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Gleich nach den Ereignissen vom 11. September rief Präsident Bush zum "Krieg gegen den Terrorismus" auf . Noam Chomsky - der keinen Zweifel daran läßt, daß auch er die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon für ein terroristisches Verbrechen hält - fragt nach dem Zusammenhang zwischen Krieg und Terrorismus: Läßt sich eine Organisation wie die von Bin Laden mit Bomben bekämpfen? Ist der Terroranschlag überhaupt ein kriegerischer Akt im Sinne der UN-Charta? Geht es jetzt um den Kampf zweier Zivilisationen? Ist die Nordallianz die Alternative zu den Taliban? Zu diesen und weiteren…mehr

Produktbeschreibung
Gleich nach den Ereignissen vom 11. September rief Präsident Bush zum "Krieg gegen den Terrorismus" auf . Noam Chomsky - der keinen Zweifel daran läßt, daß auch er die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon für ein terroristisches Verbrechen hält - fragt nach dem Zusammenhang zwischen Krieg und Terrorismus: Läßt sich eine Organisation wie die von Bin Laden mit Bomben bekämpfen? Ist der Terroranschlag überhaupt ein kriegerischer Akt im Sinne der UN-Charta? Geht es jetzt um den Kampf zweier Zivilisationen? Ist die Nordallianz die Alternative zu den Taliban? Zu diesen und weiteren Problemen äußert sich Chomsky auf seine gewohnt nüchterne und sachliche Weise und zeigt anhand vieler Beispiele aus der jüngsten Geschichte, daß Terrorismus aus Sicht der mächtigen Staaten des Westens eine Frage des Standpunkts ist: Wenn unsere Feinde uns angreifen, handeln sie verbrecherisch; wenn wir Krieg führen, dann kämpfen wir für die Freiheit.
Autorenporträt
Noam Chomsky, geb. am 7. Dezember 1928, ist seit 1961 als Professor am Massachusetts Institute of Technology, MIT, tätig; seine Bücher über Linguistik, Philosophie und Politik erschienen in allen wichtigen Sprachen der Erde. Noam Chomsky hat seit den sechziger Jahren unsere Vorstellungen über Sprache und Denken revolutioniert. Zugleich ist er einer der schärfsten Kritiker der gegenwärtigen Weltordnung und des US-Imperialismus. Im Jahr 2010 wurde Noam Chomsky mit dem Erich-Fromm-Preis ausgezeichnet, 2014 mit dem Myschkin-Preis.
Rezensionen
Plädoyer für eine andere Antwort auf den Terrorismus
Noam Chomsky hat viele Gesichter: Urgestein des politischen Aktivismus, Linguist, Professor am renommierten MIT und unermüdlicher Kritiker der Außenpolitik der USA - ein "Pessimist, der Mut macht", wie "The Guardian" schrieb. Sein neuester Band ist zugleich Analyse und Kritik des Afghanistan-Feldzugs der USA.
Das Trauma vom Angriff auf das eigene Territorium
Gleich zu Anfang macht Chomsky eines klar: Die Anschläge in New York und Washington waren verheerend und sind durch nichts zu rechtfertigen. Zur Reaktion der USA, dem massiven Kriegseinsatz in Afghanistan, müssen aber auch unbequeme Fragen gestellt werden: Ist ein differenziertes Netzwerk wie Al-Qaida durch flächendeckende Bombenangriffe zu besiegen? Wie viele zivile Opfer sollen in Kauf genommen werden? Ist die Nord-Allianz ein verlässlicher Partner für einen Neuanfang? Und vor allem: Was unterscheidet Krieg von Terrorismus? Ist etwa der Angriff der US-Streitkräfte auf eine vermeintliche Giftgasfabrik im Sudan, die in Wirklichkeit Medikamente herstellte, nicht auch terroristisch und völkerrechtsverletzend? Zu hinterfragen ist die moralisierende und mitunter perfide öffentliche Rhetorik, die eigene Militäraktionen per se als "Verteidigung von Freiheit und Zivilisation" rechtfertigt, aber jeden Angriff auf US-amerikanische Einrichtungen als verbrecherisch denunziert. Die vielen kleinen Unstimmigkeiten in der Berichterstattung der Medien und den offiziellen Verlautbarungen werden hier zusammengeführt und ergeben ein völlig neues Bild - das eines vermeidbaren (Anti-)Terror-Krieges, der mit Sicherheit nicht der letzte gewesen sein wird. (Henrik Flor, literaturtest.de)

"Eine notwendige Korrektur der Berichterstattung über den derzeitigen `Krieg gegen den Terrorismus...`"
(San Francisco Examiner)

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Christoph Fleischmann findet es ganz wunderbar, dass der Europa-Verlag damit begonnen hat, eine Edition mit den Schriften des Linguisten und unermüdlichen Kritikers der US-amerikanischen Außenpolitik zu verlegen ("The Attack" ist der dritte Chomsky-Band). Auch in diesem Band zeige sich der Autor als aufmerksamer Zeitungsleser und konfrontiere den Leser mit Informationen, die er zwar oft verstreut, aber nicht im Kontext aufnimmt. So ist denn für Chomsky, berichtet der Rezensent, der 11. September ein Ereignis, weil die USA an diesem Tag zum ersten Mal sei 1812 auf eigenem Territorium angegriffen wurden. Die Ausmaße des Attentats hingegen stünden für Chomsky hinter denen anderer Taten, zum Beispiel der Bombardierung einer Pharma-Fabrik im Sudan durch die USA, zurück. "Sarkastisch" und "präzise", "pedantisch" und "moralistisch" führt Chomsky seine Thesen aus, freut sich Fleischmann, hat aber eine ganze Reihe dieser Betrachtungen bereits zuhauf in anderen Chomsky-Büchern gelesen. Das "Redundanz-Theater", warnt der Rezensent regelmäßige Chomsky-Konsumenten, ermüdet. Dem Verlag legt Fleischmann daher dringend ans Herz, Chomskys Analysen über die Massenmedien zu verlegen, denn die gingen mehr in die Tiefe als die Essays des prominenten Streiters für Aufklärung und Gerechtigkeit.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002

Kampfzonen der Abstraktion
Frivol statt stringent: Sloterdijk und Chomsky über Terror als Staatsräson / Von Mark Siemons

Luftbeben", Peter Sloterdijks jüngstes Buch, ist eine Terror-Theorie nicht nur insofern, als der Terror ihr Gegenstand ist, sondern auch, weil der Terror hier selber als eine Art Theorie vorgestellt wird, als ein Medium der Erkenntnis sehr besonderen Typs. Der Terrorismus nämlich, der Sloterdijk in diesem Werk allein interessiert und den er gar als spezifisches Kennzeichen des zwanzigsten Jahrhunderts präsentiert, ist jener, der nicht mehr auf den Körper des Feindes, sondern auf dessen Lebensbedingungen, die Umwelt zielt. Dieser spezielle Schrecken hatte seine Geburtsstunde beim Gasangriff der deutschen Wehrmacht 1915 bei Ypern und erlebte dann weitere Höhepunkte in den Gaskammern von Auschwitz und beim Abwurf der Atombombe über Hiroshima. Die mörderische Wirkung all dieser Maßnahmen beruhte darauf, daß sie die Luft zerstörten, die der Mensch zum Leben braucht; damit aber machten sie die atmosphärischen Bedingungen des Lebens, die bis dahin naiv als etwas Selbstverständliches gegolten hatten, überhaupt erst bewußt in ihrer Verletzlichkeit. Mit anderen Worten: Die Sphäre, in der der Mensch existiert, wird durch den Terror "expliziert". Noch allgemeiner formuliert: "Zukunft hat, was das Implizite aufbricht und Harmlosigkeiten in Kampfzonen verwandelt", und das Werkzeug dieser Zukunft ist der Terrorismus.

Auf den ersten Blick handelt es sich bei dem schmalen Band um ein Werk aus aktuellem Anlaß. Doch die Pointe der hier gewählten Definition erweist sich, ob gewollt oder ungewollt, darin, daß sie auf die Anschläge vom 11. September 2001 gar nicht zutrifft - allenfalls in dem sehr diffusen, unspezifischen Sinn, daß auch diese Terroristen eine verwundbare Stelle im Lebenssystem ihrer Opfer herausgefunden und ausgenutzt haben. Ansonsten aber waren die Attacken auf das Pentagon und das World Trade Center, legt man die Kategorien Sloterdijks an, vergleichsweise traditionell: Sie erreichten ihre Wirkung mit ziemlich direkter Gewalt gegen Sachen und Menschen. Die Maßnahmen dagegen, die Sloterdijk als Beispiel seiner Definition für den neuartigen Atmosphären-Terrorismus aufführt, gingen nicht von verbrecherischen Banden, sondern von ganzen Staaten aus, überwiegend auch noch von legitimen. Außer dem Gaskrieg des deutschen Reichs und dem britischen Luftkrieg über Dresden nennt der Autor immer wieder die Vereinigten Staaten von Amerika: von der Hinrichtungsmethode der Gaskammer über die Atombombe bis hin zu den aktuellen Forschungsversuchen, über eine Beeinflussung der Ionosphäre und damit des Wetters künftige Kriege für sich zu entscheiden.

Mit der aktuellen Bedrohung der westlichen Welt haben diese Fallbeispiele nur insofern zu tun, als der Terror nach Sloterdijks Ansicht ohnehin nie ein bloß punktuelles Ereignis ist. Da sich der Terror selbst immer nur als "antiterroristisch", als Gegenschlag innerhalb einer langen Serie von Schlägen verstehe, kann er nur im Zusammenhang, in seiner spezifischen Logik der Eskalation verstanden werden. Deshalb ergibt die Formel "Krieg gegen den Terrorismus" für Sloterdijk auch keinen Sinn: Der Terrorismus sei "kein Gegner, sondern ein modus operandi, eine Kampfmethode, die sich sofort über beide Seiten eines Konflikts verteilt". Man kann das Buch insofern als Versuch lesen, nicht bloß einen einzelnen terroristischen Akt zu analysieren, sondern ein ganzes Zeitalter - das spätestens jetzt eben ein terroristisches geworden ist. Dieses Zeitalter ist dadurch gekennzeichnet, daß die Bevölkerung ein und desselben Landes fortan radikal gespalten ist. "Zwei Arten von Schläfern treten in Erscheinung - Schläfer im Impliziten, die weiter nach Geborgenheit durch Nichtwissen suchen, und Schläfer im Expliziten, die wissen, was an der Front geplant ist, und auf den Einsatzbefehl warten": eine wahrlich abgründige Gesellschaftsbeschreibung aus dem Geist des Terrors.

Gleichwohl stellt sich die Frage nach dem Erkenntnisinteresse der eigenwilligen Terror-Definition. Zur Erhellung der politischen Lage trägt sie wenig bei. Zu willkürlich und beliebig wirkt die Fokussierung auf die Sphärenmanipulation, als daß sie als treffender Kommentar zur Gegenwart plausibel sein könnte. An ökonomischen, religiösen oder kulturellen Verhältnissen ist Sloterdijk im einzelnen gar nicht interessiert. Um welche Kämpfe es heute geht, wie sich die Gewichte verschieben und wie der aktuelle Terror die Politik verändert, spielt in dem Buch keine Rolle. Die über solche Niederungen sich weit erhebende Abstraktion scheint vor allem dem Wunsch zu entspringen, den aktuellen Gesprächsstoff an das theoretische Großprojekt des Autors anzuschließen: Auch dort ging es ja schon um "Sphären" als anthropologische Konstante, als das primäre Medium, das Menschen miteinander verbindet.

Sloterdijks eigentliches Thema ist kein politisches, sondern ein kulturtheoretisches. Er stellt den Terror in eine Reihe mit Wissenschaft und Kultur, insofern sich ja alle drei um das Explizieren von Hintergrundbedingungen verdient machen. Die Weltgeschichte ist ein fortschreitender Prozeß des Naivitätsverlusts, in dessen Verlauf die Wirklichkeit immer kultureller, wissenschaftlicher und - terroristischer wird. Originell ist daran allenfalls, daß nicht bloß der Terrorismus mit kulturellen und wissenschaftlichen Voraussetzungen operiert, sondern in dieser Sicht auch Kultur und Wissenschaft terroristische Züge aufweisen. Doch selbst neugierig machende Suggestionen wie diese werden nicht weiter entfaltet. Es sind bloß Aperçus, die ihren Mangel an Stringenz durch makabre Frivolität wettzumachen suchen. Die Abstraktion ist hier nichts als ein Jargon, der mit seiner Coolness kokettiert. Ist das theoretische setting einmal angerichtet, bestätigen sich die Begriffe nur noch gegenseitig. "Der nukleare Extremismus ist wie der chemische ein Explikationismus." Aha.

Wenn sich Theorien vor allem nach ihrem Abstraktionsgrad unterscheiden, dann bildet Noam Chomskys "The Attack" den Gegenpol zu Sloterdijks "Luftbeben". Während sich bei dem einen der Gegenstand wegen der Höhe des Blickwinkels verflüchtigt, wird er bei dem anderen diffus, weil der Autor zu nah davor steht. Im amerikanischen Original war das Büchlein eine Sammlung von Interviews; in der deutschen Fassung sind die Fragen fortgelassen, und übriggeblieben ist ein Kompendium der inzwischen auch an zahlreichen anderen Orten publizierten Ansichten Chomskys zum Thema, wobei Wiederholungen nicht immer vermieden wurden. Chomsky hält den von Amerika ausgerufenen Kampf gegen den Terrorismus für heuchlerisch, da die Vereinigten Staaten im Lauf ihrer Geschichte bis heute hin selber zahlreiche Akte von Staatsterrorismus begangen hätten; das Neue des 11. September erweise sich bloß darin, daß da "die Kanonen zum ersten Mal herumgedreht worden" seien. Dies zu verkennen und weiter auf einer auch sonst obsolet gewordenen Vergeltungsdoktrin zu beharren, hält Chomsky nicht nur für moralisch bedenklich, sondern gefährlich; gegen das Verbrechen des 11. September müsse mit den Mitteln des Gesetzes vorgegangen werden.

Indem sich das Buch darin erschöpft, diese These immer von neuem zu variieren und nicht weiter zu durchdenken, gelangt es über eine bloße Meinungsäußerung nicht hinaus. Chomsky läßt sich nicht auf die zentrale Frage ein, wie es denn zusammenzudenken ist, daß Amerika und der Westen auf der einen Seite mit gutem Grund als Repräsentanten universaler Werte bezeichnet werden können, auf der anderen Seite aber selber Partei sind, mit eigenen Interessen und mit Methoden, die mit den Werten nicht immer zu vereinbaren sind. Chomsky will von Amerikas Universalismus gar nichts wissen, und so begibt sich seine Polemik der Chance, nicht bloß wütend, sondern auch intellektuell brisant zu sein.

Peter Sloterdijk: "Luftbeben". An den Quellen des Terrors. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 110 S., br., 7,- .

Noam Chomsky: "The Attack". Hintergründe und Folgen. Aus dem Amerikanischen von Michael Haupt. Europa Verlag, Hamburg 2002. 91 S., br., 9,90 .

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"Eine notwendige Korrektur der Berichterstattung über den derzeitigen 'Krieg gegen den Terrorismus...'"
(San Francisco Examiner)