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Der heiße Wunsch, einmal ganz viel Geld zu gewinnen, treibt Joey immer wieder auf die Rennbahn. Pferdewetten sind sein Lebensinhalt, was er allerdings vor seiner Frau zu verheimlichen sucht. Wenn er nur erst seine Wettschulden los wäre, so denkt er, könnte er etwas Geld auf die Seite legen, als Anzahlung für ein Haus in einer anständigen Gegend. Dann könnte seine Frau Maureen endlich ihrer besten Freundin Leslie mit dem topverdienenden Gatten das Wasser reichen. Aber Joey hat kein Glück: Er verliert seinen Job, seine Wettschulden wachsen in den Himmel, die Gläubiger werden mehr und die…mehr

Produktbeschreibung
Der heiße Wunsch, einmal ganz viel Geld zu gewinnen, treibt Joey immer wieder auf die Rennbahn. Pferdewetten sind sein Lebensinhalt, was er allerdings vor seiner Frau zu verheimlichen sucht. Wenn er nur erst seine Wettschulden los wäre, so denkt er, könnte er etwas Geld auf die Seite legen, als Anzahlung für ein Haus in einer anständigen Gegend. Dann könnte seine Frau Maureen endlich ihrer besten Freundin Leslie mit dem topverdienenden Gatten das Wasser reichen. Aber Joey hat kein Glück: Er verliert seinen Job, seine Wettschulden wachsen in den Himmel, die Gläubiger werden mehr und die Geldeintreiber entschieden unfreundlicher. Da reift in ihm ein teuflischer Plan...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2001

Ein Winter in New York
Schweigen als Domäne: Jason Starrs Figuren leiden, leiden, leiden

"Alle saßen sie nur da, aßen Schokoladenkuchen, tranken Kaffee und sagten kein Wort. Wenn doch nur jeder Abend bei den Sussmans so wäre, dachte Joey."

Selbstverständlich ist nicht jeder Abend bei den Sussmans so. Leslie und David sind dabei, einander endgültig zu verlieren, falls sie einander denn je hatten, Maureen glaubt, Gott gefunden zu haben, Joey merkt nicht einmal, daß er etwas verloren hat. Damit sind diese vier in Jason Starrs Roman "Die letzte Wette" noch gar nicht mal schlecht davongekommen. Andere trifft es härter: Amy und Billy haben ihr Leben eingebüßt, Jessica ihre Kindheit.

Verluste sind das große Thema in diesem Drama um einen Winter in New York. Verluste auf der Pferderennbahn und immer höhere Schulden treiben Joey, den krankhaften Spieler und Gelegenheitsdieb, zu einem verzweifelten Plan. Der Verlust an Perspektiven treibt Maureen, Joeys Ehefrau, die sich ein Kind wünscht, immer mehr in einen umfassenden Fatalismus. Der Verlust an Würde bringt Leslie, die mit sechzehn gerade noch von ihrer Anorexie geheilt werden konnte, dazu, David zu hassen und erneut der Magersucht zu verfallen. Der Verlust von einigen Gehirnzellen nach einem Autounfall führt dazu, daß Billy zeitweise nicht mehr klar denken kann und unberechenbar wird. Der Verlust ihres Liebhabers läßt Amy, die als Grafikerin für David nicht nur dienstliche Überstunden gemacht hat, zu immer drastischeren Mitteln bis hin zur Erpressung greifen.

Der Erzähler führt dem Leser die Personen der Handlung Schritt für Schritt vor, zeichnet ihre Vorgeschichte nach und macht ihre jeweiligen Motive erkennbar. Joey wird nicht sympathischer, wenn man auch ihn als Opfer von Geldeintreibern sieht, aber man kann seine verzweifelten Pläne verstehen. Leslie gewinnt keine Dimension hinzu, wenn sie sich Kekse in den Mund stopft und sofort darauf auf die Toilette eilt, um die Kalorienbomben wieder zu erbrechen, aber als Gestalt ist sie genauso gut getroffen wie David, den alle nur als "Arschloch" titulieren, der vor dem Spiegel versucht, die beginnende Glatze zu kaschieren, plötzlich mit Ende Dreißig dem Fitneßwahn verfällt und sich eine junge Geliebte anlacht.

Der 1968 geborene Autor Jason Starr bezeichnet sich selbst als Experten für American Football, Baseball und Pferdewetten. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet er bisweilen am Telefon als Verkäufer, eine Erfahrung, die er auch in seinen ersten Roman "Top Job" eingebracht hat. Mit sicherem Gespür erzählt er, ziemlich überzeugend übersetzt von Bernhard Robben, wie die vier Protagonisten in ausweglose Situationen geraten und trotzdem versuchen, ihrem Verhängnis zu entrinnen. Zwei schaffen das schließlich auch mit einigen Blessuren, die beiden anderen sind vielleicht zu sehr mitgenommen, um sich von diesen Schlägen zu erholen.

Jason Starr verleiht jedem Charakter seine je eigene Stimme und läßt den Leser in die Gedankenwelt der Hauptpersonen blicken. Beständig wechselt er zwischen verschiedenen Sprachebenen auch im Erzählstil, um seine Geschöpfe noch näher zu charakterisieren. In Joeys Sprache ist kein Platz für die Sorgen Maureens, in Davids Versuch, seine Sprachbarriere zu überwinden, spürt man förmlich, wie gekünstelt dies auf Joey wirkt (der das überflüssigerweise aber auch denken muß), in Billys brüchigen Gedanken verschwimmen klare Auffassungen von Recht und Unrecht.

Es ist kein Zufall, daß hier nur die männlichen Hauptdarsteller aufgeführt werden. Weibliche Protagonisten wollen Jason Starr nicht so recht gelingen. Leslies Tochter Jessica verharrt in ihrer Opferrolle sogar ganz ohne eigene Stimme. In diesem Falle ist das freilich auch ein Kunstgriff, denn Jessica wird so nicht nur auf der Ebene der Erzählung geknebelt. Das Schweigen des Mädchens wird zu seiner ureigenen Domäne.

Emotional sind sie in unterschiedlichen Graden voneinander abhängig. Aus nicht näher erklärten Gründen ist Amy David völlig verfallen (auch bei ihr wird die psychologische Komponente dem Leser nicht nachvollziehbar). Dieser Befund traf wohl früher auch für Leslie zu. Joey beneidet und verachtet David. Er kann nicht verstehen, wieso dieser seine hübsche Frau betrügt, und wähnt die Familie Sussman ohne Probleme. Maureen hingegen beneidet Leslie um das nach außen hin so harmonische Zusammenleben mit David, besonders um die vornehme Wohnung und die kleine Tochter. David verachtet Maureen und Joey, glaubt aber von Joey, daß der sein Leben trotzdem im Griff hat. Leslie verachtet Joey ebenfalls, verläßt sich aber ihrerseits auf die emotionale Unterlegenheit Maureens ihr gegenüber, um sich selbst daran aufzubauen. Ungewollt trägt sie jedoch dazu bei, daß in Maureen eine Veränderung vonstatten geht.

In diesem fragilen Beziehungsgeflecht wirken Billy und Amy als Katalysatoren, die übrigen handelnden Personen bleiben dabei Staffage. Trotz einiger kleinerer logischer Schnitzer ist "Die letzte Wette" ein spannender, kurzweiliger, dabei aber rabenschwarzer Roman über die Unfähigkeit, mit dem Leben zurechtzukommen, und die Fähigkeit, dennoch weiterzuexistieren. Die Charaktere stolpern teilweise aus Scham oder Starrsinn in die Katastrophe, vergehen sich aneinander, gegeneinander, gegen die Gesellschaft. Kaum etwas davon ist geplant, aber gerade die Pläne müssen scheitern. Kein Wunder, daß sich David manchmal fragt, ob er nicht genausogut durch einen Roboter ersetzt werden könnte.

MARTIN LHOTZKY

Jason Starr: "Die letzte Wette". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Bernhard Robben. Diogenes Verlag, Zürich 2001. 304 S., geb., 39,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach Martin Lhotzkys Diagnose geht es in diesem Roman vor allem um Verluste: Verluste auf der Rennbahn, an Perspektiven, an Würde, Gehirnzellen und Liebhabern, listet der Rezensent auf. Was ihm dabei gut gefällt ist, wie Starr dem Leser detailliert vor Augen führt, wie seine Protagonisten "aus Scham oder Starrsinn" in Katastrophen rutschen, wobei auch deutlich werde, was es ist, das sie zu einem solchen Handeln veranlasst. Die Charaktere (zumindest die männlichen) findet Lhotzky hervorragend gezeichnet, nicht zuletzt, weil Starr ihnen eine jeweils eigene Sprache und einen eigenen Erzählstil verleiht. Doch die weiblichen Figuren bleiben - so der Rezensent - bedauerlicherweise dagegen eher blass. Insgesamt jedoch bezeichnet Lhotzky dieses Buch als einen "spannenden, kurzweiligen, dabei aber rabenschwarzen Roman über die Unfähigkeit, mit dem Leben zurecht zu kommen". Auch die Übersetzung von Bernhard Robben lobt er als "ziemlich überzeugend".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Jason Starr erinnert an Patricia Highsmith und geht deshalb über das Genre des Krimis hinaus. Wie er mit seinem glänzenden Psychothriller-Plot die Stimmung der Amerikanischen Billigjob-Konjunktur decouvriert - das ist fabelhaft und sprengt die Grenzen der Gattung." (Profil, Wien) "Starr malt schwärzer als schwarz: Erst dreht er seine Helden durch die Mangel, dann hängt er sie zum Trocknen auf." (Kirkus Review, New York)