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»Ein Roman ist ein Spiegel, der eine Landstraße entlangspaziert.« diese Stendhalsche Maxime macht sich der Erzähler zu eigen. Plas Spiegel spaziert die enge Straße von Torrelles entlang, einem friedlichen kleinen Dorf in Katalonien, wo sich der neue Tierarzt niedergelassen hat. Mit jeder Haustür, die sich öffnet, dürfen er und der Leser für einen Augenblick ins Innere eines anderen Lebens schauen, und aus diesen Blicken, so flüchtig sie auch sein mögen, werden unvergeßliche Eindrücke vom Alltag der Menschen in diesem Ort. Durch seine geschwätzige Köchin Francisquita erfährt der Tierarzt von…mehr

Produktbeschreibung
»Ein Roman ist ein Spiegel, der eine Landstraße entlangspaziert.« diese Stendhalsche Maxime macht sich der Erzähler zu eigen. Plas Spiegel spaziert die enge Straße von Torrelles entlang, einem friedlichen kleinen Dorf in Katalonien, wo sich der neue Tierarzt niedergelassen hat. Mit jeder Haustür, die sich öffnet, dürfen er und der Leser für einen Augenblick ins Innere eines anderen Lebens schauen, und aus diesen Blicken, so flüchtig sie auch sein mögen, werden unvergeßliche Eindrücke vom Alltag der Menschen in diesem Ort. Durch seine geschwätzige Köchin Francisquita erfährt der Tierarzt von der wunderbaren Monteserrata und ihren drei Liebhabern, was dem Barbier, der eine ganze Enzyklopädie im Kopf hat, passierte, von Señora Maristanys Matratze, die hitzige Debatten im Dorf hervorrief, oder die Geschichte des Hundes Murillo und seines tragikomischen Besitzers... Josep Plas unermüdliche erzählerische Kraft, seine feine Ironie und sein Spiel mit subtilen Urteilen machen aus diesem Roman eine außerordentlich originelle Darstellung einer Realität, die wunderbar und unerschöpflich, vulgär und zauberhaft zugleich ist.
Autorenporträt
Josep Pla wurde 1897 in Palafrugell in Katalonien geboren. Er arbeitete als Journalist in England, Frankreich, Italien, Deutschland und Rußland und war ein großer Chronist des politischen und kulturellen Lebens. Seine Kommentare, Chroniken und Reportagen zur Zeitgeschichte gelten als einmaliges historisches Zeugnis des 20. Jahrhunderts. Auch 25 Jahre nach seinem Tod gilt er als einer der meistgelesenen katalanischen Autoren. Er starb am 23. April 1981 in Llofriu.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Katalanische Neuheiten
Romane, die angeblich von Franco verboten wurden
Gegen Franco hatten wir es besser! So lautet ein alter Spruch der spanischen Linken. Er ist ein ironischer Kommentar zum Verlust des ehemaligen Feindbildes, der Hassfigur, die den rebellischen Geist hoch- und die Reihen geschlossen hielt. Mit der Demokratie wurde alles immer unübersichtlicher.
Franco unterdrückte bekanntlich auch die katalanische Sprache und schnitt der katalanischen Literatur damit tief ins Fleisch. Das trug zu ihrer Marginalisierung bei und führte dazu, dass mancher moderne Klassiker aus Katalonien erst heute – aus Anlass des aktuellen Buchmesse-Schwerpunkts – gebührend wahrgenommen wird.
Dazu zählen etwa Caterina Alberts „Solitud” von 1905 (veröffentlicht unter dem Pseudonym Víctor Català) und Josep Plas „Enge Straße” von 1951. Der Klappentext des SchirmerGraf-Verlages hält im Fall von „Solitud” fest: „Solitud . . . markiert den Beginn der modernen katalanischen Literatur – und war unter Franco vierzig Jahre lang verboten.” Und der Klappentext des Ammann-Verlages vermerkt über den Autor von „Enge Straße”: „Zur Zeit des Franco-Regimes waren Josep Plas Werke verboten.”
Richtig ist: Sowohl die Werke von Caterina Albert als auch die von Josep Pla waren während der Franco-Zeit nicht nur erhältlich, sondern wurden sogar neu aufgelegt. Die erste Ausgabe der Gesammelten Werke von Albert fällt ins Jahr 1951, deren zweite Auflage stammt aus dem Jahr 1972. Und dabei handelt es sich jeweils um Ausgaben in katalanischer Sprache, verlegt in Barcelona. Josep Pla errang mit „Enge Straße” 1951, im Jahr seiner Veröffentlichung, sogar den Preis Joanot Martorell für katalanischsprachige Literatur. Nicht nur erschienen im selben Jahr drei weitere Bücher von Pla auf katalanisch; dem Autor wurde auch von 1966 an eine umfangreiche Werkausgabe gewidmet.
„Solitud” und „Enge Straße” sind Heimatromane von literarischem Rang. Politisch anstößig sind sie nicht. Ihnen nachträglich den Ruf des Verfemten anheften zu wollen, ist nicht nur unredlich, sondern verrät auch fehlendes Vertrauen in die Bücher selbst. Das herbeiphantasierte Verbot des Diktators sollen sie tragen wie eine Schärpe, die mehr Leserinteresse weckt. So sorgen die Verlage für eine aktuelle Variation auf den alten linken Sinnspruch: Gegen Franco verlegen wir besser! MERTEN WORTHMANN
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Ein Dichter von Wind und Wetter
Kein Held, aber ein Kind seiner Zeit - der Katalane Josep Pla / Von Walter Haubrich

Dank der Buchmesse, auf der Katalonien diesmal Gastland ist, wurde Josep Pla gleich mit drei Werken ins Deutsche übersetzt. Bisher gab es hier nur zwei Bücher von ihm, über seine beiden berühmten katalanischen Landsleute, Dalí und Gaudí. Seine deutschen Verlage preisen ihn hemmungslos als "besten Erzähler seiner Zeit" und großen Romanautor. Er ist dies ebenso wenig, wie er der "bedeutendste katalanische Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts" ist. Im zwanzigsten Jahrhundert schrieben die besten Romanciers aus Katalonien auf Spanisch, weil das erzwungenermaßen ihre Schul- und Bildungssprache war. Das sind Autoren wie Juan Marsé, Ana María Matute, die Brüder Juan und Luis Goytisolo, Manuel Vázquez Montalbán und Eduardo Mendoza. Aber Pla ist zweifellos ein Verfasser brillanter Essays, Aphorismen, Erinnerungen, Reiseberichte und Landschaftsbeschreibungen.

Der Mainzer Romanist Eberhard Geisler gibt in seinem Nachwort einen Abriss über Plas Leben, vergisst aber gern die Vorliebe des Schriftstellers für ultrakonservative, ja, faschistische Tendenzen. Nicht nur für Mussolini, auch für Hitler hegt er Sympathien, lehnt aber den rassistischen Einschlag im Nationalsozialismus ab. Eine seiner damaligen Thesen: Dem Deutschland der Weimarer Republik - er lebte als Zeitungskorrespondent eine Zeitlang in Berlin - sei nur durch eine harte Hand, also eine Diktatur, zu helfen, da die Deutschen einfach zu sehr an den absoluten Gehorsam gegenüber der Obrigkeit gewohnt seien. Oder: Den Deutschen mangele es an Intelligenz, die deutsche Rasse sei "schlecht".

Gleich nach dem Aufstand spanischer Militärs unter General Franco gegen die gewählte Regierung der Zweiten Republik schloss sich Pla den Aufständischen an. Während des Bürgerkrieges ging er nach Biarritz und dann ins spanische Baskenland, nachdem dieses von Franco-Truppen erobert worden war. Dort lernte er Manuel Aznar kennen, einen Journalisten, der von sich selbst sagt, er sei "die am teuersten vermietete Feder Spaniens". Aznar, übrigens Großvater des gleichnamigen ehemaligen Ministerpräsidenten, hatte damals seine Feder an die faschistische Partei Falange vermietet und schrieb bis zu seinem Lebensende Hymnen auf den Diktator Franco. Er wurde dann zum Vorgänger von Pla als Chefredakteur der großen katalanischen Zeitung "La Vanguardia". Das einflussreichste Blatt Kataloniens ist heute eine der besten Tageszeitungen Europas. Und es stimmt, dass der konservative Regionalist Pla der Regierung Francos nicht linientreu und zuverlässig genug war, und so schickten sie einen Journalisten aus dem Madrider Parteiapparat an die Spitze der "Vanguardia", um diese Zeitung gleichzuschalten. Zu einem Widerstandskämpfer gegen die Franco-Diktatur wurde Pla durch seine Amtsenthebung natürlich nicht.

In der jungen Demokratie nach Francos Tod gab es in Katalonien politische Meinungsverschiedenheiten über Pla. Allerdings war es nicht so sehr die Linke, wie Geisler meint, die Pla seine Sympathie für die Diktatur nicht verzeihen wollte; Josep María Castellet, einer der wichtigsten linken katalanischen Intellektuellen, der die Auswahl aus "Das graue Heft" für die Bibliothek Suhrkamp zusammenstellte, hat Pla mehrmals für den Ehrenpreis der katalanischen Literatur nominiert, wurde aber immer überstimmt. Während die Texte Plas an allen katalanischen Schulen gelesen werden, fällt es gerade den rechten katalanischen Nationalisten schwer zuzugeben, dass ein Meister ihrer Sprache politisch mit den Unterdrückern dieser Sprache zusammenarbeiten konnte. Natürlich hat es unter den Katalanisten auch Befürworter und Nutznießer der Diktatur gegeben.

Pla hat seine Tagebuchnotizen von 1918 und 1919 später überarbeitet und erst 1962 unter dem Titel "El quadern gris" veröffentlicht; es ist also das Werk eines reifen Autors, der auf seine Tagebuchnotizen zurückblickt und sie mit späteren Erkenntnissen und der Weisheit des Alters anreichert. Pla teilt in dem Tagebuch seine Beobachtungen in Barcelona, wo er studiert und im Ateneum zahlreiche Intellektuelle kennenlernt, sowie vor allem aus seinem Heimatstädtchen Palafrugell an der Costa Brava mit. Er erzählt von seiner Familie, seinen Vorfahren, angesehenen Bürgern aus Palafrugell und Umgebung. Viele Eintragungen handeln vom Wetter, vor allem von den bösen und guten Winden an der Costa Brava. Wenige Schriftsteller haben so differenziert mit einem so umfangreichen und variablen Vokabular über Wind und Wetter geschrieben wie Pla auf Katalanisch. Eberhard Geisler hat die eher sensible als brillante Sprache in ein ausdrucksstarkes, originelles Deutsch übertragen.

Zwischen den Menschenbeschreibungen stehen abwägende Reflexionen über den Zustand der Welt und die menschlichen Verhältnisse, aber auch ironische Selbstbetrachtungen. Ironie ist eines der Merkmale der Aphorismen im "grauen Heft". Die Beschäftigung Plas mit katalanischer Literatur wie mit großen Autoren der Weltliteratur - Stendhal, Molière, Goethe, Nietzsche, Tolstoi, Dostojewski und den französischen Moralisten - findet auch ihren Niederschlag. Es ist Heimatliteratur, geschrieben von einem Mann, der die Welt kennt. Pla hat in Paris und Italien gelebt und alle großen europäischen Länder einschließlich der Sowjetunion bereist. Er hat sich gewünscht, dass man sein Tagebuch nicht in einem durchlese, sondern es auf dem Nachttisch liegen habe, um von Zeit zu Zeit hineinzuschauen. So lasse es sich am besten lesen, ähnlich wie Pessoas "Buch der Unruhe".

Aus dem Band "Cinc histories del mar" hat der Berenberg Verlag drei Geschichten ausgewählt und unter dem Titel "Der Untergang der Cala Galiota" veröffentlicht. Pla erzählt darin von eigenwilligen Menschen der Costa Brava, die fast immer auf dem Meer und vom Meer leben, und von einer langen Reise auf einem kleinen Boot, die er als junger Mann an der Küste entlang bis in die französischen Gewässer machte. "Einer aus Begur" ist der Bericht eines Fischers, der von den Deutschen im Ersten Weltkrieg als Lotse eines Unterseeboots angeheuert wird. Die Titelerzählung besteht vorwiegend aus den Gesprächen des Autors mit dem Mann, der sich immer mit "der Vater des Malers Dalí" vorstellt und Notar in Cadaques ist.

"Enge Straße" ist das Werk unter den Büchern Plas, das einem Roman am nächsten kommt. Er habe diesen Roman aus der katalanischen Provinz geschrieben, um sich von seiner anstrengenden Arbeit als Journalist abzulenken. In der Ich-Form hält Pla der Bevölkerung eines Dorfes mit viertausend Seelen einen Spiegel vor und erfährt fast alles aus dem Leben seiner Mitbürger durch seine geschwätzige Köchin. Und er erzählt davon sehr amüsant, mit sanfter, seine Figuren nie verletzender Ironie.

Josep Pla: "Das graue Heft". Tagebuch. Auswahl von J. M. Castellet. Aus dem Katalanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Eberhard Geisler. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 250 S., geb., 14,80 [Euro].

Josep Pla: "Enge Straße". Roman aus der katalanischen Provinz. Aus dem Katalanischen übersetzt von Kirsten Brandt. Ammann Verlag, Zürich 2007. 283 S., geb., 22,90 [Euro].

Josep Pla: "Der Untergang der Cala Galiota". Geschichten vom Meer. Aus dem Katalanischen übersetzt von Theres Moser, Petra Zickmann und Angelika Maass. Berenberg Verlag, Berlin 2007. 150 S. geb., 19,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Rezensent Merten Worthmann freut sich, dass mit Josep Pla nun einer von Katalaniens Großen in deutscher Sprache erscheint. Dieses Werk von 1951 gehört Wortmanns Auskunft zufolge zu Plas bekanntesten Büchern und zeichnet sich aus seiner Sicht vor allem durch feine Charakterstudien aus. Es geht, wie wir lesen, um den Tierarzt einer Kleinstadt, doch Wortmann findet, dass der Roman insgesamt nicht so gut ausgearbeitet ist, so dass dem Buch eine klare Erzählerstimme und ein dramaturgischer Bogen fehlt.

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