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Dietmar Herz war im Winter 2006/07 für mehrere Wochen als einer der wenigen europäischen Journalisten im Irak. Sein schonungsloser Bericht über die Situation der amerikanischen Truppen und die chaotische Lage im Land bietet einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen der offiziellen Verlautbarungen. Präsident George W. Bush hat im April 2003 feierlich das Ende des Irak-Kriegs verkündet. Aber bis heute stehen die USA mit über 130000 Soldaten im Zweistromland. Ihre Zahl soll noch steigen. Auch die Zahl der Opfer steigt. Ein unheimlicher Krieg ganz neuen Typs ist in vollem Gange. Dietmar Herz…mehr

Produktbeschreibung
Dietmar Herz war im Winter 2006/07 für mehrere Wochen als einer der wenigen europäischen Journalisten im Irak. Sein schonungsloser Bericht über die Situation der amerikanischen Truppen und die chaotische Lage im Land bietet einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen der offiziellen Verlautbarungen.
Präsident George W. Bush hat im April 2003 feierlich das Ende des Irak-Kriegs verkündet. Aber bis heute stehen die USA mit über 130000 Soldaten im Zweistromland. Ihre Zahl soll noch steigen. Auch die Zahl der Opfer steigt. Ein unheimlicher Krieg ganz neuen Typs ist in vollem Gange. Dietmar Herz beschreibt die ständige Angst und die tägliche Langeweile der amerikanischen Soldaten und warum private Sicherheitsdienste, Milizen und paramilitärische Organisationen immer mächtiger werden. Er erläutert, welche Rolle das Vietnam-Trauma für die amerikanischen Soldaten bis heute spielt und mit welcher Strategie die Amerikaner die verschiedenen irakischen Bürgerkriege und den Zerfall des Landes aufhalten wollen. Nicht zuletzt berichtet er davon, wie es ihm selbst als"embedded journalist"ergangen ist, der die Soldaten bei lebensgefährlichen Missionen begleiten durfte und den militärischen Alltag in all seinen Facetten mit ihnen teilte. Aber sein Buch ist mehr als Kriegsberichterstattung: Dietmar Herz versteht es meisterhaft, immer wieder Hintergrundinformationen zur Geschichte des Konflikts einzuweben und so auch scheinbar unbedeutende Details zum Sprechen zu bringen.
Autorenporträt
Dietmar Herz, geb. 1958, Studium der Politischen Wissenschaft, Philosophie, Geschichte und Jurisprudenz in München, London und Harvard, Promotion 1991, Habilitation 1996. Herz war Professor für Politische Wissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (1997-2000). Jetzt ist er Ordinarius für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Erfurt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2007

Sachbücher des Monats November
Empfohlen werden nach einer monatlich erstellten Rangliste Bücherder Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie angrenzender Gebiete.
1. BERND GREINER: Krieg ohne Fronten. Die USA in Vietnam. Hamburger Edition, 595 Seiten, 35 Euro.
2. DAVID BLACKBOURN: Die Eroberung der Natur. Eine Geschichte der deutschen Landschaft. Aus dem Englischen von Udo Rennert. Deutsche Verlagsanstalt, 592 Seiten, 39,95 Euro.
3. ROBERTO SAVIANO: Gomorrha. Reise in das Reich der Camora. Aus dem Italienischen von Friederike Hausmann und Rita Seuß. Carl Hanser Verlag, 368 Seiten, 21,50 Euro.
4. WOLFGANG BEHRINGER: Kulturgeschichte des Klimas. Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung. Verlag C.H. Beck, 352 Seiten, 22,90 Euro.
5. DIETMAR HERZ: Die Amerikaner im Krieg. Bericht aus dem Irak im vierten Kriegsjahr. Verlag C.H. Beck, 156 Seiten, 17,90 Euro.
6.-7. HANS BLUMENBERG/ CARL SCHMITT: Briefwechsel. Und weitere Materialien. Herausgegeben von Alexander Schmitz und Marcel Lepper. Suhrkamp Verlag, 309 Seiten, 26,80 Euro.
WOLFRAM PYTA: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Siedler Verlag, 1120 Seiten, 49,95 Euro.
8.-10. DOMINIQUE BOUREL: Moses Mendelssohn. Begründer des modernen Judentums. Eine Biographie. Aus dem Französischen von Horst Brühmann. Ammann Verlag, 816 Seiten, 34,90 Euro.
SIMON SEBAG MONTEFIORE: Der junge Stalin. Das frühe Leben des Diktators 1879 - 1917. Aus dem Englischen von Bernd Rullkötter. S. Fischer Verlag, 544 Seiten, 24,90 Euro.
LAWRENCE WRIGHT: Der Tod wird euch finden. Al-Qaida und der Weg zum 11. September. Ein Spiegel-Buch. Aus dem Amerikanischen von Hans Freundl und Stephan Gebauer. Deutsche Verlags-Anstalt, 544 Seiten, 24,95 Euro.
Besondere Empfehlung des Monats November von Guido Kalberer: HARTMUT BINDER: Mit Kafka in den Süden. Eine historische Reise in die Schweiz und zu den oberitalienischen Seen. Vitalis Verlag, 414 Seiten und mehr als 250 farbige Abbildungen, 79,90 Euro.
Die Jury: Rainer Blasius, Eike Gebhardt, Fritz Göttler, Wolfgang Hagen, Daniel Haufler, Otto Kallscheuer, Matthias Kamann, Petra Kammann, Guido Kalberer, Elisabeth Kiderlen, Jörg-Dieter Kogel, Hans Martin Lohmann, Ludger Lütkehaus, Herfried Münkler, Wolfgang Ritschl, Florian Rötzer, Johannes Saltzwedel, Albert von Schirnding, Norbert Seitz, Eberhard Sens, Hilal Sezgin, Volker Ullrich, Andreas Wang, Uwe Justus Wenzel.
Redaktion: Andreas Wang (NDR Kultur)
Die nächste SZ/NDR/BuchJournal-
Liste der Sachbücher des Monats erscheint am 30. November 2007.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2007

Momentaufnahme aus dem Irak
Langeweile zwischen Little America und "Injun country"

In der uralten Geschichte des Iraks ist die Gewalt Legende - bis hin zu den Baathisten: allein drei Kriege in knapp 30 Jahren unter Saddam Hussein. Ein Teil der Weltgemeinschaft griff ein, unentschieden und auf falsche Weise. Die Situation nach dem dritten Golfkrieg: die größtdenkbare Katastrophe. Auf über 600 000 wird die Zahl der Opfer seitdem veranschlagt. Die Ausläufer setzen sich fort im fast schon pazifizierten Afghanistan und im gesamten Nahen Osten. Es ist billig, an die groteske Ignoranz der Administration Bushs zu erinnern, der nach dem "Feldzug" von 2003, die Theatralik einer gigantischen Militärmaschinerie nutzend, auf dem Flugzeugträger einschwebte wie ein alttestamentarischer Racheengel in Paradeuniform, "mission completed" - ohne eine über Wiederaufbauaufträge für die (vor allem amerikanische) Industrie hinausgehende politische Strategie für die Zukunft.

Ähnlich deutet der Erfurter Politologe Dietmar Herz die Situation des Iraks: ein Rückfall in die Welt von Hobbes' "Behemoth". Wagemutig hat er sich im vergangenen Winter für vier Wochen in diese Hölle begeben, um im Auftrag einer Tageszeitung seine Momentaufnahme der jüngsten Phase der "irakischen Kriege" zu liefern. Wenn er nicht warten musste wie die Soldaten meist auch. So wird der lesenswerte Bericht unterlegt mit historischen, zum Teil jedoch ungenauen, überflüssigen Exkursen etwa in die Filmwelt, über das urdemokratische Verständnis der Amerikaner von ihrer Armee samt Reflexionen über Napoleon in Russland oder die Perserkriege.

Der Autor sucht nach Antworten, die längst gegeben wurden: dass Bushs Strategie auf militärischen Allmachtsphantasien (Rumsfeld, Cheney) basierte, auf "einem simplizistischen neokonservativen Denken", vor allem der "Unkenntnis über die komplizierte politische, ethnische und religiöse Struktur des Irak". Ebenso wenig neu sind Erkenntnisse wie die, dass eine demokratische Neuordnung dort problematisch sei, oder der Umstand, dass die Vereinigten Staaten mit dem Ergebnis ausgerechnet den Siegeszug der zuvor zersplitterten Schiiten in der Region gefördert und ihr seit Eisenhower und Kissinger errichtetes Prestige fast vollständig verspielt haben. Dabei geht der Autor auch nicht auf die innenpolitischen Ursachen des Politikwechsels in Washington ein.

Herz versucht, das Amalgam des irakischen Irrsinns aus Saddam-Fedaijin, ethnischen und religiösen Gründen nebst Fremdeinwirkung - Al Qaida und Iran - zu entwirren: "Letztlich werden wie bei Bandenkriegen Claims abgesteckt . . . Diese verschiedenen Auseinandersetzungen gehen ineinander über, Allianzen wechseln schnell, und politisch-ideologische Erklärungen verdecken oft nur schlichte Kriminalität." Aus der Umgebung Bushs werde der Satz überliefert, man werde wohl kaum gewinnen, aber auch nicht verlieren. Einen Mittelweg gibt es für Herz in der Lage nicht: entweder Abzug, dann war alles umsonst, wie ein amerikanischer Offizier einräumte, oder mehr Mittel für Wiederaufbau und Sicherheit. Doch wie - ohne mehr Truppen -, sagt der Autor nicht. Das wäre die "Vietnamisierung" des Konfliktes, den keiner will.

Als "embedded journalist" berichtet Herz vom Alltag, der Langeweile der Armeeangehörigen und der privaten Sicherheitsdienste. Von abgeriegelten Luxus-Camps, "Little Americas", und den unberechenbaren Patrouillen draußen, von Soldaten ironisch "Injun country" (Indianergebiet) genannt. Die meisten sind desillusioniert "von der hilflosen Strategie ihrer eigenen Regierung", Korruption und Unfähigkeit von Polizei und Armee im Irak. Sie hegen übrigens alles andere als Argwohn gegenüber den Deutschen, die bei diesem "Feldzug" den Vereinigten Staaten "die Gefolgschaft verweigerten". Überall traf er "hilfsbereite, kompetente und engagierte Menschen", überwiegend junge, die für eine hoffnungslos anmutende Sache kämpfen.

Dazu führt er die Namen zahlloser Amerikaner auf, die umkamen - und die der Iraker. Dies ist lobenswert, gar gewagt, denn es geht - bewusstes Signal einer verlangsamten Wahrnehmung im Medienrausch - auf Kosten der Spannung. Während seiner eigenen Recherchen fielen 70 amerikanische Soldaten - und 1566 Iraker. An Weihnachten hatte die Zahl der amerikanischen Opfer die des 11. September überstiegen. Die Koalitionspartner zählten bis Februar 256 Tote. Die Intervention der Vereinigten Staaten dauert nun länger als die im Zweiten Weltkrieg. Der Titel "Die Amerikaner im Krieg" jedoch ist angesichts der heftigen Kritik in Amerika sehr ungenau. Sie sehen sich eher im Krieg gegen den Terror. Öfter finden sich auch weniger gelungene Reflexionen, beispielsweise: "Die Toten zu zählen ist eine morbide Angelegenheit." Letztlich stellt sich bei Herz das "seltsame Dejavu" ein, die Erinnerung an "Vietnam, die Dominotheorie und die Macht des Kommunismus (an dessen Stelle nun der Islam getreten war)", wie er verkürzend formuliert.

Nun sei die Stabilisierung der Lage auch Aufgabe der Europäer, so Herz: "Denn für einen Rückzug ist es längst zu spät. Die Folgen wären nicht absehbar - gerade auch für Europa." Er geht weiter, als den meisten lieb ist, wenn er meint: "Ob wir das wahrhaben wollen oder nicht - die irakischen Kriege sind auch unsere Kriege."

KONRAD WATRIN

Dietmar Herz: Die Amerikaner im Krieg. Bericht aus dem Irak im vierten Kriegsjahr. Verlag C. H. Beck, München 2007. 156 S., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Vier Wochen hat der Erfurter Politikwissenschaftler Dietmar Herz im Irak verbracht, eingebettet in die 82. Airborne Division und die 1. Air Cavalry, informiert Rezensent Bernd Greiner. Damit sei Herz nicht nur ein "Wagnis" eingegangen, das Journalisten schon lange nicht mehr auf sich nähmen, bemerkt Greiner spitz, was Herz zu berichten habe, sei auch derart lesenswert, dass der Rezensent es gleich als "Massendrucksache im Dienst der politischen Bildung" empfiehlt. Allerdings sei Herz' Befund ebenso niederschmetternd: Weder von militärischer Sicherung noch vom zivilen Aufbau könne mehr die Rede sein, alles, was den amerikanischen Soldaten noch möglich sei, ist, für ein paar Stunde Flagge zu zeigen. Eine Chance, das Blatt zu wenden, sieht Herz nach Greiners Informationen nicht, der schließlich darauf hinweist, dass neben den hunderttaussenden von irakischen Zivilisten es vor allem die ganz jungen unter den amerikanischen Soldaten sind, die in diesem Desaster ihr Leben lassen.

© Perlentaucher Medien GmbH