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Zufall oder Bestimmung? Was lenkt das Leben der hoch begabten Kathleen Hosken, die während des Zweiten Weltkriegs in London ihr Glück sucht? Und wie hängt ihr Geschick mit dem anderer Menschen zusammen, deren Wege sich über drei Kontinente und einen Zeitraum von 60 Jahren hinweg kreuzen? Ihre Lebenslinien reichen von den Vierzigerjahren bis in die Gegenwart und von Mosambik bis zur Umlaufbahn des Mondes. Im Zentrum stehen neben Kathleen auch das Mathematikgenie Anthony Burden, die Schauspielerin Stacey Chavez, John Arben, der Herausgeber eines philosophischen Lexikons und der chamäleonartige…mehr

Produktbeschreibung
Zufall oder Bestimmung? Was lenkt das Leben der hoch begabten Kathleen Hosken, die während des Zweiten Weltkriegs in London ihr Glück sucht? Und wie hängt ihr Geschick mit dem anderer Menschen zusammen, deren Wege sich über drei Kontinente und einen Zeitraum von 60 Jahren hinweg kreuzen? Ihre Lebenslinien reichen von den Vierzigerjahren bis in die Gegenwart und von Mosambik bis zur Umlaufbahn des Mondes. Im Zentrum stehen neben Kathleen auch das Mathematikgenie Anthony Burden, die Schauspielerin Stacey Chavez, John Arben, der Herausgeber eines philosophischen Lexikons und der chamäleonartige Trickbetrüger Saul Gogan. In ihrem Schicksal wird auch die Geschichte des 20. Jahrhunderts sichtbar - ein Gewebe aus schillernder Individualität und unentrinnbarer Historie.
Autorenporträt
Simon Ings ist Autor mehrerer Romane (Hot Head, City of the Iron Fish, Hotwire und Headlong) sowie zahlreicher Kurzgeschichten. Sein jüngstes Werk, "Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls", wurde international von Presse und Lesern begeistert gefeiert und mit dem Arena O2 X Award ausgezeichnet. Der Autor lebt in London. Sein nächstes Werk, eine Kulturgeschichte des Auges, wird 2007 in England erscheinen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.08.2007

Im idealen Bissformat
Simon Ings erzählt von zufällig verknüpften Schicksalen
Dieses Buch macht den Leser zum Detektiv. Nehmen wir zum Beispiel James Lovell. An einem schönen Herbstabend genießt er mit seiner Frau noch einmal ein gemütliches Abendessen, bevor er sich einer strengen Diät unterwerfen muss. Im Dezember 1965 umkreist er dann mit Gemini 7 die Erde, Weihnachten 1968 mit Apollo 8 den Mond. Weitere 32 Jahre später beobachtet er in einem Restaurant in Chicago, das sein Sohn leitet, die junge Schauspielerin Stacey Chavez, wie sie auf ihrem Teller herumpickt: „Wenn man sie essen sieht, ist es, als würde man jemandem beim Ertrinken zuschauen. Am liebsten würde Jim hingehen und sie schütteln. Mit aller Kraft. Sie zur Vernunft bringen. Und er sieht schon die Schlagzeilen der Sun-Times vor Augen: APOLLO VETERAN: SEXATTACKE AUF MAGERSÜCHTIGE.
Jim Lovell wurde 1928 geboren. Es gibt ihn wirklich, Stacy Chavez aber gibt es nicht. Wer sich dessen sicher sein will, der muss selbst recherchieren; auf die Hinweise allein, die der Autor liefert, ist kein Verlass. Die Gedanken und Gefühle des ehemaligen Astronauten schildert Simon Ings, als handele es sich um eine rein literarische Figur. Zur Karriere der fiktiven Stacey gehört dagegen ein Auftritt in der legendären englischen Fernsehserie „The Singing Detective”; mit Ewan McGregor plaudert sie im Flugzeug. Auch die übrigen Hauptfiguren sind fest in unserer Wirklichkeit verankert: der schwule, geniale Mathematiker Anthony Burden, sein unehelicher Sohn Saul Cogan, und der zwielichtige Matrose Nick Jinks, der eine fatale Affinität zu Unglücken und Katastrophen besitzt. Die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion werden hier zur lustvollen Irritation des Lesers systematisch verwischt.
„Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls” erzählt keine Geschichte, sondern verknüpft weit ausholend Schicksale. Die ersten Szenen spielen 1930, die letzten 2006; als Schauplätze dienen Europa, die USA, Afrika und die Antarktis. Die theoretische Begründung dieser Strategie liefert der – nicht erfundene! – Alfred Korzybski, auf dessen Schriften Saul nach Abbruch seines Studiums in einer obskuren philosophischen Gesellschaft stößt. Die „Theorie der Relationen”, die dieser polnisch-amerikanische Denker in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelte, verstand sich als Gegenentwurf zu den gängigen „Konzepten von Ursache und Wirkung”: „Nicht, weil etwas handelt, existiert es”, erklärte Korzybski, „nicht einmal, weil es denkt (was letztlich auch eine spezifische Form des Handelns wäre), sondern weil es bereits in Beziehung mit allen anderen Dingen steht. Ursache und Wirkung sind nichts weiter als spezifische Manifestationen einer bereits existierenden Beziehung.” Zeit und Raum werden somit von absoluten zu relativen Größen, untergeordnet dem Prinzip einer „universalen Verbundenheit”.
Ist das Buch mehr als die Illustration dieser These, die sich von einer leicht paranoiden Binsenweisheit nicht unbedingt unterscheiden lässt? Simon Ings ist bislang als Thriller- und Science-Fiction-Autor hervorgetreten. In einem Interview hat er erklärt, sein Ziel sei es diesmal gewesen, sich nicht am Stoff, sondern am Thema zu orientieren. Das trifft insofern zu, als sich alles, worum es hier geht, in der lakonischen Formel everything’s connected zusammenfassen lässt. Zum Glück ist Ings aber auch ein fabelhafter Fabulierer, der das Korsett, in das er seinen Roman steckt, nicht zur Zwangsjacke werden lässt.
Wovon kann dieser Autor nicht alles glaubwürdig erzählen: von mexikanischen Wrestlern, von den Auswirkungen des Blitzkriegs auf London und von furchtbaren Massakern im Mosambik der Achtziger, von der erstickenden Atmosphäre in einer englischen Middle-class-Familie und vom Menschenschmuggel aus der Dritten Welt. Zugleich bewältigt er seine Stofffülle mit einer bemerkenswerten erzählerischen Disziplin: Motive kehren wieder und erhalten mitunter eine ironische Wendung; trotz erheblicher Zeitsprünge und zahlreicher Rückblenden geht nie der Überblick verloren.
Ein Merkmal, das alle wesentlichen Figuren in „Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls” verbindet, ist ihr Scheitern. Den Auftakt macht Kathleen, die Mutter Sauls, die als junge Frau in den Bann eines charismatischen Naturwissenschaftlers gerät. Er empfiehlt ihr, sich allein durch „rationale Neugier” leiten zu lassen; dann gebe es nichts mehr, wovor sie sich zu fürchten habe. Ihre Erlebnisse im vom Krieg verwüsteten London lehren sie aber die Macht der Gefühle, der Triebe, bis sie schließlich resigniert erkennt, dass weder Vernunft noch Phantasie ihr weiterhelfen können und es „in diesem Leben keine Gewißheit außer dem Tod” gibt.
Anthony Burden verirrt sich dagegen in der Welt der Zahlen, in einem virtuellen Kosmos, der auf das Internet vorausweist, und Saul entwickelt sich vom idealistischen Achtundsechziger zum skrupellosen, illegal operierenden Geschäftsmann, der keine Menschen, sondern nur noch ihren Preis kennt. Träume, Pläne, Überzeugungen – am Zufall, an inneren und äußeren Widerständen geht am Ende alles zuschanden.
Mit sanftem Druck
Als wichtigsten Einfluss für sein ambitioniertes Unternehmen hat der Autor Hermann Brochs Trilogie „Die Schlafwandler” genannt. Das ist sehr hoch gegriffen, ergibt aber einen Sinn. „Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls” zeigt, dass Themen und Verfahren, die früher als avantgardistisch galten, sich heute mühelos mit dem unterhaltungsliterarischen Anspruch, flott und spannend zu erzählen, verbinden lassen. Die analytische Kraft eines Hermann Broch besitzt Ings freilich nicht. Als Versuch, den globalen Puls zu messen, ist sein Roman daher weniger überzeugend, als wenn er sich auf sinnfällige Details konzentriert – wie eben auf Stacey Chavez, die langsam in winzige Teile zerlegt, wofür gesunde Menschen nur ein paar Happen benötigen: „Es gibt kein Zurück, dieser Muffin muß runter. Sie zieht die Hand weg, greift nach dem Messer, hält es über den Teller und schneidet exakt das abgemessene Stück heraus. Was ich bräuchte, denkt sie – Selbstironie ist ihr keineswegs fremd; wie die meisten Magersüchtigen weiß sie, was mit ihr los ist –, wäre einer dieser Gemüseschneider, die man in japanischen Küchengeschäften findet. Ein sanfter Druck – und fertig! Ein Stück wie das andere! Muffinhappen im idealen Bißformat.” CHRISTOPH HAAS
SIMON INGS: Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls. Roman. Ins Deutsche übertragen von Walter Ahlers. Manhattan Verlag, München 2007. 544 Seiten, 21,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sichtlich angetan ist Christoph Haas vom letzten Roman des britischen Science-Fiction-Autors Simon Ings "Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls". Vor allem gefällt dem Rezensenten, dass sich der Autor darin frei durch Raum und Zeit bewegt und so die vermeintliche Wirklichkeit hinterfragt. Ob es derart illustre Gestalten wie den ehemaligen Astronauten Jim Lovell wirklich gegeben hat, lässt sich nach Haas nur durch ausgiebiges "recherchieren" endgültig klären und spiele eigentlich auch gar keine Rolle: "Die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion werden hier zur lustvollen Irritation des Lesers systematisch verwischt". Trotz seiner teilweise verwirrenden anachronistischen Erzählweise lobt er den "fabelhaften Formulierer" Ings, der "seine Stofffülle mit einer bemerkenswerten erzählerischen Disziplin" bewältigt habe.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Wovon kann dieser Autor nicht alles glaubwürdig erzählen (...)Zugleich bewältigt er seine Stofffülle mit einer bemerkenswerten erzählerischen Disziplin: Motive kehren wieder und erhalten mitunter eine ironische Wendung; trotz erheblicher Zeitsprünge und zahlreicher Rückblenden geht nie der Überblick verloren." (Süddeutsche Zeitung)