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"Wie mein Herz frohlockte, als die Türme einstürzten!" Tagsüber arbeitet Mae als Croupière in einem Casino in Nevada, nachts streift sie allein durch die Wüste. Als sie im Fernsehen einen Bericht über den Anschlag auf das World Trade Center sieht, werden alte Erinnerungen wach. Die Kamera fängt das Bild einer Frau ein, die verletzt auf dem Bürgersteig kniet. Blut läuft ihr aus den Mundwinkeln, wie damals, als Mae sie das letzte Mal sah, doch nicht aus denselben Gründen. Dreißig Jahre zuvor waren Mae und Laurel Teil einer Hippie-Kommune, die grausame Morde beging. Als die Kommune von der…mehr

Produktbeschreibung
"Wie mein Herz frohlockte, als die Türme einstürzten!" Tagsüber arbeitet Mae als Croupière in einem Casino in Nevada, nachts streift sie allein durch die Wüste. Als sie im Fernsehen einen Bericht über den Anschlag auf das World Trade Center sieht, werden alte Erinnerungen wach. Die Kamera fängt das Bild einer Frau ein, die verletzt auf dem Bürgersteig kniet. Blut läuft ihr aus den Mundwinkeln, wie damals, als Mae sie das letzte Mal sah, doch nicht aus denselben Gründen. Dreißig Jahre zuvor waren Mae und Laurel Teil einer Hippie-Kommune, die grausame Morde beging. Als die Kommune von der Polizei ausgehoben wird, können Mae und Laurel als Einzige fliehen. Beide gehen mit falscher Identität in den Untergrund, ihre Wege trennen sich bis die Schatten der Vergangenheit sie einholen. Nach dem Einsturz der Zwillingstürme packt Mae ihr Gewehr und macht sich auf den Weg nach New York. Denn niemand kann seinem Schicksal entkommen.
Autorenporträt
Ulrike Wasel, geboren 1955, arbeitet als Übersetzerin angloamerikanischer Literatur.

Klaus Timmermann, geboren 1955, arbeitet als Übersetzer angloamerikanischer Literatur in Düsseldorf.

Madison Smartt Bell wurde 1957 in Nashville, Tennessee geboren. Er studierte Literaturwissenschaften in Princeton und lebte danach als freier Autor einige Jahre in London und New York. Er lehrte Kreatives Schreiben an verschiedenen amerikanischen Universitäten, u.a. am renommierten Iowa Writers' Workshop und der Johns Hopkins University, zurzeit ist er Professor für Englische Literatur am Goucher College in Virginia. Seit 1983 hat Madison Smartt Bell zahlreiche Romane veröffentlicht. Er lebt in Baltimore.
Rezensionen
"Ein tief verstörender Roman, der einen nicht mehr loslässt." -- LOS ANGELES TIMES

"Bell zeigt uns ein unbekanntes, düsteres und blutiges Amerika." -- LE FIGARO

"Der Autor schickt uns auf eine atemberaubende Reise." -- THE SEATTLE TIMES

"Dieser Roman geht dorthin, wo es wehtut." -- MAGAZINE LITTÉRAIRE

"Ein solches Buch werden Sie so bald nicht wieder lesen." -- THE WASHINGTON POST

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2013

Mom-Dings böse Tochter
Madison Smartt Bell liebt es blutig und rabenschwarz

Das Herz der Finsternis, es schlägt kräftiger denn je. Vor allem amerikanischen Autoren pumpt es Gift und Galle durch die Adern. Notorische Schwarzseher wie Cormac McCarthy, Daniel Woodrell oder Donald Ray Pollock erzählen von den Rändern der kapitalistischen Gesellschaft, wo das Unheil ausreichend Raum und Zeit hat, brodelnd diverse Monstrositäten hervorzubringen. Realismus und Fatalismus sind in ihren Geschichten kaum voneinander zu trennen, weil die Welt nun einmal arm ist und der Mensch schlecht. Gute oder gar große Literatur entsteht dabei freilich nur, weil Romane wie "Kein Land für alte Männer", "Der Tod von Sweet Mister" oder "Das Handwerk des Teufels" deutlich mehr zu bieten haben als diese schlichte Erkenntnis.

Madison Smartt Bell will an diese Riege der knurrigen Spaßverderber anknüpfen. Der 1957 in Nashville, Tennessee, geborene Schriftsteller hat sich vor allem durch seine Romantrilogie über die Haitianische Revolution einen Namen gemacht. In Deutschland ist Madison Smartt Bell nun mit seinem im Original 2011 erschienenen Buch "Die Farbe der Nacht" kennenzulernen, das von gleich mehreren Traumata der Vereinigten Staaten handelt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Ich-Erzählerin Mae, mit der es das Leben in mehrfacher Hinsicht nicht gut gemeint hat. Sie lebt in einer Wohnwagensiedlung am Rande der Wüste, ist mit Schusswaffen groß geworden, nennt ihre Mutter das "Mom-Ding" und hatte einen geradezu mustergültigen Psychopathen zum Bruder. Ihr erster Satz ist die pure Geschmacklosigkeit: "Wie mein Herz frohlockte, als die Türme einstürzten."

Während Mae im Fernsehen die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York wieder und wieder betrachtet und sich an den Bildern der Zerstörung ergötzt, entdeckt sie auf dem Bürgersteig zwischen all den Verzweifelten und Versehrten ihre frühere Geliebte Laurel. Mit ihr gemeinsam gehörte sie, nachdem sie von zu Hause abgehauen war und sich als Prostituierte durchgeschlagen hatte, während des kalifornischen Sommers der Liebe zu einer obskuren Hippie-Kommune, die alsbald blutrünstige Morde begehen sollte. Mae und Laurel, zwei berserkerhafte Mänaden, können rechtzeitig untertauchen, als dem bacchantischen und bestialischen Treiben der Kommune ein Ende gesetzt wird. Jetzt, dreißig Jahre später, macht Mae sich mit ihrem Gewehr auf den Weg nach New York, um Laurel zu einem letzten Rendezvous zu bitten.

Auch wenn der Name kein einziges Mal fällt, ist überdeutlich, dass Madison Smartt Bell seiner Protagonistin eine Vergangenheit als Anhängerin von Charles Manson andichtet, der mit den Bluttaten seiner "Family" Ende der sechziger Jahre der Bewegung der Blumenkinder den Garaus machte. Was zwischen den damaligen Morden und 9/11 mit Mae geschah, bleibt weitgehend eine Leerstelle, versinnbildlicht in ihren nächtlichen Streifzügen durch die Wüste. Maes Verachtung für die "Sterblichen", wie sie alle nicht zu ihrer sektenähnlichen Vereinigung gehörenden Menschen nennt, führt der Autor anschaulich vor Augen. Auch ihre von Brutalität, Schmerzenslust und Missbrauch geprägte Adoleszenz und ihre Weigerung, sich selbst als Opfer zu sehen, schildert er eindrucksvoll. Gleichwohl erscheint Maes Täterbiographie wie aus dem Bilderbuch: Wem so viel Böses widerfährt, dem ist anschließend nichts mehr etwas wert. Ganz so einfach ist es wohl nicht.

Wenig schlüssig ist zudem die literarische Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart. In ihr spiegelt sich nichts als eine ungebrochene, dadurch aber auch vorhersehbare und eindimensionale Kontinuität der Gewalt und des Nihilismus, der hier insbesondere in Form des religiösen Wahns in Erscheinung tritt. Das mag man verstörend oder provokant finden, tatsächlich aber ist es in erster Linie langweilig und unterkomplex. Hinzu kommt, dass die Motivik von "Die Farbe der Nacht", etwa in den zahlreichen Anspielungen auf den Orpheus-Mythos, stellenweise bemüht wirkt und beinahe unfreiwillig komisch. Der Balanceakt, die Gewalt einerseits abgebrüht und erbarmungslos zu beschreiben, sie andererseits aber wiederholt poetisch zu überhöhen, misslingt. Figuren und Handlung lassen den Leser daher kalt. Und wenn selbst der sich nicht mehr für die Erniedrigten und Beleidigten erwärmen lässt, dann sieht es wirklich finster aus für die pessimistische Literatur.

ALEXANDER MÜLLER

Madison Smartt Bell: "Die Farbe der Nacht". Roman.

Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2013. 238 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Madison Smartt Bell würde mit seinem Buch gerne an die finsteren Figuren von Cormac McCarthy oder Donald Ray Pollock anschließen, an die Psychopathen, die vor fatalistischem Endzeithintergrund ans Morden gehen, berichtet Alexander Müller. Aus verschiedenen Gründen gelingt ihm das nicht, findet der Rezensent. Bells Protagonistin Mae wurde vom Leben derart in die Mangel genommen, dass ihr verquerer Charakter eine "vorhersehbare und eindimensionale Kontinuität der Gewalt und des Nihilismus" bleibt, beschreibt der Rezensent, und die möglichst plastische Beschreibung von Brutalität wird durch die einbrechende poetische Überhöhung wieder vom Leser weggerissen. Das wichtigste für diese Art von Literatur ist, dass der Bezug zu den Personen erhalten bleibt, damit einen deren blutiges Ende nicht kalt lässt, erklärt Müller, sonst funktioniert das Genre nicht.

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