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Mit Schlafenden kann man unter Umständen bessere Gespräche führen und wildere Liebesgeschichten erleben als mit Wachen. Die Helden, Georg Langowski, ein lebenspraktisch orientierter Weiser, und Ramji Iwein, ein schwärmerischer Idiot, beide knapp vierzig, Angestellte eines Museums für Kino-Avantgarde, erleben das aus erster Hand: Sie scheitern als Organisatoren eines absurden Internetprojekts an den bürokratischen Hürden und Hindernissen der Kulturförderung und der Ignoranz des sogenannten Kulturbetriebs - und begegnen dabei der Macht, die das Universum regiert. Diese Macht ist sexy,…mehr

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Produktbeschreibung
Mit Schlafenden kann man unter Umständen bessere Gespräche führen und wildere Liebesgeschichten erleben als mit Wachen. Die Helden, Georg Langowski, ein lebenspraktisch orientierter Weiser, und Ramji Iwein, ein schwärmerischer Idiot, beide knapp vierzig, Angestellte eines Museums für Kino-Avantgarde, erleben das aus erster Hand: Sie scheitern als Organisatoren eines absurden Internetprojekts an den bürokratischen Hürden und Hindernissen der Kulturförderung und der Ignoranz des sogenannten Kulturbetriebs - und begegnen dabei der Macht, die das Universum regiert. Diese Macht ist sexy, gutaussehend und verschläft den gesamten Roman ... also eine tragische Geschichte!Erzählerisch geschickt verwebt der Autor Reflexionen über Kunst und besonders die Rezeption von Kunst mit bissigen Kommentaren über die Kulturmacher in unserem Land und - ganz nebenbei - einer phantastischen Geschichte.
Autorenporträt
Dietmar Dath, geboren 1970, ist Schriftsteller, Publizist und Übersetzer. Von 1998 bis 2000 war er Chefredakteur der Popkulturzeitschrift Spex, von 2001 bis 2007 Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Verfasser zahlreicher Essays, Artikel und Romane. 2008 erschien Die Abschaffung der Arten, der für den Deutschen Buchpreis nominiert war. 2008 Lessing-Förderpreis für Kritik, 2009 Förderpreis für Literatur der Akademie der Künste Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2009

Alles schläft, eine wacht
Dietmar Dath kitzelt Dornröschen filmreif wach

Stellen wir uns vor, es ist kein Krieg, aber einer geht hin: Melancholie der ungedeckten Avantgarde. Denn eingeschlafen ist er, welcher so ausdauernd zu den Waffen rief. In den ausgebrannten Ruinen hat sich das Geschmeiß verschanzt, denkfaul, sachzwangsneurotisch, begehrungsfrei ("Kennt ihr das? Liebe?"): Was könnte man sich mehr wünschen, als dass in diese bedrückende M.C.-Escher-Welt voller verkorkster Perspektiven eine märchenhafte Kanonenkugel donnert?

Hier kommt er: ein Romanfilm, in dem alles schläft, eine wacht, Dornröschen nämlich, die auch als Pornröschen bella figura macht, wenn sie denn überhaupt einmal jemand zu Gesicht bekommt. Bald sind all die ausweglosen Brückengänge so sehr in Eigenschwingung versetzt, dass es nur so splittert und zwischen den Zeilen der Film der Filme, "The Matrix", aufflackert. Der neue Roman von Dietmar Dath ist eine furiose Abrechnung mit unserer Gegenwart aus "Nordic Walkern und Kackdackeln", ein Tritt für prätentiöses Kunstgesäusel, ein doppelter für die Generation Upload und ein dreifacher für das belämmerte Kulturmanagement, ein brachial komischer Geistesblitzkrieg, der den guten alten "Kinostil" revitalisiert ("Ich bin bloß die Kamera, Ramji Iwein"), die Register vertauscht, um dem allgemeinen, zugetexteten Wachkoma zu entkommen: "Film erlaubt uns, so zu tun, als schliefen und träumten wir, auch wenn wir das gar nicht tun. Text suggeriert uns, wir wären wach, auch wenn wir es gar nicht sind, vielleicht nie, im ganzen Leben."

Im Kern ist das Buch natürlich - wie immer bei Dath - ein so wunderbarer wie unverwundbarer, im Drachenblut des revolutionären Optimismus gebadeter Liebesroman (Ramji Iwein, Recke des Wahnsinns, findet und verliert seine Laudine in Irene Fellchen), auch wenn das Ende, der Showdown, scheinbar wieder die Kapitulation vor der Macht in ihrer gewaltsamen Stupidität markiert. Das Setting gibt sich raffinierterweise als Karikatur zu erkennen, dürfte aber eher das getreue Abbild eines in den Kulturetagen tausendfach geträumten Virtualisierungstraums sein: Ein Trupp idealistischer Cineasten um den Arzt Georg Langowski und den sympathisch verblasenen Ich-Erzähler Ramji Iwein widmet sich mit Inbrunst der Aufgabe, das unglaublich avantgardistische Webportal des Frankfurter Museums für filmische Avantgarde aufzubauen, wobei viel Energie in das Auffinden eines unbekannten Brakhage-Kurzfilms über das Graswachsen gesteckt wird. Die Diskursartisten müssen aber schnell feststellen, gar nicht im Dienst der Kunst zu stehen, sondern in dem von Förderteufeln wie "Frau Elder, der verrückten Haarlackschnüfflerin von der Bundeskulturkacke".

Allein Ramjis Hasstirade auf die aufgedrückte, "kreativ-pfiffige" Webdesign-Agentur "Bureau Saint Fun", Supraleiter für Hirnlosigkeit ("Workflow", "Kick-off-meeting", "Conference-Call"), lohnt die Lektüre dieser Erzählung. Und da wäre der Schock des Einbruchs der Gewalt und ihres Auge-um-Auge-Prinzips, der Umstand, dass "dieser Dath, mit seinem Ziegenbärtchen und der Oberlehrerbrille", selbst einen Auftritt als fieser Lakai der Macht hat, wären all die schönen Dialoge über Kunst und Leben - im Umgang mit Mündlichkeit kommt niemand an diesen Autor heran - noch gar nicht erwähnt: "wenn ich mal sehr weit gehen darf, dann würde ich sagen, daß Kunstmachen irgendwie damit zu tun hat, daß man halt geliebt werden will. Aber zu blöd ist, auf 'ne Art oder zu blockiert, das auf dem herkömmlichen Weg zu erobern."

OLIVER JUNGEN

Dietmar Dath: "Sie schläft". Filmroman. kuk/Edition Phantasia, Bellheim 2009. 256 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Herrlichst findet Rezensent Oliver Jungen diesen "Filmroman" von Dietmar Dath, für ihn eine brillante "Abrechnung mit unserer Gegenwart". Im Sperrfeuer der Kritik sieht er vor allem Kunstgesäusel, Kulturmanagement und die Generation Upload. Im Kern allerdings ist das Buch für ihn ein ganz wunderbarer Liebesroman, auch wenn am Ende scheinbar die Kapitulation vor der Macht steht. Die Geschichte um die idealistischen Cineasten Langowski und Ramji Iwein, die das avantgardistische Webportal des Frankfurter Museums für filmische Avantgarde aufbauen sollen, sollte man sich in seinen Augen schon wegen der Hasstirade auf die Webdesign-Agentur "Bureau Saint Fun" nicht entgehen lassen, mal ganz abgesehen von all den "schönen Dialogen über Kunst und Leben".

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