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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Verlag: Triton, Lich
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 453
  • Deutsch
  • Abmessung: 315mm
  • Gewicht: 3102g
  • ISBN-13: 9783935518604
  • ISBN-10: 3935518609
  • Artikelnr.: 12290068
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2003

Hamlet in Rot und Schwarz
So herrlich können Bücher sein: Harry Graf Kesslers prachtvolle Cranach Presse

Wenn Eigentum Verpflichtung bedeutet, dann hat Harry Graf Kessler einen besonders schönen Weg gefunden, sich dieser Aufgabe zu stellen: Seinen ererbten Reichtum setzte der Sproß einer im Kaiserreich geadelten hanseatischen Kaufmannsfamilie so hingebungsvoll in die Produktion kostbar gestalteter Editionen um, daß ihm am Ende nichts mehr davon blieb. Als er 1937 verarmt im französischen Exil starb, hatte er sich nicht zuletzt mit dem Aufbau einer Druckwerkstatt ruiniert, der Weimarer Cranach Presse. Während sich Kesslers persönlicher Besitz, seine Bibliothek und seine reiche Kunstsammlung durch Notverkäufe weithin verstreut, sind die wenigen Drucke seiner Werkstatt ein Vermächtnis, dessen Konturen immer deutlicher zutage treten - sie gehören zu den schönsten aller Bücher, die das zwanzigste Jahrhundert hervorgebracht hat.

Kesslers persönliche Leistung, sein besonderes Talent reicht dabei weit über die Begeisterung fürs Buch und die Bereitschaft, dafür sein Vermögen einzusetzen, hinaus. Von stupender Bildung, in drei modernen Sprachen zuhause und von einer lebenslänglichen Liebe zum antiken Griechenland geprägt, entschloß er sich früh, seine eigenen künstlerischen Ambitionen zurückzustellen, um statt dessen Künstler wie Henry van de Velde, Aristide Maillol oder Eric Gill für seine Projekte zu gewinnen, ihre Arbeit konstruktiv und geduldig zu begleiten und schließlich gemeinsam mit ihnen gestalterische Lösungen zu finden, die jedes dieser Bücher zu einem eigenständigen Kunstwerk machen.

Kesslers Sorgfalt erstreckte sich dabei auf Herstellung, Typographie und Illustration ebenso wie auf die Textgestalt, und es ist sein Verdienst, wenn die Drucke trotz der Beteiligung ganz unterschiedlicher Künstler jeweils in hohem Maße in sich geschlossen wirken. Gemeinsam mit Maillol stellte er das Papier her, das seinen Ansprüchen genügte, weil er es nirgendwo fand, er ließ die Jenson Antiqua von 1470 nachgießen, um sie zur Hausschrift seiner Werkstatt zu machen, entschied sich im Druckbild für das Zusammenspiel von Schwarz und Hellrot, was das Gesicht der Bände nachhaltig prägen sollte, feilte mit Rudolf Alexander Schröder in mühsamer jahrelanger Arbeit an dessen großer Odyssee-Übertragung und brachte Eric Gill dazu, seine überladenen Illustrationen zum Hohelied deutlich schlichter und in ihrer nächtlichen Dramatik erheblich suggestiver zu gestalten.

Gegenwärtig ist Kessler und seiner Cranach Presse eine Ausstellung in Weimar gewidmet. Deren Kurator John Dieter Brinks hat jetzt begleitend einen Band vorgelegt, der die Dimension eines Ausstellungskatalogs bei weitem sprengt. Das betrifft nicht nur das Format und die opulente Ausstattung, die unverkennbar bis in die Typographie und Farbgebung hinein das Gesicht der Cranach Presse liebevoll zitiert. Denn was Brinks und seine Mitautoren vorlegen, ist eine gründliche, detailfreudige und durchweg erhellende Studie über einen rastlosen Missionar der Buchkunst und sein Schaffen, die unverkenbar den Willen und das Vermögen zum Standardwerk aufweist. Jedes größere Projekt Kesslers - auch vor der Gründung der Cranach Presse - wird in einzelnen Aufsätzen abgehandelt, die Interpretation von Drucken wie Vergils Eclogen oder der von Edward Gordon Craig gestalteten Hamlet-Ausgabe geraten dabei unterderhand nicht selten zu einer Schule des Sehens, zu einer Lehre des Entschlüsselns von Typographie und Illustration, die weit über die behandelten Beispiele hinausweist.

Nach seinem Tod war Kessler jahrelang vergessen, bis das Interesse an seiner Druckwerkstatt und vor allem seinen Tagebüchern, die er sechzig Jahre lang führte, allmählich wuchs. Einzelne Briefwechsel Kesslers wurden publiziert, eine Auswahl der Tagebücher auch, die längst als wichtige Quelle zur Geschichte des Kaiserreichs und der Weimarer Republik anerkannt sind, und auch der Cranach Presse wurden einige Monographien gewidmet. Der jetzt erschienene Band stützt sich auf seine Vorgänger, um mit neuen Forschungsergebnissen, anderen Akzenten und der integrierten Interpretation von Typographie, Text und Illustration der Bände eigene Wege zu gehen. Daß dieses Buch in hinreißender Gestalt daherkommt, ist nur angemessen - und rechtfertigt seinen hohen Preis.

John Dieter Brinks (Hrsg.): "Das Buch als Kunstwerk." Die Cranach Presse des Grafen Harry Kessler. Triton Verlag, Laubach / Berlin 2003. 456 S., ca. 200 Abb., geb. im Schuber, 144,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Nicht nur die hinreißende (den hohen Preis rechtfertigende) Gestalt dieses "die Dimensionen eines Ausstellungskatalogs bei weitem" sprengenden Begleitbuchs zu einer Kessler-Ausstellung in Weimar hat Rezensent Tilman Spreckelsen begeistert. Auch die gründliche, detailfreudige und durchweg erhellende Studie "über einen rastlosen Missionar der Buchkunst" machen das opulent Werk für ihn zu einer Publikation mit Willen und Vermögen zum Standardwerk. Das Buch ist, lesen wir, Kesslers Weimarer Cranach-Presse und den dort erschienenen Büchern gewidmet, die für den Rezensenten "zu den schönsten aller Bücher" gehören, die das zwanzigste Jahrhundert hervorgebracht habe. Die Beteiligung von Künstlern wie Henry van der Velde oder Aristide Maillol habe jedes der in der Cranach-Presse erschienen Bücher zu einem eigenen Kunstwerk gemacht. Jedes größere Kessler-Pojekt findet der Rezensent im vorliegenden Buch in einzelnen Aufsätzen behandelt, die für ihn nicht selten zu einer Schule des Sehens, einer Lehre des Entschlüsselns von Typografie und Illustration wurden. Und zwar weit über die behandelten Beispiele hinaus.

© Perlentaucher Medien GmbH"