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Musikhören ist ein vielschichtiger Vorgang: Man will eine Komposition verstehen, darüber hinaus aber möchte man begreifen, was jenseits der Musik liegt und vielleicht nur durch sie ausgedrückt werden kann. Hans Zender ist einer der profiliertesten Komponisten der Gegenwart und gehört zu den wenigen, die regelmäßig über Musik schreiben. In diesem Buch geht es unter anderem um das Verhältnis von Musik und Sprache, um Anton Bruckner, Gedanken zur "Spirituellen Musik" und um engagierte Einmischungen in die aktuelle Kulturpolitik. Eine Leidenschaft durchzieht diese Beiträge: Kunst soll uns…mehr

Produktbeschreibung
Musikhören ist ein vielschichtiger Vorgang: Man will eine Komposition verstehen, darüber hinaus aber möchte man begreifen, was jenseits der Musik liegt und vielleicht nur durch sie ausgedrückt werden kann. Hans Zender ist einer der profiliertesten Komponisten der Gegenwart und gehört zu den wenigen, die regelmäßig über Musik schreiben. In diesem Buch geht es unter anderem um das Verhältnis von Musik und Sprache, um Anton Bruckner, Gedanken zur "Spirituellen Musik" und um engagierte Einmischungen in die aktuelle Kulturpolitik. Eine Leidenschaft durchzieht diese Beiträge: Kunst soll uns berühren, und wir sollen unsere Sinne schärfen auch für heute entstehende Kunst. Jedwede Musik muss man wach hören.
Autorenporträt
Hans Zender, geboren 1936, war u. a. GMD der Hamburgischen Staatsoper und Professor an der Frankfurter Musikhochschule.
Wichtige Kompositionen: Canto I IX, Hölderlin lesen I V, Stephen Climax, Don Quijote de la Mancha, Chief Joseph, Logos-Fragmente, 33 Veränderungen über 33 Veränderungen, komponierte Interpretation zu Schuberts Winterreise.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein Buch für alle, denen es mit der Musik ernst ist, stellt uns Peter Gülke vor. Hans Zenders Schilderungen aus der musikalischen Produktion ist für den Rezensenten zwar nicht immer leichte Kost. Doch Zenders einleuchtende Überlegungen zur Kulturpolitik, zu Bruckner oder zur eigenen Arbeit als Dirigent und Komponist, gepaart mit einem offenbar unerschütterlichen Optimismus Sinn und Wirkung von Musik betreffend, haben Gülke jedoch jede Menge Erkenntnisse eingebracht. Nicht zuletzt, dass der Autor nicht einfach Ergebnisse präsentiert, sondern den Leser mitnimmt auf den Weg der Problemlösung, hat sich für Gülke immer wieder als gewinnbringend erwiesen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2014

Dem Klang und der Stille direkt auf der Spur
Glänzend geschrieben und ganz nah am Gegenstand: Der Komponist und Dirigent Hans Zender nimmt den Leser mit auf eine Erkundung nicht nur zeitgenössischer Musik

Komponieren und Interpretieren halten sich beim Musiker Hans Zender ähnlich die Waage wie einst bei Mahler und Strauss, heute bei Ruzicka, Holliger oder Widmann. Hinzu kommt, tief ins Komponieren hineinwirkend, ein bohrendes, vom Phänomen Musik immer neu angestoßenes Fragen, bei dem ein ästhetisch-philosophisch weitgespanntes, bis in buddhistisches Denken hinein reichendes Umfeld Hilfe leistet.

Den Titel seines facettenreichen Buches erklärt er damit, "dass nur ein Hören, das sich dem individuellen Stück mit Haut und Haaren ausliefert und es nicht nur ohne Vorurteile, sondern ohne Erwartungen einer bestimmten Form von Sinn aufnimmt, zur Tiefendimension der sich ereignenden Musik vordringt". Und weiter: Bewusstes Hören sei ein Vorgang, "durch den der Hörer nicht nur Sinnvolles empfängt, sondern es selber mitschafft (...) Das Hören im modernen Sinn ist dem Auftauchen und Versinken, den Phänomenen von Klang und Stille direkt auf der Spur. Es zieht aus, um das Hören zu hören."

Wenn Zender irgendwo Widerspruch verdient, dann bei der Auskunft, er sei gezwungen, sich "auf das Glatteis des philosophischen Diskurses zu wagen, ohne die nötige Qualifikation dafür zu haben". Als ob ein genau reflektierter Anprall an musikalischen Sachverhalten, bei denen die diskursive Logik wenig ausrichtet, nicht zum Musterfall philosophischen Staunens würde, als ob Philosophie nicht dort am authentischsten wäre, wo es ohne sie nicht weitergeht! Im Übrigen schreibt Zender glänzend; selten findet man Auskünfte aus der Pilotenkanzel künstlerischer Produktivität so umstandslos und einleuchtend aufs Wort gebracht - nie zu Lasten verwickelter Problemlagen, weil er weniger Ergebnisse präsentiert, als den Leser auf dem Weg zu ihnen mitnimmt.

Zur besonderen Beglaubigung des Buches gehört, dass der Komponist und der Dirigent immer mitreden, nicht nebeneinander, sondern gemeinsam, so dass von deren Erfahrungen auch spekulativ ausgreifende Überlegungen profitieren. Dies und eine kluge Anordnung machen diese Sammlung von Arbeiten aus den letzten Jahren zu einem Ganzen, dessen einzelne Kapitel sich zugleich als "Bruchstücke einer großen Konfession" darstellen: Erläuterungen eigener Werke stehen neben Aufsätzen über Bruckner und Bernd Alois Zimmermann; kulturpolitische Stellungnahmen neben grundsätzlichen Überlegungen zu heutigen Chancen und dem Auftrag von Musik, die ihren Namen verdient. Den Schluss bilden ein Briefwechsel mit dem Philosophen Albrecht Wellmer und ein Nachwort des Herausgebers.

So vielfältig die Gegenstände und die Arten der Behandlung auch sind - einige Grundpositionen scheinen immer wieder durch. Sie helfen, Hölderlin und Bruckner angesichts "jener äußersten und beängstigenden Freiheit, (...) in die uns die Moderne versetzt hat", als inspirierende Bezugsgrößen zu erkennen; als solche hat Zender Hölderlin kompositorisch, Bruckner dirigierend wahrgenommen. Nach einem musikeigenen "Logos" - eine frühere Aufsatzsammlung trug den Titel "Die Sinne denken" - fragt er ebenso wie nach einer auch ungewollt sich herstellenden Historizität des Komponierens, nach unterschiedlichen Zeitqualitäten ebenso wie nach "Spiritueller Musik".

So merkwürdig es klingen mag - bei allem Leiden an einer Situation, in der Qualität "immer mehr an der Mühelosigkeit einer kurzfristigen und kommerziell erfolgreichen Wirkung gemessen" wird, bei aller Sorge auch angesichts aktueller Bedrohungen des Musiklebens ist das Buch optimistisch grundiert. Dank Zenders Sicherheit über Auftrag, Sinn und Art einer Musik, wie er sie denkt, und seines Vertrauens in ihre unabdingbare Notwendigkeit: Die Möglichkeit einer lebendigen Moderne liegt für ihn "in der Entdeckung einer Tiefendimension, die die bisherige Kunst kaum kannte, ja die vielleicht geradezu verdeckt wurde durch die hohe Schönheit der alten, götterbildartigen Kunst".

Dass er deren "hohe Schönheit" musizierend vielfach ausgemessen hat, widerspricht einem Konzept nicht, nach dem der Ablauf eines Werkes "heute nicht mehr ohne Weiteres als eine Form bezeichnet werden" kann, "die am Ende zu einer logischen und emotionalen Geschlossenheit und Einheit gebracht scheint". Neue Stücke sollen "eher wie ein Ausschnitt aus einem nicht erscheinenden Ganzen" wirken, "ohne Anfang und Ende. Sie scheinen Fragmente zu sein - ohne dass sie es im kompositorischen Sinne tatsächlich sind."

Wie sicher er in der Formulierung der zuweilen im besten Sinne utopischen Entwürfe auch ist, wie detailliert er Veranlassung und Struktur eigener Werke immer beschreibt - mit der Apologie eigenen Schaffens hat er, der vor einiger Zeit eine eigene, auf ein 72-stufiges Tonsystem gegründete Harmonielehre vorgestellt hat, nichts im Sinn: Der Autor ist ihm "weniger ein Schöpfer als vielmehr ein Kanal". Wie auch als Komponist und Dirigent hält er es konsequent mit dem "Pathos der Sachlichkeit" und scheut sich nicht, nach Maßgaben billiger Publizität sperrig zu erscheinen. Lesern wie Hörern tut er die Ehre, es ihnen - und sich - nicht leicht zu machen. Die guten Gründe hierfür sollten jeden interessieren, dem es mit Musik, nicht nur zeitgenössischer, und derzeitigen Entwicklungen unserer Kultur ernst ist.

PETER GÜLKE

Hans Zender: "Waches

Hören". Über Musik.

Hrsg. von Jörn Peter Hiekel. Carl Hanser Verlag, München 2014. 184 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Unter den heutigen Musikern von Rang ist Hans Zender einer der besten Schriftsteller und einer der klarsten Denker. Zu den Paradoxien dieser Klarheit gehört, dass Zender sich mit Vorliebe dort denkend bewegt, wo Musik im Ungreifbaren verschwindet." Alfred Brendel, Neue Zürcher Zeitung, 15.01.15

"Ein ausfschlussreiches Buch." Alexander Dick, Badische Zeitung, 19.08.14