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Der Großmeister der spanischen Literatur Enrique Vila-Matas schickt einen Schriftsteller und Psychiater auf die Suche nach der wahren Identität, indem er ihn in einer Art Selbstversuch von der Bildfläche verschwinden lässt. Es ist eine tiefsinnig-amüsante Reise durch die Literaturgeschichte und, en passant, eine außergewöhnliche Hommage an Robert Walser.

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Produktbeschreibung
Der Großmeister der spanischen Literatur Enrique Vila-Matas schickt einen Schriftsteller und Psychiater auf die Suche nach der wahren Identität, indem er ihn in einer Art Selbstversuch von der Bildfläche verschwinden lässt. Es ist eine tiefsinnig-amüsante Reise durch die Literaturgeschichte und, en passant, eine außergewöhnliche Hommage an Robert Walser.
Autorenporträt
Enrique Vila-Matas, 1948 geboren, lebt in Barcelona. Sein Werk wurde in fünfzehn Sprachen übersetzt. Bislang erschienen bei Nagel & Kimche die Romane "Bartleby & Co." (2001), ausgezeichnet mit dem Premio Rómulo Gallegos und dem französischen Prix du meilleur livre étranger, "Die merkwürdigen Zufälle des Lebens" (2002), "Risiken & Nebenwirkungen" (2004), ausgezeichnet mit dem Premio Herralde für den besten Roman des Jahres, dem Prix Medicis für den besten ausländischen Roman des Jahres sowie dem Kritikerpreis Spaniens, und "Paris hat kein Ende" (2005). Für "Doktor Pasavento" erhielt Vila-Matas 2006 den Premio Lara und den Premio de la Real Academia Española. 2007 wurde Vila-Matas in Frankreich zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.

Enrique Vila-Matas wurde 1948 in Barcelona geboren und ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Schriftsteller Spaniens und Lateinamerikas. Für sein Werk wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt, u.a. mit dem Premio Romulo Gallegos 2001, mit dem Kritikerpreis Spaniens, dem renommierten Prix Médicis für den besten ausländischen Roman in Frankreich und im Jahr 2014 mit dem Premio Formentor de las Letras.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.06.2008

Wie man seinen eigenen Untergang zelebriert
Gibt es Auswege aus den Labyrinthen der mit sich selbst spielenden Literatur? Der spanische Autor Enrique Vila-Matas und sein Roman „Doktor Pasavento”
Auf Schallplatten befand sich früher der Hinweis, in welcher Geschwindigkeit man sie abzuspielen habe – mit 33 oder 45 Umdrehungen. Bei Büchern fehlen derartige Bedienungsanleitungen. Dabei wären sie manchmal gar nicht unangebracht. Der neue Roman des spanischen Schriftstellers Enrique Vila-Matas etwa hätte den Sticker verdient: „Speedlektüre empfohlen!” Eine beschleunigte, leicht gehetzte Lektüre passt einfach am besten zum sich beschleunigenden Irrsinn, den Vila-Matas in „Doktor Pasavento”inszeniert.
Das Buch handelt von einem Mann auf der Flucht. Aber natürlich darf man bei Vila-Matas keinen Krimi erwarten. Seine Hauptfigur flieht im Grunde vor sich selbst, und die abenteuerlichen Schleifen und Haken des Fluchtwegs haben vor allem mit der labyrinthischen Vernetzung von Vila-Matas metaliterarischem Spiegelkabinett zu tun. In diesem Buch wimmelt es von Verweisen auf andere Bücher und Autoren. Das obsessive Verhältnis zur Literatur und der vergebliche Versuch, dieser Obsession zu entkommen, sind sein eigentliches Thema. Damit werden zugleich Motive aus Vila-Matas’ früheren Büchern fortgeschrieben. In seinem Überraschungserfolg „Bartleby & Co.” hatte der Autor von berühmten Literatur-Verweigerern oder Abbrechern wie Salinger, Hölderlin oder Robert Walser erzählt. In „Risiken & Nebenwirkungen” ging es um einen Buchbegeisterten, dessen Leben nurmehr aus literarischen Echos bestand. In „Doktor Pasavento” widmet sich Vila-Matas nun dem Verschwinden eines Autors, dessen Leben wesentlich aus literarischen Echos besteht; dem Verschwinden als literarisches Motiv; und berühmten Verschwindern der Literatur wie Thomas Pynchon, Emmanuel Bove oder Robert Walser.
Andrés Pasavento ist ein Schriftsteller aus Barcelona, dem sein wachsender Bekanntheitsgrad zunehmend auf die Nerven fällt und der deshalb beschließt unterzutauchen und künftig keine Texte mehr zu veröffentlichen, „um mir selbst die Geschichte vom zweifelhaften Verschwinden des Subjekts in unserer Kultur zu erzählen, und zwar anhand einiger Aspekte aus meiner eigenen Lebensgeschichte, als hätte man mir die gesamte Geschichte der Subjektivität der westlichen Welt injiziert und mich so weit geschult, dass ich nun selbst den Versuch wage zu verschwinden und dabei Schritt für Schritt schildere, wie ich ganz allmählich meinen Untergang zelebriere”.
Ein Parcours voller Geheimnisse
Dieser Satz ist schon ein gutes Beispiel für den etwas überspannten Ton des Buches. Man darf ihn allerdings nicht als hochtönende Absichtserklärung missverstehen. Er ist, wie zahllose andere diskursive Fetzen oder Skizzen, ein Teil des halbernsten, halbironischen und halbirren Geplauders, mit dem Pasavento von seinem zweifelhaften Rückzug aus dem Schriftsteller-Betrieb berichtet. Der Erzähler flieht zunächst nach Italien, wo er sich als Psychiater ausgibt, um einen alten Professor aufzusuchen, der den eigenen Wahnsinn nur mimt. Dann geht er nach Paris, wo er die Umgebung seines Hotels als Parcours voller Geheimnisse zu lesen beginnt. Bald reist er in die Schweiz, in der vergeblichen Hoffnung, er könne sich dort in jene Nervenheilanstalt einweisen lassen, in der einst Robert Walser, aller Literatur ledig, die letzten 23 Jahre seines Lebens verbrachte.
Später geht er zurück nach Paris, dann kurz zum Schein nach Patagonien, schließlich in eine Stadt namens Lokunowo. Dramatische Dinge geschehen bei all der Reiserei kaum. Dramatisch ist die fortschreitende Desintegration des Autoren-Ich. Pasavento spaltet zunächst im Kopf einen gewissen Doktor Pasavento von sich ab. Von nun an spuken ihm zwei Persönlichkeiten im Hirn herum. Dann beginnt er die Stimme eines aufmüpfigen Doktor Ingravallo zu hören. Und in Lokunowo, wo der Ex-Autor wahrhaftig zur Ruhe kommen und vielleicht einen Neuanfang wagen will, gibt er sich überall nur als Doktor Pynchon aus.
Natürlich nimmt man als Leser nicht wirklich Anteil an den Schreib- und Identitätsnöten des Erzählers. Alle handelnden Figuren sind nur entworfen, um als Spielbälle in Vila-Matas großer Motiv- und Referenz-Jonglage zu dienen. Als Jongleur aber leistet Vila-Matas Beachtliches. Die changierenden Identitäten, die ineinandergeblendeten Schauplätze, der nicht abreißende Strom von Zitaten, Namen, Werken – das alles hält er ordentlich in Bewegung, ohne auch nur einmal abzusetzen oder unter dem munteren Gewirbel irgendwann ächzend zusammenzubrechen. Aber wie gesagt: Mit einer zügigen Lektüre des Buches – begünstigt durch Petra Striens sehr elegante Übersetzung – kommt man dem inneren Rhythmus des Buches am nächsten.
Erst einmal richtig in Fahrt, fällt es dann auch leichter, die Lektüre über die gesamte 450-Seiten-Strecke durchzuhalten. Denn gegen Ende franst der Roman doch ziemlich aus und verstottert sich. Kein finales Verschwinden, keine letzte Identitäts-Implosion – eine Schlussvolte auf der Höhe seiner übrigen Entfesselungskünste bleibt Vila-Matas schuldig.
Viel Sorgfalt verwendet er dagegen auf die richtige Abmischung des inhaltlich komplexen Textes, der weder in ein literarisches Anekdotarium abgleiten sollte, noch in eine emphatische (aber ach so aufgewärmte) Klage gegen den „Tod des Subjekts” oder in schlichten intellektuellen Slapstick. Die Balance gelingt – das ist kein kleines Verdienst.
So hält Vila-Matas auch das existentielle autobiographische Motiv seines Buches stets im Zaum und spielt es nie in den Vordergrund: Kann es für ihn selbst einen Ausweg geben aus der augenzwinkernden, verweissatten Literatur-Literatur? Kann, wer immer davon schreibt, dass große Autoren immer schon von allem geschrieben haben, sein Vorbild- und Referenz-Universum noch einmal verlassen? Man glaubt hinter der Souveränitat, mit der Vila-Matas abermals zahlreiche Idole in die Umlaufbahn wirft, eine gewisse Ermattung gegenüber der eigenen Methode zu spüren.
Die Mühen des Verschwindens
Vielleicht würde er gerne, nach all der Zeit, einmal komplett die Richtung wechseln. Müsste er aber dazu erst komplett verschwinden, so wie es Andrés Pasavento versucht? Vila-Matas vorläufige, sehr literarische Antwort auf diese Frage folgt dem bisherigen Muster: Wer heute zu verschwinden versuchte, der dürfte dies nur noch im ironischen, verbeugungsreichen und bestimmt lächerlich scheiternden Nachvollzug der Großen tun – wie Salinger, Pynchon oder, man kann ihn nicht oft genug erwähnen: Robert Walser. MERTEN WORTHMANN
ENRIQUE VILA-MATAS: Doktor Pasavento. Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Petra Strien. Verlag Nagel & Kimche, Zürich 2007. 458 S., 24,80 Euro.
Der spanische Autor Enrique Vila-Matas Foto: Juan Barretto /ImageForum
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.08.2008

Das Verenden der Parabel

Nichtdaseinwollen als Berufskrankheit von Literaten: Enrique Vila-Matas verschwindet hinter einem dichten Geflecht aus intertextuellen Verweisen.

Von Barcelona aus, so heißt es seit dem Erscheinen seines gleichnamigen Romans, habe der katalanische Romancier Enrique Vila-Matas einen internationalen Club namens "Bartleby & Co." ins Leben gerufen. Ihm gehören, dem berühmten Lemma seines Namensgebers folgend, Schriftsteller an, die sich gleich Melvilles Schreiber dem Schreiben entziehen. Dabei blicken sie auf eine erschreckend lange Ahnengalerie zurück: von Hölderlin über Rimbaud und Hofmannsthal bis hin zu Borges und Robert Walser, dem Vila-Matas' besondere Obsession gilt.

Ein Autor allein scheint aufgrund von ungebremster Produktivität aus dem Club ausgeschlossen zu bleiben: Enrique Vila-Matas selbst. Denn seit dem Bartleby-Roman wartet er im Jahresrhythmus stets mit einem neuen Buch auf, das um schriftstellerische Berufskrankheiten kreist. Diesen hat er inzwischen eine ganze Romantrilogie gewidmet. Komplementär zum Bartleby-Syndrom tritt "Die Montanosche Krankheit" auf (El mal de Montano, der 2002 erschienene zweite Trilogieteil): eine zum Delirium gesteigerte Liebe zur Literatur, verbunden mit Realitätsschwund und Schreibunfähigkeit, benannt nach dem Helden des Romans, selbst Autor eines Buches über schreibunlustige Schriftsteller. "Literatose" hat der Argentinier Juan Carlos Onetti diese Wahrnehmungsstörung auch einmal genannt.

Als letzte Stufe der Psychopathologia litteralis tritt, wie Vila-Matas nun in einem weiteren Roman darlegt, das "Pasavento-Syndrom" auf. Es äußert sich darin, dass ein zu Ruhm und Ehren gekommener Schriftsteller eine unbändige Sehnsucht nach dem Verschwinden empfindet: endlich nicht mehr er selbst zu sein, endlich nicht mehr erkennbar, sichtbar, auf Buchsignierungen ansprechbar. Seinen Namen erhielt dieses Leiden von dem in zahllose Sprachen übersetzten Erfolgsautor Andrés Pasavento, zugleich Ich-Erzähler des Romans "Doktor Pasavento". Auf einer Zugreise zu einem Vortrag in Sevilla überfällt ihn das unbändige Bedürfnis, als verschollen zu gelten. Als am Bahnsteig der dort wartende Abholer einen anderen Fahrgast mit dem Vortragenden verwechselt, nutzt Pasavento seine Chance: Er geht einfach unerkannt weiter - und verschwindet.

Allerdings äußert sich der absichtliche Abschied von der Welt bei ihm ganz anders als bei den illustren Vorbildern dieser Form der literarischen Verschwindsucht: Pasavento nämlich setzt sich nicht wie Rimbaud nach Afrika ab; zieht sich nicht, gleich seinem Idol Walser, in die Einsamkeit einer Heilanstalt zurück. Vielmehr nimmt er lediglich eine fiktive Identität an - die des pensionierten Psychiaters Doktor Pasavento aus der New Yorker Bronx, der mit Robert de Niro die Schulbank gedrückt haben will. Zuweilen auch verwandelt er sich in die Figur des gestrengen Doktors Ingravallo, der seinem Kollegen Pasavento eindringlich ins Gewissen redet.

Zwar lockt Pasavento seine Bekannten, Freunde und Verehrer in die Irre, indem er Abschiedsmails mit erfundenen Berichten aus Patagonien verfasst. In Wirklichkeit aber hält er sich gerade irgendwo im alten Europa auf und überprüft gierig seinen Maileingangskorb, ob denn schon jemand geantwortet hat. Noch dazu an Orten, die zentrale Schauplätze seines vergangenen Lebens und daher für ein Verschwinden gänzlich ungeeignet sind: Neapel, wo er selbst lange gelebt und gearbeitet hat; ein Hotel in der Pariser Rue Vaneau, wo sein französischer Verlag seine Autoren bei Lesereisen einzuquartieren pflegt; oder Basel und Sankt Gallen, wo die befreundete Schweizer Romanistin Yvette Sánchez ihn, ein literarisches Spiel witternd, dem Publikum in seiner neuen medizinischen Ingravallo-Identität präsentiert und schließlich an seinen obsessiven Wallfahrtsort geleitet: die Klinik von Herisau, Schauplatz der letzten Lebensjahre Robert Walsers, dieses exemplarisch verschwundenen Bartlebys.

An all diesen Orten heischt Pasavento narzisstisch nach dem Erkanntwerden und der Bestätigung durch eine Welt, die ihm durch alarmierte Nachforschungen zu verstehen geben soll, dass sein Verschwinden ein unersetzlicher Schaden ist. Vergeblich. Niemand scheint sein Fehlen überhaupt zu bemerken. Enttäuscht zieht der Verschollene sich schließlich in eine fiktive Exkolonie namens Lokunowo zurück und gibt sich dort als der pensionierte Psychiater "Doktor Pynchon" aus - in der Hoffnung, schließlich von einem Kollegen oder Journalisten als der geheimnisumwitterte Romancier Thomas Pynchon enttarnt zu werden. Auch wenn ihm das schließlich gelingt, bleibt der Triumph des Alter Ego über das wahre Ich jedoch ein freudloser: Ein anderer führt nun für ihn sein Leben.

Was die Irrfahrten jenes "Doktor Windvertreib" (wie man den Namen Pasaventos auf deutsch wiedergeben könnte) so verwirrend macht, ist Pasaventos frappierende Ähnlichkeit mit dem Autor Vila-Matas. Dominiert wird die Handlung nämlich von Figuren aus dessen realem Umfeld: Schriftstellerkollegen wie Martínez de Pisón, Atxaga oder Lobo Antunes; Vila-Matas' (und Pasaventos) französischer Verleger Christian Bourgois oder die reale Schweizer Professoren-Freundin Yvette Sánchez, die Vila-Matas zu einem höchst realen Symposion geladen hat, wo er aber, abweichend vom Roman, nicht auftrat, da er plötzlich verschwunden war (wie der Autor dieser Rezension, da selbst einer der Vortragenden, glaubwürdig bezeugen kann).

Doch diese biographischen Parallelen und die damit verbundene Deutungsdimension sind ein vom Autor perfide inszenierter Irrweg. In Wahrheit nämlich täuscht die vermeintliche Identifikation nur über die zunehmende Distanzierung des Autors von den immer grotesker und psychotischer werdenden Wesenszügen seines vom Winde verdoktorten Helden hinweg. Schleichend entwickelt sich der Roman zur Krankheitsgeschichte eines paranoiden Literaten, dessen heimliche Hauptangst darin besteht, selbst nicht real, selbst nur Fiktion zu sein: Erfindung eines Schriftstellers, der sich hinter einem von ihm selbst geschaffenen Alter Ego selbst zum Verschwinden bringt und, um von sich selbst abzulenken, dafür ein unermessliches Verweisungsgeflecht auf Texte anderer Autoren entspinnt.

Indem er die Literatur selbst zum Medium des Verschwindens macht, durchbricht Vila-Matas hier die angestammten Grenzen der Romangattung. Die wahren Schauplätze seines Buches sind die Bücher, und seine Helden deren Autoren. Montaigne, Walser, Pynchon und Joseph Roth reißen zusehends die Handlung an sich. All dies führt der Roman mit einem eleganten Registerreichtum vor, der für Literaturtheoretiker ein unerschöpfliches Feld neuer Entdeckungen bietet. So könnte man "Doktor Pasavento" auch als literaturhistorische Abhandlung in fiktionaler Form lesen. Kurz: Die Literatur ist hier zu einer reinen Meta-Ware geworden.

Angesichts solch autoreferentieller Opulenz drängt sich allerdings immer wieder eine bange Frage auf: Was über klinische Studien und Selbsthilfegruppen hinaus eine Literatose grundlegend beschreibungswürdiger macht als andere Berufskrankheiten wie Asbestosen, Silikosen, Schwielen und Rundrücken? Anders als bei diesen ergibt sich zudem ein nicht zu vernachlässigendes Ansteckungsrisiko: die Gefahr, dass der Erreger des Bartleby-Syndroms unversehens seinen Wirt wechselt und vom Schreiber auf den Leser überspringt. Und dass dieser der über fast fünfhundert Seiten sprudelnden Literrhoe schließlich das Motto des Melvilleschen Helden entgegensetzt: "Ich möchte lieber nicht."

FLORIAN BORCHMEYER

Enrique Vila-Matas: "Doktor Pasavento". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Petra Strien. Verlag Nagel & Kimche, Zürich 2007. 459 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

An "Kathedralen der Metaliteratur" baut der spanische Schriftsteller Enrique Vila-Matas, zitiert die Rezensentin Margrit Klingler-Clavijo ein Urteil von dessen spanischem Verleger. Da kann sie nicht widersprechen und macht auch aus ihrer Bewunderung für das artistische Können des Autors keinen Hehl. Wieder einmal stehe in diesem Roman einer der typischen "melancholischen Einzelgänger" im Zentrum, ein älterer Schriftsteller ohne großen Erfolg. Dieser ist ohne klares Ziel in ganz Europa unterwegs, mit verschiedenen Masken und unter verschiedenen Namen - von Doktor Pasavento bis Doktor Pynchon - und einen nicht gerade geringen Teil abendländischer Literaturgeschichte hat er auch im Gepäck. Besonders wichtig ist dabei Robert Walser, auf dessen Spuren sich Pasavento in mehr als einer Hinsicht begibt. "Raffiniert" findet die Rezensentin das alles, staunt über die "brillante Akrobatik" des Autors und nur manchmal werde der "Parcours durch die Weltliteratur" dann doch ein klein wenig "strapaziös".

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