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In Kino als Kunst widmet sich Alain Bergala theoretisch reflektiert und praxisnah der Frage, wie das Medium Film heutzutage im Schulunterricht eingesetzt werden kann, um Kinder von klein auf für das Kino zu begeistern und zu einem kompetenten, kritischen Publikum heranzubilden. Er greift dabei auf sein umfassendes theoretisches und filmhistorisches Wissen sowie seine Erfahrungen aus der Film- und Lehrpraxis und der Bildungspolitik zurück. Das Buch behandelt u.a. die Fragen: Wie kann Kino als Kunstform unterrichtet werden? Was ist das Spezifische des Mediums, in Abgrenzung zu anderen Künsten…mehr

Produktbeschreibung
In Kino als Kunst widmet sich Alain Bergala theoretisch reflektiert und praxisnah der Frage, wie das Medium Film heutzutage im Schulunterricht eingesetzt werden kann, um Kinder von klein auf für das Kino zu begeistern und zu einem kompetenten, kritischen Publikum heranzubilden. Er greift dabei auf sein umfassendes theoretisches und filmhistorisches Wissen sowie seine Erfahrungen aus der Film- und Lehrpraxis und der Bildungspolitik zurück.
Das Buch behandelt u.a. die Fragen: Wie kann Kino als Kunstform unterrichtet werden? Was ist das Spezifische des Mediums, in Abgrenzung zu anderen Künsten und den audiovisuellen Medien? Welche Filme eignen sich für den Unterricht? Es gibt konkrete Tipps und Beispiele zur Arbeit mit DVD im Unterricht und der Filmproduktion mit Schülern und stellt Bergalas Lehrmethode Arbeit am Filmausschnitt vor. Zudem weist der Text über den rein filmtheoretischen und erziehungspraktischen Bereich hinaus und berührt auch allgemeine gesellschaftspolitischeFragen, u.a. nach den Bedingungen und Möglichkeiten von Wissensvermittlung heutzutage.
Kino als Kunst ist ein Buch, das die Lanze für die Kunstform Film und seine schulische Vermittlung bricht und dabei umfangreich über die französischen Erfahrungen berichtet. Es leistet einen wichtigen Beitrag zu der seit einiger Zeit in Deutschland stattfindenden öffentlichen Diskussion um das Thema Schule und Kino.
Autorenporträt
Alain Bergala zählt zu den großen französischen Cineasten und verbindet in einer Person praktische Erfahrung mit fundiertem theoretischem Wissen: Er war Chefredakteur der Cahiers du Cinéma und ist zur Zeit Leiter des Seminars für Filmanalyse an der legendären Filmhochschule FEMIS in Paris. Er leitete das 2000 von Jacques Lang ins Leben gerufene nationale Schulfilmprogramm Le cinéma à l'école, in dessen Rahmen er u.a. Eine DVD-Reihe für den Unterricht entwickelt hat, und war in dieser Funktion Berater des französischen Bildungsministeriums. Nicht zuletzt dreht er selbst Spiel- und Dokumentarfilme und publiziert Werke zu Bildender Kunst, Fotografie und Film.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2006

Die Aufmerksamkeit und das Verlangen
Politische Bildung: Ein Plädoyer fürs Kino in der Schule

Der französische Intellektuelle und Cinephile Alain Bergala zählt zur Generation, die sich noch genau erinnern kann, wie die Kinos im Heimatort hießen (das Rex, das Palace, das Eden) und bei welchem Film ihn die Gewißheit gepackt hat, "daß das Kino mich betraf und mein Leben lang betreffen würde" ("Die Zehn Gebote" von Cecil B. DeMille). Den jungen Menschen, die heute die Schule besuchen, hat er damit eine Erfahrung voraus, die nur noch wenige teilen: Das Kino ist nicht mehr die Medienerfahrung, die mit den individuellen "Riten des Übergangs" verbunden ist, es ist eine Unterhaltungsform neben anderen, ein Fenster zur Welt wie der Fernseher und der Computer. Für die Pädagogik muß dies unweigerlich weitgehende Konsequenzen haben.

In Frankreich hatte der zuständige Minister Jack Lang 2000 eine Initiative "Die Künste in der Schule" gestartet, in deren Zusammenhang Alain Bergala seine kleine Abhandlung "L'hypothèse cinéma. Petit traite de transmission du cinéma à l'école et ailleurs" verfaßte, die nun unter dem Titel "Kino als Kunst. Filmvermittlung an der Schule und anderswo" ins Deutsche übersetzt wurde. Daß Kino auch und gerade in der Schule als Kunst zu sehen (und zu zeigen) sei, ist dabei auch schon die zentrale Hypothese, mit der Bergala sich gegen jeden pädagogischen Opportunismus stellt. Von Pokémon führt kein Weg zurück zu Dreyer, wie er pointiert schreibt - wenn das Kino in der Schule eine Chance haben soll, dann nützt es nichts, zuerst einmal so zu tun, als böte digitales Spielzeug schon eine erste Erfahrung von Kunst. Gegen eine Pädagogik, der es in erster Linie darum geht, ideologiekritisch gegen überwältigende Bilderfahrungen zuzurüsten, und gegen die andere Versuchung, sich dem "marketinggeprägten Pseudogeschmack" anzubiedern, an dem die Kinoerlebnisse heute vielfach gemessen werden, setzt Bergala auf die "Alterität" der großen Filme - auf ihre "Andersheit", die Zugänge und Identifikationen erlaubt, die nicht von vornherein als Lernziel festgeschrieben werden können. Deutlich ist diese Haltung von der französischen Cinephilie geprägt, deren Vertreter ihre Beschäftigung mit dem Kino um einen biographischen Erfahrungskern herum entwickelt haben. Die Figur des Jungen John Mohune aus Fritz Langs "Moonfleet" ist auch für Bergala bedeutsam geworden - ihm stellt er nun andere Identifikationsfiguren an die Seite, etwa den iranischen Jungen, der in "Wo ist das Haus meines Freundes?" von Abbas Kiarostami spätabends von daheim wegläuft, um seinem Freund ein Schulheft zu bringen, das dieser dringend braucht.

Bergala schlägt vor, Filme in einer Pädagogik des Fragments zu erschließen. Im Verlauf mehrerer Schuljahre wäre auf einzelne Einstellungen immer wieder zurückzukommen, sie würden allmählich den ganzen komplizierten Schaffensprozeß zeigen, auf dem das Kino beruht. Die DVD ist das Medium, das dieser Methode entgegenkommt, weil die Filme hier "nichtlinear" zur Verfügung stehen. Die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Momenten in einer Geschichte hin und her zu springen, ist für Bergala keineswegs eine Konzession an das Zapping als die primäre Erfahrung im Fernseh-Konsum. Es dient einer Reduktion der filmischen Arbeit auf die Grundeinheit des Schaffensprozesses. In einer Szene, in einer Einstellung läßt sich der Dreischritt von "Auswahl, Anordnung und Ansatz" nachweisen, auf den er die klassische "mise-en-scène" als die spezifische Form filmischer Weltgestaltung bringt: Was das Bild enthält (Auswahl), und wie es gezeigt wird (Anordnung), fügt sich zu einem Ansatz, der nicht mehr bloß technisch ist, sondern - mit dem ganzen Pathos der Kritiker der Nouvelle Vague - moralisch, ethisch, individuell.

Bergala ist zuversichtlich, daß die Fremdheit des Kinos, wie er es versteht, in der gegenwärtigen Situation gerade dessen Vorzug ist. Lange Zeit haben die Lehrkräfte die Filme vorwiegend als ein "schlechtes Objekt" behandelt, weil sie häufig selber nur mit einem Mainstream vertraut waren, mit dem Bergalas impliziter Kanon - von Robert Bresson bis Artur Pelesjan, mit Claude Lanzmann und ohne Steven Spielberg - nichts zu tun hat. Sein Optimismus kommt aus einer tiefen Vertrautheit mit dem Material. Wer die Filmgeschichte so kennt, wie er es tut, dem wird die emblematische Szene, an der die Schüler einen Zugang finden können, jeweils tatsächlich "wie gerufen" kommen. Bergala vertritt seine Positionen mit der Emphase eines "passeurs" - er ist, mit diesem Begriff, ein Lehrer, der mit seiner eigenen Geschichte dafür einsteht, daß das, was er "weiterreicht", von elementarer Bedeutung ist.

Auf dem Grund seiner Argumentation liegt eine dialektische Pointe: Gerade, weil das Kino heute so fremd geworden ist, kommt es der Aufmerksamkeit der Schüler entgegen. Mit Simone Weil hält er daran fest, daß "Aufmerksamkeit an das Verlangen geknüpft ist" - das unbegriffene Verlangen freizulegen ist dann die wahre Pädagogik. Eine erste Sammlung von hundert Filmen trägt den Titel "L'Eden cinéma" - das Paradies der Kindheit, als es noch ein Kino namens Eden gab, ist nicht verloren. Es gerät aber dort langsam in Vergessenheit, wo sich kein Lehrer findet, der davon weiß.

BERT REBHANDL

Alain Bergala: "Kino als Kunst". Filmvermittlung an der Schule und anderswo. Hrsg. von Bettina Henzler und Winfried Pauleit. Schriftenreihe Bd. 553 der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2006. 144 S., br., 2,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Erfreut begrüßt Stefanie Schlüter diesen Essay über die schulische Filmvermittlung, den der französische Filmkritiker und -vermittler Alain Bergala vorgelegt hat. Sie attestiert dem Text, auch dem hierzulande geführten Diskurs zur Filmvermittlung eine neue Richtung verleihen zu können - weg von reiner Medienkompetenz hin zu "echter Bildung" in Sachen Kino. Nur zustimmen kann sie Bergalas Plädoyer für Geschmacksbildung, Sensibilisierung der Wahrnehmung, mehr Aufmerksamkeit für die formale Seite des Films. Sie findet in dem Buch wertvolle didaktische und methodische Anregungen für den analytischen Umgang mit Film und den praktischen Zugang zum Filmschaffen. Die Schärfung der Aufmerksamkeit und der Sinne sieht sie dabei im Vordergrund. Auch Bergalas Vorschläge für einen methodischen Zugang zur Filmanalyse, den er als "Pädagogik des Fragments" bezeichnet, haben sie vollauf überzeugt.

© Perlentaucher Medien GmbH