Marktplatzangebote
32 Angebote ab € 1,00 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Shatzy Shell, eine junge Frau ohne besondere Eigenschaften, lernt bei einer Telefonumfrage das Wunderkind Gould (elf Jahre und Promotion in theoretischer Physik) kennen. Ein ungleiches Paar, das im Radio Boxkämpfen lauscht, Western erfindet und sich zwischen Universität, Wohnung und Fußballfeld bewegt. Gemeinsam mit Diesel dem Riesen und Poomerang dem Taubstummen geraten sie in allerlei seltsame Geschichten. Ein Roman wie eine Stadt: voll skurriler Menschen, die sich zusammentun - witzig, phantasievoll und berstend vor urkomischen Dialogen.

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Shatzy Shell, eine junge Frau ohne besondere Eigenschaften, lernt bei einer Telefonumfrage das Wunderkind Gould (elf Jahre und Promotion in theoretischer Physik) kennen. Ein ungleiches Paar, das im Radio Boxkämpfen lauscht, Western erfindet und sich zwischen Universität, Wohnung und Fußballfeld bewegt. Gemeinsam mit Diesel dem Riesen und Poomerang dem Taubstummen geraten sie in allerlei seltsame Geschichten. Ein Roman wie eine Stadt: voll skurriler Menschen, die sich zusammentun - witzig, phantasievoll und berstend vor urkomischen Dialogen.
Autorenporträt
Alessandro Baricco, geboren 1958 in Turin, wird in Italien nach dem Sensationserfolg "Seta" (auf deutsch "Seide", 1997) endgültig als Kultautor und Medienphänomen gefeiert. Er veröffentlichte zunächst Musikkritiken in den wichtigsten italienischen Tageszeitungen. Seine Popularität begann mit der literarischen Fensehsendung "Pickwick", die er bis 1994 leitete. Dort stellte er mit großem Erfolg ausschließlich seine Lieblingsbücher vor, die vornehmlich aus Klassikern der Weltliteratur bestanden. Ähnlich ambitioniert ist seine Gründung der "Kreativitätsuniverität" in Turin, die angehenden jungen Autoren eine fächerübergreifende Ausbildung ermöglicht.
Seine verspielt literarischen Romane "Castelli di rabbia" (auf deutsch "Land aus Glas, 1991) und "Oceane mare" (1993) waren zunächst noch Geheimtips, gehören jedoch inzwischen nach "Seta" zu den auflagenstärksten Dauersellern der italienischen Gegenwartsliteratur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2000

Fleischeslust der Cheeseburger
Alessandro Baricco entdeckt die Genüsse der Trivialkultur

Es ist nicht Lust und Liebe, was die knapp dreißigjährige Shatzy Shell mit dem nicht mal halb so alten Physikgenie Gould zusammenbringt. Sondern die exzessive Neigung, im unpassendsten Moment mit einer Geschichte anzukommen. Als Shatzy, bei einer Comic-Zeitschrift als Telephonistin unter Vertrag, den jungen Anrufer mit einer ihrer umständlichen Anekdoten überschüttet, ist sie den Job quitt - und zieht kurzentschlossen in die Campusbude des Wunderknaben ein. Gould ist einer dieser bedauernswerten Teenager, deren Nobelpreisaussicht sie elfenbeinturmhoch von den Spielen ihrer Altersgefährten trennt. Sein Vater hat einen wichtigen Posten beim Militär und ist weit weg, die Mutter seit Jahren in der Nervenheilanstalt. Da bleibt jede Menge Zeit für bizarre Comics und sinnlose Anrufe. Zur Unterhaltung hat sich Gould zwei imaginäre Bodygards ausgedacht, einen langen schlagfertigen und einen kurzen sprachlosen, auf die er seine endlosen Selbstgespräche abwälzen kann. Und er hat jetzt Shatzy Shell, die sich bei einem der väterlichen Kontrollanrufe als sein neues Kindermädchen ausgibt.

Das ist, fast schon, alles. Die äußere Handlung in Alessandro Bariccos neuem Roman ist so klapperdürr, als wolle er seiner Verfilmung beharrlichen Widerstand entgegensetzen. Oder gleich zwei, drei Filme im Paket anbieten, immer wieder von einem Kino ins andere wechselnd. Der Mensch, so hat der Philosoph Odo Marquardt einmal festgestellt, ist ein Wesen, das zuweilen nicht handelt, wie es soll oder will, sondern etwas "statt dessen" tut. Zum Beispiel, sich Geschichten auszudenken. Das skurrile Pärchen in Bariccos "City" macht über Hunderte von Seiten nichts anderes, wenn man von einem Besuch beim Schnellimbiß zu Goulds vierzehntem Geburtstag absieht. Und vom Erwerb eines gelben Wohnwagens, der sie bestimmt weiterbringen würde, wenn sie ein Auto hätten.

Nicht, daß sich die beiden treiben ließen, im Gegenteil: Gould und Shatzy sind die einzigen weit und breit, die mit sturer Konsequenz an ihren Träumen festhalten. Keine Cyber-Surfer, sondern die letzten Glückssucher der amerikanischen Popkultur. Um sie herum nichts als Oberflächlichkeit, Zirkulation und Zufall. Die City-Welt eben, von der "City" aber so gut wie nichts erzählt. Ort und Umstände bleiben unbestimmt, als seien sie überall zu finden und kaum der Rede wert.

Statt dessen nimmt sich Baricco viel Zeit für Geschichten, deren Sound auf die Liste vom Aussterben bedrohter Tonlagen gehört. Gould schwänzt seine Vorlesungen, lungert teilnahmslos am Rande eines Fußballplatzes herum, kann sich nicht entscheiden, ob er das lukrative Angebot einer anderen Uni annehmen soll. Zu großer Form aber läuft er auf, sobald er die Badezimmertür hinter sich geschlossen hat. Dann wird er zum Stimmenimitator und präsentiert Shatzy eine Radioshow, die den kaputten Fernseher rasch vergessen macht. In täuschend echt modulierten Dialogen, Reportagen, Rückblenden entwirft Gould, auf dem Klodeckel sitzend, den fulminanten Aufstieg des Boxers Larry Gorman. Dieser Gorman, unschwer als Wunschprojektion seines pubertären Erfinders zu durchschauen, ist kein banaler Haudrauf, sondern eine Spielernatur, dem Typ des Gentleman-Boxers zuzurechnen. Er läßt mit tänzerischer Eleganz seine Gegner ins Leere laufen, um dann selbst die hartgesottensten Burschen gnadenlos in die Seile zu schicken. Dem Autor, der nebenbei eine Schule für kreatives Schreiben leitet, bietet diese Boxergeschichte dankbare Gelegenheiten, zu zeigen, was er kann.

Auch der zweite amerikanische Klassiker, den Baricco einspielt, läßt eine unnötig komplexe Welt wieder auf den Standard der Er-oder-Ich-Situationen zusammenschnurren. Wenn Shatzy nicht gerade mit Goulds besorgtem Vater telephoniert, hängt sie ihren eigenen Geschichten nach, die in einem imaginären Western-Kaff namens Closingtown spielen. Und wieder hält der Autor sein Personal an, stilgerecht zubereitete Erzählhäppchen aufzutragen. Da ist der wortkarge Sheriff, der als einsamer Wolf einen verdächtigen Indianer bis an den Rand der Wüste verfolgt; der Saloonbetreiber, der immer nur beim Abtrocknen seiner Gläser zu sehen ist, aber niemals beim Spülen; da sind gefürchtete Flintenweiber und offene Rechnungen, gezinkte Karten und verstecktes Gold. Wer je auch nur schnupperte an den Elaboraten dieses Genres, findet in Shatzys Westerntruhe Wiedererkennungseffekte zuhauf, durchaus spannend und immer ein wenig verdreht.

Hat Baricco sich diesmal die Sache zu leicht gemacht? Die Sprachen der Trivialkultur sind nichts weniger als schlicht. Ihre Gesetze zu beherrschen erfordert ein hohes Maß an Beobachtungsgabe und mimetischer Virtuosität. Dennoch wären die Episoden aus der Boxer- und Westernwelt, die rund zwei Drittel des Buches ausmachen, eitle Stilübung, würde an ihnen nicht ein interessantes Dilemma erkennbar. Natürlich muß ein Erzähler von Rang bei solchen Eskapaden den "etwas anderen" Western bieten, die unorthodoxe Boxerlegende. Er muß die Erkennungseffekte mit kleinen Widerhaken versehen. Aber das ist es nicht. Das Problem ist vielmehr: Sobald Baricco das Terrain solcher stark definierten Genres und den Schutz indirekter Erzählsituationen verläßt, unterlaufen ihm fahrlässige Stilbrüche, Belanglosigkeiten und müde Witzchen.

Das gilt hauptsächlich für die in der Rahmenhandlung untergebrachte Gelehrtensatire, die Baricco wie ein Reader's-Digest-Kolumnist abhandelt. Das Lebensdrama des hochbegabten Kindes sei ungefähr so vorzustellen, "als würde dir jemand eine Bowlingbahn ins Haus bauen". Einerseits verlockend eben, doch irgendwie auch unangenehm. Goulds einziger Freund ist ein an seinem Berufsstand verzweifelter Professor, der im Pornokino wehmütig ein Traktat "Über intellektuelle Aufrichtigkeit" verfaßt. Er sieht, daß alles Ausgedrückte, in Sprache Gefaßte so unendlich fern ist dem ursprünglichen Gedanken, und er leidet darunter. Wie wir. Eine solche Schweige-Ikone à la Wittgenstein wäre allenfalls als gewitztes Zitat zu ertragen, aber Baricco stilisiert seinen selbstkritischen Professor zum tragischen Sympathieträger.

Während in der Abteilung Campus-Roman manches besser Ungesagte aufgetischt wird, entzieht uns Baricco die Western- und Boxer-Häppchen immer so rechtzeitig, daß sich unfehlbar der Appetit zurückmeldet. Und seine gelegentlichen Blicke auf das allgegenwärtige Suburbia der Ketten-Restaurants, das jeder Art von City den Garaus bereitet, enthalten hinreißende Gemeinheiten. Kleine Kostprobe gefällig? Wir empfehlen die Dialogszene, wie Shatzy und Gould versuchen, zwei Cheeseburger zu bestellen. Wer auf dem Weg von Seite 106 bis 112 nicht vor Lachen in konvulsivische Zuckungen verfällt, ist für dieses Buch verloren. Alle anderen aber sind danach reif für den Schnellimbiß.

ALEXANDER HONOLD

Alessandro Baricco: "City". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Anja Nattefort. Carl Hanser Verlag, München 2000. 332 S., geb., 34,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Baricco liebt Metaphern. Das hat er mit "Seide", seiner "Parabel auf die Liebe", bewiesen und das ist auch mit "City" nicht anders. Hier wie dort geht es um "Schleifen", so Rezensentin Jenny Friedrich-Freska. Die Schleifen von "City" ziehen sich durch Amerika, "zwischen verschiedenen Zeiten" und "um die großen Fragen: Wer bist du? Wer willst du sein? Und wie sehen dich die anderen?" Diesen Fragen nähern sich die beiden Protagonisten unterschiedlich: Der 12jährige Gould über Boxkämpfe, die er - eingeschlossen im Klo - kommentiert, während sich sein Kindermädchen Shatzy an einem Western abarbeitet. Baricco kommt "nicht um das Klischee der ehrgeizigen Professoren und des emotional vernachlässigten Genies herum", meint die Rezensentin. Sie hat die Protagonisten - und somit das Buch - aber trotzdem gern: weil Baricco Empfindungen gut und "mit Witz" beschreibt, weil man Teile des Westerns und über 15 interessante Seiten lang die Beschreibung eines Boxkampfs lesen kann, und weil alle Personen "ein klein wenig neben sich" stehen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Selten wurde eine Kunstwelt expressiver und mit mehr gesellschaftsrelevanter Ironie dargestellt als in dieser virtuellen Stadt." Peter M. Hetzel, Schweizer Illustrierte, 25.09.00 "Alessandro Baricco verbindet in seinem neuesten Roman die verschiedenen Ebenen von Western, Boxreportage, Fußballberichterstattung, wissenschaftlichem Vortrag, philosophischer Abhandlung und skurrilen Geschichten. (...) Virtuelles und Reales mischt sich in dieser Romanwelt zu immer neuen Überraschungen und fordert den Leser stets von neuem heraus. (...) Ein abstruses Lesevergnügen." Hildegard Lorenz, Münchner Merkur, 19.09.00 "Mit einem furiosen Ideen-Überschuss und unglaublichem, perfektem Tempo- und Stilwechsel zwischen knappen Dialogen und abschweifiger Gedankenspinnerei ist 'City' wie ein 35facher Looping mit Extraschleife am Anfang und am Ende." Kirsten Dyrda, Schnüss, 01.10.00 "Baricco bewahrt seinen Witz. ... Das Schöne am Buch ist, dass es über 15 Seiten einen Boxkampf beschreiben kann, ohne zu langweilen. Mit dem Empfinden kennt sich Baricco gut aus, und das Denken überlässt er ohnehin seinen Professoren. Und am Ende des Buchs hat man Gould und Shatzy deshalb so gern, weil man dabei war, wie sie dreimal um ihr Haus streiften, anstatt einfach reinzugehen." Jenny Friedrich-Freska, Die Zeit, 14.12.2000 "Baricco nimmt sich viel Zeit für Geschichten, deren Sound auf die Liste vom Aussterben bedrohter Tonlagen gehört." Alexander Honold, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.10.00 "Baricco besticht mit einem raffiniert gewobenen Erzählstrang-Verwirrspiel ... Baricco hat Freude am Fabulieren, er will seine Leser nicht belehren, sondern bietet ihnen Kurzweil mit fein gesponnenen Phantastereien." Werner Schuster, Der Standard, 20.01.01 "Am Ende siegt doch wieder die Poesie ..." Simone Kaempf, KulturSpiegel, 11/2000…mehr