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William Blake (1757-1827) gilt heute als Überwinder des Klassizismus und Wegbereiter der Moderne. Seine Gedichte und Kupferstiche schöpften aus erschütternden Visionen. Peter Ackroyd stellt in seiner international hoch gerühmten Biographie Leben und Werk dieses exzentrischen Künstlers vor dem Hintergrund einer politisch und kulturell bewegten Zeit dar.
Schon als Kind verfügte William Blake über das zweite Gesicht und setzte seine Visionen von den Engeln und Propheten in Bilder und Verse um. Williams Vater, ein Strumpfwarenhändler, erkannte früh, dass der Junge für einen Brotberuf untauglich
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Produktbeschreibung
William Blake (1757-1827) gilt heute als Überwinder des Klassizismus und Wegbereiter der Moderne. Seine Gedichte und Kupferstiche schöpften aus erschütternden Visionen. Peter Ackroyd stellt in seiner international hoch gerühmten Biographie Leben und Werk dieses exzentrischen Künstlers vor dem Hintergrund einer politisch und kulturell bewegten Zeit dar.
Schon als Kind verfügte William Blake über das zweite Gesicht und setzte seine Visionen von den Engeln und Propheten in Bilder und Verse um. Williams Vater, ein Strumpfwarenhändler, erkannte früh, dass der Junge für einen Brotberuf untauglich war, und meldete den Zehnjährigen in der bedeutendsten Londoner Zeichenschule an. Mit der Aufnahme in die Royal Academy of Arts, zwölf Jahre später, schien für William Blake eine glänzende Laufbahn als Maler vorgezeichnet. Aber er überwarf sich mit dem Akademiepräsidenten und erfolgreichen Porträtmaler Sir Joshua Reynolds und wurde Kupferstecher, eine damals beinahe schon altmodische Profession.
Blakes Leben ist immer reich an Widersprüchen gewesen. Er setzte sich demonstrativ die rote Jakobinermütze auf, idealisierte aber als glühender Patriot Britanniens Vergangenheit. Er mied die Öffentlichkeit, ließ sich jedoch durch einen Soldaten in einen Skandalprozess verwickeln. Viele Zeitgenossen rühmten seine Sanftmut, aber wehe dem Widersacher, der seinen Zorn erregte. Er schrieb Hymnen auf die freie Liebe und brach in seinen Aquarellen und Zeichnungen erotische Tabus, lebte aber 45 Jahre lang treu an der Seite seiner Frau: Catherine Boucher.
Sie stammte aus einfachsten Verhältnissen, bildete sich nach der Heirat (1782) durch eigene Studien weiter und half Blake nicht zuletzt mit ihren technischen Fertigkeiten bei der Vollendung seiner bekanntesten Werke: die Lieder der Unschuld und Erfahrung (1789/94), die Ideenschrift „Die Hochzeit von Himmel und Hölle“ (1793), die Illustrationen zum Buch Hiob (1824) und zu Dantes „Divina Commedia“ (1826) und die späten Versepen wie „Milton“ (1809) und „Jerusalem“ (1804-20), in denen er hebräische, germanische und keltische Mythen zu einer neuen Kosmologie verschmolz.
Diese Werke, so unterschiedlich sie auch anmuten, zielen doch alle darauf ab, „die Pforten der Wahrnehmung zu reinigen“, damit der Mensch wieder das Unendliche zu schauen lernt. Blake, der sich als Medium eines poetischen Genius bezeichnete, sah im Künstler die eigentliche Verbindung zu Gott. Die Priester dagegen, Wächter einer pervertierten Religion, hinderten den Menschen mit ihrer Fixierung auf die zehn Gebote daran, seine Energie und seine Phantasien freizusetzen.
Als radikaler Künstler wurde Blake zum Ein-Mann-Unternehmer, der seine „illuminierten Bücher“ im Alleingang herstellte: Er schrieb die Verse, er entwarf die Bilder, er fertigte die Druckplatten nach einem von ihm selbst entwickelten Hochdruckverfahren (Reliefradierung) an und kolorierte, von seiner Frau unterstützt, die Drucke. Auf diese Weise entzog er sich allen kommerziellen Zwängen, verlor aber nach und nach sein Publikum.
Auch unter dürftigsten Lebensbedingungen fand er in seiner Kunst Erfüllung. „Wenn es je einen glücklichen Menschen unter den Intellektuellen gab“, so ein Zeitgenosse Blakes, „dann war es dieser Künstler.“ Noch auf dem Sterbebett arbeitete er an einer neuen Version seines berühmten Gemäldes: Und Gott erschuf die Welt. Mit den Worten: „Ich gehe in ein Land, das ich schon immer sehen wollte“, beschloss er ein Leben.
Peter Ackroyd stellt nicht nur Leben und Werk dieser oft verkannten Genies dar, sondern hebt auch die vielfältigen Inspirationen hervor, die er von deutschen Künstlern und Theoretikern empfing (Winckelmann, Lavater, Heinrich Füssli). Er würdigt Blakes Bedeutung für spätere Generationen und arbeitet anschaulich den zeitgeschichtlichen und politischen Hintergrund heraus, vor dem sich seine Werke erschließen: die konservative Politik eines William Pitt d. J., die Französische Revolution, die Napoleonischen Kriege.
Ackroyd erzählt so plastisch von Blakes prägenden Erlebnissen, dass wir uns als Leser in die Ateliers seiner Lehrherrn versetzt glauben, wo wir den Geruch von Nussöl, Decklack und Farbruss einatmen. Wir wähnen uns an der Seite des jungen Künstlers, der die schäbigen Viertel Londons durchstreift, in Westminster Abbey mittelalterliche Gräber nachzeichnet und den Geist der gotischen Kunst in sich aufnimmt. Diese mit dem Atem eines großen Romans geschriebene Biographie schließt eine Lücke auf dem deutschen Buchmarkt.
Autorenporträt
Peter Ackroyd, geboren 1949 in London, studierte Literaturwissenschaft in Cambridge und Yale und war viele Jahre Redakteur beim "Spectator" und Literaturkritiker der "Times". Für seine Romane und Biographien wurde er vielfach mit Preisen ausgezeichnet, unter anderem erhielt er den Somerset-Maugham-Award für "Das Tagebuch des Oscar Wilde".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.2001

Beherrscher der höllischen Methode
Prophet im Verborgenen: Peter Ackroyds Biographie des weltfremden Künstler William Blake · Von Tobias Döring

Die Welt sei nicht rund, sondern "ganz flach". Neulich erst habe er mit der "greisen Sonne" gesprochen, die ihm dies versicherte. Als sie ihn nach dem "griechischen Apoll" fragte, gab er gleich Bescheid: "Er ist Satan." - Wer in der besseren englischen Gesellschaft des frühen neunzehnten Jahrhunderts solche Reden führt, kann kaum auf Verständnis hoffen. Lady Charlotte sprach denn auch in ihrem Tagebuch von einem "exzentrischen kleinen Künstler", dessen Ansichten "sehr eigentümlich" und "über das Alltagsmaß des Gängigen erhoben" seien. Das war fein ausgedrückt. Was hätte die Lady wohl zu jenem Vorkommnis gesagt, von dem ein angesehener Besucher uns berichtet? Splitternackt habe er den Künstler und seine Frau angetroffen in der Gartenlaube hinterm Haus am Londoner Stadtrand. "Kommen Sie zu uns", soll der Hausherr unbefangen gerufen haben, "wir sind Adam und Eva, wissen Sie!" Man war gerade in die Lektüre von Miltons "Paradise Lost" vertieft.

Der Maler, Dichter, Visionär und Handwerker William Blake (1757 bis 1827) ist selbst in der englischen Kultur, die ihre Exzentriker bekanntlich hochhält, eine randständige und, im Wortsinn, unzurechnungsfähige Erscheinung. Seine frühen Gedichtzyklen wie "Lieder der Unschuld und Erfahrung" enthalten bekannte Verse von so bezwingender und zugleich ungewisser Schlichtheit, daß sie in den Grundwortschatz englischer Selbstverständigung eingegangen sind. Seine monumentalen Epen wie "Vala oder Die Vier Zoas" und "Jerusalem", im Gestus des Prophetischen und in dramatisch verrätselter Gestaltung, dringen in so entlegene Gefilde vor, daß selbst professionelle Leser kaum ihren Spuren folgen können. Blakes Bildwerke, obwohl nicht weniger enigmatisch, gestalten seine drängenden Visionen oft in düsteren Farben und albtraumhafter Figurierung, immer aber mit berückender Prägnanz. Ist er ein später Klassizist, dem die menschliche Gestalt als Maß aller Dinge gilt? Ein früher Romantiker, der die Abgründe der Seele schaut? Ein verspäteter Illuminator, der Wort und Bild mystisch zur Einheit hebt? Ein genialer Vorläufer, der die künstlichen Paradiese der Moderne vorwegnimmt? Das Eigentümliche des William Blake läßt sich nirgends zurechnen. Irischer Abstammung müsse er gewesen sein, meinte sein Verehrer William Butler Yeats, denn nur als Sproß einer entlegenen, möglichst unenglischen Tradition mochte er ihm folgen.

Dabei war Blake Londoner, stammte aus dem Zentrum der Metropole und der Mitte ihrer kleinbürgerlichen Schicht. Es ist das Verdienstvolle und Spannende an Peter Ackroyds großer Blake-Biographie, daß sie den Unzeitgemäßen in seine Epoche und den Außenseiter an seinen Platz stellt. Das protestantische und bibelfromme Elternhaus, Anhänger einer Dissentersekte, deren Endzeiterwartung mit autoritätsfernem Radikalismus einherging, hat ihn ebenso geprägt wie die zunftgerechte Lehre bei einem lokalen Graveur, der er sich statt Schulbildung in jungen Jahren unterzog. Vielleicht seien Kupferstecher von Berufs wegen radikal, vermutet Ackroyd, da sie wissen, daß Bilder und Symbole stets geschaffen und niemals natürlich vorgegeben sind. Blake jedenfalls schuf seine Symbolwelt aus Vertrautem wie Obskurem; er setzte sie trotzig allem entgegen, was vorgegeben und vorbildlich war. Von der Genesis bis zur Apokalypse, vom Schornsteinfegerjungen bis zu Homer, vom "Geist eines Flohs" bis zur "See von Raum und Zeit": nichts war ihm zu gering, nichts zu gewaltig für die Aufnahme in seinen Kosmos durch poetische und bildliche Gestaltung.

Im aufstrebenden bürgerlichen Kunsthandel mit Stichen und Illustrationen konnte Blake trotz guter Auftragslage nie Fuß fassen, denn im Zeitalter der technischen Reproduktion von Kunstwerken beharrte er auf Einzigartigkeit. Mit dem Verfahren der Reliefätzung, das er "Drucken nach der höllischen Methode" nannte, stellte er zwar ganze Serien seiner Text-Bild-Kompositionen her, kolorierte anschließend jedoch jedes Blatt individuell von Hand. Dafür fand er immer wieder Gönner, aber zu Lebzeiten kaum Publikum und erst recht keine Käufer. Seine lang vorbereitete Ausstellung von Freskogemälden, deren Rang er im selbstverfaßten Katalog mit dem eines Michelangelo und Raffael verglich und als "größte Pflicht dem Vaterlande gegenüber" annoncierte, fand 1808 in der Broad Street Nummer 28 statt, dem Strumpfwarengeschäft seines Bruders. Doch derlei öffentliche Geringschätzung focht ihn dauerhaft nicht an: "Ich bin im Himmel für meine Werke berühmter, als ich es wohl vermuten durfte", teilt er vertraulich mit. "Warum also sollte ich mich sorgen um Reichtum oder Ruhm in der Sterblichkeit?"

Die Nachwelt hat ihm recht gegeben. Selbst wenn Ackroyds Urteil, er sei "authentischer Bestandteil" einer Tradition, "die solch herausragende Vertreter wie Shakespeare oder Dickens aufweist", nur patriotische Platitüde ist, haben viele nachfolgende Generationen Blake zur Leitfigur erkoren; vor allem Menschen in Aufbruchsbewegungen sahen in ihm den Propheten ihrer Suche nach neuen Lebensentwürfen. Von Dante Gabriel Rossetti bis Jim Morrison: der weltfremde Handwerker aus Soho galt als Künder neuer Wirklichkeiten, Vater der sexuellen Revolution und Anführer im Kampf gegen Konformitätszwang. Ackroyds Buch ist nicht zuletzt deshalb lesenswert, weil es das pathetische Bild zurechtrückt und mit großer Aufmerksamkeit für die Spuren dieses äußerlich ereignisarmen Lebens dessen innere Triebkraft zu fassen sucht. Dabei wird ein anderer Blake erkennbar, ein Cockney und streitlustiger Spötter, dessen Pose des verschrobenen Sonderlings auch etwas Parodistisches hat. Seine Wertschätzung für den Maler Heinrich Füssli, dem er lange eng verbunden war, drückte er mit den Worten aus: "Der einzige Mann, den ich je gekannt, / Der mich nicht beinah zum Speien gebracht."

Ackroyd ist nicht nur ein bewährter Biograph, sondern auch Romanautor, der mit Erfolgen wie "Chatterton" oder "Das Tagebuch des Oscar Wilde" berühmte Lebensgeschichten fiktional geformt und postmodern durchkreuzt hat. Seine Blake-Biographie hingegen ist konventionell und kompetent erzählt. Die deutsche Ausgabe hat allerdings mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß ihr Gegenstand nur wenigen Menschen vertraut sein dürfte. Trotz der beachtlichen Übersetzerleistung von Thomas Eichhorn, der auch seine Gedichte 1996 in deutscher Sprache herausgegeben hat, sind Blakes Werke hierzulande nicht eben geläufig und bedürften anderer Vermittlungsarbeit als für die Leserschaft in England, wo Blakes "Tiger"-Gedicht den Status einer weltlichen Hymne hat.

In sein Exemplar der Akademievorlesungen von Reynolds, des amtierenden Papstes der englischen Kunstwelt, schrieb Blake wütende Randglossen, um die "Entrüstung & Abscheu" festzuhalten, die er für "Sir Joshua & seine Bande von gerissenen angeheuerten Schurken" empfand. Darunter findet sich auch eine hellsichtige Bestimmung der eigenen Position: "Ich bin verborgen." Wer sich aufmacht, diesen Verborgenen durch Lektüre und Betrachtung aufzusuchen, der, so zeigt Ackroyds Lebensbericht, hat Großes zu entdecken.

Peter Ackroyd: "William Blake. Dichter, Maler, Visionär". Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Eichhorn. Albrecht Knaus Verlag, München 2001. 480 S., Abb., geb., 58,-DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ackroyd ist einer der ganz wenigen Schriftsteller seiner Generation, die man noch in hundert Jahren lesen wird." (Sunday Times)

"Er ist einer der namhaftesten britischen Gegenwartsautoren: Peter Ackroyd schreibt mit visionärer Kraft und bricht mit den Konventionen biographischer Darstellung." (Neue Zürcher Zeitung)

"Eine brillante Einführung in Leben und Werk." (The New York Times Book Review)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Eine große Blake-Biografie, findet Rezensent Tobias Döring, die verdienstvoll und spannend sei, weil sie "den Unzeitgemäßen in seine Epoche und den Außenseiter an seinen Platz" stelle. Die deutsche Ausgabe allerdings habe mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass ihr Gegenstand nur wenigen Menschen vertraut sein dürfte. Um diesen Mangel auszugleichen, schreibt Döring viel über William Blake selbst, diesen exzentrischen Dichter und Künstler, was nicht nur auf das Buch sondern auch auf seinen Gegenstand mehr als neugierig macht. Nicht immer teilt der Rezensent dabei Ackroyds Urteile, findet dessen Blake-Buch aber nicht zuletzt deshalb lesenswert, weil hier "mit großer Aufmerksamkeit für die Spuren dieses äußerst ereignisarmen Lebens dessen innere Triebkräfte" zu fassen versucht werde. Die Übersetzerleistung von Thomas Eichhorn, der auch Blakes Gedichte in deutscher Sprache herausgegeben habe, wird als "beachtlich" bewertet.

© Perlentaucher Medien GmbH"