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Renaissancegärten, Barockgärten, englische Parks - alles gut und schön. Einen "romantischen Garten" aber hat es nie gegeben, obwohl wir doch gern romantisch finden, was an übrig gebliebener Natur unser Auge erfreut. Und man sollte doch denken, dass niemand sich so obsessiv mit der Natur beschäftigt hat wie die Romantiker in Deutschland, Frankreich und England. Diese Leute aber, bekanntermaßen keine bescheidenen Menschen, hatten Größeres vor. Statt Gärten entdeckten sie die bis dahin als No-go-area verschriene erhabene Kulisse der Alpen, suchten in der Natur das Unendliche, und entdeckten die…mehr

Produktbeschreibung
Renaissancegärten, Barockgärten, englische Parks - alles gut und schön. Einen "romantischen Garten" aber hat es nie gegeben, obwohl wir doch gern romantisch finden, was an übrig gebliebener Natur unser Auge erfreut. Und man sollte doch denken, dass niemand sich so obsessiv mit der Natur beschäftigt hat wie die Romantiker in Deutschland, Frankreich und England. Diese Leute aber, bekanntermaßen keine bescheidenen Menschen, hatten Größeres vor. Statt Gärten entdeckten sie die bis dahin als No-go-area verschriene erhabene Kulisse der Alpen, suchten in der Natur das Unendliche, und entdeckten die gewaltigste Natur am Ende, oh Wunder, in sich selbst: Jean Paul beschrieb sie als sein "inneres Afrika". Deshalb schreibt Hans von Trotha, der so gut wie alle Gärten Europas kennt, bereist und beschrieben hat, in diesem Buch um eine große, aber deshalb umso interessantere Leerstelle herum.
Autorenporträt
Hans von Trotha, geboren 1965 in Stuttgart, studierte in Heidelberg und Berlin Literatur, Geschichte und Philosophie und promovierte über Literatur und Gartenkunst. Er gilt als Spezialist für die Landschaftsgärten des 18. Jahrhunderts. Als freiberuflicher Publizist und Berater im Kulturbereich lebt er in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz hingerissen bespricht Wolfgang Bunzel dieses schmale Büchlein, in dem der Publizist Hans von Trotha kenntnisreich, aber nie zu akademisch über die Geschichte romantischer Gartenkunst informiert. Das ist aber längst nicht alles, was man bei Trotha erfährt, erklärt der Kritiker, der hier eher eine kurze Einführung in die "Ästhetik der Romantik" liest. In jedem Fall findet es Bunzel beachtlich, wie der Autor vorführt, wie die Ideen der Gartenkunst etwa mit der Geschichte des Schauerromans oder den Fantasie-Landschaften in Texten von Tieck, Hoffmann oder Eichendorff verknüpft sind.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2016

Hinter jeder Kurve lauert eine Überraschung
Als man begann, Landschaft wie ein dreidimensionales Gemälde zu gestalten: Hans von Trotha inspiziert die Geschichte der romantischen Gartenkunst

"Einen romantischen Garten hat es nie gegeben" - mit dieser Feststellung führt der Berliner Publizist Hans von Trotha dem Leser gleich auf dem Umschlag seines Buches lustvoll provokant die Schwierigkeiten vor Augen, mit denen sich eine Darstellung der Parkgestaltung um und nach 1800 konfrontiert sieht. Wie aber beschreibt man etwas, was es gar nicht gibt? Das schmale, anregende Buch, das von Trotha vorlegt, macht es glanzvoll vor, gelingt es dem Verfasser doch, auf weniger als hundertfünfzig Seiten die Geschichte der Gartenkunst von 1750 bis 1850 auf höchst instruktive Weise aufzublättern. Er erzählt aber nicht einfach die Stationen der Landschaftsgestaltung nach, sondern ruft ins Bewusstsein, welch fundamentaler Umbruch in der Geschichte der Subjektivität sich in diesem Zeitraum ereignet hat. Nicht nur die Wahrnehmung der Natur und das Verhältnis von Mensch und Umwelt haben sich grundlegend verändert, auch das Selbstverständnis des Ichs war einem tiefgreifenden Wandel unterworfen. Indem von Trotha den Garten - so sein Leitgedanke - "als Medium zur Formulierung der Position des Menschen in der Welt" versteht, führt er anhand der Art und Weise, wie in Europa Gärten angelegt wurden, zentrale mentale und ästhetische Umschichtungsprozesse zu Beginn der Moderne vor. Am Anfang seines Essays steht jener grundlegende Neuansatz der Parkgestaltung, der sich in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts ereignet hat, nämlich die Ablösung der strengen, auf Geometrie und Proportion bedachten französischen Gestaltungstradition durch das an der Natur orientierte Alternativmodell des sogenannten Englischen Gartens: Die neuen Gärten "schickten die Spaziergänger auf eine in allen Details voraus berechnete und inszenierte Wanderschaft, wie die Literatur den Helden eines Romans. Geschlängelte Wege gaben die Richtung vor, hinter jeder Kurve konnte ein neuer überraschender Eindruck lauern."

Der erste deutsche Herrscher, der dieses neue Modell in die Praxis umsetzte, war Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, der 1765 damit begann, am Ufer der Elbe den Wörlitzer Park anzulegen, der als einer der ersten Landschaftsgärten im englischen Stil auf dem Kontinent gilt. Wichtige Anregungen dafür hatte sich der Fürst auf einer Reise durch England geholt, wo er unter anderem den berühmten Garten in Stourhead in Wiltshire sah.

Die Faszination für scheinbar naturbelassene Gartenanlagen, die in Wirklichkeit aber "wie dreidimensional gewordene Landschaftsgemälde" konzipiert waren, entsprang freilich nicht allein persönlichen Vorlieben, sondern war vielmehr Ausdruck eines philosophischen Paradigmenwechsels, nämlich der Ablösung des Rationalismus durch sensualistische Ansätze. Im Gefolge der Neubewertung der Sinne als Erkenntnisorgan kam es auch zu einem Wandel in der Ästhetik: "Nicht mehr die Ideen des vernunftbegabten Menschen sollten der Kunst die Regeln diktieren, wie es bislang der Fall gewesen war, das sollte fortan die Natur tun, der der Mensch zu folgen nun vorgab." Die Parkgestaltung spiegelt diesen Umschichtungsprozess auf überaus anschauliche Art und Weise.

Von Trotha skizziert prägnant, aber mit leichter Hand die ästhetikgeschichtlichen Umbrüche, welche die Voraussetzung für die Gartenkunst und -theorie um 1800 darstellen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Kategorie des Erhabenen, die wohlinformiert, aber gänzlich unakademisch und mit aufschlussreichen Beispielen erläutert wird. In diesem Zusammenhang rekapituliert der Verfasser beispielsweise die Geschichte des Schauerromans und erklärt, weshalb Matthew Gregory Lewis' gothic novel "The Monk" (1796) eine Epochengrenze markiert, er veranschaulicht die seismographische Bedeutung von Jean Pauls in Form eines Traums dargebotener "Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab" (1796) und erläutert die Rolle, die Caspar David Friedrichs Gemälde "Mönch am Meer" (1810) für den romantischen Bruch mit dem Erhabenen und die bewusste Öffnung gegenüber dem Unendlichen spielt.

Das alles geschieht so kundig und souverän, dass der Leser immer wieder innehält und sich verwundert fragt: Hat er jetzt eigentlich einen Essay über Gartenkunst oder eine Kurzeinführung in die Ästhetik der Romantik vor sich? Es ist indes gerade die Kombination aus beidem, die die Lektüre von Hans von Trothas Büchlein so reizvoll macht. Als der Verfasser dann die Umrisse des romantischen Kunstprogramms skizziert hat, begreift man sehr schnell, dass sein eigentliches Thema, der romantische Garten, zwar keine "Leerstelle" darstellt, aber eine Art von Fluchtpunkt bildet. Die romantische Forderung nach Grenzüberschreitung vereitelte letztlich eine landschaftsgestalterische Umsetzung, erwies sich aber als überaus produktiv für die Imagination. Kurz gesagt: "Als Idee war der Garten jetzt überall."

Zum Substrat seiner Umsetzung aber wurde nicht mehr die Gartenpraxis, sondern vielmehr die Literatur. In Texten von Tieck, Hoffmann und Eichendorff - Brentano mit seinem Roman "Godwi" (1801) wäre unbedingt noch hinzuzufügen - entstanden Phantasie-Landschaften, in denen sich die romantischen Gartenträume verwirklichten. Und so nimmt man aus diesem Buch die Erkenntnis mit: "Der Garten der Romantik ist eine poetische Idee, die wir in uns tragen, womöglich unerkannt und unbewusst."

WOLFGANG BUNZEL

Hans von Trotha: "Im Garten der Romantik".

Berenberg Verlag, Berlin 2016. 152 S., Abb., geb., 22,- [Euro].

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