Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 12,20 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Jürgen Basedow, gegenwärtig Mitglied der Monopolkommission, fasst in diesem Buch seine Erfahrungen mit der Deregulierung in ganz verschiedenen Wirtschaftsbereichen zusammen. Dabei geht es um Deregulierungspflichten des EG-Rechts, um den Zusammenhang von Deregulierung und Harmonisierung sowie um die Rolle des Wettbewerbsrechts auf deregulierten Märkten.
Die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung ist in Deutschland nach wie vor durch eine Vielzahl staatlicher Eingriffe beschränkt. Die Deregulierungsphase zu Anfang der neunziger Jahre hat zwar einige Märkte dem Wettbewerb geöffnet, ist aber
…mehr

Produktbeschreibung
Jürgen Basedow, gegenwärtig Mitglied der Monopolkommission, fasst in diesem Buch seine Erfahrungen mit der Deregulierung in ganz verschiedenen Wirtschaftsbereichen zusammen. Dabei geht es um Deregulierungspflichten des EG-Rechts, um den Zusammenhang von Deregulierung und Harmonisierung sowie um die Rolle des Wettbewerbsrechts auf deregulierten Märkten.
Die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung ist in Deutschland nach wie vor durch eine Vielzahl staatlicher Eingriffe beschränkt. Die Deregulierungsphase zu Anfang der neunziger Jahre hat zwar einige Märkte dem Wettbewerb geöffnet, ist aber in vielen Sektoren ohne Wirkung geblieben. Jürgen Basedow, gegenwärtig Mitglied der Monopolkommission, hat diesen Prozeß von Anfang an begleitet und ihn mit zahlreichen kleineren Schriften gefördert, die vielfach an entlegenen Stellen oder noch gar nicht veröffentlicht sind. Diese Arbeiten werden hier im Kontext publiziert. In ihnen hebt der Autor immer wieder die deregulierende Wirkung des europäischen Gemeinschaftsrechts hervor und thematisiert die Zusammenhänge zwischen der Deregulierung der Märkte in der Europäischen Union und der Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen. Nicht zuletzt wird die Bedeutung des Wettbewerbsrechts als Garant der wirtschaftlichen Freiheit auf den deregulierten Märkten betont.
Autorenporträt
is Director em. of the Max Planck Institute for Comparative and International Private Law and Professor of Law, University of Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2003

Heilsamer Zwang
Zur deregulierenden Wirkung des europäischen Gemeinschaftsrechts

Jürgen Basedow: Mehr Freiheit wagen. Über Deregulierung und Wettbewerb. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2002, 473 Seiten, 99 Euro.

Jürgen Basedow, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, hat die Phase der Deregulierung in Deutschland seit Anfang der neunziger Jahre durch zahlreiche Beiträge kritisch begleitet. In seinen Arbeiten, die der Tübinger Verlag Mohr Siebeck jetzt unter dem Titel "Mehr Freiheit wagen" in einer Zusammenschau publiziert hat, hebt Basedow besonders die deregulierende Wirkung des europäischen Gemeinschaftsrechts hervor. So weist er auf die vielfältigen Zusammenhänge zwischen der Deregulierung der Märkte in der Europäischen Union und der Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen durch das europäische Gemeinschaftsrecht hin. Hierdurch wird deutlich, daß gerade das Wettbewerbsrecht die wirtschaftliche Freiheit auf den deregulierten Märkten garantiert.

Sehr kritisch beurteilt Basedow deshalb die deutsche Wirtschaftspolitik, die seit mehreren Jahren - und nicht erst seit dem Regierungswechsel von 1998 - durch eine zunehmende Verwässerung wettbewerblicher Prinzipien gekennzeichnet sei. Diese Verwässerung offenbare sich durch publikumswirksame staatliche Rettungsaktionen insolventer Unternehmen, die eigentlich aus dem Markt ausscheiden müßten, damit das Angebot der schrumpfenden Nachfrage angepaßt werde. Negativ prägend seien auch zahlreiche staatliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt und in "das Regime mehrerer Berufe", durch die Bestandsschutzinteressen bedient würden. Die Deregulierungskommission habe bereits 1991 gefordert (und die Monopolkommission 1997), daß die Meisterprüfung nicht länger Voraussetzung für die Gründung und selbständige Führung eines Handwerksbetriebes bilden solle. Die Regierung Kohl habe indes die Interessen der etablierten Handwerksmeister geschützt und die Interessen der Verbraucher ebenso hintangestellt wie die Interessen der ambitionierten Handwerksgesellen. Durch diese angeblich mittelstandsfreundliche Politik sei das Angebot an legalen Handwerksleistungen weiter künstlich verknappt worden, was über steigende Preise die Nachfrage noch weiter in die Schwarzarbeit gedrängt habe.

Zudem poche man in Deutschland gegenüber Brüsseler Deregulierungstendenzen auf das Prinzip der Gegenseitigkeit der Marktöffnung, obwohl der Europäische Gerichtshof dieses in seiner Rechtsprechung verworfen habe. Da das Bekenntnis zum Wettbewerb auch in anderen europäischen Staaten nur vergleichsweise halbherzig sei, entstünden so vielfältige "Wettbewerbsverhinderungskoalitionen" unter den Mitgliedstaaten der EU. Darüber hinaus kritisiert Basedow aber auch den Irrglauben, daß das Streben deutscher Unternehmen nach Weltgeltung durch staatliche Eingriffe unterstützt werden könne, die den Wettbewerb tendenziell behinderten. Offenbar glaubten die Befürworter dieser staatlichen Eingriffe, daß "die nationale Protektion und nicht die Konkurrenz im eigenen Haus den Global player fit für den Weltmarkt" mache.

Demgegenüber betont Basedow, daß der Wettbewerb Dreh- und Angelpunkt der marktwirtschaftlichen Ordnung sei. Ein angemessenes Wirtschaftswachstum und vermehrte Beschäftigungschancen seien nur erreichbar, wenn der Wettbewerb als Leitbild der Wirtschaftspolitik diene. Der Wettbewerb gebe den wirtschaftlichen Antriebskräften Raum zur Entfaltung, er steigere kontinuierlich die gesamtwirtschaftliche Effizienz und bilde zugleich eine wirksame Kontrolle wirtschaftlicher Macht. All dies komme als Ganzes der Allgemeinheit zugute.

Aus diesem Grund heißt Basedow auch den Zwang zur Marktöffnung und Deregulierung in der Europäischen Union gut. Deregulierung dürfe jedoch nicht mit der schlichten Streichung, Ausdünnung oder Verringerung von Rechtsnormen verwechselt werden. Vielmehr sei unter Deregulierung der Abbau staatlicher Wettbewerbsbeschränkungen zu verstehen. Zum Beispiel sei die marktwirtschaftliche Öffnung durch Aufhebung eines Monopols nur mit Hilfe von zusätzlichen Regulierungen zu erreichen, durch die überhaupt erst die Voraussetzungen für das Entstehen neuer Märkte geschaffen würden (wie zum Beispiel auf den Märkten für Telekommunikation und Energie).

Auch seien aufgrund massiver Bestandsschutzinteressen von Verbänden und Gewerkschaften Rechtsregeln wichtig, welche die Staaten zur Deregulierung verpflichteten. Die zentrale Rolle in der Deregulierungsdebatte spiele deshalb das Europarecht. Das Ziel des europäischen Binnenmarktes sei gemäß Artikel 8a II EWG-Vertrag ein "Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital . . . gewährleistet ist". Hieran ist nach Basedow zweierlei bedeutsam. Erstens hätten die genannten vier Grundfreiheiten ebenso wie das ganze europäische Gemeinschaftsrecht Vorrang vor nationalem Recht. Zweitens verpflichteten sie nicht nur wie andere Regeln des Völkerrechts die Mitgliedstaaten zu vertragskonformem Handeln, sondern seien darüber hinaus subjektive Rechte der EU-Bürger, die sie im Klagewege gegen die Mitgliedstaaten durchsetzen könnten. Nehme man beide Aspekte zusammen, so hätten die Regeln über den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital nach Basedow den Charakter wirtschaftlicher Grundrechte, die subjektive Rechte auf einen staatlichen Regelungsverzicht, also einen Anspruch auf Deregulierung, begründen würden.

Ganz unabhängig von der staatsrechtlich umstrittenen Frage, ob aus dem Artikel 8a II EWG-Vertrag ein subjektives Recht auf staatlichen Regelungsverzicht folgt, kann man aus liberaler Sicht auf jeden Fall den durch Vertrag selbstgewählten heilsamen Zwang zur Marktöffnung in der EU begrüßen. Trotzdem ist hier zumindest die Frage zu stellen, ob Basedow nicht ausgerechnet der EU und ihren Institutionen EU-Kommission und Europäischem Gerichtshof Rollen zuweist, die nur sehr schwer mit liberalem Denken vereinbar sind. Die EU und ihre Institutionen zeichnen sich trotz der derzeitigen liberalen Politik einiger EU-Kommissare, die jedoch nicht ewig andauern muß, durch massive Demokratiedefizite aus. Auf diese Demokratiedefizite haben in den kontroversen Diskussionen um die Einführung des Euro nicht nur liberale Ökonomen und Juristen hingewiesen, sondern unter anderen auch der Nürnberger Staatsrechtslehrer Karl Albrecht Schachtschneider, welcher nun nicht gerade im Verdacht steht, ein bekennender oder geheimer Neoliberaler zu sein. Aber sowohl für Walter Eucken und Friedrich August von Hayek als auch für Karl Albrecht Schachtschneider, der einen republikanischen Ansatz vertritt, ist Freiheit nicht teilbar. Freiheit als Unabhängigkeit von der Willkür anderer bezieht sich immer auf eine Beziehung von Menschen zu Menschen und ist deshalb in jedem menschlichen Lebensbereich zu achten und zu schützen.

Den aus der Interdependenz der Ordnungen (Walter Eucken) folgende Zusammenhang zwischen der Verfassung des Marktes und der Verfassung des Staates problematisiert Basedow jedoch nicht. Aber gerade aus einer interaktionsökonomischen Betrachtung dieses Zusammenhangs ließen sich zum einen zahlreiche Hinweise gewinnen, wie die von Basedow kritisierte deutsche Wirtschaftspolitik, die durch zahlreiche Bestandsschutzinteressen von Verbänden und Gewerkschaften sowie durch den herrschenden Parteienstaat blockiert wird, an mehr Freiheit wagender Dynamik gewinnen kann. Und gerade dieser Zusammenhang zwischen der Verfassung des Marktes und der Verfassung des Staates wird zum anderen in einer EU von immer größerer Bedeutung sein, die von Mitte 2004 an wahrscheinlich 25 Mitgliedstaaten umfassen wird.

NORBERT TOFALL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Norbert Tofall resümiert zunächst sehr ausführlich diese Sammlung von Beiträgen Basedows, mit denen dieser seit Anfang der neunziger Jahre die Phase der Deregulierung in Deutschland "kritisch begleitet" habe. So erfahren wir, dass Basedow etwa moniert, dass die Regierung Kohl mit der Beibehaltung der Meisterprüfung als Voraussetzung für die Gründung eines Handwerksbetriebes das Angebot an legalen Handwerksleistungen künstlich knapp gehalten habe. Als zentral aber hebt der Rezensent Basedows These hervor, dass dem Europarecht eine zentrale Rolle bei der Deregulierung zukomme, da in Artikel 8a II EWG-Vertrag eine Verpflichtung der Europäischen Union auf Abbau von Wettbewerbsschranken festgelegt sei. Die europäischen Nationalstaaten müssten demnach also aus Brüssel zur Deregulierung gezwungen werden. Hier sei, meint der Rezensent, "zumindest die Frage zu stellen, ob Basedow nicht ausgerechnet der EU und ihren Institutionen Rollen zuweist, die nur sehr schwer mit liberalem Denken vereinbar sind."

© Perlentaucher Medien GmbH