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Die schärfsten Gedichte aus dem Oeuvre des Satirikers Wiglaf Droste
Wiglaf Droste wurde für sein "vitales Dissidententum" und seine "Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil" mit dem Ben-Witter-Preis 2003 ausgezeichnet. Droste kann beides: Satire vom härtesten und Poesie vom feinsten. In diesem formidablen Gedichtband stehen liebenswerte Gedichte und zarte Liebeserklärungen neben fabelhaften Kalauern und ätzenden Versen über allerhand peinliche Persönlichkeiten deutschen Gemeinwesens. Die Gedichte behandeln wichtige Themen wie "Heiße Hühnersuppe heilt"; "Aufstand und Roulade"; "Deutscher…mehr

Produktbeschreibung
Die schärfsten Gedichte aus dem Oeuvre des Satirikers Wiglaf Droste

Wiglaf Droste wurde für sein "vitales Dissidententum" und seine "Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil" mit dem Ben-Witter-Preis 2003 ausgezeichnet.
Droste kann beides: Satire vom härtesten und Poesie vom feinsten. In diesem formidablen Gedichtband stehen liebenswerte Gedichte und zarte Liebeserklärungen neben fabelhaften Kalauern und ätzenden Versen über allerhand peinliche Persönlichkeiten deutschen Gemeinwesens.
Die Gedichte behandeln wichtige Themen wie "Heiße Hühnersuppe heilt"; "Aufstand und Roulade"; "Deutscher Herbst & Deutscher Sommer"; "Deutsche Dichter, bevierzeilt"; "Wolf Biermann"; "Guido Westerwelle"; "Moral mit Tieren"; "Raucherzone"; "Exit im Londoner Exil"; "Wirrsing".
Autorenporträt
Wiglaf Droste, geb. 1961, lebt in Berlin. Er schreibt u.a. in der 'tageszeitung"', der 'Weltwoche' und in 'junge welt'. Er ist viel unterwegs, am liebsten mit dem Essener Spardosen-Terzett, mit dem er die CD 'Für immer' aufgenommen hat. Gemeinsam mit Vincent Klink gibt Wiglaf Droste die Zeitschrift 'Häuptling Eigener Herd' heraus. Hin und wieder erscheint eine Auswahl seiner Kolumnen als Buch. Für seine Kolumnen in der taz und im Kritischen Tagebuch beim WDR erhielt der Schriftsteller, Lyriker und Satiriker 2003 den Ben-Witter-Preis. 2005 wurde Wiglaf Droste mit dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis geehrt. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem: 'Mit Blick auf die deutsche Literaturgeschichte sind Vergleiche zu Autoren wie Robert Gernhardt oder Kurt Tucholsky angebracht und begründbar. Droste hat seine Vorgänger jedoch nicht kopiert, sondern einen eigenen, unverwechselbaren Ton gefunden. Seine kompromisslosen, häufig mit zynischem Gestus vorgetragenen Satiren und Glossen sind sprachliche Kabinettstückchen von hohem literarischen Rang.' Von März-Juli 2009 war Droste der 29. Stadtschreiber zu Rheinsberg in Brandenburg. 2013 wurde er mit dem Peter-Hille-Literaturpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2005

Vergiss die langen Nägel nicht!
Die Poesie von Wiglaf Droste: Ein Papierflieger mit Pipapo
„Vom Vollrausch bis zum Leergut, glaubt mir, ist es nur ein kleiner Schritt.” Das ist gut gesagt, das ist witzig - aber statt Durs Grünbein, dem es galt, streckt es bumerangartig den Urheber des Wurfes selbst zu Boden: Wiglaf Droste. Der legt jetzt einen Auswahlband seiner Lyrik vor, aus den letzten rund zwanzig Jahren, aus einer Zeit jedenfalls, als Erzbischof Dyba noch am Leben war, Wim und Wum sich bester Gesundheit erfreuten und die Zerzausung fremder Nester (rechts) sowie die Beschmutzung eigener (links) noch eine lohnende Aufgabe scheinen konnte.
Nachgeborene lachen hier schwerer. Diese Gedichte weisen alle Vor- und Nachteile der mündlichen Improvisation zu später Stunde auf, die am nächsten Morgen nach dem Erbarmen einer Aspirin-Tablette schreit; ihr, „meiner weißen Reiterin”, hat er folgerichtig eine lange Hymne gewidmet. Seien wir gerecht und wenden wir uns erst der schlechten und dann der guten Seite dieser gehorteten Hüftschüsse zu. Schlecht, aber typisch für einen Vertreter der Altlinken ist die spät-gemütliche Fokussierung auf eine erotisch überhauchte Kulinarik, die Biolek-inspirierte Häuslichkeit. „Du bist die Gabel / Ich bin das Messer / Es ist wie löffeln / Oder noch besser”. Das Ganze heißt „Ein verliebter Buddha kocht”. So etwas sollte strikt privat bleiben, da es am Satiriker jene Flanke öffnet, die er an anderen so scharf beschießt.
Aus dem Nabel der Geliebten speist er Linsen, beide furzen in der Nacht. Ein Idyll, ein unerschöpfliche Sujet. „Wenn Köche lieben” kann es auch heißen. „Hi ha ho - / und deinen süßen Pipapo / schnapp ich mir sowieso”. Wäre ich ein einfallsloser Liebhaber, würde ich nach Wegen suchen, es nicht durch meine Endreime zu verraten. Dass Liebe durch den Darm geht, hält derselbe Autor merkwürdigerweise für einen Einwand gegen Kollegen, die ihm nicht genehm sind: „Von Krankenschwesternengeln, träumend vom Analfick. - / Die Landserscheiße läuft, frohlockte Heinz Konsalik.” Man muss den Autor Konsalik nicht schätzen und noch nicht einmal kennen, um dies für einen in mehr als einer Hinsicht unreinen Reim zu halten. Wo war die weiße Reiterin hier, um Droste von der Verewigung eines beschämenden Filmrisses abzuhalten?
Der Fluch der guten Überschrift
Dies musste gesagt werden, um den Autor aus seinem unrasierten Stupor am nächsten Morgen zu reißen. Und erst dann, wenn er wieder halbwegs zurechnungsfähig aus der inzwischen gewechselten Wäsche schaut, darf man ihm auch das nötige Kompliment machen: Dass er gelegentlich, wie aus Versehen, seinen Gegenstand voll erwischt. Kardinal Ratzinger (die Sorte mag Droste nun einmal nicht) hatte, als er noch Kardinal war, verkündet: „Die erste Reform, die wir brauchen, ist die, der Botschaft Jesu Christi treuer und ähnlicher zu werden”. Dazu bemerkt Droste: „Du willst sein wie Jesus Christus? / Nimm den Hammer, und dann bist du’s! // Vergiss die langen Nägel nicht / Denn du bist kein Leichtgewicht. // Vorbildlich für alt und jung / Ist die Eigenkreuzigung. // Schon in drei Tagen bist du schlaff / Bis dahin grüßt dich: Drostes Wiglaf”.
Im Allgemeinen gilt hier die Regel von der Würze in der Kürze; je länger die Gebilde werden, desto eher tendieren sie zur Anhäufung von Ballaststoffen, zur kunsthandwerklichen Morgengabe an die Göttin der Nüchternheit. „Gemein und speckig sein gilt hier als Grund zum Feiern. / Wo sind wir hier? In München, Pfüat di Gott, in Bayern.” Das langt doch; warum noch zwei Strophen? Den BMW und den blauen Himmel denkt sich doch jeder mühelos selbst dazu.
Häufig verhält es sich so, dass alles Nötige schon mit dem Titel gesagt ist: „Diät ist Mord am ungegessenen Knödel”, das drückt den dialektischen Umschlag von „Mein Bauch gehört mir” zu „Mein Bauch gehört weg”, von „Emma” zu „Brigitte” in wünschenswerter Knappheit aus. Oder: „Können die Deutschen nach Pisa noch Gedichte schreiben?” Oder: „Nähe zulassen. Ein Männergruppensong”. Überschrift genügt, bitte keine Durchführungen!
Aber damit wäre wohl der hegende Geiz nicht auf seine Kosten gekommen, der unbedingt ein Opus vorweisen will und nicht nur ein einzelnes zweiseitig beschriebenes DIN-A-4-Blatt. Die Vorstellung, dass sich die Seele seines Lebenswerks zu einem Papierflieger falten ließe, muss Droste geschmerzt haben. Im Grunde weiß er es, wenngleich er es ebenfalls nur auf bumeranghaftem Umweg zu sagen vermag. Diesmal gilt der Wurf dem rheinischen Karneval: Büttenreden, Endreimterror, angekündigte Pointen - es ist der seltene, aber klare Fall unfreiwilliger Selbstkritik.
BURKHARD MÜLLER
WIGLAF DROSTE: Nutzt gar nichts, es ist Liebe. Gedichte. Reclam Verlag, Leipzig 2005. 160 Seiten, 12,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit gemischten Gefühle hat Rezensent Burkhard Müller diesen Band mit Gedichten von Wiglaf Droste gelesen. Die Gedichte aus den letzten zwanzig Jahren wiesen alle Vor- und Nachteile der mündlichen Improvisation zu später Stunde auf, befindet Müller, die am nächsten Morgen nach dem Erbarmen einer Aspirin-Tablette schreie. Zu den Nachteilen zählt er neben der penetranten Endreimerei vor allem die bei Altlinken typische "spät-gemütliche Fokussierung auf eine erotisch überhauchte Kulinarik". Gedichte, in denen das lyrische Ich aus dem Nabel der Geliebten Linsen speist, was nächtlichen Meteorismus nach sich zieht, sollten nach Ansicht Müllers besser privat bleiben. Und Reime wie "Von Krankenschwesternengeln, träumend vom Analfick. - / Die Landserscheiße läuft, frohlockte Heinz Konsalik" wertet er in mehrfacher Hinsicht als "unrein". Zur Freude Müllers bietet der Band auch einige gelungene Gedichte, etwa die Spottverse über den damaligen Kardinal Ratzinger. Im Allgemeinen scheinen ihm die Gedichte desto besser, je knapper sie ausfallen. Bei vielen Gedichten lobt er die guten Überschriften trefflich, welche die ausführenden Verse eigentlich als überflüssig erscheinen lassen. Insgesamt sieht er in dem Band den rheinischen Karneval walten: "Büttenreden, Endreimterror, angekündigte Pointen", resümiert der Rezensent, "es ist der seltene, aber klare Fall unfreiwilliger Selbstkritik".

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