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Dieses Buch folgt erstmals den Hinweisen, die »Warten auf Godot« auf seine Historisierung gibt und zeigt, dass sich ein richtiges Verständnis des Stücks nur aus dem Verhältnis zwischen dem Absurden und dem geschilderten historischen Ereignis ergeben kann.Dieses Buch antwortet auf Brechts Frage, wo Vladimir und Estragon während des zweiten Weltkrieges gewesen sind. Denn was wäre, wenn in Becketts erstem Bühnenstück eine Geschichte erzählt wird, die sich wirklich zugetragen hat? Wenn hinter der Fassade des Genres - absurdes Theater - in angemessener Distanz und Diskretion von einem historischen…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch folgt erstmals den Hinweisen, die »Warten auf Godot« auf seine Historisierung gibt und zeigt, dass sich ein richtiges Verständnis des Stücks nur aus dem Verhältnis zwischen dem Absurden und dem geschilderten historischen Ereignis ergeben kann.Dieses Buch antwortet auf Brechts Frage, wo Vladimir und Estragon während des zweiten Weltkrieges gewesen sind. Denn was wäre, wenn in Becketts erstem Bühnenstück eine Geschichte erzählt wird, die sich wirklich zugetragen hat? Wenn hinter der Fassade des Genres - absurdes Theater - in angemessener Distanz und Diskretion von einem historischen Ereignis berichtet wird? Von Handlungsfäden, die sich auf dem Weingut Bonelly kreuzen? Mit »Warten auf Godot. Das Absurde und die Geschichte« werden uns die Augen geöffnet: Wir fliehen mit Vladimir alias Monsieur Albert und mit Estragon alias Lévy aus dem elften Pariser Arrondissement in Richtung italienische Grenze.
Autorenporträt
Valentin und Raymonde Temkine sind Theaterhistoriker, ihr Enkel Pierre Temkine unterrichtet Philosophie. Denis Thouard , Forschungsdirektor am CNRS, Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin, beschäftigt sich mit der Theorie und Geschichte der Hermeneutik. François Rastier, Forschungsdirektor am CNRS, ist Begründer einer an der Hermeneutik orientierten linguistischen Semantik. Tim Trzaskalik ist Übersetzer und Mitarbeiter am Centre de recherche sur les conflits d interprétation in Nantes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.2008

Geschichtsvergessen

Wo waren Wladimir und Estragon im "Dritten Reich"? Brechts Frage nach der historischen Verortung des 1947/48 entstandenen Dramas "Warten auf Godot" wurde selten aufgegriffen, selbst als man aus den Handschriften erfuhr, dass Estragon zuerst Lévy heißen sollte. Nun haben Tim Trzaskalik und Denis Thouard ein kostbares Dossier über Samuel Beckett veröffentlicht, um Valentin Temkine, der vor einigen Jahren auf Brechts Frage in der französischen Zeitschrift "Ubu" Antwort gab, auch in Deutschland Gehör zu verschaffen: Zwei (gebildete) Juden, so Temkines These, befinden sich auf der Flucht vor den Nationalsozialisten; Hals über Kopf mussten sie Paris verlassen. Das Stück nenne selbst Zeit und Ort des Geschehens: Es ist Frühling 1943, und die beiden warten in dem von den Deutschen eben erst besetzten Vichy-Frankreich, bei einem Dorf namens Roussillon, auf ihren Schleuser. Die historischen Hinweise durchziehen das Stück geradezu leitmotivisch. Wladimir bedauert, sich nicht vom Eiffelturm gestürzt zu haben: "Jetzt ist es zu spät. Die würden uns nicht einmal rauflassen." Nur einmal, zwischen 1940 und 1945, war es einer Bevölkerungsgruppe untersagt, den Eiffelturm zu besteigen: den Juden. Und im zweiten Akt: "E: Das Beste wäre, mich einfach zu töten, wie den anderen. W: Welchen anderen? E.: Wie Millionen andere." Lucky, ein Kenner der Anthropometrie, und Pozzo, der Rassist und Kapitalist, vertreten NS-Diskurse, und wer, wenn nicht ein Jude, wartet noch auf einen im Namen "God/ot" verborgenen Gott. Künftige Interpretationen werden dieser Konkretisierung nicht mehr ausweichen können. In der Abstraktion werden die beiden Juden zu symbolischen Figuren, die interpretieren, was ihnen widerfahren ist: Vom Realen her wird ihnen das Stück und ihr Menschsein zusehends absurd. (Pierre Temkine: "Warten auf Godot". Das Absurde und die Geschichte. Hrsg. v. Denis Thouard und Tim Trzaskalik. Aus dem Französischen übersetzt von Tim Trzaskalik. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2008. 187 S., br., 14,80 [Euro].) Ch.K.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Thomas Laux begrüßt diesen Band, der einen neuen Blick auf Becketts "Warten auf Godot" wirft. Zwar muss die Literaturgeschichte seines Erachtens nicht neu geschrieben werden. Aber die Lesart, die Valentin und Pierre Temkine sowie einige weitere Literaturwissenschaftler anbieten, hat für ihn durchaus ihre Berechtigung. Wie er berichtet, deuten die Autoren "Warten auf Godot" nicht als Stück über die metaphysische Sinn- und Obdachlosigkeit des Menschen, sondern als historisch-politisches Drama mit konkreten Ort- und Zeitbezügen. Demnach geht es um zwei Juden, die in Paris 1943 auf einen Schleuser warten, der ihnen zur Flucht verhelfen soll. Erstaunlich scheint Laux, dass sich diese Interpretation anhand des Originaltexts ohne "hermeneutische Verrenkungen" überzeugend belegen lässt. "Es ist fast", hält er fest, "als ob man diesen konkreten Kontext seit je übersehen oder gar negiert hätte." Er hebt indes hervor, dass andere Interpretationen des Stücks auch nach Ansicht der Autoren durchaus ihre Gültigkeit behalten.

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