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Ein Schiff, größer als alles, was man bis dato kannte; der kühne Versuch, erstmals die Alte und die Neue Welt durch ein Telegraphenkabel miteinander zu verbinden; Menschen, deren Entschlossenheit, die gesetzten Ziele zu erreichen, oft in fatalem Widerspruch steht zu den Gefühlen, die sie leiten - das sind die Themen dieses Romans von John Griesemer, der in Amerika als einer der wichtigsten kommenden Autoren gilt.
´´Ein Rausch!´´ urteilt Elke Heidenreich
Das erste Transatlantikkabel soll gelegt werden, doch es reißt wieder und wieder. Das größte Schiff aller Zeiten soll zu Wasser gebracht
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Produktbeschreibung
Ein Schiff, größer als alles, was man bis dato kannte; der kühne Versuch, erstmals die Alte und die Neue Welt durch ein Telegraphenkabel miteinander zu verbinden; Menschen, deren Entschlossenheit, die gesetzten Ziele zu erreichen, oft in fatalem Widerspruch steht zu den Gefühlen, die sie leiten - das sind die Themen dieses Romans von John Griesemer, der in Amerika als einer der wichtigsten kommenden Autoren gilt.
´´Ein Rausch!´´ urteilt Elke Heidenreich

Das erste Transatlantikkabel soll gelegt werden, doch es reißt wieder und wieder. Das größte Schiff aller Zeiten soll zu Wasser gebracht werden, doch es weigert sich, vom Stapel zu laufen. Wir schreiben das Jahr 1857, und die Welt windet sich in den Geburtswehen der Moderne.

Die Welt, das ist zunächst der amerikanische Ingenieur Chester Ludlow, der sich mit Haut und Haaren der Idee verschrieben hat, das erste Telegraphenkabel durch den Atlantik zu verlegen; Chester ist unglücklich verheiratet mit der ehemaligen Schauspielerin Franny, die der gemeinsamen Tochter Betty nachtrauert, die einem epileptischen Anfall zum Opfer gefallen ist.
Ludlow begibt sich mit einer illustren Theatertruppe und einem verspielt-naiven Stück, das die Verlegung des Atlantikkabels zum Thema hat, auf Reisen, um Geld für das Projekt zu sammeln. Geleitet wird die Truppe von dem Deutschen Joachim Lindt und dessen wunderschöner Frau Katerina, zu der Ludlow alsbald in heißer Liebe entbrennt, derweil Franny daheim in Maine zusammen mit Ludlows Bruder Otis versucht, Bettys Geist im Jenseits zu beschwören.
Ganz am Ende besucht Ludlow mit seinen Söhnen in den Docks von Liverpool den "Größten schwimmenden Vergnügungspark der Welt": die inzwischen ausgemusterte "Great Eastern", jenes Schiff, das zunächst nicht ins Wasser wollte, doch dann die Welt veränderte.

Autorenporträt
John Griesemer, 1947 geboren, ist der Autor der Romane Rausch, der monatelang auf der Spiegel-Bestseller-Liste stand, und Niemand denkt an Grönland, der mit Jason Biggs in der Hauptrolle unter dem Titel Guy X verfilmt wurde. John Griesemer lebt mit seiner Familie in New Hampshire.

Ingo Herzke lebt als Literaturübersetzer in Hamburg. Studium der klassischen Philologie, Anglistik und Geschichte in Göttingen und Glasgow.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2003

Schäferstunden der Menschheit
Scheitern als Chance: John Griesemer rührt die Kabeltrommel / Von Richard Kämmerlings

Als Caesar Gallien eroberte, hatte er wenigstens einen Koch dabei. Neil Armstrong und Edwin Aldrin mußten sich zwar auf die Künste des Bodenküchenpersonals verlassen, aber auch die Mondlandung war eine reife Mannschaftsleistung. Daß historische Groß- ebenso wie Untaten nicht von einzelnen vollbracht werden, weiß man nicht erst seit Brecht oder der strukturalistischen Zeitgeschichtsforschung: Der historische Roman errichtete seine wuchtigen Erzählpaläste oft mit Hilfe von Randfiguren, der Leibärzte, Kammerdiener, Frisöre und Mätressen großer Männer. Wo Fakten der Fiktion Fesseln anlegen, beherbergt das Vorzimmer des Ruhms ausreichend Personal, das sich romangerecht in private Klüngel und Intrigen verwickeln läßt. Vor allem aber finden sich dort reichlich Frauen, um den Haupt- und Staatsaktionen Nebenbuhler und Liebeshändel beizustellen.

Wenn es im historischen Roman also vor allem darum geht, Verbindungen herzustellen oder zu lösen, welcher Stoff wäre dann geeigneter als die Kontaktanbahnung zweier Kontinente? John Griesemers Roman "Rausch", dank Elke Heidenreichs Empfehlung zu Bestsellerwürden gelangt, erzählt von einer der größten Ingenieursleistungen der Moderne - der nach mehreren bitteren Fehlschlägen 1866 schließlich gelungenen Verlegung eines transatlantischen Telegraphenkabels. Stefan Zweig hat die Geschichte des Projekts in seinen "Sternstunden der Menschheit" als den Augenblick beschrieben, in dem die moderne Telekommunikation endgültig den Sieg über Raum und Zeit davontrug und die Welt in die Epoche der Gleichzeitigkeit eintrat.

Schon im Prolog läßt Griesemer an der Bedeutung seines Stoffs keinen Zweifel. Er schildert den - ebenfalls zunächst mehrfach scheiternden - Stapellauf der "Great Eastern", des größten Schiffs seiner Zeit, das schließlich dem Kabelprojekt zum Erfolg verhelfen wird. Dabei läßt er niemand Geringeren als Karl Marx, technikeuphorisch und kapitalismuskritisch dozierend, durch den Uferschlamm stolpern. Ein schrecklicher Unfall weist auf die - meist namenlosen - Opfer des Fortschritts hin.

Gleich zu Beginn des Romans nimmt Griesemer damit einen tiefen epischen Atemzug, den er dann allerdings in vielen kleinen Pusterchen entweichen läßt. Held des historischen Projekts war der Unternehmer Cyrus W. Field, der unermüdlich um Geldgeber, Regierungsvertreter und Ingenieure warb und sich auch durch Fehlschläge nicht entmutigen ließ. Bei Griesemer ist Field nur eine Nebenfigur, deren Bedeutung vor den Technikern verblaßt: Der amerikanische Ingenieur Chester Ludlow ist die - erfundene - Lichtgestalt, deren Charisma die elektrischen Ladungen zwischen den Kontinenten zum Fließen bringt und zugleich die Herzen der Frauen schneller schlagen läßt als jeden Morseticker.

Überhaupt weicht die Technikbegeisterung des furiosen Auftakts bald einer ausgiebigen Messung seelischer Aggregatzustände. Ludlows Frau Franny war eine aufstrebende Schauspielerin, die ihre Karriere aus gesundheitlichen Gründen aufgeben mußte. Das junge Paar erlitt einen schweren Schlag, als die an Epilepsie leidende vierjährige Tochter nach einem Anfall auf den Klippen neben ihrer Villa zu Tode stürzte. Schon diese Vorgeschichte läßt den Rührungsanzeiger mächtig ausschlagen. Eigentlicher Motor der Handlung ist so nicht die Schiffsturbine, sondern eine gewaltige Bühnenmaschinerie: Ein amerikanischer Mitfinanzier des Unternehmens will eine effektvolle Panorama-Darstellung des geplanten Unternehmens auf England-Tournee schicken, um zusätzliche Geldgeber zu beeindrucken. Statt seiner technischen Fähigkeiten muß Ludlow dafür sein theatralisches Talent einsetzen und zieht mit einer Varieté-Truppe durch London, während die depressive Franny in Amerika zurückbleibt. Dort kümmert sich Chesters Bruder Otis um sie, ein esoterischen Lehren anhängender Sonderling, ein Weltenbummler mit dem Reiseziel Jenseits. Während Chester zum Star der Londoner High Society avanciert und ein Verhältnis mit der verheirateten Pianistin seiner Truppe beginnt, läßt sich seine Frau spiritistisch unterweisen, um Kontakt mit der verstorbenen Tochter aufzunehmen. Briefe über den Atlantik brauchen eben noch Wochen, wo für den Kontakt mit dem Jenseits die passenden Medien stets bereitstehen. Chesters Kabelprojekt hat eine ziemlich lange Leitung. Otis dagegen überwindet Raum und Zeit mit der Kraft seiner Gedanken (und ein paar halluzinogenen Pilzen).

Der Originaltitel des Romans lautet "Signal & Noise"; das deutsche "Rauschen" hätte sein zentrales Motiv besser getroffen. Die doppelte Faszination jener Epoche von technischer und übersinnlicher Kommunikation wird am ungleichen Bruderpaar demonstriert. Wie in einer Easy-Reading-Ausgabe von Pynchon will Griesemer an dieser Urszene des Kommunikationszeitalters bereits das Internet vorwegnehmen - Otis träumt von einer "Wissenshülle, die den Planeten eines Tages überziehen wird". Doch dieses Motiv wird einerseits zu stark angeschlagen (Ludlows Haus heißt "Willing Mind", der Expeditionszeichner stellt sich vor, wie seine Bilder durch das Kabel geschickt werden et cetera), zugleich aber durch viele andere Themen verwässert. Der Roman selbst produziert soviel "noise", Stör- und Nebengeräusche, das seine zentralen Botschaften nur noch mit Mühe herauszuhören sind.

Die Entfremdung unter den Ehegatten, die Trauer über den Verlust des Kindes, Eifersüchtelei und Neid unter den Wissenschaftlern, diverse Formen der Spiel-, Ruhm- und Drogensucht - all diese Stoffe, aus denen Melodramen gemacht sind, hat Griesemer seinem Roman in den Frachtraum gepackt. Damit hat er ihn genauso überladen wie den Dampfer, der im Sturm durch die riesigen Kabeltrommeln ins Schlingern gerät, weil sein Schwerpunkt nicht mehr stimmt. Als im Unwetter das ganze Unternehmen auf der Kippe steht, taucht plötzlich Ludlows Geliebte als blinde Passagierin an Bord auf: "Chester bückte sich und packte Katerina, bevor sie an ihn vorbeirutschen und gegen das Backschott geworfen werden konnte. Er stützte sich mit den Beinen am Großmast und an der Ladeluke ab und hob sie in seine Arme, während eine weitere Woge über sie hinwegspülte. Die Mannschaft brach in spontanen Jubel aus." So wird aus dem Kampf mit den Elementen plötzlich eine filmreife Posse: Wackeln im Sturm.

Überhaupt knirscht für einen Ingenieursroman die Feinmechanik ganz erheblich. Die unwahrscheinlichsten Zufälle müssen herhalten, damit sich die Wege der Figuren selbst im Getümmel des amerikanischen Bürgerkriegs kreuzen. Das Problem der Darstellbarkeit historischer Prozesse wird zwar im Roman reflektiert - so trägt sich der Zeichner mit dem Plan eines gewaltigen Wandgemäldes, das den Titel "Fortschritt" tragen soll -, doch hat Griesemer selbst daraus keine Konsequenzen gezogen. Denn nicht im Panorama wird eine Epoche greifbar, sondern in der Reduktion auf das Exemplarische.

Am stärksten ist dieser Roman immer dann, wenn er das heroische Scheitern beschreibt, so gegen Ende, als das gerissene Kabel immer wieder in den Fluten versinkt. Letztlich machen eben doch die Kraft und Ausdauer einzelner die Geschichte. Griesemer knüpft aber viel zu viele Verbindungen, bis man den Überblick verliert und der Leselampe wütend den Stecker rauszieht. Wenn die transatlantische Leitung schließlich steht, hat der Roman vor allem eines produziert: Kabelsalat.

John Griesemer: "Rausch". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ingo Herzke. Marebuchverlag, Hamburg 2003. 686 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Rausch erzählt in epischen Bildern vom Rausch des Fortschritts, von der Zeit der Industrialisierung und vom Leben derer, die das alles erlebten."
(ZDF aspekte)

"... ein immens spannendes Buch ..."
(Ulrich Wickert, 08.09.03)

Der Titel Rausch verspricht nicht zu viel. In einen solchen kann man sich nämlich lesen. Schon von der ersten Seite an, als Karl Marx 1857 beim missglückten Stapellauf der Great Eastern, dem damals größten Schiff der Welt, um ein Haar sein Philosophenleben lässt. (...) Der Ingenieur Chester Ludlow lebt für die Idee, die alte und die neue Welt mit einem unter dem Atlantik verlaufenden Telegrafenkabel zu verbinden. Wie dies visionäre Unternehmen immer wieder scheitert und doch stets aufs Neue aufgegriffen wird, davon handelt Rausch. Aber auch von spiritistischen Sitzungen und dem Bürgerkrieg, von der Macht der Liebe, von Verblendung und Selbstgewissheit. Griesemer hat im Vorfeld seines Romas Dickens gelesen, um eine Gefühl für die Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu bekommen. Er hat noch mehr bekommen: den Furor eines entfesselnden Erzählers.
(Peter Zemla, Buchjournal, 01.09.03)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Rezensent Richard Kämmerlings kann sich für diesen, durch Elke Heidenreichs Empfehlung zu Bestsellerruhm gelangten Roman über den Beginn des Kommunikationszeitalters, nicht recht erwärmen. Wie eine "Easy-Reading-Ausgabe von Pynchon", lästert er und kann vor lauter Stör- und Nebengeräuschen im Roman dessen zentrale Botschaften nur noch mit Mühe heraushören. Denn John Griesemer habe seinen Roman mit diversen Stoffen, aus denen Melodramen gemacht sind, überfrachtet. So gerate das eigentliche Thema, die "doppelte Faszination jener Epoche von technischer und übersinnlicher Kommunikation", die Kämmerlings durch die erste Verlegung eines transatlantischen Telegrafenkabels eingeläutet sieht, aus dem Blick. Dabei ist der Anfang dem Rezensenten zufolge ziemlich "furios". Doch bald hört er die Feinmechanik des Romans erheblich knirschen. Schließlich sieht er diesen historischen Roman scheitern, weil es Griesemer nicht gelinge, die Epoche auf das Exemplarische zu reduzieren. Stattdessen knüpfe er viel zu viele Verbindungen: "bis man den Überblick verliert und der Leselampe wütend den Stecker rauszieht".

© Perlentaucher Medien GmbH"