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Du sagst es   (Restauflage) - Palmen, Connie
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Sylvia Plath und Ted Hughes sind das berühmteste Liebespaar der modernen Literatur - und das tragischste: Denn nach Sylvias Suizid im Jahr 1963 galt sie als Märtyrerin, hingegen ihr Mann als Verräter - eine Schuldzuweisung, zu der er sich zeitlebens nie äußerte. In dieser fiktiven Autobiographie bricht er sein Schweigen. Palmen lässt ihn auf seine leidenschaftliche Ehe zurückblicken und eine Liebe neu beschreiben.

Produktbeschreibung
Sylvia Plath und Ted Hughes sind das berühmteste Liebespaar der modernen Literatur - und das tragischste: Denn nach Sylvias Suizid im Jahr 1963 galt sie als Märtyrerin, hingegen ihr Mann als Verräter - eine Schuldzuweisung, zu der er sich zeitlebens nie äußerte. In dieser fiktiven Autobiographie bricht er sein Schweigen. Palmen lässt ihn auf seine leidenschaftliche Ehe zurückblicken und eine Liebe neu beschreiben.
Autorenporträt
Connie Palmen, geboren 1955, studierte Philosophie und Niederländische Literatur und lebt in Amsterdam. Ihr erster Roman 'Die Gesetze' erschien 1991 und wurde gleich ein internationaler Bestseller. Sie erhielt für ihre Werke zahlreiche Auszeichnungen, z. B. den renommierten AKO-Literaturpreis für den Roman 'Die Freundschaft' und den Libro Literaturpreis 2016 für 'Du sagst es'.
Rezensionen
Steinerne Zunge

Connie Palmenimaginiert die
Beziehung zwischen
Sylvia Plath und Ted Hughes

Vor schnaubenden Kühen auf der Weide rezitierte sie aus vollem Halse die mittelenglischen Verse von Chaucers lebenslustiger Wife of Bath, und er war hingerissen von so viel souverän demonstrierter Belesenheit und feurigem Temperament. Sylvia Plath und Ted Hughes waren wild verliebte Mitstreiter und nicht etwa Konkurrenten. Voller Stolz auf seine bildstarken Tiergedichte verschickt sie seine Manuskripte – von ihr selbst getippt – an Zeitungen und Verlage und fiel ihm vor Freude um den Hals, wenn sie angenommen und gedruckt wurden. Dabei schien ihr gar nicht aufzufallen, dass sich niemand für ihre eigenen Texte interessierte. Sylvia Plath engagierte sich als seine stolze Literaturagentin, Ted Hughes hingegen sah seine Rolle als sanft lenkender Mentor, der ihre Arbeit kritisch und lobend begleitet.

  Jede Liebesbeziehung ist schwierig. Die hyperehrgeizige Perfektionistin Plath aber wollte alles: neben dem attraktiven und scharfsinnigen Mann, den sie heiß begehrte und auf den sie unendlich stolz war, Studium, Schreiben (auch und unbedingt Ruhm!), Steak und Babys. Das Steak sollte für eine gemütliche und komfortable Häuslichkeit stehen. Doch irgendwie geriet die Reihenfolge durcheinander, und die Babys kamen vor dem Steak. Als mit den beiden kleinen Kindern aus der erotisch-geistigen Beziehung auch noch eine häusliche Wirtschaftsgemeinschaft wurde, fern von London auf dem Land, brach sie recht schnell auseinander. Woran genau sind die beiden gescheitert? Lag die Ursache in Hughes’ erotischem Freibeutertum, oder trieb ihn der manische Besitzanspruch der Plath in die runden Arme von Assia Wevill und anderen Frauen? „Aus dem kuhhaften Glück der Mutterschaft in die Einsamkeit katapultiert“, schreibt die verlassene Sylvia Plath in einem Brief an ihre Mutter, vermutlich einem der letzten. In dem extrem kalten englischen Winter im Jahr 1963 setzt sie ihrem Leben ein Ende, indem sie ihren Kopf in den Backofen steckt. Viele Jahrzehnte schien die Täter-Opfer-Konstellation des Paares in der Öffentlichkeit sehr eindeutig, nicht nur für Feministinnen, zumal Ted Hughes lange zu den teilweise wütenden Anfeindungen beharrlich schwieg.

  Ein Leben erzählen heißt ein Leben deuten, und dies gilt erst recht für zwei Dichter, die auf ihren Nachruhm hin dichteten und ihr eigenes Leben gedeutet haben, um es in Dichtung zu verwandeln. Der biografische Hintergrund zeigt sich sehr deutlich in Plaths farbiger, manchmal auch grell glühender Bekenntnislyrik, bei Ted Hughes so explizit erst in seinem Gedichtband „Birthday Letters“, die 35 Jahre nach ihrem Tod den Dialog suchen und in denen er in einer verdichteten und bilderreichen Sprache ihre Beziehung erzählt und deutet.

  Nun gibt es noch eine weitere Deutung der Beziehung: den Roman der niederländischen Autorin Connie Palmen, die dafür dem lange verfemten Ted Hughes eine Stimme gegeben hat. „Du sagst es“ heißt er. Dazu befragt, warum sie die Sicht des Mannes gewählt hat, sagt Connie Palmen: „Ich wollte fühlen, wie es ist, ein Judas zu sein . . . Den Verrat nachzuempfinden, statt den Verrat zu beschreiben.“ Dabei spielt sie auch mit der Bedeutung des Wortes „Verrat“ im Sinne von Enthüllung. Kapitel im 265-Seiten-Roman gibt es nicht; Palmen zieht den Leser in einen atemlosen Sog vom ersten Kennenlernen der Studenten in Cambridge über ihre heimliche Heirat bis zur Trennung und zu seinem Leben nach ihrem Tod, der ihn mit zwei kleinen Kindern allein zurückließ. Es ist ein Monolog aus farbigen Schilderungen und Reflexionen, der nicht durchgängig der Chronologie der Ereignisse folgt.

  In dem gelassenen und auch zärtlichen Ton, mit dem Connie Palmen den toten Ted Hughes sprechen lässt, hört man den berührend loyalen Ton seiner „Birthday Letters“ heraus. Diese Ruhe, Kraft und innere Abgeklärtheit ist sicher mit der zeitlichen Distanz zum Selbstmord zu erklären. In anderen Quellen stößt man auf eine kritischere Einschätzung der manisch-depressiven Persönlichkeit von Sylvia Plath, deren Freundlichkeit abrupt in eine vereiste Feindseligkeit umschlagen konnte. Offensichtlich hat sie auch mit ihrem Besitzanspruch gegenüber ihrem Mann viele vor den Kopf gestoßen. Hughes’ Kritik dagegen richtet sich nur sehr selten gegen die Person, sondern gegen den unechten Ton ihrer frühen Verse. Schon ganz zu Beginn ihrer fruchtbaren Arbeitsbeziehung riet er ihr, ihren Zorn zuzulassen und kreativ zu nutzen: „Ihre steinerne Zunge sollte im Versmaß ihrer Seele tanzen können, der schwarzen Seele, vor der sie – zu Recht – Angst hatte“, heißt es in „Du sagst es“. Dabei war ihm klar, dass er in ihr auch seine eigenen Dämonen wiederfand.

  Ted Hughes und Sylvia Plath haben sich in ihrer literarischen Arbeit fortwährend aufeinander bezogen, indem sie Bilder und Motive des anderen aufgriffen und in ihr eigenes Werk einfließen ließen. „Zungen aus Stein“ heißt eine autobiografisch gefärbte Erzählung von Sylvia Plath, in der eine suizidal gefährdete junge Frau ihre Entfremdung von der Welt schildert – und Zungen aus Stein haben in ihrer verzerrten Wahrnehmung die Spitalschwestern und Mitpatientinnen ihrer Umgebung – nicht etwa sie selbst. Tatsächlich war die literarische Beziehung zwischen den beiden buchstäblich ein Dialog, denn Sylvia Plath hatte die Gewohnheit, Hughes’ Manuskripte auf der Rückseite mit ihren eigenen Texten zu beschriften. Das erzählende Ich der Connie Palmen greift dieses Palimpsest-Motiv auf: „(. . .) um den Anspruch auf meine Version unserer Liebe geltend zu machen, meine Erinnerungen als rechtmäßiges Eigentum zurückzufordern, und die poetische Version ihrer Geschichte wie ein Echo durch die meine hindurchschimmern zu lassen“.

  Das Attribut „poetisch“ ist ja oft schnell bei der Hand. Aber was genau will es sagen? Vielleicht dies: Es ist der Versuch, „Wahrheit“ oder „Wirklichkeit“ in einem Bild, einer Metapher zu verdichten. Connie Palmen wollte sich die poetische Sprache von Hughes anverwandeln. Manchmal habe sie während ihrer Arbeit an diesem Roman kichern müssen, sagt sie, weil die Diskrepanz zu der Lakonie ihrer anderen Büchern so groß sei.

EVA SCHÄFERS

Das Dichterpaar wollte alles:
Liebe, Glück und Ruhm – doch
die Reihenfolge war verkehrt

      
    
    
Connie Palmen:
Du sagst es. Roman.
Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers.
Diogenes Verlag, Zürich 2016. 288 Seiten, 22 Euro. E-Book 18,99 Euro.

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