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Die Politik: Ungarn und Deutschland stehen sich 9 Jahre nach dem 2. Weltkrieg auf dem Fußballfeld gegenüber 90 Minuten, die das Schicksal beider Nationen nachhaltig bestimmen. Mit einem Sieg bei der WM erhofft man sich in Ungarn die Freilassung politischer Häftlinge und wirtschaftlichen Aufschwung. Am 5. Juli 1954 gibt es in Ungarn die ersten Unruhen das Vorspiel zu 1956. Auch die DDR, will - vorab auf dem grünen Rasen - den überlegenen Sieg des Sozialismus gegen den Kapitalismus feiern. Doch nach dem 3:2 durch Helmut Rahn schweigt der Radioreporter Wolfgang Hempel 20 bange Sekunden lang. Die…mehr

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Produktbeschreibung
Die Politik: Ungarn und Deutschland stehen sich 9 Jahre nach dem 2. Weltkrieg auf dem Fußballfeld gegenüber 90 Minuten, die das Schicksal beider Nationen nachhaltig bestimmen. Mit einem Sieg bei der WM erhofft man sich in Ungarn die Freilassung politischer Häftlinge und wirtschaftlichen Aufschwung. Am 5. Juli 1954 gibt es in Ungarn die ersten Unruhen das Vorspiel zu 1956. Auch die DDR, will - vorab auf dem grünen Rasen - den überlegenen Sieg des Sozialismus gegen den Kapitalismus feiern. Doch nach dem 3:2 durch Helmut Rahn schweigt der Radioreporter Wolfgang Hempel 20 bange Sekunden lang. Die Bundesrepublik befindet sich, nicht nur wirtschaftlich, in einer Depression. Die Adenauer-Regierung buhlt um internationale Anerkennung. Ein Sieg ist politisch nicht gewünscht und "zum Glück" nicht zu erwarten ... Dem Wunder von Bern folgt in Deutschland das Wirtschaftswunder!
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2004

Mehr Mentalität, weniger Mythos

Es gibt in diesen Tagen wahrlich einfallsreichere literarische Titel als ausgerechnet "Das Wunder von Bern". Deshalb verwundert, warum der Autor Peter Kasza es zugelassen hat, daß die eigentliche Geschichte seines Buches rein optisch in die zweite Reihe zurücktritt. Dabei hebt sich der 31 Jahre alte Historiker, Sohn eines Exil-Ungarn, aus der Menge der Chronisten des mythenumwobenen Endspiels hervor, weil er beide Seiten beschreibt. Zu einem Endspiel gehören schließlich auch Verlierer. Eine Selbstverständlichkeit? Bei Kasza erfährt der Leser zum ersten Mal ausführlich, daß dem deutschen "Wunder" auf ungarischer Seite eine "Katastrophe von Bern" mit Folgen weit über das Fußballfeld hinaus gegenüberstand. Und daß dem liebsten Sportgerät der Deutschen damit vor allem diese Titelrolle zugefallen ist: "Fußball spielt Geschichte".

Davon kann Kasza, bei allen Ausflügen in trockene Historie, spannend erzählen. Dabei weist er zugleich auf den einen oder anderen Webfehler in den Mythen hin, die sich um das Endspiel und vor allem seine Auswirkungen ranken. Vom "eigentlichen Gründungsakt der Bundesrepublik" ist beispielsweise gern die Rede. Doch der Historiker Joachim Fest, früherer Herausgeber dieser Zeitung, erzählt dem Autor, was es mit diesem ihm zugeschriebenen Zitat wirklich auf sich hat. Er habe gesagt, daß es drei Gründungsväter der Republik gegeben habe: "Adenauer im politischen, Erhard im wirtschaftlichen und Fritz Walter im mentalen Bereich." Dem stimmt auch Kasza zu. Denn "mental ist das entscheidende Stichwort, sowohl für Deutschland als auch für Ungarn". Daran ändert nicht, daß alles hätte anders kommen können. Denn das Tor, das der ungarische Kapitän Ferenc "Öszi" Puskás kurz vor dem Schlußpfiff erzielte, war gar kein Abseits. Doch was wäre gewesen, wenn sich die favorisierten Ungarn doch noch durchgesetzt hätten, wenn ihre "goldene Mannschaft" nicht nur als "silberne" und auf geheimen Umwegen in die Heimat zurückgekehrt wäre? Diese Mannschaft, die Kasza "eine Art nationalen Kitt" zwischen stalinistischem Regime und ungarischem Volk nennt. Die folgenden Ausschreitungen der Enttäuschten wären der Partei erspart geblieben. Doch die Tragödie des Volksaufstands hätte es nicht verhindert, denn der Kitt war schon brüchig. Umgekehrt hätte das deutsche Wirtschaftswunder auch bei einer Niederlage stattgefunden, sagt Kasza. "Doch was gefehlt hätte, wären . . . wichtige Anteile der Volkspsyche beider Nationen." Wobei der Mythos, oft aufgekocht und deshalb eine "im Geschmack viel zu intensive Essenz", sich vor allem aus der frappierenden Analogie zwischen Sport und Geschichte gespeist habe.

Diese Analogie beschreibt Kasza sehr lesenswert. Wobei Ausschnitte aus den Rundfunkreportagen, der berühmten des Deutschen Herbert Zimmermann und der hierzulande weit weniger bekannten des ungarischen Reporters György Szepesi, als roter Faden dienen. Dabei vergißt Kasza nicht eine dritte Seite. Auch Wolfgang Hempel, Kommentator des DDR-Rundfunks, berichtete aus Bern. Dieser Seiltanz zwischen allen Stühlen ist ein eigenes Kapitel wert. "Denn auch hier spielte Fußball Geschichte."

JÖRG STRATMANN

Besprochenes Buch: Peter Kasza: Fußball spielt Geschichte. Das Wunder von Bern 1954, Bebra Verlag 2004, 208 Seiten, 22 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als Deutschland 1954 das "Wunder von Bern" erlebte, stürzte Ungarn in eine Katastrophe. In seinem Buch "1954 - Fussball spielt Geschichte" stellt Peter Kasza dar, wie das sportliche Großereignis sich auf die sozialen Verhältnisse der beteiligten Nationen auswirkte. "Gut nachlesbar" sei das, wie Eckhard Jesse urteilt. Die "goldene Mannschaft" um Ferenc Puskas habe "als sozialer Kitt zwischen der Diktatur und dem Volk" gedient und so das Regime stabilisiert. In vier Jahren absolvierte das ungarische Team 32 Länderspiele ohne Niederlage - mit einem Torverhältnis von 144:33. Als das "Wunder von Bern" dann dem sozialen Kitt Risse beibrachte, kam es in Ungarn zu handgreiflichen Tumulten. "Die Ausschreitungen richteten sich gegen die Sportler und das Regime zugleich." Doch wolle, so der Rezensent, Kasza die Bedeutung des Fußballs auch nicht übertreiben. Die Revolution in Ungarn sei seiner Ansicht nach ebenso unvermeidlich gewesen wie die "stetige Aufwärtsentwicklung" der deutschen Wirtschaft. Darum fälle der Autor über den "Berner Mythos" sehr zurecht das Urteil: "Seit 50 Jahren kocht man ihn immer wieder auf. Zurückgeblieben ist eine sehr reduzierte, im Geschmack viel zu intensive Essenz dessen, was einstmals das Endspiel von Bern war." Was nicht zuletzt auch an der dramatischen Reportageleistung von Herbert Zimmermann liege: "Turek, du bist ein Teufelskerl, Turek, du bist ein Fussballgott". Die Wendung vom "Fussballgott" Turek empfand damals Bundespräsident Theodor Heuss übrigens als blasphemisch.

© Perlentaucher Medien GmbH
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