Marktplatzangebote
12 Angebote ab € 1,50 €
  • Gebundenes Buch

Eines Morgens werden die beiden Söhne aus der Schule gerufen: Der Vater ist tot. Er wurde mitten aus dem Leben gerissen, sein Tod bringt die Familie an den Rand des Abgrunds. Er hinterlässt nichts außer etwas Geld im Portmonnaie, ein paar Möbel und einer lächerlichen Pension. Wie aber soll die Mutter ihre 4 Kinder durchbringen? Mit Energie und Entschiedenheit nimmt sie die Zügel in die Hand, doch jedes Kind wird seinen eigenen Weg gehen ...

Produktbeschreibung
Eines Morgens werden die beiden Söhne aus der Schule gerufen: Der Vater ist tot. Er wurde mitten aus dem Leben gerissen, sein Tod bringt die Familie an den Rand des Abgrunds. Er hinterlässt nichts außer etwas Geld im Portmonnaie, ein paar Möbel und einer lächerlichen Pension. Wie aber soll die Mutter ihre 4 Kinder durchbringen? Mit Energie und Entschiedenheit nimmt sie die Zügel in die Hand, doch jedes Kind wird seinen eigenen Weg gehen ...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000

Geh' niemals mit dem Bruder zur Nilbrücke!
Ein früher Roman von Nagib Machfus / Von Stefan Weidner

Nagib Machfus, der ägyptische Nobelpreisträger, ist ein moralisierender, ein konservativer Schriftsteller. Ein Ikonoklast war er nicht, dafür ein Neuerer in Sprache und Stil: Er wandelte das von klassischen Vorbildern dominierte Hocharabisch in ein natürlich klingendes Idiom um, in dem fortan auch die soziale Realität geschildert werden konnte. Während in den vierziger Jahren die arabische Literatur noch im Bann von Neoklassizismus und Romantik stand, schrieb Machfus im naturalistischen, gern mit Zola verglichenen Stil breit angelegte Romane über die Umbrüche im kleinbürgerlichen Kairo. Fällt aber, wie meist selbst im Zuge der besten Übersetzung unvermeidlich, der einst innovative sprachliche Aspekt fort, so bleibt von Machfus' realistischen Romanen häufig nicht mehr als eine wenig originelle Geschichte.

Eine dieser Geschichten lautet so: Der plötzliche Tod des Vaters wirft eine Familie der unteren Mittelklasse auf das Existenzminimum zurück. Die kleinbürgerlichen Ambitionen werden noch eine Weile beibehalten, unter Entbehrungen machen die beiden jüngeren Söhne Abitur, der jüngste, Hassanein, studiert sogar, die Schwester aber, kein sehr hübsches Mädchen, arbeitet schon nicht mehr standesgemäß als Näherin außer Haus, der älteste Sohn wird zum Kleinkriminellen. Bleibt der Schein zunächst gewahrt, so wuchern doch auf dem mit dem Vatertod verwilderten kleinbürgerlichen Humus die Süchte der modernen Welt und verschonen nur die Mutter und den zweiten, sich ebenfalls für die Familie aufopfernden Sohn.

Als die Tochter in die Prostitution abdriftet, treibt der jüngste Sohn sie in den Selbstmord. Was die Cover ägyptischer Taschenbuchausgaben der Machfusschen Romane - wehende Mähnen verzückt schauender Blondinen vor apokalyptisch finsterem Hintergrund - an Kolportage erwarten lassen, man findet es hier. Viel wird geweint bei Abschieden, viel der Aufopferungsbereitschaft der Mutter gedacht und über die Schlechtigkeit der Welt draußen geklagt - bis dann, jäh, das Böse sich im Binnenraum der Familie eingenistet hat. Doch kurz bevor man das Buch kopfschüttelnd beiseite legen will, geht Machfus tiefer, lotet die einfach angelegten Figuren mit der ganzen ihnen möglichen Ambivalenz aus, macht aus den Typen Charaktere. Was Hassanein durch den Kopf geht, wenn er seine Schwester zur Nilbrücke führt, von der sie sich stürzen soll, ist alles, was man in einem solchen Moment empfinden kann, Wut, Reue, Haß, Trauer und Verzweiflung, die ihm schließlich suggeriert, am mutigsten sei es, hinterherzuspringen. Das Ende ist so abrupt und unversöhnlich, wie es dieser Freitod wäre, den Hassanein vielleicht begeht; Machfus läßt es offen.

Soziale Mobilität ist selbst bei konservativen abendländischen Autoren die Geburtshelferin des modernen Romans. Die Helden Balzacs und Stendhals werden getrieben davon; ihr Scheitern ist ihre Größe, ihr Streben ihre Apotheose, in welcher Gosse es auch endet. Hassanein, dem Helden in "Anfang und Ende", bleibt diese Apotheose versagt. Seine Ambitionen auf eine Karriere als Offizier werden nur aus größter Distanz als zerstörerisch hingestellt, als bestehe Ansteckungsgefahr. Machfus' und seines Lesers Sympathien liegen bei denen, deren Ego klein ist. Der Ehrgeiz, der in Europa heroisch erschien, stellt sich bei dem Ägypter von seiner Kehrseite dar, und das hat, sosehr einen das damit einhergehende Lob des Kleinmuts aufregen mag, auch einen nachdenklich machenden Reiz.

In Machfus' Spätwerk, besonders in dem 1998 auf deutsch erschienenen Roman "Die Nacht der tausend Nächte", hat sich der moralische Ton zur positiven, die Welt wieder verzaubernden Kraft geläutert. Die islamische Ethik, zumal der Sufismus, präsentieren sich da aufs schönste, märchenhaft. Von heute und vom Westen aus gesehen, bietet dieser späte Machfus mehr. In welcher Grundhaltung zu den Umbrüchen der Moderne dieses Mehr wurzelt, erfährt man aber nur hier in diesem frühen Roman; und zwar, wie ja meist bei Machfus, auf durchaus kurzweilige Art.

Nagib Machfus: "Anfang und Ende". Roman. Aus dem Arabischen übersetzt von Doris Kilias. Unionsverlag, Zürich 2000. 379 S., geb., 39,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2013

NEUE TASCHENBÜCHER
Von der Würde
des Daseins
Wenn man sich die Ereignisse der jüngsten, turbulenten Zeit in Ägypten vor Augen führt, muss einem dieser Familienroman aus dem Kairo der Vierzigerjahre anachronistisch vorkommen, altväterlich, auch ein wenig zeitlos besserwisserisch. Und doch ist es ein kluges und in seiner Lakonie wunderbar poetisches Buch, eine zärtlich selbstkritische Erzählung über die Möglichkeiten eines anständigen Lebens in einer unanständigen, entgrenzten Stadt. Die beiden Brüder sind Kinder, als sie ihren geliebten Vater verlieren, die Mutter will sie auf einen redlichen Lebensweg bringen, aber das gelingt nur zur Hälfte. Der gute Ruf ist das Einzige, was sie haben; Geld hat der Vater nicht hinterlassen, mit der Verwandtschaft vom Lande hat man schon vor Jahren gebrochen. Die Würde zu behalten, darum geht es hier. Wie kann man sich als Mensch behaupten in einer Welt des Umbruchs, der existenziellen Unsicherheit, der Enge, der Schutzlosigkeit?
  Nagib Machfus erzählt zwischen allen Details und um sie herum fast beiläufig vom Kern des Daseins, von den wesentlichen Bedingungen, auf die man selber, noch in der größten Armut, den größten Einfluss hat.  HELMUT MAURÓ
Nagib Machfus:
Anfang und Ende.
Roman. Aus dem
Arabischen von Doris Kilias. Unionsverlag, Zürich 2013. 381 Seiten,
12,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erdmute Heller geht in ihrer Rezension zunächst auf die Entwicklung des Romans in Ägypten ein und berücksichtigt dabei insbesondere die Hinwendung des Autors zum realistischen Roman, die für seine frühe Zeit, in der auch der vorliegende Roman entstand, von Bedeutung war. Die Stärke der frühen Romane Machfus sieht die Rezensentin vor allem darin, dass er die ägyptische Gesellschaft "in tiefer sozialer, psychologischer und politischer Krise" zeigt. Dies sein insofern ungewöhnlich, als dass bis dahin das Schicksal der Benachteiligten in Ägypten "unter dem Deckmantel der Moral, Religion und der Heuchelei verschwiegen worden war". Zwar hält Heller diesen Roman nicht für den stärksten des Autors. Jedoch betrachtet sie dieses Buch (wie auch die "Midaq-Gasse") als frühe Probe für seine Kairo-Trilogie, "mit der Machfus die realistische Phase seines literarischen Schaffens abgeschlossen hat".

© Perlentaucher Medien GmbH