Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 9,99 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Klaus Behling hat einen Krimi verfasst, der sich vom üblichen Thriller nur in einem einzigen Punkt unterscheidet: Alle handelnden Personen sind echt, und ihre oftmals abenteuerlichen Geschichten von Lüge und Verrat, von Liebe und Hoffnung sind nicht erfunden. Es geht um die letzten Wochen der DDR. Wie gelang es der legendären "Hauptverwaltung Aufklärung" von Markus Wolf, in der Wendezeit ihre Spuren zu verwischen? Warum gab es in Erich Mielkes Elitetruppe "Verräter" und was haben sie beim westdeutschen Bundesnachrichtendienst ausgesagt? Weshalb wanderten die Topspione der Stasi im Westen ins…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Klaus Behling hat einen Krimi verfasst, der sich vom üblichen Thriller nur in einem einzigen Punkt unterscheidet: Alle handelnden Personen sind echt, und ihre oftmals abenteuerlichen Geschichten von Lüge und Verrat, von Liebe und Hoffnung sind nicht erfunden. Es geht um die letzten Wochen der DDR. Wie gelang es der legendären "Hauptverwaltung Aufklärung" von Markus Wolf, in der Wendezeit ihre Spuren zu verwischen? Warum gab es in Erich Mielkes Elitetruppe "Verräter" und was haben sie beim westdeutschen Bundesnachrichtendienst ausgesagt? Weshalb wanderten die Topspione der Stasi im Westen ins Gefängnis, die Schreibtischtäter im Osten aber nur in den Ruhestand? Klaus Behling analysiert dieses Stück deutsch-deutscher Geschichte mit großer Sachlichkeit.
Autorenporträt
Klaus Behling wurde 1949 im pommerschen Damgarten geboren und studierte an der Berliner Humboldt-Universität Asienwissenschaften, spezialisiert auf die Sprache und Kultur Kambodschas. In den Jahren 1972 bis 1977 war er in Kambodscha und Laos als DDR-Diplomat tätig, 1981 bis 1987 ist er DDR-Kulturattache in Rumänien gewesen. 1987 ging Klaus Behling als wissenschaftlicher Oberassistent an das "Institut für Internationale Beziehungen" in Potsdam, wo er sich bis 1991 mit der Indochina-Forschung befasste. Seitdem arbeitet er als Journalist beim Axel Springer Verlag in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.02.2004

Verrat, Entdeckung und neuer Verrat
Die Auslandsspionage der untergegangenen DDR hatte fatale Auswirkungen auf Wirtschaft und Politik
KLAUS BEHLING; ANDREA BEHLING: Kundschafter a. D. Das Ende der DDR-Spionage. Hohenheim-Verlag, Stuttgart/Leipzig 20003. 325 Seiten, 19,90 Euro.
Die „Affaire Ames” war eine der größten Niederlagen in der Geschichte des US-Auslandsgeheimdienstes: Seit 1985 befanden sich die Referate, die in der CIA für die Ausforschung und Bekämpfung der Sowjetspionage zuständig waren, in den Händen eines Doppelagenten. Als Leiter der Abteilung für Gegenspionage hat Aldrich Ames auch zehn seiner eigenen Kollegen ans Messer geliefert, die nach ihrer Enttarnung durch die Sowjets exekutiert wurden. Als Ames schließlich im Februar 1994 wegen Spionageverdachts festgenommen und wenig später zu einer hohen Haftstrafe verurteilt wurde, führte dies zu schweren Erschütterungen in der amerikanischen Intelligence Community, welche sich durch den Zusammenbruch des Ostblocks und Clintons Amtsantritt von 1993 ohnehin in einer schwelenden Sinnkrise wähnte.
Inkompetent, aber bedeutsam
Wie in einer von Arte ausgestrahlten Dokumentation über die Geschichte der amerikanischen Auslandsspionage deutlich wurde, wirft der Fall Ames für viele CIA-Angehörige auch heute noch die Frage auf, warum ausgerechnet dieser Mann, der innerhalb seiner eigenen Behörde als der am wenigsten kompetente Agentenführer galt, auf einen derart bedeutsamen Posten gelangen konnte. „Ames war die größte Schnapsdrossel in einer Trinkerorganisation”, suchte ein inzwischen ausgeschiedener, sichtlich frustrierter CIA-Mitarbeiter Ames’ kometenhaften Aufstieg zu erklären.
Die bundesdeutsche Nachrichtendienstgemeinde hatte ihren „Fall Ames” bereits ein Jahrzehnt früher durchlitten: Nach einer völlig unspektakulären Flucht in die „Zone” – man löst ein einfaches Bahnticket bis Berlin und fuhr dann durch bis zum Bahnhof Friedrichstraße – stellte sich der Kölner Abwehrexperte Hansjoachim Tiedge alias „Heinz Tappert” im August 1985 den DDR-Behörden zur Verfügung. Die Fälle Ames und Tiedge weisen durchaus Gemeinsamkeiten auf. Auch Regierungsdirektor Tiedge war ein Freund ausgelassener Zechereien und nächtlicher Ausschweifungen; ebenso wie Ames machte er sich zudem keinerlei Illusionen über die Nützlichkeit der von ihm gelieferten Informationen. Und noch ein weiterer Faktor verbindet die zwei prominenten Verräter: Offenbar hatten die östlichen Geheimdienste beide Kandidaten schon Jahre vor ihrer Anwerbung ins Visier genommen und deren berufliche Laufbahn durch vorgetäuschte Überraschungserfolge oder Fürsprachen bereits „umgedrehter” Mitarbeiter positiv beeinflusst.
Dass KGB und DDR-Staatssicherheit bei der Unterwanderung feindlicher Geheimdienste weitaus effizienter arbeiteten als ihre westlichen Gegner, ist seit der Wende oft bestätigt worden. Einen Nimbus hoher geheimdienstlicher Professionalität hat sich insbesondere die Hauptverwaltung A, kurz HVA, erworben, die nicht zuletzt aufgrund des unermüdlichen Selbstdarstellungsdrangs ihres vorletzten Leiters Markus Wolf heute noch in dem Ruf steht, die letzte, zuverlässig funktionierende Institution in einem maroden Staatswesen gewesen zu sein. In seinem Buch über die ostdeutschen „Kundschafter des Friedens” hat sich der Berliner Journalist Klaus Behling mit Mythos und Realität der DDR-Auslandsspionage auseinander gesetzt. Er beleuchtet darin die geschichtlichen Hintergründe der deutsch-deutschen Spionage, geht aber auch der Frage nach möglichen Folgewirkungen im vereinigten Deutschland nach. Herausgekommen ist eine faktenreiche, klar strukturierte Überblicksdarstellung, die sich vor allem für Leser eignet, welche in tagtäglich nachzulesenden Nachrichten über SIRA-Daten und „Rosenholz-Datei”, MfS-Seilschaften und HVA-Spione den roten Faden verloren haben.
Was waren nun die angeblichen Erfolge der ostdeutschen Auslandsspionage und wonach lassen sich jene bemessen? Wenig überraschend ist hier Behlings Erkenntnis, die DDR sei aufgrund der profunden HVA-Aufklärungsarbeit für eine militärische Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik bestens gerüstet gewesen, ihr Wirksamkeit für die Stabilisierung des eigenen Staates sei jedoch auf eng begrenzte Zeitrahmen und Politikfelder beschränkt geblieben. Von Bedeutung waren zudem weniger „Fakten”, sondern eher „Stimmungen” – wie beispielsweise die Erkenntnis, dass Willy Brandts neue Ostpolitik keineswegs ein taktisches Manöver, sondern ein ernst gemeinter Kurswechsel war.
Langfristig gesehen hat die DDR-Auslandsspionage aber vor allem schwerwiegende Flurschäden hinterlassen. Sie selbst trug dazu bei, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu neutralisieren, indem sie sich vorwiegend mit sich selbst beschäftigte. Obwohl Behling die systemspezifischen Unterschiede zwischen ehemaligen kommunistischen und nichtkommunistischen Geheimdiensten mehrfach betont, will er sein Urteil dennoch nicht auf die Spionage der untergegangenen DDR beschränkt wissen. Vielmehr zieht er die vermeintlich friedensstiftende Rolle des „zweitältesten Gewerbes der Welt” in Zweifel und weist auf die zerstörerischen Auswirkungen der Agententätigkeit im Kalten Krieg hin. Diese entfalten sich in Politik und Wirtschaft, am verheerendsten aber im mentalen Bereich, wo ein immerwährender Kreislauf von „Verrat, dessen Entdeckung und neuem Verrat” in Gang gehalten werde. Vor allem aber, dies macht Behlings Analyse erneut deutlich, sind Geheimdienste ungeachtet ihrer unterschiedlichen politischen Anbindung auf Feindbilder und Bedrohungsszenarien angewiesen, um ihre Existenzberechtigung gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit nachzuweisen.
ANNETTE WEINKE
Zwei Agenten gehen vor Gericht in Deckung: Karin Hossbach-Paul und Wolfgang Paul lieferten jahrelang Informationen aus dem Kanzleramt nach Ostberlin.
Foto: dpa
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2003

Die Großen und ihre kleinlichen Brüder
Spione, Kundschafter und Verräter aus britischer und ostdeutscher Perspektive

Die Gentlemen vom Secret Intelligence Service (SIS) schwiegen, wie es der Brauch war. Bis in die jüngste Zeit galt deswegen der Bau des legendären Spionagetunnels, in dem vom 11. Mai 1955 bis zum 22. April 1956 vom West-Berliner Bezirk Rudow aus die geheimen Telefonleitungen sowjetischer Dienststellen in der DDR abgehört wurden, als ein Werk amerikanischer Intelligenz. David Stafford, Professor am Centre of Second World War Studies in Edinburgh, belegt nun in einer gänzlich unprofessoral gehaltenen, spannend geschriebenen Darstellung, welche bedeutende Rolle der Geheimdienst Ihrer Majestät bei der Spionageaktion im Berliner Untergrund gespielt hat.

Die beiden Koordinatoren des Projekts auf amerikanischer und britischer Seite hätten unterschiedlicher kaum sein können. Peter Lunn, Operationschef des SIS, war ein Sportsmann vom Scheitel bis zur Sohle. Als Kapitän der britischen Olympiamannschaft nahm er 1936 an den Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen teil. Allerdings blieb er demonstrativ der pompösen Eröffnungszeremonie mit Adolf Hitler fern, weil er eine tiefe Abneigung gegen Massenaufmärsche hegte. In Großbritannien machte sich der bekennende Katholik durch mehrere Handbücher über das Skifahren sowie durch einen Roman - "Evil in High Places" - einen Namen. Als Lunn im Jahr 1948 wiederum als Kapitän der britischen Olympiamannschaft an den Winterspielen in St. Moritz teilnahm, ahnte keiner seiner Sportskameraden, daß der glänzende Skifahrer hauptberuflich dem Geheimdienst SIS diente. Unmittelbar nach den Olympischen Spielen übernahm Lunn die Leitung der Wiener SIS-Zentrale. Dort koordinierte er den Bau von insgesamt vier Abhörtunneln, in denen Telefonleitungen der sowjetischen Besatzungsmacht angezapft wurden.

Er verfügte also über einige Erfahrungen auf diesem Gebiet, als er das Kommando beim SIS in West-Berlin übernahm. Sein amerikanischer Partner für das dort geplante Tunnelprojekt war Bill Harvey, ein gänzlich unsportlicher, übergewichtiger und trinkfreudiger CIA-Offizier aus Indiana. Harvey, der immer einen Revolver bei sich zu tragen pflegte, kam Anfang der sechziger Jahre als Planer "exekutiver Aktionen" gegen Fidel Castro und Patrice Lumumba zu zweifelhaftem Ruhm. Bei der Organisation des Berliner Spionagetunnels harmonierten die gegensätzlichen Charaktere Lunn und Harvey jedoch prächtig. Ihr Joint-venture-Unternehmen trug auf britischer Seite den Codenamen "Stopwatch", bei den Amerikanern, die den Löwenanteil des sechs Millionen Dollar teuren Projekts zu tragen hatten, hieß es schlicht "Gold". Der frühzeitig in die gemeinsame Operation "Stopwatch/Gold" eingeweihte CIA-Chef Allen Dulles bezeichnete das Vorhaben hingegen zumeist ironisch als "Harvey's Hole".

Die Bilanz der Spionageaktion war am Ende beeindruckend. Insgesamt zeichneten die CIA- und SIS-Experten während des elfmonatigen Betriebes im Berliner Tunnel 50 000 Magnetspulen auf. In London übertrugen rund dreihundert Geheimdienstmitarbeiter die Tonbänder in Schriftform, in Washington verrichteten noch einmal dreihundertfünfzig russischsprachige CIA-Leute die gleiche Arbeit. Neben 90 000 russischen Telefonaten wurden im Laufe der Spionageaktion auch 17 000 DDR-Dienstgespräche vollständig niedergeschrieben und ausgewertet.

Doch nicht nur die Geheimdienstzentralen von Washington und London wußten, was sich hinter dem Decknamen "Stopwatch/Gold" verbarg. Auch in Moskau war man schon vor Beginn der Operation bestens über das Tunnelprojekt im Bilde. Ein KGB-Agent, der SIS-Offizier George Blake - Deckname "Diamant" -, hatte schon im Dezember 1953 an einem Vorbereitungstreffen zwischen SIS und CIA teilgenommen und die Tunnelpläne aufgezeichnet. Am 18. Januar 1954 übergab er im Oberdeck eines Londoner Linienbusses dem Kulturattaché der sowjetischen Botschaft Sergej Kondraschow das Geheimprotokoll der amerikanisch-britischen Absprachen zum Tunnelbau. Zwei Tage später genehmigte CIA-Chef Allen Dulles in Washington den Beginn der Bauarbeiten.

Wenn der sowjetischen Spionageabwehr aber schon vor Beginn des Unternehmens all seine Einzelheiten bekannt waren, so stellt sich die Frage, warum es am Ende über elf Monate gedauert hat, bis der Tunnel unter dem Ost-Berliner Stadtgebiet entdeckt und geschlossen wurde. David Stafford bietet hierfür zwei Antworten an. Zum einen habe der KGB seinen Spitzenagenten im britischen Geheimdienst nicht gefährden wollen. Bei einer frühzeitigen Entdeckung des Tunnels hätten CIA und SIS unweigerlich die Suche nach einem Maulwurf in den eigenen Reihen aufgenommen.

Die zweite Erklärung des Autors für die Zurückhaltung der sowjetischen Abwehr lautet, der KGB sei "heimlich im Interesse der Entspannung tätig" gewesen. Er habe deswegen die Lauscher von CIA und SIS lange gewähren lassen, um Washington und London davon in Kenntnis zu setzen, daß die Sowjetunion keinen Angriff auf den Westen plane. Zu dieser These paßt auch der Zeitpunkt der Tunnelentdeckung. Als am Sonntagmorgen des 22. April 1956 sowjetische Fernmeldespezialisten an der Schönefelder Chaussee in Berlin mit Hacken und Schaufeln der "anglo-amerikanischen Spionagezentrale" zu Leibe rückten, saßen der sowjetische Parteichef Nikita Chruschtschow und sein Ministerpräsident Nikolai Bulganin an einem Frühstückstisch auf dem Landsitz des britischen Premierministers Anthony Eden. Die beiden Sowjetführer weilten nämlich just zum Zeitpunkt der spektakulären Ausgrabung des Berliner Spionagetunnels zu einem mehrtägigen Staatsbesuch in Großbritannien. Die Ostblock-Propaganda richtete bezeichnenderweise alle öffentlichen Anschuldigungen gegen die Amerikaner, obwohl im Tunnel das englische Gerät und die Beteiligung des SIS unübersehbar waren. George Blake, der sowjetische Agent im SIS, wurde 1961 durch einen Überläufer des polnischen Geheimdienstes enttarnt und zu zweiundvierzig Jahren Haft verurteilt. Mit Hilfe des KGB entkam Blake 1966 aus einem Londoner Gefängnis und tauchte in Moskau zu einer triumphalen Pressekonferenz wieder auf.

Auch das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) pflegte Überläufer der westdeutschen Dienste auf Pressekonferenzen zu präsentieren. Hans-Joachim Tiedge, langjähriger Leiter der Spionageabwehr Ost beim Verfassungsschutz, war ein solcher Fall. Er floh 1985 in die DDR. In Tiedges Abwehrabteilung arbeitete Klaus Kuron, der seit 1982 neben seinem westdeutschen Beamtengehalt auch regelmäßig einen beträchtlichen Agentenlohn vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) bezog. Kuron und Tiedge verrieten dem MfS Horst Garau, einen Kreisschulrat aus Calau, der im inoffiziellen Dienst von Markus Wolfs HV A stand und sich dem Verfassungsschutz während einer Westreise offenbart hatte. Garau erhielt von der DDR-Justiz eine lebenslange Gefängnisstrafe. Er starb 1988 in der Haftanstalt Bautzen angeblich durch eigene Hand. Seine Familie bezweifelt die Selbstmordversion des MfS bis heute.

Durch Aussagen ehemaliger MfS-Offiziere konnten nach 1990 eine ganze Reihe von MfS-Agenten in der Bundesrepublik überführt und verurteilt werden. Diese Spione haben inzwischen ihre verhältnismäßig milden Haftstrafen abgesessen und leben längst wieder auf freiem Fuß. Westlichen Spionen hingegen, die das MfS zu DDR-Zeiten überführte, war es anders ergangen. Sie erhielten lange Haftstrafen wie Garau oder wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet wie Konteradmiral Winfried Baumann und MfS-Major Gert Trebeljahr 1979 sowie zuletzt MfS-Hauptmann Dr. Werner Teske 1981.

Klaus Behling versucht in seinem Rückblick auf die "Kundschafter a.D." eine Bilanz aus Erfolgen und Niederlagen des Spionageapparates der Stasi zu ziehen. Der Autor, ein ehemaliger DDR-Diplomat, stützt sich dabei recht zutraulich auf Autobiographisches von MfS-Offizieren und ehemaligen Stasizuträgern im Westen. Das färbt ab. So übernimmt Behling eine ganze Reihe von offenkundigen Selbstrechtfertigungen, darunter auch die MfS-Darstellung, am 15. Januar 1990 hätten "eingeschleuste BND-Leute" und nicht Bürgerrechtler die Besetzung der Ost-Berliner Stasizentrale organisiert. Die unrühmliche Rolle des MfS als Freund und Helfer der westdeutschen und internationalen Terrorszene bleibt indes ausgeblendet.

Die "Kundschafter a.D." in den Reihen deutscher und arabischer Untergrundorganisationen lassen sich nun einmal nicht so rührselig verkaufen wie die Geschichte der von fast allen alten Genossen verlassenen Spionin aus Liebe Gabriele Gast. Die ehemalige Topagentin des MfS im BND habe nach ihrer Haftentlassung "erschüttert" die unsolidarische Haltung der PDS erfahren müssen, schreibt Behling. "Eiskalt" sei ihr Gregor Gysi begegnet, "herzlose Ablehnung" habe sie von seiten der SED-Nachfolgepartei erfahren. Nur der letzte Stasispionagechef Werner Großmann nahm keine "pflaumenweiche Haltung" ein und bot ohne Zögern seine Hilfe an.

Ausführlich würdigt der Autor die Argumente jener CDU-Politiker, die 1991 ein Schlußstrichgesetz befürwortet haben. Wolfgang Schäuble gehörte ebenso dazu wie Rainer Eppelmann und Peter Michael Diestel. Doch auch ohne Schlußstrich sei schließlich "die aufwendige Arbeit der Juristen geglückt. Die relativ geringe Zahl von Verurteilungen von Spionen aus Ost und West spricht dafür." Gabriele Gast, die bis zu ihrer Enttarnung als Stasiagentin im Referat Sowjetunion des BND gearbeitet hat, sieht das anders. Behling zitiert die frühere Stasiagentin am Ende seines Buches mit der Klage, der neue gesamtdeutsche Staat habe nicht einmal Anstalten gemacht, jene DDR-Bürger, die für den KGB gearbeitet haben, "zu ermitteln und strafrechtlich zu belangen". Heiliger Sankt Florian!

JOCHEN STAADT

David Stafford: Berlin Underground. Wie der KGB und die westlichen Geheimdienste Weltpolitik machten. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2003. 260 S., 22,- [Euro].

Klaus Behling: Kundschafter a.D. Das Ende der DDR-Spionage. Hohenheim Verlag, Stuttgart/Leipzig 2003. 325 S., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Der ehemalige DDR-Diplomat Klaus Behling bietet in seinem Buch Nahaufnahmen von ehemaligen Stasi-Spitzeln. In mehr als einem Fall jedoch scheint er, so der Rezensent Jochen Staadt, seinem Gegenstand allzu nah. Die "Zutraulichkeit", mit der Behling die Selbstdarstellungen mancher MfS-Mitarbeiter übernehme, ist Staadt jedenfalls alles andere als geheuer. So ist zu lesen, dass BND-Mitarbeiter, nicht Bürgerrechtler 1990 die Stasi-Zentrale besetzten, so bleibt das freundliche Verhältnis zu West-Terroristen unerwähnt, so wird einem die Geschichte der "Spionin aus Liebe" Gabriele Gast ohne Scheu vor "Rührsehligkeit" verkauft. Ein Band also, der mit Vorsicht zu genießen ist.

© Perlentaucher Medien GmbH"