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Der Regisseur balanciert eine Pyramide auf der Stirn: das Bild steht bei Jürgen Flimm für die Suche nach der Utopie der Gelingens. Ob Dramolett oder Kinhetserinnerung, Lobrede oder Predigt, ob Salzburg-Satier oder Regie-Notate zu Mozart: der Leser hat das Vergnügen, einen erfrischenden, äußerst vielseitigen Autor kennenzulernen.

Produktbeschreibung
Der Regisseur balanciert eine Pyramide auf der Stirn: das Bild steht bei Jürgen Flimm für die Suche nach der Utopie der Gelingens. Ob Dramolett oder Kinhetserinnerung, Lobrede oder Predigt, ob Salzburg-Satier oder Regie-Notate zu Mozart: der Leser hat das Vergnügen, einen erfrischenden, äußerst vielseitigen Autor kennenzulernen.
Autorenporträt
Jürgen Flimm, geboren 1941 in Gießen (D), Regisseur, letet Bühnen in Köln und Hamburg, seit 2006 Intendant der Salzburger Festspiele, ab 2010 Intendant der Berliner Staatsoper "Unter den Linden".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2010

Salzburg, ein fröhlich obsessiver Albtraum
Einblick in das Denken und Fühlen eines Kunstbesessenen: Jürgen Flimms Texte über das Theater

Er wirkt zumeist gefasst und bedächtig, bärtig bodenständig und fröhlich in sich ruhend - und doch ist Jürgen Flimm umtriebig wie kaum ein anderer Regisseur, Intendant, Festivalleiter, Kunst- und Mediennetzwerker. Zwischendurch findet er immer noch Gelegenheit zum Schreiben und tut auch das mit Klugheit, Witz und Charme. Sein neues Buch "Die gestürzte Pyramide" versammelt sowohl bereits in Zeitungen, Anthologien und Programmheften erschienene wie bislang unveröffentlichte Texte. Sie schlagen einen weiten Bogen: Von den Bombennächten, die der 1941 geborene Arztsohn in Köln erlebte, bis zur grotesken, aber vielleicht gar nicht so absurden Albtraumvision, in der die Salzburger Festspiele zum touristischen Sphärenspektakel aus Holographie- und Lasertechnik geworden sind. Hier braucht man "kein Bühnenbild, kein Licht, keine Kostüme, keinen Dirigenten, keine Sänger, alles war nur Täuschung, Gaukelei, lauter Luftschlösser, hochauflöslich": für einen obsessiven Theatercitoyen wie Flimm bedeutet dies das Ende der Welt.

Die persönlichen Beiträge folgen einander thematisch wie chronologisch unverbunden, erlauben in ihrer Komplexität allerdings Einblick in das Denken und Fühlen eines Kunstbesessenen und lassen ahnen, wie schwer und schön, wie bereichernd und verzehrend die Arbeit in den großen Theaterinstitutionen sein kann. Dabei macht sich Flimm nicht klüger, als er ist, wenn er von seinen konzeptuellen Überlegungen und inhaltlichen Reflexionen auf dem Weg von dem einen "zum nächsten Regieirrtum" spricht. Erinnerungen breitet er in wohltuend ironischer Distanz aus, ob es um die eigene Familie geht, um seine "tiefdeutsche Sehnsucht" nach dem Süden oder um seine verschlungenen Wege, sich Dichtern und Komponisten zu nähern. Fotos von Clärchen und Hermann Baus zeigen ihn bei den Proben, deren aufwendige Vorbereitung sich durch selbstgezeichnete Regiebücher, Storyboards und Collagen vermittelt.

Man muss nicht alle erwähnten Inszenierungen kennen, um Flimm beim Nachdenken über Stücke, Opern, Zeitenläufe begleiten zu können. Und es müssen auch nicht all seine Inszenierungen in die Geschichte eingegangen sein, um die Analysen und Betrachtungen genussvoll mitverfolgen zu können. Flimm ist ein Causeur wie ein nobler Lobredner, egal, ob er Ariane Mnouchkines Film "Molière" feiert("Das Theater fliegt, wir müssen hinterher"), die Gastfreundschaft der Nachbarn in Umbrien, wo er ein "hohläugiges, altes Gemäuer" besitzt, preist oder um Rudolf Augstein trauert ("Wir werden seinesgleichen nicht mehr sehen").

Im titelgebenden Dramolett stilisiert er sich als Regisseur zum lustvollen Schmerzensmann, der eine umgedrehte Pyramide auf der blanken Stirn balanciert, die voller "Stücke, Menschen, Einfälle, Ideen, Klatsch, Tratsch, Missgunst, Gestank, Zorn, Wut, Trauer, Nichts, auch Nichts. Dann aber auch Applaus" steckt. Das artistische Manöver ist zwar schwierig und tut bisweilen weh - für Jürgen Flimm jedoch scheint es das reine Glück zu sein.

IRENE BAZINGER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Erfreut zeigt sich Irene Bazinger über Jürgen Flimms Band "Die gestürzte Pyramide". Den darin versammelten teils bereits veröffentlichten, teils neuen Texten des Regisseurs, Intendanten, Festivalleiter, Kunst- und Mediennetzwerkers attestiert sie "Klugheit, Witz und Charme". Vor allem gewähren die Texte über das Theater, die Regiebücher, Storyboards und Collagen, die sich in dem Band finden, in ihren Augen einen exzellenten Einblick in das "Denken und Fühlen eines Kunstbesessenen". Nachvollziehbar wird für sie, was es heißt, in den großen Theaterinstitutionen tätig zu sein.

© Perlentaucher Medien GmbH