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Noch im Jahr 1875 prangte auf den Weltkarten ein riesiger weißer Fleck - der Kongo, neben den Polarregionen das letzte noch unerforschte Gebiet der Erde. 1902 beschrieb Joseph Conrad es als"Herz der Finsternis", als mythischen Ort extremster Erfahrung. In den Jahren dazwischen bereisten Forscher und Abenteurer den Kongo. Einige ihrer eindrücklichsten Beobachtungen und Erlebnisse sind hier in Auszügen versammelt.

Produktbeschreibung
Noch im Jahr 1875 prangte auf den Weltkarten ein riesiger weißer Fleck - der Kongo, neben den Polarregionen das letzte noch unerforschte Gebiet der Erde. 1902 beschrieb Joseph Conrad es als"Herz der Finsternis", als mythischen Ort extremster Erfahrung. In den Jahren dazwischen bereisten Forscher und Abenteurer den Kongo. Einige ihrer eindrücklichsten Beobachtungen und Erlebnisse sind hier in Auszügen versammelt.
Autorenporträt
Thomas Ehrsam, geboren 1954, leitet die Bibliothek der Museumsgesellschaft Zürich. Er promovierte über Gottfried Benn und gab zuletzt (zus. mit R. Wyss) die Tagebücher von Thea Sternheim (2002) und ihren Briefwechsel mit Gottfried Benn (2004) heraus.

Kurt Horlacher, geboren 1937, war bis zu seiner Pensionierung Hauptlehrer für Englisch an der Kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene in Zürich.

Margrit Puhan-Schaub ist Übersetzerin und arbeitete viele Jahre als Bibliothekarin in Kanada und Zürich.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.06.2007

Gefilterte Details
Wer isst hier Menschenfleisch? – Ein Sammelband über die Entdeckung des Kongo
Im Auftrag einer großen deutschen Wochenzeitung reiste der Schriftsteller Hans Christoph Buch von 1995 bis 1997 immer wieder ins Grenzgebiet zwischen Ruanda und Zaire, dem heutigen Kongo, um über jene kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Hutus und Tutsis zu berichten, die später mit Begriffen wie „Massaker” und „Genozid” bedacht wurden. Hierfür entwickelte Buch einen Schreibstil, der Nähe und Ferne zugleich vermittelt. Er notiert noch das kleinste Detail, versammelt Staub, Kot und blutbefleckte Turnschuhe, abgeschlagene Gliedmaßen, Verwesungsgerüche oder den Kalk, der über die Leichen in den Massengräbern gestreut wird. Er realisiert dies jedoch in einer Sprache, die sich mittels Fragen, Listen oder minutiöser Beschreibungen Distanz gegenüber den Einzelheiten verschaffen will. Ein reflektiertes Vorgehen, auch wenn ein sicherer Beobachtungspunkt niemals zu erlangen ist.
Lange Zeit war der Kongo unerforscht. Ein Terrain von der Größe Westeuropas, der Dschungel durchzogen von Bergen, dazwischen der Strom mit seinen Stromschnellen und Katarakten – die europäischen Händler wussten, warum sie sich Sklaven und Elfenbein von Afrikanern an die Küste bringen ließen.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchquerte der Brite Henry Morton Stanley den Kongo von Ost nach West. Seine Kenntnisse machte sich bald schon der belgische König Leopold II. zu Nutze. Über ein ausgeklügeltes System falscher Versprechungen schaffte er es, den Kongo gleichsam zu seinem Privatbesitz zu erklären und gnadenlos auszubeuten.
Ohne das Engagement einiger Philanthropen wie Edmund Dene Morel hätte der König seinen privaten „Freistaat” vielleicht nie aufgegeben und der belgische Staat das Gebiet nicht übernommen. Seither gilt der Kongo als Musterbeispiel für die Folgen des Kolonialismus, wie Hans Christoph Buch in seinem flankierenden Essay schreibt: „Korruption und Gewalt, gepaart mit Stammesdenken und menschenverachtender Brutalität.”
Das alles kann man jetzt nachlesen in einem schmalen Band, der Originaltexte zur Erforschung des Kongo versammelt. Die Museumsgesellschaft Zürich hat ihre historischen Bestände gesichtet und dabei zahllose, teils unbekannte, teils vergessene Texte zu verschiedenen Themen entdeckt. Die ausgewählten Materialien werden von nun an in einer eigenen Reihe veröffentlicht.
Ein kluger Zug ist es, die Quellen mit einem dokumentarischen Vorwort und dem Essay eines Schriftstellers zu versehen, denn ohne Einordnung stünden die Texte – Reiseberichte, Botanisches, Mitschnitte von Konferenzen – ein wenig hilflos im Raum. Doch so unterschiedlich die Quellen auch sein mögen, sie vermitteln einen Eindruck von der Erschließung des Kongo.
Allerdings verwundert es ein bisschen, wenn der Herausgeber in seinem Vorwort vom „frischen Blick” der Autoren schwärmt: „Das Fremde wird noch als fremd erfahren, noch hat sich kein Filter aus unzähligen Bildern und Berichten über die Wahrnehmung gelegt”. Zwar verfügen manche Schilderungen über eine Detailgenauigkeit, die Hans Christoph Buch gefallen dürfte, doch die Rhetorik des Exotischen oder die Raster von Eigen-Fremd und Wild-Zivilisiert gehören schon hier zum Grundbestand des Schreibens. Zugleich glaubten die Autoren, als Weiße und Vertreter Europas immer ihren sicheren Standpunkt zu haben. Umso überraschender sind die wenigen Ausnahmen, der britische Forscher Harry Hamilton Johnston etwa, der 1883 seine Reise durch den Kongo begann. Als er einmal in einem Dorf Halt macht, fragt er die Einwohner, ob sie denn Menschenfleisch äßen: „Zuerst verstanden sie mich nicht völlig, aber dann wiesen sie die Frage mit einem emphatischen ,Nein, nein, nein‘ zurück und ließen die schüchterne Frage folgen ,Und ihr?‘” NICO BLEUTGE
THOMAS EHRSAM u. a. (Hrsg.): Der weiße Fleck. Die Entdeckung des Kongo 1875-1908. Mit einem Essay von Hans Christoph Buch. Verlag Nagel & Kimche, Zürich 2006. 167 Seiten, 15,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fasziniert ist Rezensent Nico Bleutge von diesem Band, der Texte zur Geschichte der Entdeckung des Kongos im 19. Jahrhundert von verschiedenen Autoren der Zeit versammelt. Ohne den Kommentar von Hans Christian Buch wirkten die Reiseberichte, botanische Studien oder Konferenzprotokolle, die allesamt aus dem historischen Bestand der Museumsgesellschaft Zürich stammen, allzu disparat, so aber ergebe sich ein sprechendes Bild der Entdeckungsgeschichte des afrikanischen Landes, lobt der Rezensent. Befremdlich allerdings findet er es, dass Buch in seinem Einführungsessay ausgerechnet den "frischen Blick" der Autoren auf den fremden Kontinent besingt, denn Bleutge sieht hier überwiegend, mit raren Ausnahmen, die überhebliche Kolonialherrenperspektive und die Topoi des Exotismus vorherrschen.

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