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"Der ist der erfolgreichste Heiler, dem die Menschen am meisten vertrauen." Sherwin Nuland zeigt, dass dieser Satz, den der Arzt Galen im 2. Jahrhundert geprägt hat, auch im Zeitalter der Hightech-Medizin nichts von seiner Gültigkeit verloren hat. Nuland lenkt den Blick tief unter die Haut und beleuchtet die Organe auf ungewöhnliche Weise - in einer Mischung aus Mythen, Folklore und Medizingeschichte, einer Fülle von lebendigem Detailwissen und packenden Fallgeschichten. Ein Buch, das den menschlichen Körper erforscht und dabei viel über den menschlichen Geist verrät.

Produktbeschreibung
"Der ist der erfolgreichste Heiler, dem die Menschen am meisten vertrauen." Sherwin Nuland zeigt, dass dieser Satz, den der Arzt Galen im 2. Jahrhundert geprägt hat, auch im Zeitalter der Hightech-Medizin nichts von seiner Gültigkeit verloren hat. Nuland lenkt den Blick tief unter die Haut und beleuchtet die Organe auf ungewöhnliche Weise - in einer Mischung aus Mythen, Folklore und Medizingeschichte, einer Fülle von lebendigem Detailwissen und packenden Fallgeschichten.
Ein Buch, das den menschlichen Körper erforscht und dabei viel über den menschlichen Geist verrät.
Autorenporträt
Sherwin Nuland hat eine Professur für klinische Chirurgie und Medizingeschichte an der Universität Yale. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter den preisgekrönten Bestseller How We Die (dt. 1994, Wie wir sterben ), der in 16 Sprachen übersetzt wurde. Nuland wurde dafür mit dem National Book Award ausgezeichnet und für den Pulitzer Prize sowie den National Book Critic Award nominiert. Er lebt in Connecticut.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.07.2002

Gottlose Forscher
Sherwin Nuland sucht nach Helden
in der Medizingeschichte
„Meine Herren! Indem ich Ihnen zum neuen Jahre meine herzlichsten Glückwünsche darbringe, wende ich mich zu den Eingeweiden und lege Ihnen den Magen eines Schnapssäufers vor.” So begann einmal der berühmte Berliner Pathologe Rudolf Virchow seine Vorlesung.
Sherwin Nuland, ein amerikanischer Chirurg und Bestseller-Autor, geht leider nicht so direkt in medias res und erzählt uns zunächst Banalitäten aus dem Chirurgen-Alltag, bevor er schließlich seine medizinhistorische Reise durch den menschlichen Körper mit einer Fallgeschichte beginnt: mit der kuriosen Krankengeschichte eines Säuglings, bei dem eine große verhärtete Masse (das Wachs der miterhitzten Babymilchverpackung!) im Bereich des Magenausgangs festgestellt wurde.
Wie das Kapitel über den Magen, so sind auch die anderen Kapitel aufgebaut. Zunächst erzählt der Verfasser eine Krankengeschichte, die mit dem jeweiligen Organ (Magen, Leber, Milz, Herz, Gebärmutter) zu tun hat. Sein chirurgisches Licht stellt er dabei nicht unter den Scheffel. Dann folgt der medizinhistorische Rückblick, der meist mit den Anfängen medizinischen Denkens in den antiken Hochkulturen beginnt und mit den triumphalen Fortschritten der modernen Medizin endet. Das Strickmuster für seinen „Blick unter die Haut” ist also recht einfach. Noch simpler sind der Aufbau und die Grundthese dieses Buches.
Zum einen haben wir es wieder einmal mit der üblichen Geschichte des medizinischen Fortschritts zu tun. Über die Vier-Säfte-Lehre, die über zwei Jahrtausende das Körperverständnis der Menschen geprägt hat, heißt es beispielsweise: „Die Theorie der Körpersäfte zur Erklärung von Erkrankungen war vor allem das Ergebnis der Unfähigkeit und mangelnden Bereitschaft der antiken Ärzte, die Funktionsweisen der Organe direkt am Körper zu untersuchen. ” Auf gut Deutsch: Hippokrates und Galen waren einfach zu dumm, um den Königsweg der Wissenschaft zu betreten!
Obwohl der Autor, der an einer weltberühmten amerikanischen Universität (Yale) angeblich auch Medizingeschichte lehrt, ständig betont, er wolle nicht in den „Präsentismus” verfallen und die Vergangenheit an der Gegenwart messen, tappt er doch immer wieder in die selbstgestellte Falle. Und so reiht sich ein schiefes Werturteil an das andere: Helmont, der immerhin den Begriff „Gas” in die Medizin eingeführt hat, ist „ein wirrer Kopf”; Harvey, der Entdecker des Blutkreislaufs, ist dagegen einer „der bedeutendsten Forscher” und somit ein Held. Paracelsus wird uns als „Schweizer Denker” vorgestellt, der einige originelle Ideen hatte, aber leider ein „Frauenhasser” gewesen sei. Das mag vielleicht ins Klischee eines amerikanischen Professors passen, der jeden Anflug von Frauenfeindlichkeit peinlichst vermeiden muss, doch mit dem historisch fassbaren Paracelsus hat das wenig zu tun, denn von diesem ist beispielsweise das folgende Frauenlob überliefert: „Wer kann einer Frau feind sein, sie sei wie sie wolle? Mit ihren Früchten wird die Welt bevölkert, darum lässt Gott sie lange leben, auch wenn sie noch so garstig wäre.” Wie es ansonsten um die medizinhistorischen Kenntnisse Nulands bestellt ist, belegt nicht nur seine Behauptung, Paracelsus sei der Entdecker der Quecksilberkur gegen die Syphilis gewesen, sondern auch die Apostrophierung Brillat-Savarins als „Gastronom”!
Leber- und Lebenskrise
An Naivität nicht zu übertreffen ist Nulands Grundthese, die lautet: Je größer die Entfernung zu Gott, desto objektiver der Wissenschaftler. Wenn diese These stimmen würde, dann stünden atheistische Forscher an der Spitze des Fortschritts. Die Medizin- und Wissenschaftsgeschichte der Sowjetunion unter Stalin dürfte zur Genüge belegen, dass es auch andere ideologische Scheuklappen gibt als die der Religion. Wenn der Autor doch wenigstens einmal einen Blick in Max Webers Werk getan hätte! Dann würde er den Rationalisierungsprozess, den nicht nur die Medizin durchlaufen hat, weniger holzschnittartig sehen. So kämpft der Autor wie ein Don Quichotte, der die Medizin aus den Klauen des magisch-religiösen Denkens befreien möchte. Deshalb dürfen natürlich etliche Spitzen gegen alternative Heilverfahren (Homöopathie, Chiropraktik) nicht fehlen.
Dabei ist das Thema, das sich Nuland gewählt hat, wirklich spannend. Körpermetaphern, die sich auf unsere inneren Organe beziehen, sind auch heute noch lebendig. Man denke nur an die Herzmetaphorik oder an das Sprichwort „Liebe geht durch den Magen”. Natürlich liegt diesen Metaphern größtenteils ein unserem heutigen naturwissenschaftlichen Denken grundverschiedenes Körperverständnis zugrunde, doch spiegeln diese ein ganzheitliches Denken wider, das sich die heutige Schulmedizin erst mühsam wieder anzueignen beginnt. Und wer wie Nuland die Nase darüber rümpft, dass man die Leber einst für den Sitz des Lebens hielt, der sollte sich erinnern, dass auch heute noch viele Ärzte in Frankreich bei unklarer Symptomatik die Diagnose „crise de foie” (Leberkrise) stellen, während englische Mediziner, die ebenfalls naturwissenschaftlich geschult sind, bei ähnlichen Symptomen eher die Verdauungsorgane verantwortlich machen.
ROBERT JÜTTE
SHERWIN NULAND: Der Blick unter die Haut. Der Weg von der Magie zur Wissenschaft – und zurück. Deutsch von Einrico Heinemann und Werner Roller. Karl Blessing Verlag, München 2002. 315 Seiten, 22,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der medizinhistorischen Darstellung anhand der menschlichen Organe und ihrer Behandlung, die der amerikanische "Chirurg und Bestseller-Autor" vorgelegt hat, kann Robert Schütte nicht viel abgewinnen, über weite Strecken macht sie ihn richtiggehend ärgerlich. Ihn regen nicht nur die "schiefen Werturteile" auf, die Nuland über bedeutende Protagonisten der Medizingeschichte fällt. Er muss sich auch über einige falsche Tatsachen wundern, die für ihn belegen, dass es mit den medizinhistorischen Kenntnissen des Autors nicht allzu weit her sein kann. Was ihm aber richtig auf die Nerven geht, ist die "an Naivität nicht zu übertreffende Grundthese", dass Wissenschaft dort am genauesten ist, wo sie atheistisch ist. Dies ließe sich nach Ansicht des Rezensenten leicht widerlegen. Die "Spitzen" gegen alternative Heilmethoden und die Darstellung der Medizingeschichte als eine Erfolgsgeschichte des Fortschritts findet Schütte öde, und er bedauert, dass hier ein außerordentlich spannendes Thema verschenkt worden ist.

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