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Ein stimmungsvoller Familienroman, der die bundesdeutsche Identität nach dem Krieg aufs Genaueste nachzeichnet.
Deutschland ist Fußballweltmeister - wir sind wieder wer. Kaum ein Jahr später beginnt dieser erste Band einer Romantrilogie, in der die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland anhand des Christian Kirsch aus Kolbstadt erzählt wird, einer typischen kleinen Großstadt im Süden der noch jungen BRD.
1955. Kolbstadt, eine kleine Großstadt im Süden Deutschlands. Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Borgward Isabella, Fußballweltmeisterschaft - wir sind wieder wer. Nur die Familie
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Produktbeschreibung
Ein stimmungsvoller Familienroman, der die bundesdeutsche Identität nach dem Krieg aufs Genaueste nachzeichnet.

Deutschland ist Fußballweltmeister - wir sind wieder wer. Kaum ein Jahr später beginnt dieser erste Band einer Romantrilogie, in der die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland anhand des Christian Kirsch aus Kolbstadt erzählt wird, einer typischen kleinen Großstadt im Süden der noch jungen BRD.

1955. Kolbstadt, eine kleine Großstadt im Süden Deutschlands. Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Borgward Isabella, Fußballweltmeisterschaft - wir sind wieder wer. Nur die Familie Kirsch versäumt den Zug in die strahlende Zukunft des Landes. Vater Richard, Behördenangestellter, verliert seine Stelle wegen einer Lapalie, einer kleinen Unaufrichtigkeit, die mit der finsteren tausendjährigen Vergangenheit zusammenhängt. Ohne Arbeit aber reicht das Geld nicht für die Ferienreise nach Italien, die sich Mutter Maria so sehr wünscht.

Dietmar, der Älteste, hat es immerhin schon zu etwas gebracht: Als gewandter und erfolgreicher Bonbonvertreter reist er durch die Lande. Dagmar, die Mittlere, arbeitet als Botin in einer Anwaltskanzlei und "geht" mit Roman, dem Juniorchef des besten Modehauses am Platz. Und Christian, der Jüngste, tritt im Endspiel um den "Silbernen Fußball" absichtlich ein bisschen zu hart in die Beine des Gegners - eine Lappalie, wie die kleine Notlüge des Vaters, aber es folgt der Elfmeter und das Spiel ist verloren.
Autorenporträt
Benno Hurt, geboren 1941, lebt in Pettendorf bei Regensburg. In den sechziger Jahren veröffentlichte er Lyrik, Prosa und Essays, schlug dann jedoch die Richterlaufbahn ein und wandte sich gleichzeitig der Fotografie zu. 1986 begann er, Theaterstücke zu schreiben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.06.2006

Fauler Elfmeter
Benno Hurt gewinnt "Eine deutsche Meisterschaft"

Anfangs glaubt man, der Autor dieses Romans gehöre zum Schwarm der Schreiber, die in diesem Jahr, wie die Motten das Licht, die Sensation der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland umschwirren. Aber bald entdeckt man, daß dieser Autor kein Trittbrettfahrer der Aktualität, sondern ein Archivar der Erinnerung ist. Erinnert wird die Lebensatmosphäre der fünfziger Jahre. Passenderweise schmückt das Bild eines Volkswagens vor Gebirgskulisse die Titelseite des Romans - der "Käfer" war damals das Statussymbol der noch nicht mit Wohlstand protzenden Mittelschicht.

Das Hobby des Behördenangestellten Richard Kirsch freilich ist der Motorradsport, sein Fetisch die Zündapp 600. Nimmt man die Ehefrau und Mutter aus, die sich ihren Wunsch, einmal ins Traumland der Schlagersänger, Italien, zu reisen, nie erfüllen kann, so geht jeder in der Familie Kirsch seinen Neigungen nach. Tochter Dagmar, Sekretärin in einem Anwaltsbüro, ist auf dem Sprung in die dank Ludwig Erhards "Sozialer Marktwirtschaft" mit Siebenmeilenstiefeln vorankommende Klasse, sie zieht wie ein Magnet Roman Best, den Erben des führenden Modegeschäfts (mit drei Direktricen), an und hält ihn sich zugleich lange vom Leibe. Aber ihr Platz ist schon der Beifahrersitz im Wagen des begüterten, von Tennisdamen umschwärmten jungen Geschäftsmanns, dessen Lebensstandard das Glanzstück eines Autoherstellers ziert, der inzwischen längst vom Markt verschwunden ist: die Borgward Isabella.

Dagmars älterer Bruder Dietmar hat eine Fünf in Mathematik, ist aber nach dem Schulabgang auf bestem Wege zu einer Eins im Geldverdienen. Er entwickelt sich als Handelsreisender in der Süßwarenbranche zum Verkaufsgenie. Nur der Benjamin der Familie, der vierzehnjährige Christian, ist mit sich selbst im unreinen. Er durchleidet das Übergangsalter der Pubertät, wo gegen die aufkeimende Sexualität auch fromme Gebete nicht helfen. Aus seinem Fenster kann er ins Zimmer von Muschi, der Verkäuferin im Metzgerladen, blicken, und abends wecken ihre Schattenspiele auf dem Vorhang des erleuchteten Zimmers wilde Vorstellungen. Obwohl klein von Statur, ist er eine Größe in der Jugend-Fußballmannschaft, träumt auch schon von einem Wechsel ins Profilager. Aber ausgerechnet im Endspiel um die Kreismeisterschaft verursacht er einen Elfmeter, der das Spiel zugunsten der gegnerischen Mannschaft entscheidet.

Ein Verlierer ist vor allem Vater Richard. Obgleich in die Partei eingetreten, war er kein Nazi, hat sogar den Mut besessen, 1937 wieder seinen Austritt zu erklären. Die begeisterten Anhänger des Führers aber sitzen schon wieder sicher auf ihren Amtsstühlen und sehen im lästigen Zeugen ihrer zweifelhaften Vergangenheit einen Ruhestörer. Sie entdecken in der Personalakte seinen Entnazifizierungsfragebogen und darin eine kleine Unrichtigkeit, die sie nun zu einer politischen Affäre aufbauschen. Richard Kirsch wird fristlos entlassen, und auch der Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichts, das er angerufen hat, schließt eine Wiedereinstellung aus. Nein, sieht man von der Cleverness des Süßwarenvertreters ab, so bringt es die kleinbürgerliche Familie nur zu sauren Kirschen. Denn auch das verdächtige Lachen Rolands am Telefon nach der ersten gemeinsamen Nacht im herrschaftlichen Haus der Bests läßt für Dagmar nichts Gutes ahnen.

So spiegeln die deutschen Szenen aus den fünfziger Jahren die gleißenden wie die Schattenseiten der Wirtschaftswunderzeit. Da sie nicht nur Gewinner zeigen, trübt Skepsis die Bilder eines erfolgsorientierten, überbordenden Optimismus ein. Auch die Gegenkräfte zur Fortschrittsgläubigkeit erstarken. Die süddeutsche Großstadt an der Donau ist, so meint der nach Frankfurt ziehende Dietmar, "tiefste Provinz". Der über alles wachende Bischof sucht die Neuansiedlung von Industrie zu verhindern, weil "in den Köpfen der Arbeiterinnen" die Sünde wohne. Folgerichtig zieht denn auch die "Katholische Aktion" vehement gegen den Schandfilm "Die Sünderin" mit Hildegard Knef zu Felde.

Benno Hurt, lange Zeit Richter in Regensburg, ist schon mit Lyrik und Theaterstücken und zuletzt mit "Erzählungen aus der Justiz" ("Der Samt der Robe", 2002) hervorgetreten. Es wäre billig, in diesem Roman einfach vom Richterberuf auf den Erzählstil zu schließen. Das Werk zeichnet Wirklichkeit nicht nach Art eines trockenen Gerichtsprotokolls auf. Wohl aber zeugt es von Einsichten in zwischenmenschliche Konflikte, wie sie ein Richter in einer langen Berufspraxis gewinnen kann. Weder im spröden Juristendeutsch verheddert sich der Erzähler, noch zu poesievollen Umschreibungen hebt er ab. Aber kunstvoll verschränkt er im Bericht Erinnerungen und unmittelbare Erlebnisse der Figuren. So nimmt er jenen Blick vorweg, mit dem der heutige Leser auf eine Periode unserer Republik und vielleicht auch auf eigene Erfahrungen zurückschaut. "Eine deutsche Meisterschaft" ist kein Ereignis-, sondern ein beeindruckend erzählter Zeitroman, der die Spannung über das Ende hin offenhält. - Das Urteil des Kritikers, Euer Ehren? Freispruch! Ein Roman ohne Fehl.

Benno Hurt: "Eine deutsche Meisterschaft". Roman. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2006. 253 S., br., 10,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Uneingeschränktes Lob streicht Benno Hurt von Rezensent Walter Hinck für seinen Fünfziger-Jahre-Roman ein. Denn in Hurts einfühlsamem Porträt der Mittelschicht-Familie Kirsch wird das Wirtschaftswunder ausgewogen dargestellt und auch die verdrängten Schattenseiten werden mit einbezogen. Dass der Autor auf eine langjährige Richterlaufbahn zurückblickt, merkt man diesem Roman durchaus an, so der Rezensent, denn Hurt besitzt offenkundig ein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungsgeflechte und -konflikte und vermag dieses auch auf beeindruckende Weise erzählerisch umzusetzen.

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