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Vom Flüchtlingslager bis zum Asylrecht: Es ist ein brisantes Thema, das hier unter internationalen Gesichtspunkten diskutiert wird. Mit Beiträgen von Edzard Reuter, Rupert Neudeck, Rita Süßmuth und anderen.
Der Missbrauch der deutschen Visa-Vergabe ist zur Staatsaffäre geworden und ein aktuelles Beispiel dafür, wie schwierig es ist, zwischen humanitären Anliegen und einer grundsätzlichen Öffnung auf der einen und der Absicherung und Verhinderung bzw. Unterbindung von kriminellen Aktivitäten auf der anderen Seite den richtigen Weg zu finden. Vom Flüchtlingslager bis zum Asylrecht der…mehr

Produktbeschreibung
Vom Flüchtlingslager bis zum Asylrecht: Es ist ein brisantes Thema, das hier unter internationalen Gesichtspunkten diskutiert wird. Mit Beiträgen von Edzard Reuter, Rupert Neudeck, Rita Süßmuth und anderen.

Der Missbrauch der deutschen Visa-Vergabe ist zur Staatsaffäre geworden und ein aktuelles Beispiel dafür, wie schwierig es ist, zwischen humanitären Anliegen und einer grundsätzlichen Öffnung auf der einen und der Absicherung und Verhinderung bzw. Unterbindung von kriminellen Aktivitäten auf der anderen Seite den richtigen Weg zu finden. Vom Flüchtlingslager bis zum Asylrecht der Bundesrepublik: Es ist ein brisantes Thema, das hier unter internationalen Gesichtspunkten diskutiert wird. Mit Beiträgen unter anderem von Edzard Reuter, Rupert Neudeck und Rita Süßmuth.

Aus dem Inhalt:
Deutschland ein Einwanderungsland? - Als Flüchtlinge willkommen. Die Aufnahme von Asylbewerbern aus NS-Deutschland in der Türkei - Die Pazifische Lösung: Die Politik des Abschreckens und Einsperrens in Australien - Italien und die Bootsflüchtlinge aus Afrika - Traditionen und Tendenzen europäischer Flüchtlingspolitik - Asylrecht und Zuwanderungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Autorenporträt
Benz, Wolfgang
Wolfgang Benz, geboren 1941, ist emeritierter Professor für Zeitgeschichte, lehrte von 1990 bis 2011 an der Technischen Universität Berlin, gründete das Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung und war bis 2011 dessen Leiter. 1992 erhielt er den Geschwister Scholl-Preis. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft sowie Autor zahlreicherVeröffentlichungen, darunter einiger Standardwerke, zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2006

Die große Wanderung
Exil- und Migrationsforscher suchen nach Lösungen
Flüchtlinge sind völkerrechtlich Menschen, die ihr Heimatland „aus begründeter Furcht vor Verfolgung” wegen ihrer ethnischen oder nationalen Zugehörigkeit, ihrer Religion, politischen Überzeugung oder wegen Zugehörigkeit zu einer sonstigen Minderheit verlassen haben. Über die Schutzwürdigkeit als solche besteht Konsens, umso heftiger wird über die Auslegung der entscheidenden Begriffe Verfolgung und Minderheit gestritten, und über den angemessenen „Umgang mit Flüchtlingen”.
Wie unterschiedlich die Vorstellungen sind, zeigt das gleichnamige Buch, das Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin, herausgegeben hat. Es nähert sich dem „humanitären Problem” (so der Untertitel) einmal nicht aus der praktisch-sozialpädagogischen Sicht, sondern will „die Dimensionen historischer und aktueller Flüchtlingspolitik ausloten”, so Benz im Vorwort. Es ist eine Sammlung von elf Beiträgen zu einer Tagung, die 2005 in der Vertretung des Saarlandes beim Bund stattfand. Verfasser sind Wissenschaftler und andere Experten wie etwa Rita Süßmuth und Edzard Reuter.
Das Buch hat wie die Tagung „die Intention, die zunehmende Spaltung zwischen Exil- und Migrationsforschern überwinden zu helfen”. Die einen beschäftigen sich zumeist als Historiker mit den großen Fluchtbewegungen in und aus dem Europa der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zu ihnen gehört auch der Jurist Fritz Kiefer. Er zeichnet in seinem spannenden Beitrag die Kehrtwende der amerikanischen Asylpolitik nach der „Reichspogromnacht” hin zur „Politik der offenen Tür” nach (sie konnte freilich nur mehr wenige retten). Oder Claudia Curio vom Zentrum für Antisemitismusforschung, die neue Details der Kindertransporte nach England 1938/39 berichtet. Von den Quäkern organisiert und privat finanziert, ermöglichten sie Tausenden „rassisch” verfolgten Kindern die Flucht aus Nazi-Deutschland, um die sich wegen ihrer konfessionslosen und nicht organisierten Eltern weder christliche noch jüdische und politische Hilfsorganisationen kümmerten.
Dagegen interessieren sich laut Benz die Migrationsforscher, zumeist Politologen, Soziologen und Vordenker der Hilfsorganisationen, mehr für gegenwärtige und zukünftige „demografische und ökonomische Zusammenhänge”. Gemeint ist der angesichts der Spaltung der Welt in Reich und Arm unvermeidliche Wanderungsdruck durch Wirtschaftsflüchtlinge, für die Legalisierung und Integration eingefordert wird. Einen Schritt in diese Richtung hat Deutschland mit dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetz und der Schaffung des „Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge” getan – Benz sieht darin die überfällige Anerkennung der Tatsache, „dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und Zuwanderung braucht”.
Freilich schildert er selber aus eigener Anschauung im Kapitel „Die Pazifische Lösung” die Abwehrstrategien eines bekannt großzügigen Einwanderungslandes: Australien hält jeden fern, der keine oder geringe Chancen auf dem legalen Arbeitsmarkt hat, und verbannt Asylanten bis zur Anerkennung auf Internierungsinseln. Auch in Europa wird im Zuge der Terrorismusbekämpfung die Praxis immer restriktiver. Juliane Wetzel, bekannt durch ihre Arbeit über die jüdischen „Displaced Persons”, berichtet über die Seepatrouillen, mit denen Italien gegen „Clandestini”, illegale afrikanische Einwanderer, vorgeht.
Das schmale Taschenbuch enthält seiner akademischen Vogelperspektive zum Trotz viel allgemein Interessantes. Sogar Geschichten. Ex-Industrieboss Edzard Reuter zum Beispiel erzählt von seiner zweiten Heimat Türkei, dem Exilland seines Vaters, des SPD-Reichstagsabgeordneten und späteren Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter. Die Kindheitserfahrungen haben ihn zum lebhaften Fürsprecher der türkischen EU-Mitgliedschaft gemacht.
Der letzte Beitrag (von Rupert Neudeck) könnte die ritualisierte und festgefahrene Diskussion um neue Argumente bereichern. Denn der „Komitee Cap Anamur”-Gründer thematisiert auch die Entwicklungen innerhalb der internationalen Helferszene, die ihren Gegnern Munition liefern und dazu führen, „dass in immer mehr Ländern die Armeen” die Rolle der Retter in der Not übernehmen: „Missbrauch als heimliche Waffe der Politik”, „Luxusgehälter” nicht nur der UN-Bürokraten, „Ineffektivität” und „völliges Versagen in Afrika”. Neudeck nennt auch die Ursache des häufigen Konkurrenzverhaltens zwischen Regierungs- und immer neuen Nichtregierungsorganisationen: „die Tatsache, dass humanitäre Hilfe mehr und mehr auch ein großer expandierender Markt geworden ist”.
ELISABETH HÖFL-HIELSCHER
WOLFGANG BENZ (Herausgeber): Umgang mit Flüchtlingen. dtv, München 2006. 212 Seiten, 11,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin, verfolgt mit seinem Sammelband zu einer Tagung von 2005 den Ansatz, die Trennung zwischen Exil- und Flüchtlings- und Migrantenforschung aufzuheben, informiert Elisabeth Höfl-Hielscher. So versammelt der von ihm herausgegebene Band z. B. gleichermaßen Aufsätze zur amerikanischen Flüchtlingspolitik bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wie Untersuchungen des aktuellen Vorgehens der italienischen Regierung gegenüber illegalen Flüchtlingen aus Afrika, erklärt die Rezensentin. Trotz des akademischen Anspruchs des Buches enthalte es auch "allgemein Interessantes", versichert die Rezensentin, die dafür den Beitrag von Edzard Reuter über das türkische Asyl seines Vaters hervorhebt.

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