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Dies ist Richard Brautigans letztes Buch, einerseits eine Art literarisches Vermächtnis, zieht sich doch das Thema "Tod" unübersehbar über das ganze Buch; Die "ungklückliche Frau" des Titels, die sich erhängt hat und in deren Haus Brautigan zeitweilig wohnt, kann als Metapher gelten für Brautigans eigenes Spiel mit Todesgedanken. Andererseits nennt er es aber auch "den Kalender der Reise eines Mannes während einiger Monate seines Lebens", und dementsprechend ist es auch so etwas wie das Tagebuch einer Reise, bei der wir Brautigan kreuz und quer durch die USA, einschließlich Alaska und Hawaii…mehr

Produktbeschreibung
Dies ist Richard Brautigans letztes Buch, einerseits eine Art literarisches Vermächtnis, zieht sich doch das Thema "Tod" unübersehbar über das ganze Buch; Die "ungklückliche Frau" des Titels, die sich erhängt hat und in deren Haus Brautigan zeitweilig wohnt, kann als Metapher gelten für Brautigans eigenes Spiel mit Todesgedanken. Andererseits nennt er es aber auch "den Kalender der Reise eines Mannes während einiger Monate seines Lebens", und dementsprechend ist es auch so etwas wie das Tagebuch einer Reise, bei der wir Brautigan kreuz und quer durch die USA, einschließlich Alaska und Hawaii begleiten. Im (selbst-)ironisch-schnoddrigen Stil Brautigans notiert, in Straßencafés eilig aufs Papier geworfen. Längere Passagen sind Aufenthalten auf seiner Ranch in Montana gewidmet. Wie immer bei Brautigan beeindrucken die im Plauderton leichthin vorgetragenen scharfen Beobachtungen, aus denen ungewöhnliche, skurrile, manchmal tiefsinnige, immer unterhaltsame Überlegungen entstehen.
Autorenporträt
Richard Brautigan, geboren 1935 im US-Staat Washington, gehört zu den amerikanischen Kultautoren. Wie nur wenige vermochte er in den sechziger und siebziger Jahren das Lebensgefühl einer ganzen Generation widerzugeben. Mehr als ein Dutzend Bücher von ihm wurden ins Deutsche übersetzt. 1984 schied er freiwillig aus dem Leben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.09.2002

Schnee, der auf Worte fällt
Mild amüsiert: Richard Brautigans Landkarte des Lebens

"Ich schreibe ja über etwas sehr Ernstes, aber tue es umständlich . . ." Das sehr Ernste, das Richard Brautigans kleiner, leichter, geheimnisvoller Text "Eine unglückliche Frau. Eine Reise" umkreist, ist das Faktum, daß sich die Frau des Titels aufgehängt hat. Aber vielleicht steckt in dieser Formulierung noch mehr, nämlich der Hinweis, daß Brautigan hauptsächlich über sein Schreiben schreibt und darüber meditiert, wie unmöglich und unverzichtbar es ist. Damit ist diese zwei Jahrzehnte nach dem Tod des Autors erscheinende Publikation, wie der Verlag schreibt, "eine Art literarisches Vermächtnis". Brautigans Schreiben ist ein Spiel, aber ein Spiel, das unbedingt sein muß ("und meine Intelligenz hatte etwas gefunden, auf das sie sich konzentrieren konnte"); der in einer Art Tristram-Shandy-Tonlage inszenierte Text aus Kontingenz und geheimer Zwanghaftigkeit verbirgt hinter seiner kunstvollen Geschwätzigkeit etwas bitter Notwendiges.

"Aber zuvor kommt hier eine abrupte Abschweifung, weil ich irgendwie das Gefühl habe, wenn ich das Folgende nicht schreibe, dann wird es nie geschrieben werden, also haben Sie Geduld mit mir." Ein solches Parlando könnte sehr rasch unerträglich werden, und es ist fast ein Rätsel zu nennen, weshalb und wie es Brautigan gelingt, den Leser mit dem hartnäckigen Bericht von der Mühseligkeit seines Schreibens und der Zwecklosigkeit seiner Reisen, mit seinen petites perceptions aus Bars und Flugzeugen zu fesseln und zu bewegen. Sein Text ist eine beiläufige Absage an alles klassische Erzählen, aber bei Brautigan hatte der Haß der Avantgarde auf die Traditionalität immer schon die Gestalt einer milden Amüsiertheit: "Er gehört zu den Menschen, die in einem normalen Buch, leider nicht in diesem Buch hier, zu einer unvergeßlichen Figur entwickelt würden."

Ein japanischer Friedhof auf Hawaii, der Iphigenie-Mythos, die hartnäckige Rekonstruktion der "Kalenderlandkarte meines Lebens", die Gewitter über der Farm in Montana - diese Topoi sind Bruchstücke, kleines Treibgut, dem der Leser zusehen darf, wie es im stockenden Erzählfluß des Autors dahintrudelt, der wiederum von den Besuchern eines ungeheizten Kinos in Toronto schreibt: "menschliches Treibgut, das sein Leben genauso verbummelte wie ich". Nicht nur das Bewußtsein des Lesers, daß der Autor kurze Zeit nach Abschluß dieses Textes als einsamer Alkoholiker Selbstmord beging, gibt diesem scheinbar so friedfertigen Text eine kleine Unheimlichkeit. Das Gefühl, das großen Teilen der Avantgardeliteratur eignet: daß der Autor den Erzähler aus Panik endlos reden läßt - dieses Gefühl drängt sich trotz der großen Sanftheit von Brautigans Stimme auch hier auf.

"Manchmal schneite es draußen, gleich hinter unseren Worten." Das Buch ist sentimental, aber von einer einzigartigen, federleicht traurigen Sentimentalität, einer sozusagen demütigen Sentimentalität. "Der Verlauf dieses Buches unterstreicht nur meine tägliche Ratlosigkeit . . . Aber ich gebe nicht auf." Die Übersetzung von Günter Ohnemus - der fast das ganze Werk von Brautigan ins Deutsche übertragen hat und als Erzähler selbst von der Technik Brautigans tief beeinflußt ist - ist kongenial. Der Maro-Verlag hat hier seine Reihe großer Fundstücke aus der zeitgenössischen amerikanischen Literaur um einen erstaunlichen Text erweitert.

JOACHIM KALKA

Richard Brautigan: "Eine unglückliche Frau". Eine Reise. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Günter Ohnemus. Maro Verlag, Augsburg 2002. 115 S., br., 14,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Kurz vor seinem Suizid schreibt Richard Brautigan "Eine unglückliche Frau", sein letztes Buch, das erst 16 Jahre später in den USA erscheint und nun, noch mal zwei Jahre später, "endlich" auch in Deutschland, berichtet Rezensent Frank Schäfer. "Eine unglückliche Frau", das vom Selbstmord einer Frau handelt, ist nach Einschätzung des beeindruckten Rezensenten bei aller Ironie und gelegentlicher "fröhlicher Aufgekratztheit" ein sehr trauriges Buch geworden. Wie Schäfer darlegt, gehorcht es einer "strengen äußeren, beinahe formalistischen Struktur". Wie in allen seinen Büchern schreibt Brautigan laut Schäfer auch hier gegen die Unzumutbarkeit namens Realität an: "und wenn er sie schon nicht vergessen machen kann", erklärt Schäfer, "dann sucht er der Trost- und Sinnlosigkeit der Welt doch wenigstens ein Anteil nehmendes Lächeln, ein empathisches Kopfschütteln, eben ein bisschen Mitgefühl abzutrotzen" - das jedenfalls ist ihm nach Einschätzung des Rezensenten bei aller Traurigkeit voll und ganz gelungen.

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