu erzählen, von schön gedrechselten Frauenhüften, vom Meer, das sich an den Felsen bricht, von Werkstätten, Weinbergen, von Menschen, die arbeiten und lieben, ohne dabei an Mystik oder an ethische Voraussetzungen zu denken.” Wohlan denn, fliege weiter.
Italo Calvino
„Ich bedaure, daß wir uns nicht kennen”. Briefe 1941-1985
Ausgewählt und kommentiert von Franziska Meier. Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner. Carl Hanser Verlag, München 2007. 416 Seiten, 25,90 Euro.
Weder auf Tuchfühlung noch auf intime Geständnisse darf der Leser dieser Briefe hoffen
Italo Calvino in seinem Haus in Paris im Januar 1984 Foto: Ulf Andersen/Getty
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.11.2007

Gastmahl mit Calvino

Üppig ist der literarische Tisch von Italo Calvino gedeckt; von ihm selbst, mit reichlich Zugaben anderer. In diesem Herbst kommt noch eine repräsentative Auswahl seiner Briefe (in deutscher Übersetzung) hinzu. Sie teilen nichts entscheidend Neues mit - und sind doch bemerkenswert. Nicht weil sie sein Engagement in Resistenza und kommunistischer Partei berühren; auch nicht, dass sie überwiegend das literarische Leben seiner Epoche umkreisen - Calvino war jahrelang Lektor im führenden Einaudi-Verlag. Eindrücklich ist vielmehr, dass er mittendrin war, ohne wirklich dazugehören zu wollen. Zahlreich sind seine Kritiken über andere, seine Antworten auf Kritiken über ihn. Doch nirgends ein Wort über den Sprachkampf um seine eigenen Werke. Eine diskrete, aber strikte Schweigelinie durchquert seine Briefe. Sie schließt auch so gut wie alles Private aus. Gewiss, das passt zu Calvino, der allem Exhibitionistischen abgeneigt war. Mehr jedoch hat es, selbst in der dritten Hinsicht der Korrespondenz, mit seiner Poetik zu tun. Auch hier bleibt er Modernist in dem provozierenden Sinne, dass der Autor - im Werk - getötet werden muss, wenn es leben soll - eine semiotische Lektion Roland Barthes', dessen Vorlesungen er in Paris, dem Nicht-Ort, folgte. Für ihn hieß das, sich ständig zu entziehen; keinen "Platz in der Aktualität" einzunehmen; "nicht Teil des Systems zu sein"; "von Buch zu Buch Methode und Bezugsrahmen zu wechseln" - damit jedes von neuem ein phantasievolles Gastmahl bereitet. (Italo Calvino: "Ich bedaure, dass wir uns nicht kennen". Briefe 1941-1985. Ausgewählt und kommentiert von Franziska Meier. Aus dem Italienischen übersetzt von Barbara Kleiner. Hanser Verlag, München 2007. 416 S, geb., 25,90 [Euro].) Weh

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als Warnung an den Leser erzählt Rezensent Volker Breidecker, wie Italo Calvino einmal eine Interviewanfrage abschmetterte. Nichts Intimes zu erwarten in diesem von Franziska Meier zusammengestellten Brief-Band, heißt das (höchstens im Kommentar zu Paveses Tod). Dennoch, so Breidecker, werde man "reich entlohnt". Und zwar mit Einblicken in das freie Spiel mit Identitäten, die Entstehung von Literatur also. Dass Calvino Literatur und Politik trennte, erfährt der Rezensent aus den Briefen an Enzensberger, dessen Antwortbriefe er in dieser Auswahl allerdings schmerzlich vermisst.

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"Viereinhalb Jahrzehnte italienischer Geistesgeschichte lassen sich aus den Briefen von Italo Calvino, die erstmals auf Deutsch zu lesen sind, extrapolieren." Maike Albath, Neue Zürcher Zeitung, 02.02.08

"Eine grossartige Möglichkeit, diesen Schriftsteller neu zu entdecken und die italienische Kulturwelt einer wichtigen Epoche von innen kennenzulernen. Nicht zuletzt schafft es Italo Calvino, uns mit seiner Sprach-Lust zu infizieren." Maike Albath, Neue Zürcher Zeitung, 2./3.2.08

"Italo Calvino lebt - und zu bedauern ist, wer ihn nicht kennt." Christoph Kappes, Süddeutsche Zeitung, 10.01.2008

"Italo Calvinos Korrespondenz ist der Abriss eines Lebens, das ganz im Zeichen der Literatur stand. Maike Albath, Deutschlandradio Kultur, 30.11.07