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Wie lange kann ein Mann vor seiner Vergangenheit davonlaufen? Von Amerikas gefeierter Autorin: ein wortgewaltiger Roman, eine amerikanische Parabel, ein literarisches Meisterwerk über Liebe und Terror, Sünde und Hoffnung auf Erlösung. Professor Lee ist ein unauffälliger Mensch. Als jedoch sein Kollege, der umtriebige Rick Hendley, Opfer eines Bombenattentats wird, verliert er jeglichen Halt. Aus den Tiefen seiner Vergangenheit erhält er einen beunruhigenden Brief. Von einem Tag auf den anderen findet sich Lee in einem Netz aus Rache und Anschuldigungen gefangen. So begibt er sich auf eine…mehr

Produktbeschreibung
Wie lange kann ein Mann vor seiner Vergangenheit davonlaufen? Von Amerikas gefeierter Autorin: ein wortgewaltiger Roman, eine amerikanische Parabel, ein literarisches Meisterwerk über Liebe und Terror, Sünde und Hoffnung auf Erlösung.
Professor Lee ist ein unauffälliger Mensch. Als jedoch sein Kollege, der umtriebige Rick Hendley, Opfer eines Bombenattentats wird, verliert er jeglichen Halt. Aus den Tiefen seiner Vergangenheit erhält er einen beunruhigenden Brief. Von einem Tag auf den anderen findet sich Lee in einem Netz aus Rache und Anschuldigungen gefangen. So begibt er sich auf eine gefahrvolle Reise. Nur wenn er sich von einer alten Schuld
reinwäscht, kann er seine Haut retten.
"Reue" legt den paranoiden Unterton der amerikanischen Gesellschaft in der Zeit des Terrors bloß. Eindringliche Charaktere, brillante Beobachtungen und eine kalte Spannung der Roman manifestiert Chois Rang als eine der wichtigsten amerikanischen Autorinnen ihrer Generation.
Autorenporträt
Susan Choi ist die Autorin von American Women, das für den Pulitzer-Preis nominiert war, und The Foreign Student, das den Asian-American Literary Award für Belletristik gewann. Sie hat Stipendien der Guggenheim Foundation und des National Endowment of Arts erhalten und lebt in Brooklyn, New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2008

Ehe der Hahn kräht, wirst du uns verraten

Normalsein verboten: Susan Chois Roman "Reue" ist eine gelungene Improvisation über das Thema des Schuldigsprechens und die Gewalt einer Rhetorik des Verdachts.

Was Spannung ist, hat Alfred Hitchcock einmal am Beispiel einer Bombe erklärt: Explodiert sie im Lauf der Handlung plötzlich, wird das Publikum nur überrascht. Weiß es aber schon vorher von ihrer Existenz, muss es um das Leben der Figuren bangen, wird also bis zur Explosion auf die Folter gespannt. So gesehen, wird bei Susan Choi der Leser nicht einmal überrascht. Die amerikanische Autorin lässt die (Paket-)Bombe in ihrem Roman "Reue" schon im ersten Satz hochgehen. Macht aber nichts: Ihr Fünfhundert-Seiten-Buch hat dennoch die Qualitäten eines "Pageturners". Und das, obwohl selbst die Frage nach der Identität des Attentäters eher zweitrangig ist. Der verschickt seine Sprengsätze an Mathematiker und Programmierer im ganzen Land wie einst der "Una-Bomber" Theodore Kaczynski, nach dessen Vorbild Choi ihren "Elite-Killer" gestaltet hat. Doch "Reue" ist kein Thriller, mag sich auch der actiongeladene Schluss in Hollywood-Fahrwassern verlaufen. Sondern es ist das psychologisch subtile Porträt eines Menschen, der ganz zu Unrecht verdächtigt wird - und der dennoch schuldig ist.

Die eingangs detonierende Bombe findet zwei Opfer, beides Mathematikprofessoren an einem bedeutungslosen College irgendwo im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Ihr Adressat ist Hendley, ein aufstrebender, allseits beliebter, junger Wissenschaftler; er stirbt wenige Tage nach der Explosion. Das zweite Opfer ist Lee, Chois Hauptfigur: ein einsamer, verbitterter alter Mann asiatischer Herkunft, der die Explosion in seinem benachbarten Büro überlebt; äußerlich unverletzt, aber innerlich bis ins Mark getroffen. War doch sein einziger Gedanke, als ihn die Wucht der Explosion zu Boden warf, ein jäher Ausdruck der Genugtuung über das Ende des von ihm verachteten (und beneideten) Kollegen: "Ah, wie gut." Dass Lee danach rasch die Kontrolle über sein Leben verliert, liegt nicht nur am Schock über die jähe Einsicht in die eigenen Abgründe. Sondern auch an einem Brief, den er nach dem Anschlag erhält. Der stammt von einem ehemaligen Studienfreund, Lewis Gaither, einem Evangelikalen, dem Lee einst die (inzwischen verstorbene) Frau, Aileen, ausgespannt hat. Nach Jahrzehnten öffnet sich ihm so ein Tor zu seiner Vergangenheit, und in den Erinnerungsschüben des Helden enthüllt sich dem Leser die Tragödie von Lees gescheiterter Ehe, seiner eigentlichen Lebensschuld.

Kein Wunder also, dass es ihm nicht gelingt, in den Tagen nach dem Attentat den Erwartungen der Öffentlichkeit zu entsprechen. Dieser Mann hat einfach zu viel mit sich selbst zu tun, als dass er sich imstande fühlte, so zu trauern, wie es in der von kollektiven Ritualen beherrschten amerikanischen Gesellschaft erwartet wird - ohne zu bedenken, dass gerade das ihn verdächtig werden lässt. "Sein Verbrechen war", heißt es im Roman, "dass er nicht den äußeren Schein wahrte, obwohl er die Masken, die er hätte anlegen sollen, sogar kannte; er hätte zur Trauerfeier gehen und ein paar Tränen vergießen sollen." Das "collegeweite Programm der Trauerbewältigungsarbeit" mit eilig herbeigerufenen Trauerberatern - die eine wohlbemessene Zeit später überall Plakate mit der Aufschrift "Normalsein erlaubt" aufhängen - hält er für "scheinheilig und selbstgefällig".

Lee, dessen lautstarke Auseinandersetzungen mit Hendley offenbar jedem an der Uni noch in den Ohren dröhnen, wird von den Kollegen geschnitten, das FBI beginnt sich für ihn zu interessieren und bald auch die Medien. Am Ende muss der Mann, der nichts so sehr fürchtet, als dass das Elend seines tristen Privatlebens öffentlich werden könnte, nicht nur einen Lügendetektortest über sich ergehen lassen, sondern auch eine Hausdurchsuchung vor versammelter Nachbarschaft - eine der großartigsten und erschütterndsten Passagen des Romans. Inmitten der Trümmer seiner Existenz kommt Lee zu der Überzeugung, dass niemand anderes als sein "alter Erzfeind" Lewis Gaither hinter dem Anschlag steckt mit dem Ziel, aus später Rache Lees Leben zu ruinieren.

"Reue" ist bereits Susan Chois dritter, wie seine Vorgänger von der amerikanischen Kritik gefeierter Roman, aber erstaunlicherweise der erste, der auch auf Deutsch zu lesen ist. Choi erzählt die Tragödie ihres Helden in einer ebenso feinfühligen wie kraftvollen Sprache mit eindringlichen Bildern und mäandernden Satzkonstruktionen, die den Leser in ein Labyrinth aus peinvollen Erinnerungen, Eifersucht, Reue- und Schamgefühlen ziehen. Verblüffend ist Chois Kunst, mit der Beschreibung von Alltagsgegenständen die Seele ihres Helden zu erhellen: "Meist hing die Aktentasche praktisch leer an seiner Hand, aber sie hatte ohnehin nie der Beförderung dienen sollen. . . . Wenn seine Kollegen die Aktentasche irgendwo in der Hochschule allein auf einem Stuhl kauern sahen, dachten sie im Nachhinein, sie hätten Lee selbst gesehen." Wie in ihrem für den Pulitzer-Preis nominierten Erstling "American Woman" über die Patty-Hearst-Entführung transformiert Choi auch hier zeitgeschichtliche Ereignisse in Literatur. Neben dem Fall des Una-Bombers Kaczynski ist es vor allem der des 1999 zu Unrecht der Spionage verdächtigten kalifornischen Atomwissenschaftlers Wen Ho Lee, der ihrem Roman zugrunde liegt. Wie Wen Ho Lee wird auch Chois Lee für das FBI und die Medien "A Person of Interest", wie der Originaltitel lautet. Hier patzt die ansonsten zuverlässige Übersetzung: "Person of Interest" ist in den Verinigten Staaten ein ungleich ambivalenterer Begriff als das deutsche "ein wichtiger Zeuge"; es ist jemand, von dem die Justiz noch nicht genügend Beweise hat, um ihn offiziell als verdächtig zu erklären.

Und wie im Fall Wen Ho Lees basieren die Verdächtigungen auch bei Susan Choi (Tochter eines koreanischen Vaters und einer russisch-jüdischen Mutter) nicht zuletzt auf dem ethnischen Hintergrund ihres Helden. Lee ist in seiner Jugend aus einem nicht näher bezeichneten asiatischen Land in die Vereinigten Staaten emigriert, hat seine Herkunft rasch abgelegt, fühlt sich selbst als "echter Amerikaner". Doch für seine Umwelt sieht er so aus "wie ein kleiner alter Chinese". So hilft es Lee wenig, dass er den Lügendetektortest besteht, glaubt man doch beim FBI, "dass gewisse Personen gewisser Rassen und Kulturen dem Polygraphen gegenüber immun sind", da sie eine andere Auffassung von Wahrheit und Lüge hätten. Reue spielt irgendwann in den neunziger Jahren, aber mit seiner scharf beobachteten Xenophobie der amerikanischen Gesellschaft in Zeiten des Terrorismus, die hinter der liberalen Fassade haust, handelt es sich doch um einen Post-9/11-Roman.

OLIVER PFOHLMANN

Susan Choi: "Reue". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Annette Hahn. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 480 S., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Beeindruckt zeigt sich Oliver Pfohlmann von Susan Chois "Reue", dem dritten Roman der in den USA bereits vielgerühmten Autorin, dem ersten, der auf Deutsch vorliegt. Trotz hoher Spannung und einem actiongeladenen Schluss sieht er in dem Werk weniger einen Thriller, sondern eher eine subtile psychologische Studie über einen Menschen, den in die Jahre gekommenen Mathematikprofessor Lee, der zu Unrecht eines Verbrechens verdächtigt wird, aber in anderer Hinsicht schuldig ist. Das tödliche Attentat auf dessen Kollegen Hendley, einem jungen, beliebten Mathematiker, für den Lee Neid und Verachtung empfindet, führt bei Lee zu einer Konfrontation mit seiner Vergangenheit und seiner gescheiterten Ehe, aber auch zum Zusammbruch seines Lebens, weil er in den Tagen nach dem Attentat den Erwartungen der Öffentlichkeit nicht gerecht und schließlich von Kollegen, den Medien und dem FBI verdächtigt wird, hinter dem Anschlag zu stehen. Pfohlmann lobt die ebenso "feinfühlige" wie "kraftvolle" Sprache, in der Choi die Tragödie ihres Protagonisten erzählt, die "eindringlichen" Bilder und die "mäandernden" Satzkonstruktionen, die den Leser mit den Erinnerungen, der Eifersucht, der Reue- und Schamgefühle Lees nahebringen. Wie er abschließend anmerkt, spielt "Reue" in den neunziger Jahren. "Aber", so Pfohlmann, "mit seiner scharf beobachteten Xenophobie der amerikanischen Gesellschaft in Zeiten des Terrorismus, die hinter der liberalen Fassade haust, handelt es sich doch um einen Post-9/11-Roman."

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