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Viele Heilige sind uns heute nur noch dem Namen nach oder - wie der heilige Nikolaus und Sankt Martin - durch Feiertage bekannt. In Kunstwerken früherer Jahrhunderte werden uns die frommen Heiligenlegenden vergegenwärtigt.
Wie aber lebten die Heiligen wirklich? Wodurch wurden sie zu Heiligen? Und vor allem: Gab es nicht auch ganz unheilige Seiten ihres Lebens? Diesen Fragen geht Friedrich Prinz in zwölf brillanten historischen Miniaturen nach. Er beschreibt die Kaiserin Helena, die, aus fragwürdigem Milieu kommend, zur Heiligen wurde, den heiligen Martin, der uns durch die Mantelteilung…mehr

Produktbeschreibung
Viele Heilige sind uns heute nur noch dem Namen nach oder - wie der heilige Nikolaus und Sankt Martin - durch Feiertage bekannt. In Kunstwerken früherer Jahrhunderte werden uns die frommen Heiligenlegenden vergegenwärtigt.
Wie aber lebten die Heiligen wirklich? Wodurch wurden sie zu Heiligen? Und vor allem: Gab es nicht auch ganz unheilige Seiten ihres Lebens? Diesen Fragen geht Friedrich Prinz in zwölf brillanten historischen Miniaturen nach. Er beschreibt die Kaiserin Helena, die, aus fragwürdigem Milieu kommend, zur Heiligen wurde, den heiligen Martin, der uns durch die Mantelteilung bekannt ist, die Kirchenväter Hieronymus und Augustinus, die heilige Radegunde, die in ihrem Kloster strengste Askese mit liebenswerter Weltoffenheit verband, die Bischöfe Wilfrid von York und Willibald von Eichstätt, Kaiser Heinrich II., der trotz seiner tiefen Frömmigkeit zielbewußte Machtpolitik betrieb, den Kreuzzugsprediger und Mystiker Bernhard von Clairvaux, die Prophetin und Wissenschaftlerin Hildegard von Bingen, die schöne, barmherzige Elisabeth von Thüringen und schließlich Franz von Assisi, den leuchtenden Stern am Heiligenhimmel des Mittelalters.

Der renommierte Historiker Friedrich Prinz erzählt in diesem höchst lesbaren Buch das Leben von zwölf Heiligen aus Antike und Mittelalter. Die Grundlage bilden dabei nicht die zahlreichen frommen Legenden, sondern historische Quellen, aus denen er das wahre Leben der Heiligen mit seinen hellen, aber auch seinen abgründigen und teils skurrilen Seiten rekonstruiert.
Autorenporträt
Friedrich Prinz, geb. 1928, Historiker, emeritierter Professor der Universität München, ist durch zahlreiche Bücher und Aufsätze als einer der bedeutendsten Frühmittelalterforscher der Gegenwart bekanntgeworden. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Geschichte Bayerns und der Böhmischen Länder. Der Autor ist auch mit einer Reihe von Fernseh- und Rundfunksendungen hervorgetreten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Vorsicht, sadistischer Seelenführer!
Friedrich Prinz schabt die Patina von den Heiligen / Von Michael Borgolte

Skeptische Wissenschaft und Heiligenkult scheinen von jeher verfeindete Geschwister gewesen zu sein. Diese Dichotomie begann aber nicht erst in der Aufklärung oder im Historismus mit ihren Textausgaben von Heiligengeschichten, und sie reicht auch über die humanistische Polemik des Erasmus von Rotterdam gegen Wunderglauben und Reliquienverehrung zurück. Einspruch wurde nämlich schon im Mittelalter selbst erhoben, wie die mokanten Bemerkungen eines bayerischen Mönchs aus dem zwölften Jahrhundert zeigen: "Lahme, Blinde und Halbblinde werden von vermeintlichen Wundertätern unter Gebet und Handauflegen gesegnet. Geben sie auf die Frage nach ihrem Befinden auch nur unbestimmte Auskunft, werden sie als geheilt emporgerissen und in der begeisterten Masse herumgereicht. Sich selbst überlassen, fallen sie in die alte Krankheit zurück."

Jetzt will ein Zeitgenosse eine neue Wende im Verhältnis von Kritik und Glauben herbeiführen. Mit dem Instrumentarium seiner Wissenschaft möchte der Münchener Mediävist Friedrich Prinz zwar die Patina von den Heiligengestalten abschaben, dabei aber den Gehalt eines Christentums und die überzeitliche Substanz einer Heiligkeit sichtbar machen, "welche die Jahrhunderte bis zum heutigen Tage überdauerte". Es geht um nichts weniger als um die Wiederherstellung eines verlorengeglaubten Heiligenhimmels, wenn auch im fahlen Licht einer altgewordenen Kultur, es geht - wie der Autor über das tatsächlich grandiose literarische Erbe eines Heiligen sagt - um "Verführung zum Glauben, ein Angebot auch für Zweifler und Agnostiker". Jahrzehntelang hatte Prinz das Mönchtum des Abendlandes studiert und sich dabei gefangennehmen lassen vom asketischen Heiligen; mit dem heroischen Verzicht auf alles, was Spaß macht, habe dieser Heiligentyp die Kulturentwicklung der Laienwelt im Okzident entscheidend gefördert. Jetzt aber kehrt er seine Fragestellung um: Thema ist nicht mehr der ungewollte, aber wirkmächtige Nutzen, den die "Welt" vom asketischen Heiligen hat, sondern der selbstverantwortete Nachteil, den sie erleiden kann, wenn sie ihn ignoriert.

Der Titel des Buches evoziert anderes, als er meint. "Das wahre Leben der Heiligen" soll keine Entlarvung des Legendarischen als Priestertrug ankündigen, auch wenn der Autor selbstverständlich alles Erbauliche der Überlieferung beiseiterückt. Prinz ist vielmehr davon überzeugt, daß, wer zur wirklichen Persönlichkeit der Heiligen vorstößt, hier eben Außerordentliches findet, das sich zur Normsetzung eignet. Er hat also einen ausgesprochen ethischen Begriff von Heiligkeit; Blutzeugen des Glaubens, die ersten christlichen Heiligen überhaupt, und die Kraft zum Wunder, ihre spektakulärste Eigenschaft, werden von ihm ganz übergangen oder nur kurz gestreift. Damit befindet er sich auf der Höhe gegenwärtiger Religionspädagogik, die in Heiligen nichts sucht als Modelle geglückten Lebens, und die auch von deren Mittlerfunktion zwischen Mensch und Gott nichts mehr wissen will. Der Autor behandelt zwölf Frauen und Männer vom vierten bis zum dreizehnten Jahrhundert. Die Frage, ob jemand "wirklich" heilig gewesen ist - warum, wann und wo -, beschäftigt ihn ebensowenig nachhaltig wie diejenigen, die heute nach Vorbildern suchen.

Friedrich Prinz ist aber nicht nur engagiert und fromm, er ist in gleichem Maße ein hochgelehrter Forscher und vor allem ein brillanter Erzähler. Nur, wenn sich ihm der Stoff der Überlieferung zu spröde und zu eindimensional darbietet, wird er zum nüchternen Chronisten, der keine Funken schlägt (Radegunde von Poitiers; Willibald von Eichstätt; Kaiser Heinrich II.). Am stärksten ist er da, wo seine Menschlichkeit durch widersprüchliche Charaktere herausgefordert wird. Grandios sind die Porträts der Kirchenväter Hieronymus und Augustinus. Hieronymus, in den Zwiespalt zwischen klassischer Bildung und christlicher Bescheidenheit geraten, mit der lateinischen Bibelübersetzung gleichwohl bahnbrechend für die Geistesgeschichte Europas und - von seinem Gehäuse in Bethlehem aus - "Orakel der christlichen Welt", war doch auch arrogant, boshaft und voller Ironie. "Nach dem Urteil fast aller wurde ich des höchsten Amtes für würdig erachtet", sagte er über sich, als Papst Damasus gestorben war - und wurde doch nicht dessen Nachfolger.

Während sich der facettenreiche und eitle, aber noch in seinem Haß große Hieronymus dem modernen Betrachter in seinen Briefen offenbart, gewann Friedrich Prinz das Material für die Schilderung Augustins dessen genialen und unerschöpflichen "Bekenntnissen" ab. Er erkennt, das ist nicht neu, das Schicksal des Aurelius Augustinus in seiner Mutterbindung, aber er will sich von den bewegenden und tiefsinnigen Aufzeichnungen des großen Kirchenlehrers über Monica auch nicht täuschen lassen. Hat sie ihrem Sohn nicht, um seine unkontrollierte Sexualität zu domestizieren, zuerst eine Konkubine zugeführt und diese dann, als sie seine Heirat plante, eiskalt abserviert, und hat sich Augustinus nicht ebenso rücksichtslos zugleich eine neue Mätresse zugelegt? Vielleicht ist dieses Urteil etwas prüde, und möglicherweise arbeitet es auch mit bürgerlichen Normen, die der Zeit und den Umständen nicht ganz angemessen sind. Aber man freut sich als Leser doch, wenn einen wissenschaftlichen Autor das vermeintliche Fehlverhalten historischer Gestalten aufregen kann. Nicht anders ist es Prinz bei der heiligen Elisabeth gegangen, diesem "geprügelten Engel", der sich von einem sadistischen Seelenführer aus frommem Verzicht bis zur Aufgabe aller menschlichen Bindungen treiben ließ.

Prinz hat seine Sammlung mit der Kaiserin Helena beginnen und mit dem heiligen Franz enden lassen. Dies war keine bloß chronologische Ordnung, sondern eine bewußt gewählte Anlage als Klimax. Das Leitmotiv des Buches ist aber der Beitrag, den die zwölf Heiligen für Gesellschaft und Kultur Europas geleistet haben. Indem er das Mittelalter als "Frühling Europas" feiert, verweist der Autor auf die offene Zukunft noch kommender Epochen. Allerdings ist sein Bild von Europa reduktionistisch, wie auch eine Karte mit den "wichtigsten Orten der mittelalterlichen Kirchengeschichte" zeigt. Rußland und Byzanz, Spanien und selbst Irland sind ausgespart. Daß es auch jüdische und islamische Heilige gibt, kam Prinz wohl nicht in den Sinn, und was er über die christliche Orthodoxie denkt, zeigt er im ressentimentgeladenen Urteil über den "gigantischen Wunderschwulst der orientalischen Georgslegende".

Was wäre aber aus Europa geworden, wenn Vladimir von Kiev, gewiß ein Heiliger, nicht das Christentum von Byzanz angenommen hätte, sondern, wie er überlegte, den Islam oder das Judentum? Und hat nicht der heilige Kaiser Konstantin, als er die neue Reichshauptstadt am Bosporus errichtete, zum ersten Mal bei einer antiken Stadtgründung nur Kirchen, aber keine heidnischen Tempel mehr erbaut? Was es aber für Europa und seine Christenheit bedeutete, als die Osmanen 1453 nach langer Gegenwehr Byzanz eroberten, haben die christlichen Gelehrten im Westen sehr wohl begriffen. Und sollte man Toledo in Spanien nicht zu den Zentren europäischer Christenheit zählen, Hauptstadt der arianischen, dann katholischen Westgoten und Symbol der christlichen Reconquista? Und schließlich nicht daran denken, wieviel Märtyrerblut von Christen, aber auch von Juden und Muslimen in den jahrhundertelangen Kämpfen auf der Iberischen Halbinsel geflossen ist? Wer Europas Identität auf Heilige gründen will, muß aufpassen, die Frommen nicht für strittige Zukunftskonzepte zu instrumentalisieren.

Friedrich Prinz: "Das wahre Leben der Heiligen". Zwölf historische Portraits von Kaiserin Helena bis Franz von Assisi. C.H. Beck Verlag, München 2003. 318 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.05.2003

Das wahre Leben
Friedrich Prinz sucht nach
dem Heiligen der Heiligen
Ursprünglich galt jedes Mitglied der Kirche als heilig, hatte der einzelne Christ doch durch Taufe und Glaube die Erbsünde bereits überwunden. Den langen Jahrhunderten der volkstümlichen Verehrung eindrucksvoller Glaubenszeugen machte Papst Johannes XV. ein Ende. Am 31. Januar 993 erfolgte durch ihn die erste förmliche Kanonisation. Je rascher die Schar der Heiligen anwuchs, desto deutlicher trat die tatsächliche oder behauptete moralische Makellosigkeit in den Hintergrund. Das Nachleben der Heiligen wurde ebenso wichtig wie ihre Abstammung. Friedrich Prinz spricht darum von Funktions- oder Stifterheiligen im Unterschied zu den charismatischen „echten Heiligen”.
Für seine zwölf Porträts beschränkt sich der Münchner Mediävist auf den Bereich der Charismatiker. Berührungspunkte mit den Funktionsheiligen gibt es lediglich bei Heinrich II., der als Machtpolitiker von einem „tiefen, dringenden Heilsverlangen” getragen war und der dem Stand der Heiligkeit „so nahe kam wie kein mittelalterlicher Kaiser”, und beim germanischen Adelsheiligen Wilfried von York. Zu großer Form – und das heißt hier: zu großer Bewunderung – läuft Prinz jedoch angesichts der „geradlinigen Religiosität” des Heiligen Martin auf. Der adlige Bischof von Tours teilte im vierten Jahrhundert nicht nur den Mantel mit einem Bettler und setzte sich so mutig über Standesgrenzen hinweg. Er war lebenslang ein „humaner Asket”, dessen Vorbildlichkeit sich nicht in Wundertaten und asketischer Strenge erschöpft habe.
Prinz sieht in der Heiligkeit vor allem „sittliche Selbstüberwindung und Absage an Hass an Rache”. Er scheidet das Leben der Heiligen strikt in jene Momente, in denen sie diesem Anspruch genügten, und solche, in denen sie auf drastische Weise Anteil hatten an der „Unerforschlichkeit der Menschenseele”. Prinzens blumige Sprache scheint zwar zuweilen der Erbauungsliteratur entlehnt, gerade deren hagiographische Stilisierungen aber will er überwinden. Er unterlässt es nicht, beispielsweise auf die Herkunft der Gelder hinzuweisen, kraft derer die Heilige Helena im dritten Jahrhundert Spitäler, Kirchen und Klöster zuhauf errichten ließ: Die Summen stammten von ihrem Sohn, Kaiser Konstantin, und folglich aus der „terroristischen Steuerorganisation eines militaristischen Kaiserstaates.” Damit, schließt Prinz, verlieren die Gründungen „vieles vom erwünschten Glanz der Gottgefälligkeit”.
Friedrich Prinz gelingt es auf unterhaltsame, nur streckenweise redundante Art, den alten Wein der Heiligenlegenden in die etwas neueren Schläuche der historischen Forschung zu gießen. Etwas vorzeitig erschienen, eignen sich die zwölf Porträts vortrefflich für den weihnachtlichen Gabentisch.
ALEXANDER KISSLER
FRIEDRICH PRINZ: Das wahre Leben der Heiligen. Zwölf historische Porträts. C.H. Beck Verlag, München 2003. 320 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wendet sich der Historiker Biografien der Heiligen fernab ihrer hagiografischen Verklärungen zu, hat er meist mit einer heiklen Quellenlage zu schaffen, erklärt uns der Rezensent Norbert H. Ott. Historische Überlieferungen sind rar, erbauliche Lebensbeschreibungen wie autobiografische Zeugnisse dienten oftmals dem Zweck, "ein vorbildhaftes, zu Verehrung und Nachahmung animierendes Idealbild" zu entwerfen. Dem Münchner Mediävisten Friedrich Prinz ist es aber dennoch gelungen. die wahren Bilder hinter den Übermalungen der Heiligenlegenden zu erkennen, versichert Ott. Bei den zwölf exemplarisch ausgewählten historischen Porträts aus Spätantike und Mittelalter sei der "renommierte Historiker" mit "quellenkritischer Akribie" und "stilsicherer Darstellungskunst" zu Werke gegangen, so der Rezensent weiter, der voller Begeisterung ob der "bewundernswerten Sachkompetenz" des Autoren ist.

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