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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.05.2012

KURZKRITIK
Zudringlicher Tusch
Bemüht witzig: Der Humorist
Thomas Fuchs über Mark Twain
An Biografien zu Mark Twain besteht nicht gerade ein Mangel. Wenn Thomas Fuchs, laut Klappentext „Journalist, Texter, Drehbuchverfasser, Gagschreiber und Titanic-Autor“, jetzt eine weitere hinzufügt, will er nicht grundstürzend neue Erkenntnisse liefern; er rechtfertigt sein Vorhaben durch Haltung und Ton: „Personen, die in dieser Biografie nach Fußnoten suchen, werden gerichtlich verfolgt. Personen, die nicht begreifen, dass diese Biografie eine literarische Liebeserklärung ist, werden erschossen.“
Das ist nicht nur anmaßend, sondern auch von Arno Schmidt geklaut. Es handelt sich offenkundig um eine private Angelegenheit zwischen Humorist und Humorist. Fuchs’ Problem besteht darin, dass es ihm Mühe bereitet, hier wirklich gleichzuziehen. Über Twains voreheliche Sexualität etwa äußert er Folgendes: „Da ist mir ein Schriftsteller, der sein Privatleben als das behandelte, was es ist – nämlich privat –, so was von sympathisch, dass ich in dieses Thema gar nicht tiefer eindringen (sic!) möchte.“
Das „(sic!)“ stammt von Fuchs. Auch Twains Humor ist Geschmackssache und mitunter arg gezwungen. Aber von diesem Einschub hätte er Abstand genommen, weil er gespürt hätte, dass der Karnevalstusch der Tod des Witzes ist. Und die allzu gewollt kongeniale Witzigkeit bedeutet mitnichten eine Liebeserklärung, sie will vor allem sich selbst auf von fremdem Licht erhelltem Hintergrund inszenieren. Ein überaus entbehrliches Buch. BURKHARD MÜLLER
THOMAS FUCHS: Ein Mann von Welt. Eine Mark-Twain-Biografie. Haffmans & Tolkemitt bei Zweitausendeins, Berlin 2012. 221 Seiten, 14,95 Euro.
Mark Twain (1835-1910) Foto: AP
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nachdem er sich an einige Eigenheiten des Titanic-Autors gewöhnt hat, findet Reinhard Helling die Mark-Twain-Biografie von Thomas Fuchs eigentlich ganz gut. Gegenüber Twains Autobiografie eher schmalbrüstig besticht das Buch für Helling durch seine kokette, kurzweilige Art, den Verzicht auf hagiografische Momente und das launige Eintauchen in verschiedene Abschnitte im Leben Twains. Spröde Analysen muss Helling bei Fuchs nicht fürchten, eher schon das salopp Griffige. Doch siehe da, sogar dem etwas sperrigen Thema des Subskiptionshandels, mit dem Twain sich zu arrangieren hatte, widmet sich der Autor, das freut den Rezensenten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2012

Leben im Fluss
Ohne Pathos: Thomas Fuchs über Mark Twains Leben

Mit ziemlicher Verspätung erreicht uns die Mark-Twain-Biographie von Thomas Fuchs, die der Rotbuch Verlag vor zwei Jahren angekündigt, dann aber kommentarlos storniert hatte. Planmäßig hätte sie eine kleine Welle in die Flut der Publikationen schlagen sollen, die zu Twains hundertstem Todestag am 21. April 2010 auf den deutschen Buchmarkt schwappte. Nun erscheint sie bei Haffmans & Tolkemitt, etwa zur gleichen Zeit, zu der der Aufbau Verlag die Übersetzung von Twains Autobiographie herausbringt (F.A.Z. vom 6. Oktober).

Im Vergleich zu diesem 750 Seiten umfassenden Werk nimmt sich Fuchs' Einblick in Leben und Wirken des Mannes, der am 30. November 1835 als Samuel Langhorne Clemens geboren wurde und mit Tom Sawyer (1876) und Huckleberry Finn (1884) zwei unvergessliche Jungs schuf, fast leichtfertig handlich aus. Hat man sich mit ein paar Hochnäsigkeiten, Marotten und Koketterien des 1962 geborenen Autors arrangiert, der regelmäßig die "Titanic" mit Beiträgen bestückt und 2009 die Reisesatire "Grenzverkehr" veröffentlichte, bereitet seine "literarische Liebeserklärung" an den frühzeitigen Schulabbrecher, gelernten Drucker und weltberühmten Globetrotter Mark Twain ein kurzweiliges Vergnügen. Dass sie auf unnötige Lobhudeleien verzichtet und dort respektlos ist, wo es angebracht ist, ist ein weiterer Pluspunkt.

Launig-doppeldeutig sind schon die Überschriften zu den neunundzwanzig Kapiteln, die auf jeweils ein paar Seiten in einen Abschnitt seines Lebens eintauchen und auch einige der Orte in Augenschein nehmen, an denen der erfindungsreiche Geist einst wirkte und an denen sein Erbe bis heute - mal mehr, mal weniger - gepflegt wird: "Das Leben ist ein langer, unruhiger Fluss" (über Mark Twains Lehrzeit als Schiffslotse auf dem Mississippi), "Sich einen Namen machen" (über die Entstehung des berühmtesten Pseudonyms der Welt), "Ein Hallodri auf Hawaii" (über seine Zeit als Reisereporter auf der von König Kamehameha V. regierten Inselgruppe) oder "The Yankee Goes Home" (über seine Rückkehr aus Europa nach New York im Oktober 1900).

Aber auch in der Kommentierung gibt Fuchs der salopp-griffigen Formulierung den Vorzug gegenüber einer spröden Analyse. So schreibt er über den oft gescheiterten Unternehmer und Freund ausgefallener Erfindungen: "Er wollte reich sein wie Onkel Dagobert und hielt sich zugleich für Daniel Düsentrieb." Und über die im sechzehnten Jahrhundert in England spielende Geschichte "Der Prinz und der Bettelknabe" von 1881 urteilt der Biograph treffend: "Man wird nur leider selten das Gefühl los, dass hier einer im Maßanzug über das Parkett stelzt, der sich draußen auf der Weide in seinen Arbeitsklamotten viel wohler fühlt."

Neben Twains privaten, von vielen Schicksalsschlägen geprägten Lebensumständen und seinen wiederholt auftretenden Schreibhemmungen nimmt Fuchs aber auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie den damals noch üblichen Subskriptionshandel unter die Lupe. Der wirkte sich auf Twains Erfolg insofern positiv aus, als er ihn zwang, sich mit öffentlichen Auftritten selbst zu vermarkten. Das machte den Südstaatenmann von Welt zu einem Meister der Publicity in eigener Sache.

REINHARD HELLING

Thomas Fuchs: "Ein Mann von Welt". Mark Twain - Die Biografie.

Haffmans & Tolkemitt, Berlin 2012. 212 S., geb., 14,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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