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Die Erläuterungen des Herausgebers Thomas Poiss erleichtern das Verständnis eines der bedeutendsten griechischen Dichter und eröffnen den Zugang zu Hölschers Übersetzungen und ihren Besonderheiten. Michael Theunissen, als Pindarinterpret unlängst hervorgetreten durch sein Werk Pindar. Menschenlos und Wende der Zeit (C.H.Beck 22002), hat ein Nachwort geschrieben, das den philosophischen Gehalt der Verse zu erschließen hilft.

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Produktbeschreibung
Die Erläuterungen des Herausgebers Thomas Poiss erleichtern das Verständnis eines der bedeutendsten griechischen Dichter und eröffnen den Zugang zu Hölschers Übersetzungen und ihren Besonderheiten. Michael Theunissen, als Pindarinterpret unlängst hervorgetreten durch sein Werk Pindar. Menschenlos und Wende der Zeit (C.H.Beck 22002), hat ein Nachwort geschrieben, das den philosophischen Gehalt der Verse zu erschließen hilft.
Autorenporträt
Michael Theunissen, geboren 1932, gilt als einer der bedeutendsten deutschen Philosophen der Nachkriegszeit. Er wirkte als Professor für Philosophie an der Universität Bern, Heidelberg und der Freien Universität Berlin, wo er noch heute als Emeritus lehrt. Antike Philosophie, Anthropologie, Geschichtsphilosophie und Philosophische Theologie bilden seine Hauptarbeitsgebiete.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.12.2002

Strenge Fügung
Fremder geht’s nicht:
Uvo Hölschers deutscher Pindar
Als die deutsche Lyrik im 18. Jahrhundert nach einem eigenen Ton suchte, scholl er ihr aus zwei konträren Richtungen entgegen: aus dem Volkslied und dem Kirchenlied ein schlichter und inniger Ton; aus den Hymnen Pindars ein dunkler und erhabener Ton. Aus dem einen gingen die Gedichte Claudius’, Eichendorffs und Mörikes hervor; aus dem anderen die Oden Klopstocks, des jungen Goethe, Hölderlins und später noch die Rilkes, Trakls und Celans. Doch Pindar selbst, das Vorbild für die deutsche Lyrik im hohen Stil, ist sogar den Gebildeten unter ihren Verehrern nie vertraut geworden. Die deutschen Dichter aber, obgleich dem bürgerlich-christlichen Hauswesen entstammend, glaubten gerade in Pindars Siegesliedern, die im Griechenland des 5. Jahrhunderts v. Chr. entstanden waren, ihre poetische Existenz wiederzuerkennen. Pindars Oden, Festgesänge für die Sieger bei den Sportwettkämpfen in Olympia, Delphi, Nemea und auf dem Isthmos, priesen die Götter, die aristokratischen Familien, den erfolgreichen Kämpfer – am höchsten aber Weisheit und Kunstsinn des Dichters: bei den Siegesfeiern leuchtete das „Feuerzeichen der Hymnen” am hellsten. Solches Selbstbewusstsein, nicht Aufgabe und Stoff seiner Gesänge, machte Pindar zum Zeitgenossen des modernen Dichters.
Um Pindars Bedeutung für die deutsche Dichtung sichtbar werden zu lassen, sind Übertragungen ins Deutsche eine notwendige und doch kaum lösbare Aufgabe. Seine bilderreiche Sprache ist ebenso dunkel wie es seine mythologischen, genealogischen und topographischen Anspielungen sind. Das Metrum seiner Strophen ist so kompliziert, dass man sie bis ins 18. Jahrhundert für freie Rhythmen hielt – ein fruchtbares Missverständnis, das die pindarisierende deutsche Lyrik vom Zwang der Versmaße befreite. Selten nur erkennen wir in Pindars Welt noch die uns vertraute Welt wieder. Wenn er den Aetna besingt, dann steht, über die Jahrtausende hinweg, heute wie damals vor dem Auge des Lesers derselbe Berg: ihm entbrausen des unnahbaren / Feuers hochheilige / Aus den Schlüften die Quellen, und Ströme / Gießen des Tags hervor heiße Rauchflut, / Doch in Nächten purpurne Glut / Hin sich wälzend trägt Gestein mit Getöse / Zur tiefen Fläche des Meers. Meistens jedoch steht Pindars Preis der Göttergedanken, der Fürstensitze und Heldentaten unserem demokratischen Alltagsverstand und den von ihm beherrschten Themen der neuzeitlichen Lyrik fern. Und benimmt sich Pindars Aetna nicht auch wie ein mythischer Tyrann?
Zwischen Tanz und Schmaus
Uvo Hölscher, der 1996 verstorbene Gräzist, hatte zu verschiedenen Gelegenheiten elf der 45 erhaltenen Oden Pindars übersetzt. Nun, in einem Band vereinigt, treten Programm und Stil von Hölschers Übersetzung deutlicher hervor. Er verzichtet auf die Nachahmung des Versmaßes, um dafür „die Präzision des Sinns” zu steigern: „Inversionen waren zu wagen, Sperrungen, harte Fügungen.” Die Verfremdung des Satzbaus soll eine schroffe Poesie des Gedankens erzeugen, die sich jeder konventionellen Schönheit des Klangs verweigert. (Aber hatte die Festgemeinde, die diese Lieder einst zwischen Tanz und Schmaus hörte, nicht doch ihre Schönheit bewundert?)
Voller Rücksicht auf die Kenntnisse und Vorurteile der Laien erläutert Hölschers Aufsatz über „Pindar und die Wahrheit” die historischen Bedingungen und den darüber hinaus reichenden Wert dieser Auftragsdichtungen. Rücksichtslos jedoch will seine Übersetzung die Fremdheit des griechischen Dichters erhalten, ja erzwingen. An manchen Stellen muss man im Original nachlesen, um ihren Sinn zu verstehen. Hölscher findet Wörter, die in der deutschen Sprache seit Jahrhunderten vergessen und in keinem Duden verzeichnet sind, etwa „reisig” für „beritten”, „gefreundet” für „befreundet”; oder er erfindet gar Wörter, die es in der deutschen Sprache nicht gibt, etwa „Nachgerede” für „Erzählung”, „Erdenhalter” für den „Erderschütterer” Poseidon, die „Heitre” für „heitere Stimmung”. Hölderlins Übersetzungen und Nachahmungen Pindars haben bei diesen schweren Wortgeburten Pate gestanden. Aber soll es der klassische Philologe, zur Vermittlung berufen, dem modernen Dichter nachtun, der seine Einsamkeit betrauert und genießt, indem er unverstanden bleibt?
Um die Fremdheit Pindars zu steigern, bildet Hölscher mitunter Sätze, die kaum mehr verständlich sind und so auch nicht bei Pindar stehen. „Dein aber ist das Anteil der Göttergunst”, so soll er in der dritten pythischen Ode Hieron, den Tyrannen von Syrakus, gepriesen haben. In Oskar Werners Tusculum- Übersetzung von 1967 heißt der Vers: „Dir jedoch folgt herrlichen Glückes Geschick” – so lautet der Vers auch bei Pindar. Werner übersetzt ihn wörtlich, verständlich, geschmeidig und sogar, was nicht genug zu bewundern ist, in genauer Nachbildung der originären Versmaße. Hölscher verfremdet Pindar so, als wolle er den heutigen Leser dafür strafen, dass ihm die griechische Sprache fremd geworden ist. Aber man darf den erschrockenen Leser beruhigen: so fremd sind sie auch wieder nicht. Er benötigt eine Übersetzung, die ihn rücksichtsvoll an diese zweieinhalb Jahrtausende alten Gedichte heranführt, damit er sich aus der Ferne imaginieren kann, wie nahe sie einst den Zeitgenossen waren.
HEINZ SCHLAFFER
PINDAR: Siegeslieder. Deutsch von Uvo Hölscher. Hrsg. v. Thomas Poiss, mit Geleitwort von Michael Theunissen. C.H. Beck, München 2002. 160 S., 26, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Bedeutung des griechischen Dichters Pindar, der im 5. Jahrhundert vor Christus gelebt hat und dessen Siegeslieder im 18. Jahrhundert Hölderlin, Klopstock und viele andere Dichter und Denker beeinflusst haben, sollte man in jedem Fall sehr hoch ansetzen, findet Heinz Schlaffer und plädiert für eine Übersetzung und Verbreitung von Pindars Werk. Aber nicht in der Form, wie sie der 1996 verstorbene Tübinger Gräzist Uvo Hölscher gewählt habe, meint der Rezensent. Denn Hölscher sei anscheinend darauf aus gewesen, Pindar dem Leser in seiner ganzen Kompliziertheit vorsetzen zu wollen, wozu er eine ganze Reihe längst nicht mehr gebräuchlicher Worte oder Satzkonstrukte verwende oder gar selbst welche neu konstruiere, ärgert sich Schlaffer, der sich fragt, wen das begeistern könne. Pindar zu übersetzen sei keine leichte Aufgabe, gesteht der Rezensent zu, aber den Dichter so zu "verfremden", könne eigentlich nur den Übersetzer erfreuen, schimpft Schlaffer.

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