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"Seit seiner Tutzinger Rede im Jahr 1963, in welcher er den Anstoß zu einem "Wandel durch Annäherung" gab und damit Jahre später eine neue Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel in Gang brachte, zählt Egon Bahr als politischer Stratege, der mit seinen Überlegungen und Vorschlägen nicht nur in seiner Partei, der SPD, sondern bei allen politischen Akteuren für Aufmerksamkeit bis Unruhe sorgte. Seine Gedanken zum "deutschen Weg", den Kanzler Schröder in der Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten einforderte, sind provokant formuliert und werden ein lebhaftes Echo hervorrufen." (Dr. Rolf…mehr

Produktbeschreibung
"Seit seiner Tutzinger Rede im Jahr 1963, in welcher er den Anstoß zu einem "Wandel durch Annäherung" gab und damit Jahre später eine neue Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel in Gang brachte, zählt Egon Bahr als politischer Stratege, der mit seinen Überlegungen und Vorschlägen nicht nur in seiner Partei, der SPD, sondern bei allen politischen Akteuren für Aufmerksamkeit bis Unruhe sorgte. Seine Gedanken zum "deutschen Weg", den Kanzler Schröder in der Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten einforderte, sind provokant formuliert und werden ein lebhaftes Echo hervorrufen."
(Dr. Rolf Cyriax, Lektor, Karl Blessing Verlag)

Der deutsche Weg, von Kanzler Schröder in der Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten eingefordert, ist ein Begriff, der in Freunden wie Partnern ein ungutes Gefühl aufkeimen ließ. Zu sehr ist das Wort "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" in unheilvoller Erinnerung.
E. Bahr bringt Klarheit in die verworrene Diskussion. Eindeutig ist: Die unselige Vergangenheit darf unsere Zukunft nicht behindern. Nach der Machtversessenheit des Dritten Reichs und der Machtvergessenheit der alten Bundesrepublik muss das vereinte Deutschland sein Gleichgewicht finden. Das fällt noch immer schwer. Zwei Generationen von Politikern haben sich daran gewöhnt, dass die großen Entscheidungen von den Großen getroffen werden, also muss die Angst vor der Souveränität, der Eigenverantwortlichkeit, besiegt werden. Auch das ist klar: Wer Eigenständigkeit ablehnt, wird zum Spielball der Interessen anderer.
Deshalb muss Deutschland ein eigenes Profil gewinnen, emanzipiert von Amerika. Dankbarkeit und Partnerschaft gestatten, in engem Zusammenwirken mit Frankreich den deutschen Weg für Europa zu verfolgen.
Autorenporträt
Egon Bahr, 1922 geboren, war nach 1945 Journalist bei verschiedenen Zeitungen und zehn Jahre beim RIAS. 1960 bis 1966 Senatssprecher und Leiter des Presse- und Informationsamtes in Berlin. 1969 bis 1974 Staatssekretär und Bundesminister für besondere Aufgaben im Bundeskanzleramt. 1974 bis 1976 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. 1976 bis 1981 Bundesgeschäftsführer der SPD und bis 1991 Präsidiumsmitglied. 1984 bis 1994 Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Anlässlich seines 80. Geburtstages wurde Egon Bahr Ehrenbürger von Berlin. Er verstarb im August 2015.
Rezensionen
literaturtest.de
Souveränität des Denkens
Egon Bahr, der angesehene Visionär und Provokateur - "Wandel durch Annäherung" war 1963 sein Anstoß zur neuen Ostpolitk - interpretiert den "deutschen Weg", wie ihn Kanzler Gerhard Schröder in der Auseinandersetzung mit der US-Administration um den Irak eingefordert hat. Und er formuliert eindeutig: Es sei an der Zeit, die Scheu vor dem deutschen Weg generell zu verlieren, weil er nichts mit dem deutschen Unwesen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu tun habe.
Europas Zukunft
Alle europäischen Staaten, so argumentiert der Autor, sind auf die Besonderheiten ihres nationalen Weges stolz, von Amerika ganz zu schweigen. Mit der völkerrechtlichen Souveränität, die Deutschland durch seine Einheit gewann, wurde jedoch nicht automatisch die Souveränität des Denkens vergeben. Sie ist deshalb gewöhnungsbedürftig, weil immerhin 45 Jahre lang über die Deutschen verfügt wurde. Zwei Generationen von Politikern, Managern, Publizisten, Wissenschaftlern, Schriftstellern und die Normalverbraucher in Ost und West hatten sich daran gewöhnt, dass die wichtigen Fragen von den Großen, den vier Siegermächten, entschieden wurden. Doch seit nunmehr einem Jahrzehnt ist das Land für den eigenen Weg verantwortlich - Fehler eingeschlossen. Dazu gehört eine Emanzipation von der Washingtoner Politik, die einer hegemonialen Mission folgt.
Im Dienste des Kontinents
Der deutsche Weg hat dahin geführt, dass unsere Verfassung dem Völkerrecht entspricht. Für die künftige Politik erfordert dies nach Egons Bahrs Auffassung, dass Deutschland eine Politik im Dienst Europas betreibt, eigene Interessen als normaler Staat verfolgt und seine Zukunft nicht von der Vergangenheit behindern lässt: "Die europäische Zukunft ist wichtiger als die deutsche Vergangenheit."
(Mathias Voigt)

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.11.2003

Europa – ein amerikanisches Protektorat?
SPD-Außenpolitiker Egon Bahr setzt sich für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der alten Welt ein
EGON BAHR: Der deutsche Weg. Selbstverständlich und normal, Karl Blessing Verlag, München 2003. 180 S., 12 Euro.
Kluge Menschen bleiben, wenn sie älter werden, bei ihrem Thema. Egon Bahr, vor kurzem ins neunte Lebensjahrzehnt eingetreten, ist ein kluger Mensch. Sein ältestes und ihm offenkundig liebstes Thema ist das Ausloten der außenpolitischen Möglichkeiten Deutschlands. Er fand zu ihm im Berlin des Jahres 1961 aufgrund der Enttäuschung über die Zurückhaltung, mit der die USA auf den Bau der Berliner Mauer reagiert hatten. Zwei Jahre später machte er sich in seiner berühmt gewordenen Tutzinger Rede für einen Wandel durch Annäherung anstelle der Konfrontation zwischen Ost und West stark. Ab 1966 war Bahr dann zunächst in der Großen Koalition, anschließend in der sozial-liberalen Koalition derjenige an der Seite des Außenministers und späteren Bundeskanzlers Willy Brandt, der am unmittelbarsten an der Gestaltung der neuen deutschen Ost- und Entspannungspolitik mitwirkte.
Mit seinem neuen Buch besinnt sich Egon Bahr zurück auf die Bi-Polarität des Kalten Krieges und wendet sich dann der heutigen, europäisch-amerikanischen Beziehung zu. Er will mit diesem sehr persönlich gehaltenen Buch „die Erfahrungen von Jahrzehnten summieren, auch wenn das Ergebnis nicht jedem behagt”. Allerdings gibt der Band – entgegen seinem plakativen Titel und dem Klappentext – kaum Auskunft darüber, was es mit dem von Gerhard Schröder im letzten Wahlkampf in die Debatte geworfenen „deutschen Weg” auf sich hat.
Vielmehr erscheint der Buchtitel als Metapher für all jene Probleme und Zusammenhänge, welche die deutsche Außenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg berücksichtigen muss, und die bis zur deutschen Einheit in der von Bahr zitierten westlichen „Politik der doppelten Eindämmung” (Sicherheit für und vor Deutschland) ihren Niederschlag gefunden haben. Dieses Umfeld war für die deutsche Außenpolitik schon immer das Besondere, aber eben auch „selbstverständlich und normal”.
Zwei Kernelemente von Bahrs Denken durchziehen wie rote Fäden seine Darlegungen. Da ist einmal seine hohe Wertschätzung für den Nationalstaat moderner demokratischer Prägung, auch und gerade im Blick auf den Prozess der europäischen Einigung. Er sieht es als glückliche Fügung, „dass Westeuropa die Ebene der Nationalstaaten noch nicht verlassen hatte, als Osteuropa sie erreichte. Das kann sich als glückliche Voraussetzung erweisen, um nun gesamteuropäische Wege einzuschlagen”. Und da ist ferner seine Forderung nach der Selbstbehauptung Europas gegenüber den USA. Die EU brauche diese Selbstbestimmung für die Verwirklichung ihrer Ziele. Sie habe sie „schon gewollt, als es noch zwei Supermächte gab. Die eine ist weg. Die Selbstbestimmung ist nur noch im Verhältnis zu den USA zu gewinnen”. Und: „Ohne die Selbstbehauptung unserer Werte wären wir auf dem Weg vom Protektorat zur Kolonie.”
Allerdings orientiert Bahr sich bei der Beurteilung der USA mehr an der republikanischen US-Außenpolitik von Reagan bis George W. Bush als an der demokratischen von Kennedy bis Clinton. Dadurch gelangt er zu der Annahme, dass die gegenwärtig von Bush betriebene Machtpolitik in einer langen Traditionslinie stehe, was aber nicht als gesichert gelten kann. Zum anderen erscheint Bahrs Beurteilung der innereuropäischen Entwicklungen gelegentlich als ambivalent. Wegen der von ihm herausgearbeiteten transatlantischen Bi-Polarität plädiert er einerseits gegen einen wachsenden Antiamerikanismus, andererseits für eine Arbeitsteilung zwischen den USA und Europa. Konkreter wird er jedoch kaum.
Aber der Sozialdemokrat wollte erkennbar weder eine wissenschaftliche Analyse noch ein Lehrbuch schreiben. Er will auch nicht die Widersprüche der internationalen Politik auflösen. Stattdessen durchmisst er mit deutschem Blick den weiten Raum der Weltpolitik und seine eigenen, markanten Erfahrungen in ihr, nimmt einiges kritisch aufs Korn, gibt Hoffnung oder und nimmt sie dem Leser dort, wo sie ihm als trügerisch erscheint. Wer aber mit weit ausholenden Schritten große Räume durchmisst, rutscht unweigerlich auch mal aus. So wird Bahr mit seinen Ansichten auch bisweilen selbst zum Teil der Widersprüche, die er behandelt. Beispielsweise, wenn er sehr realistisch feststellt, „Europa sollte in nüchterner Einschätzung der Lage seine unerfüllbaren Ambitionen weltweiter militärischer Selbständigkeit aufgeben”, dann aber eine bekanntlich bis auf weiteres höchst unrealistische europäische Armee fordert, bei der „kein Teilnehmerstaat das Recht behalten dürfte, eine Mehrheitsentscheidung durch eine Veto zu blockieren”.
Im Abschlusskapitel unter der Überschrift „Stolz auf die deutsche Singularität”, in der Bahr direkten Bezug auf den von Schröder postulierten deutschen Weg und das im Grundgesetz festgeschriebene Verbot der Führung eines Angriffskrieges als Kernelement deutscher Verlässlichkeit nimmt, schreibt er: „Diesem fundamentalen Gesetz unterliegt jede deutsche Regierung, solange der Artikel 26 nicht geändert wird. Deutschland wird sich an keiner militärischen Aktion beteiligen, auch nicht an solchen der NATO, die nicht durch ein Mandat der UN legitimiert ist.” Erläutert wird dieser Grundsatz an Hand der deutschen Nichtbeteiligung am Krieg gegen den Irak von 2003. Doch die deutsche Teilnahme am Angriffskrieg, der 1999 gegen Jugoslawien an der UNO und dem von ihr gesetzten Völkerrecht vorbei geführt hat (und dann nachträglich mit einem „humanitärem Notstand” rechtfertigt wurde), wird nicht thematisiert.
Derlei Lässlichkeiten sollten dennoch den Wert dieses großen und eindringlichen Essays von Egon Bahr nicht beeinträchtigen, der ein wichtiger und herausfordernder Beitrag zu der Diskussion über die Rolle Deutschlands und Europas in der internationalen Politik und insbesondere gegenüber den USA ist.
HANS ARNOLD
Egon Bahr war zeitweilig das alter ego von Bundeskanzler Willy Brandt. Er legte die Grundlagen für den „Wandel durch Annäherung”. Foto: ddp
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

"Falscher Titel für eine richtige Strategie" - so fasst Rudolf Walther seine Ansichten zu diesem Buch Egon Bahrs zusammen. Aus ihm unerfindlichen Gründen halte Bahr an dem Begriff des "deutschen Weges" fest, obwohl es sich dabei de facto um einen europäischen Weg handele. Dies sei allerdings die einzige Kritik, die an diesem "glänzend durchdachten Essay" zu üben sei, so der Rezensent. Denn im übrigen vertrete Bahr klug die Ansicht, dass die Europäer sich den USA gegenüber behaupten müssten, besonders da die Gemeinsamkeiten zwischen EU und USA immer kleiner würden. Bahr argumentiere für eine Art "Arbeitsteilung" zwischen den beiden, so dass jeder sich selbst treu bleiben und gegenüber dem anderen abgrenzen könne, dennoch aber so die Möglichkeit bestünde, dass beide zusammenarbeiten.

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